TE Vwgh Erkenntnis 2006/12/14 2004/01/0416

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Veröffentlicht am 14.12.2006
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
19/05 Menschenrechte;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1997 §15;
AsylG 1997 §7;
AsylG 1997 §8;
MRK Art3;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Blaschek, Dr. Pelant, Dr. Kleiser und Mag. Nedwed als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Matt, über die Beschwerde des Bundesministers für Inneres gegen Spruchpunkte II. und III. des am 22. Juli 2004 verkündeten und am 4. August 2004 schriftlich ausgefertigten Bescheides des unabhängigen Bundesasylsenates, Zl. 240.695/0-VIII/23/03, betreffend § 8 Asylgesetz 1997 (mitbeteiligte Partei: N S (infolge Verehelichung nunmehr B) in L, geboren 1973, vertreten durch Dr. Friedrich Fromherz u.a., Rechtsanwälte in 4020 Linz, Graben 9), zu Recht erkannt:

Spruch

Die angefochtenen Spruchpunkte werden wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Begründung

Die Mitbeteiligte, eine der albanischen Volksgruppe zugehörige Staatsangehörige von Serbien und Montenegro (nunmehr Serbien) aus dem Kosovo, reiste am 12. Juni 2003 in das Bundesgebiet ein und beantragte Asyl.

Das Bundesasylamt wies mit Bescheid vom 12. Juni 2003 den Asylantrag gemäß § 7 Asylgesetz 1997 (AsylG) ab und erklärte die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Mitbeteiligten "nach Serbien und Montenegro, Provinz Kosovo" gemäß § 8 AsylG für zulässig. Dagegen erhob die Mitbeteiligte Berufung.

Die belangte Behörde verhandelte über die Berufung am 22. Juli 2004. Mit Spruchpunkt I. des am Schluss der Verhandlung verkündeten Berufungsbescheides wies die belangte Behörde die Berufung gegen die Abweisung des Asylantrages gemäß § 7 AsylG ab. Mit Spruchpunkt II. stellte sie - der Sache nach insoweit in Stattgebung der Berufung - fest, die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Mitbeteiligten "in die BR Jugoslawien" sei nicht zulässig. Mit Spruchpunkt III. erteilte sie der Mitbeteiligten eine befristete Aufenthaltsberechtigung.

Gegen die Spruchpunkte II. und III. richtet sich die vorliegende Amtsbeschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Die belangte Behörde ist nicht erkennbar davon ausgegangen, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung von Angehörigen der albanischen Volksgruppe in den Kosovo - bezogen auf die dortigen Verhältnisse im Zeitpunkt der Bescheiderlassung - unter Gesichtspunkten des Art. 3 EMRK generell nicht zulässig sei. Sie hat in der Begründung zu Spruchpunkt II. vielmehr - nach Ausführungen über eine erhebliche Verbesserung der "Lebensumstände in allen Bereichen" - nur darauf abgestellt, die Lage "klar abgegrenzter Fälle einzelner Angehöriger der albanischen Bevölkerungsmehrheit und selbstverständlich der Minderheitenangehörigen" werde "differenzierter ... zu sehen sein". Welcher der im weiteren Text erwähnten "besonderen Fallgruppen, für die nach zutreffender Auffassung verschiedener internationaler Organisationen der Refoulementschutz geboten erschiene," die Mitbeteiligte auf Grund welcher Sachverhaltselemente zuzurechnen sei, geht aus den Ausführungen der belangten Behörde aber nicht hervor.

Dieser Begründungsmangel steht einer Überprüfung der inhaltlichen Richtigkeit der in Spruchpunkt II. getroffenen Entscheidung (und der darauf aufbauenden Erteilung einer befristeten Aufenthaltsberechtigung in Spruchpunkt III.) entgegen und kann durch die Ausführungen in der im verwaltungsgerichtlichen Verfahren erstatteten Gegenschrift der Mitbeteiligten nicht ausgeglichen werden.

Die angefochtenen Spruchpunkte waren daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben (vgl. auch das den Ehegatten der Mitbeteiligten betreffende hg. Erkenntnis vom 8. Juni 2006, Zl. 2004/01/0417, und die darin angegebene Judikatur).

Wien, am 14. Dezember 2006

Schlagworte

Begründung Begründungsmangel

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2004010416.X00

Im RIS seit

01.02.2007
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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