TE Vfgh Erkenntnis 2002/6/29 G270/01 ua

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Veröffentlicht am 29.06.2002
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Index

31 Bundeshaushalt
31/01 Allgemeines Haushaltsrecht, Bundesbudget

Norm

B-VG Art42 Abs5
B-VG Art44 Abs3
B-VG Art51 Abs1
B-VG Art140 Abs1 / Allg
B-VG Art140 Abs1 / Prüfungsgegenstand
B-VG Art140 Abs1 / Prüfungsmaßstab
BundesfinanzG 2002 ArtXI Abs1 Z1
BundesforsteG 1996 §1
F-VG 1922
ÜG 1920 §11 Abs2
ÜG 1920 §42

Leitsatz

Abweisung der Anträge der Salzburger Landesregierung auf Aufhebung der Ermächtigung des Finanzministers zur Veräußerung unbeweglichen Bundesvermögens bis zu einer bestimmten Obergrenze sowie der Übertragung des Eigentums an den Bundesforsten an den Bund aus Anlaß von Grundstücksverkäufen durch die Bundesforste-Aktiengesellschaft für den Ankauf von Seen; keine Verletzung des bundesstaatlichen Prinzips; endgültige Vermögensauseinandersetzung zwischen Bund und Ländern noch nicht erfolgt; Absicherung der Ansprüche der Länder durch die Substanzerhaltungspflicht bei Veräußerungen im Bundesforstegesetz

Spruch

Die Anträge auf Aufhebung des ArtXI Abs1 Z1 Bundesfinanzgesetz 2002, BGBl. I Nr. 38/2001, sowie des §1 Abs1 und Abs3 Bundesforstegesetz 1996, BGBl. Nr. 793, werden abgewiesen.

Im übrigen wird das Verfahren eingestellt.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1.1. Die Salzburger Landesregierung stellte aufgrund ihres Beschlusses vom 13. Juli 2001 gemäß Art140 Abs1 B-VG iVm §§62 ff. VfGG 1953 die Anträge,

"1. ArtXI Abs1 Z1 des Bundesfinanzgesetzes 2001, BGBl. I Nr. 1,

2. ArtXI Abs1 Z1 des Bundesfinanzgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 38/2001,

3. §1 Abs1 (Verfassungsbestimmung) des Bundesforstegesetzes 1996, BGBl. Nr. 793, sowie

4. §1 Abs3 (Verfassungsbestimmung) des Bundesforstegesetzes 1996, BGBl. Nr. 793, als verfassungswidrig aufzuheben".

1.2. Mit Beschluß vom 5. März 2002 zog die Salzburger Landesregierung den Antrag, ArtXI Abs1 Z1 des Bundesfinanzgesetzes 2001, BGBl. I 1, als verfassungswidrig aufzuheben mit der Begründung zurück, daß die angefochtene Bestimmung gemäß ArtXVII Bundesfinanzgesetz 2001 seit 1. Jänner 2002 nicht mehr in Geltung stehe, sodaß die Landesregierung ihre Legitimation zur Antragstellung verloren habe.

2. Die angefochtenen Vorschriften haben folgenden Wortlaut:

Art XI Bundesfinanzgesetz 2002, BGBl. I 38/2001 (im folgenden: BFG 2002):

"(1) Der Bundesminister für Finanzen ist ermächtigt, im Finanzjahr 2002 über Bestandteile des unbeweglichen Bundesvermögens im Rahmen der ihm gemäß §64 BHG übertragenen Befugnis nach Maßgabe folgender Bestimmungen zu verfügen:

1. gemäß §64 Abs1 Z1 und 2 BHG bis zu einem Entgelt (Preis, Wert) von 4 Millionen Euro für den einzelnen Bestandteil des unbeweglichen Bundesvermögens;

2. ...

3. ...

Verfügungen über unbewegliches Bundesvermögen, bei denen die unter Z1 bis 3 angeführten Wertgrenzen überschritten werden, bedürfen der Bewilligung durch ein Bundesgesetz im Sinne des Art42 Abs5 B-VG, die vom Bundesminister für Finanzen einzuholen ist.

(2) Die im laufenden Finanzjahr gemäß §64 Abs1 Z1 und 2 BHG innerhalb des Ermächtigungsrahmens gemäß Abs1 Z1 bis 3 getroffenen Verfügungen dürfen insgesamt den Wert von 36 Millionen Euro nicht übersteigen.

(3) ..."

[§64 Abs1 Z1 und 2 BHG, BGBl. 213/1986, idF BGBl. I 77/1999, beziehen sich auf Verfügungen des Bundesministers für Finanzen über Bestandteile des unbeweglichen Bundesvermögens durch Veräußerung (Verkauf oder Tausch) und Belastung mit Baurechten, Pfandrechten, Dienstbarkeiten und anderen dinglichen Rechten.]

§1 Bundesforstegesetz 1996, BGBl. 793, idF BGBl. I 142/2000 (im folgenden: BForsteG 1996):

"(1) (Verfassungsbestimmung) Der von den Österreichischen Bundesforsten verwaltete Liegenschaftsbestand gemäß §1 Abs1 und 2 und §14 Abs4 des Bundesgesetzes über den Wirtschaftskörper 'Österreichische Bundesforste', BGBl. Nr. 610/1977, und nach Abs2 erworbene Liegenschaften sind unter Berücksichtigung der in Abs3 und §2 Abs3 vorgesehenen Ausnahmeregelungen sowie unbeschadet abweichender Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Errichtung der landwirtschaftlichen Bundesversuchswirtschaften Gesellschaft m.b.H., BGBl. Nr. 794/1996, im Eigentum des Bundes zu erhalten. Das Eigentumsrecht des Bundes ist im Grundbuch durch den Vermerk 'Republik Österreich (Österreichische Bundesforste)' ersichtlich zu machen. Erlöse aus Veräußerungen von diesen im Eigentum des Bundes stehenden Liegenschaften sind zum Ankauf neuer Liegenschaften oder zur sonstigen Verbesserung der Vermögenssubstanz zu verwenden.

(2) ...

(3) (Verfassungsbestimmung) Die Gesellschaft kann

1. unbeschadet Abs1 dritter Satz im Rahmen der dem Bundesminister für Finanzen im jährlichen Bundesfinanzgesetz eingeräumten Ermächtigung Liegenschaften des Bundes, die im Grundbuch als in der Verwaltung der Österreichischen Bundesforste stehend bezeichnet sind (Abs1), im Namen und auf Rechnung des Bundes veräußern,

2. unter Wahrung der Substanz des Liegenschaftsvermögens Liegenschaften des Bundes im Zusammenhang mit der Ablösung oder Umwandlung von Nutzungsrechten im Sinn des §1 des Grundsatzgesetzes 1951 über die Behandlung der Wald- und Weidenutzungsrechte sowie besonderer Felddienstbarkeiten, BGBl. Nr. 103, veräußern oder belasten,

wobei in diesen Angelegenheiten dem in §10 Abs2 Z2 genannten Mitglied des Aufsichtsrats ein Vetorecht zukommt und dieses hiebei an Weisungen des Bundesministers für Finanzen gebunden ist. Die Bestimmungen des Grundsatzgesetzes 1951 über die Behandlung der Wald- und Weidenutzungsrechte sowie besonderer Felddienstbarkeiten, BGBl. Nr. 103, und der darauf beruhenden Landesausführungsgesetze bleiben unberührt.

(4) ..."

3.1. Die Salzburger Landesregierung weist in ihrem Antrag einleitend darauf hin, daß das Land Salzburg unter den österreichischen Bundesländern den größten Anteil an von der Österreichischen Bundesforste AG (im folgenden: ÖBF-AG) verwalteten Waldflächen habe, was mit der historischen Stellung Salzburgs als geistliches Fürstentum zu erklären sei. Nach der Auflösung Salzburgs als souveräner Staat (1803) sei das Eigentum an den Wäldern auf das Reich übergegangen. 1873 sei schließlich die Forst- und Domänendirektion für das Land Salzburg errichtet worden, der bis zum Ende der Monarchie die Verwaltung der Staatsforste im Land Salzburg oblegen habe. Betont wird von der Salzburger Landesregierung in diesem Zusammenhang, daß der Salzburger Landtag bereits im Jahr 1880 die Frage der Rückübereignung der Staatsforste an das Land zum Gegenstand seiner Beratungen gemacht habe. Durch §11 Abs2 des Übergangsgesetzes 1920 (im folgenden: ÜG 1920) sei das Eigentum an den Staatsforsten vorläufig dem Bund übertragen worden.

3.2. Hinsichtlich des beabsichtigten Verkaufes von Liegenschaften durch die ÖBF-AG und der Übertragung von Seen an die Gesellschaft weist die Salzburger Landesregierung darauf hin, daß eine Übertragung der Seen nach §17a BForsteG 1996 nicht in den Liegenschaftsbestand nach §1 Abs1 leg.cit., für den Substanzerhaltungspflicht bestehe, sondern in den eigenen Bestand der ÖBF-AG erfolge. Dies ergebe sich einerseits aus den Begriffen "Übertragung" und "Entgelt" in §17a BForsteG 1996, andererseits daraus, daß der Liegenschaftsbestand nach §1 Abs1 leg.cit. nur die vom ehemaligen Wirtschaftskörper Österreichische Bundesforste verwalteten sowie auf Grund des §1 Abs2 leg.cit. durch Verordnung übertragenen Liegenschaften betreffe. Ferner habe die ÖBF-AG bekanntgegeben, daß zu einem späteren Zeitpunkt die Seen wieder an den Bund (in den Liegenschaftsbestand nach §1 Abs1 leg.cit.) verkauft werden sollen. Die zur Übernahme der Seen erforderliche Gegenleistung solle durch Grundstücksverkäufe aufgebracht werden, wobei im Land Salzburg der Verkauf von Grundstücken im Wert von ca. S 350 Mio. (ca. 5.269 ha, davon ca. die Hälfte Waldflächen) geplant sei.

3.3. In der Folge setzt sich die Salzburger Landesregierung detailliert mit den Eigentumsverhältnissen an den Bundesforsten auseinander. §11 Abs2 ÜG 1920 (der in seinem ersten Halbsatz das ehemals staatliche Vermögen dem Bund zuordnet) stelle im Hinblick auf den zweiten Halbsatz (der hinsichtlich der endgültigen Vermögensauseinandersetzung auf ein künftig zu erlassendes Verfassungsgesetz verweist) nur eine vorläufige Regelung dar. Dies ergebe sich bereits aus dem Wortlaut der Regelung ("endgültige Auseinandersetzung"), erhelle aber ebenso aus der Entstehungsgeschichte des §11 ÜG 1920. Die ursprünglich geplante - in §9 des Entwurfes des ÜG enthaltene - Regelung sei nämlich als endgültige Vermögensaufteilung konzipiert gewesen, diese Fassung sei jedoch nicht Gesetz geworden.

Die Entstehungsgeschichte lasse aber auch auf die Bedeutung des Begriffs "Auseinandersetzung" schließen. Es handle sich hiebei um eine gleichberechtigte Beteiligung von Bund und Ländern zur Regelung der Vermögensfrage; schon allein die beabsichtigte Einrichtung einer Kommission zeige das Verständnis der Notwendigkeit einer sachgerechten Auseinandersetzung durch die Führung von Verhandlungen. Aus den Materialien des ÜG 1920 erhelle kein Motiv für das Abgehen von der Entwurffassung, der Grund könne jedoch darin gelegen sein, daß die gänzliche Übertragung des Staatsvermögens auf den Bund in einem bundesstaatlich strukturierten Staatswesen als unzulässig angesehen wurde, zumal sich das Vermögen des untergegangenen Habsburgerreiches aus wesentlichen Bestandteilen ehemaligen Landesvermögens zusammengesetzt habe.

§11 Abs2 ÜG 1920 beziehe sich auf ein (zu schaffendes) "Verfassungsgesetz des Bundes über die finanzielle Auseinandersetzung zwischen Bund und Ländern". Ein derartiges Gesetz sei bis heute nicht erlassen worden. Selbst wenn man davon ausgehe, daß mit diesem Gesetz und dem in §42 ÜG 1920 genannten "Verfassungsgesetz des Bundes über die finanzielle Auseinandersetzung zwischen dem Bund und den Ländern, beziehungsweise den Gemeinden", durch (u.a.) dessen Schaffung das Inkrafttreten der Kompetenzartikel der Bundesverfassung bedingt gewesen sei, dasselbe Verfassungsgesetz gemeint und somit eine Regelung der Vermögensfrage in der Finanzverfassung intendiert gewesen sei, könne daraus nicht geschlossen werden, daß §11 Abs2 leg.cit. nur eine Regelung in der Finanzverfassung zulasse bzw. zwingend voraussetze. Das F-VG 1922 könne keinesfalls als Erfüllung des Verfassungsversprechens des §11 Abs2 ÜG 1920 gesehen werden, da die Regelung über die Vermögensaufteilung unterblieben und daher die Lage nach wie vor ungeregelt sei. Daß §11 Abs2 ÜG 1920 auch nach der Erlassung des F-VG 1922 noch Bestand gehabt habe, ergebe sich auch aus der unveränderten Aufnahme dieser Bestimmung in die Wiederverlautbarung des ÜG (BGBl. 368/1925). Auch Kelsen/Froehlich/Merkl, Die Verfassungsgesetze der Republik Österreich, V, 312, seien von der Weitergeltung der genannten Bestimmung ausgegangen.

Auch das F-VG 1948 enthalte keine Bestimmung über die Vermögensaufteilung.

3.4. Der Auffassung Stolzlechners, Bundesstaat und Bundesforste, in: FS Koja, 445 ff., wonach in §1 Abs1 BForsteG 1996 ("das Eigentum des Bundes ist zu erhalten") eine endgültige Vermögensaufteilung bezüglich der Bundesforste getroffen worden sei, was auch den Verfassungsrang der Bestimmung notwendig gemacht habe, tritt die Salzburger Landesregierung entgegen. Sie führt aus, daß §1 leg.cit. ausschließlich das Verhältnis zwischen ÖBF-AG und Bund regle. Damit werde an §11 Abs2 ÜG 1920 angeknüpft: Dem Bund sei das übrige staatliche Vermögen vorläufig übertragen und das darunter fallende Liegenschaftsvermögen sei auch im Hinblick auf die Einrichtung der Bundesforste als Aktiengesellschaft im Eigentum des Bundes weiter zu erhalten.

Folge man allerdings der Auffassung Stolzlechners, so sei §1 Abs1 BForsteG 1996 wegen des "bundesstaatlichen Gehalts" des §11 Abs2 ÜG 1920 jedenfalls verfassungswidrig.

3.5. Die Salzburger Landesregierung führt weiter aus, weshalb §11 Abs2 zweiter Halbsatz ÜG 1920 - ihrer Auffassung nach - als Teil des bundesstaatlichen Prinzips zu qualifizieren sei. Die Vermögensregelung sei eine zwangsläufige Folge der Konstituierung des Bundesstaates, da ein weder dem Bund noch den Ländern rechtlich zuordenbares Vermögen mit dem Übergang von der Monarchie zur Republik dem neuen (Bundes)Staat zugefallen sei. Die Vermögensauseinandersetzung sei mit der Finanzverfassung in Zusammenhang gebracht worden; letztere wiederum sei eine bundesstaatliche Notwendigkeit. Von einem besonderen bundesstaatlichen Verständnis zeuge auch die Wortwahl "finanzielle Auseinandersetzung" in §11 Abs2 ÜG 1920, was eine Verhandlungsführung unter gleichberechtigter Beteiligung von Bund und Ländern bedinge; die neuere Judikatur des Verfassungsgerichtshofs zur Finanzausgleichsgerechtigkeit gehe mit diesem Verständnis völlig konform. Die Entstehungsgeschichte und der Zusammenhang mit der Finanzverfassung seien es auch, weshalb in der Lehre die Pflicht zur Aufteilung des staatlichen Vermögens unter Hinweis auf die zweifellos bundesstaatlichen Grundsätze der §§2 und 4 F-VG als konstitutives Element des Bundesstaatsprinzips bezeichnet würden.

In der Folge verweist die Salzburger Landesregierung auf verschiedene Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofs zur Bedeutung des bundesstaatlichen Prinzips als Interpretationsgrundsatz, woraus sie ableitet, daß die Bestimmung des §11 Abs2 ÜG 1920 mehr als ein nicht durchsetzbares verfassungsrechtliches Versprechen darstelle. Im Hinblick auf das andauernde Fehlen der Vermögensauseinandersetzung könne "die volle Geltung des §11 Abs2 erster Halbsatz ÜG 1920 ('Alles übrige staatliche Vermögen ist Vermögen des Bundes') im Sinn des unbeschränkten Erhaltes sämtlicher Eigentümerbefugnisse und vor allem die unbeschränkte staatsrechtliche Zulässigkeit des Verkaufes dieses vorläufig übertragenen Vermögens nicht die Folge sein".

Zusammenfassend wertet die Salzburger Landesregierung §11 Abs2 zweiter Halbsatz ÜG 1920 als konstitutives Element des bundesstaatlichen Baugesetzes, da diese Bestimmung ebenso wie §4 F-VG, der zweifellos ein bundesstaatlicher Grundsatz sei, ein partnerschaftliches Zusammenwirken zwischen Bund und Ländern vorsehe. Bei einer derartigen Auseinandersetzung könnten historische Umstände nicht außer acht bleiben: Der Bund sei bloß Nutznießer der historischen Ereignisse, da sich das große Liegenschaftseigentum des Bundes im Land Salzburg allein dadurch erkläre, daß das Land Salzburg im Kaiserreich Österreich zunächst die Stellung eines (unselbständigen) Landkreises und nicht die eines (relativ) selbständigen Kronlandes gehabt habe. Die erforderliche partnerschaftliche Auseinandersetzung sei schließlich besonderer Ausdruck einer der bundesstaatlichen Verfassung innewohnenden wechselseitigen Treuepflicht zwischen Bund und Ländern.

3.6. Die Salzburger Landesregierung releviert weiters, daß die Bezugnahme der Verfassungsbestimmung des §1 Abs3 BForsteG 1996 auf das (einfache) Bundesfinanzgesetz dynamisch sei: Welche Ermächtigung dem Bundesminister für Finanzen auch immer im jährlichen Bundesfinanzgesetz eingeräumt sei, sie gelte auch für die nunmehr mit Rechtspersönlichkeit eingerichtete ÖBF-AG. Die einfachgesetzliche Ermächtigung des ArtXI Abs1 Z1 BFG 2002 berücksichtige §11 Abs2 ÜG 1920 in keiner Weise und könne damit die danach erforderliche Vermögensauseinandersetzung unterlaufen.

§11 Abs2 erster Halbsatz ÜG 1920 übertrage zwar sämtliche Eigentümerbefugnisse auf den Bund, allerdings würden diese durch den zweiten Halbsatz leg.cit. beschränkt. Nach Ansicht der Salzburger Landesregierung sei bei Bestimmung der Reichweite dieser Beschränkung zu differenzieren. Jedenfalls werde man aber die "Staatsforste" als Vermögensgegenstand ansehen müssen, der den besonderen Schutz des §11 Abs2 zweiter Halbsatz leg.cit. genieße. In Bezug auf die "Staatsforste" müsse der "Treuhänder" Bund daher besonders sorgsam umgehen und könne die erwähnte Beschränkung nur sehr weitreichend verstanden werden. Der Umstand, daß die von der ÖBF-AG geplanten Veräußerungen zu einem Entgelt von S 1,25 Mrd. in den nächsten vier Jahren durch die in ArtXI Abs1 Z1 enthaltene Ermächtigung des BFG 2002 für das Jahr 2002 zugelassen werde, mache diese Bestimmung im Hinblick auf Art2 B-VG iVm §11 Abs2 zweiter Halbsatz ÜG 1920 verfassungswidrig.

Auch die in §1 Abs1 BForsteG 1996 normierte Substanzerhaltungspflicht vermöge an diesem Ergebnis nichts zu ändern. Mit den geplanten Grundstücksverkäufen solle nämlich das Entgelt für die Übertragung der in §17a BForsteG 1996 genannten Seen aufgebracht werden. Damit komme es sogar zu einer Verschlechterung der für die bundesstaatliche Auseinandersetzung zur Verfügung stehenden Vermögenssubstanz, da aus dem Bundesvermögen die Seen ausschieden und die ÖBF-AG Grundflächen des Bundes verkaufe. Selbst wenn die Seen wieder vom Bund zurückgekauft werden sollten, seien sie kein Ersatz für die verkauften Grundflächen des Bundes. Soweit aus Veräußerungen "Erlöse" entstünden, seien diese zwar zum Ankauf von Liegenschaften oder zur sonstigen Verbesserung der Vermögenssubstanz zu verwenden, doch auch dies verzerre das bundesstaatliche Gefüge:

Ein Verkauf eines Waldes in Salzburg und der Ankauf eines Waldes in einem anderen Bundesland setze einen weiteren Schritt zur Aushöhlung des §11 Abs2 zweiter Halbsatz ÜG 1920.

3.7. Abschließend macht die Salzburger Landesregierung geltend, daß ArtXI Abs1 Z1 BFG 2002 auch wegen Verstoßes gegen Art24 B-VG verfassungswidrig sei, weil er sich nämlich über §1 Abs3 BForsteG 1996 auch an einen Rechtsunterworfenen - nämlich die ÖBF-AG - richte. Allein der Nationalrat entscheide jedoch darüber, inwieweit die ÖBF-AG im Namen und auf Rechnung des Bundes über unbewegliches Bundesvermögen verfügen dürfte. Überdies sei Art42 Abs5 B-VG in Einklang mit dem bundesstaatlichen Baugesetz zu interpretieren und daher auf Gesetzesbeschlüsse des Nationalrates nicht anzuwenden, die in einem erheblichen generellen Ausmaß zur Verfügung über solches Bundesvermögen ermächtigten, welches typischerweise für die Auseinandersetzung gemäß §11 Abs2 zweiter Halbsatz ÜG 1920 in Betracht käme. Da eine Mitwirkung des Bundesrates bei der Erlassung der genannten Bestimmung nicht stattgefunden habe, verstieße sie auch aus diesem Grund gegen das bundesstaatliche Baugesetz.

3.8. §1 Abs1 und Abs3 BForsteG 1996 seien aus folgenden Gründen verfassungswidrig: Unterstelle man, daß durch §1 Abs1 leg.cit. eine endgültige Eigentumsregelung erfolgt sei, wäre diese - ebenso wie eine die Veräußerung von Staatsforsten im Hinblick auf §11 Abs2 ÜG 1920 erleichternde Regelung - einseitig unter Mißachtung jeglicher Grundsätze eines fairen partnerschaftlichen Verhaltens im Bundesstaat und unredlich - verpackt in einer Privatisierungsmaßnahme (ohne Bezugnahme auf §11 Abs2 ÜG 1920) - erlassen worden. Schließlich werde damit die Verfassungsform mißbraucht, um §11 Abs2 zweiter Halbsatz ÜG 1920 zu unterlaufen. Eine solche, selbst Mindestanforderungen der bundesstaatlichen Treuepflicht mißachtende Verfassungsgesetzgebung treffe das bundesstaatliche Baugesetz in seinem Kern und wäre daher nur unter Durchführung einer Volksabstimmung gemäß Art44 Abs3 B-VG zulässig gewesen; eine solche sei aber nicht durchgeführt worden.

4.1. Die Tiroler Landesregierung schließt sich mit Schriftsatz vom 20. September 2001 den Ausführungen der Salzburger Landesregierung an und fügt hinzu, daß sich die (historische) Situation in Tirol nicht wesentlich von der in Salzburg unterscheide, da in Tirol als gefürstete Grafschaft die Wälder kraft des seit dem Mittelalter bestehenden Jagd- und Forstregals dem jeweiligen Landesherrn zugestanden seien, der in Personalunion auch Gesamtmonarch der österreichisch(-ungarischen) Monarchie gewesen sei. Ferner wird darauf hingewiesen, daß die Länder 1919 und nach 1945 wiederholt die Rückführung der Wälder in ihr Eigentum gefordert hätten.

4.2. Auch die Burgenländische Landesregierung stimmt mit Schriftsatz vom 18. September 2001 den im Antrag der Salzburger Landesregierung dargelegten verfassungsrechtlichen Bedenken vollinhaltlich zu und weist darauf hin, daß die ÖBF-AG im Burgenland Waldflächen im Ausmaß von ca. 2.500 ha verwalte.

4.3. Die Landesregierungen von Oberösterreich und Vorarlberg verzichteten (mit Schriftsatz vom 3. September 2001 bzw. 21. September 2001) förmlich auf die Abgabe einer Stellungnahme.

5.1. Die Bundesregierung erstattete auf Grund ihres Beschlusses vom 13. November 2001 eine Äußerung, in der sie den Ausführungen der Salzburger Landesregierung entgegentritt und den Antrag stellt, der Verfassungsgerichtshof wolle aussprechen, daß die angefochtenen Bestimmungen nicht verfassungswidrig seien. Für den Fall der Aufhebung stellt sie den Antrag, der Verfassungsgerichtshof wolle gemäß Art140 Abs5 B-VG für das Außerkrafttreten eine Frist von 18 Monaten bestimmen, um die erforderlichen legistischen Maßnahmen zu ermöglichen.

5.2. Die Bundesregierung führt zunächst aus, daß in §11 Abs2 ÜG 1920 dasselbe Bundesverfassungsgesetz wie in §42 Z1 leg.cit. in Aussicht genommen worden sei; dieses Gesetz sei das 1922 erlassene Finanz-Verfassungsgesetz. Zwar enthalte dieses Bundesverfassungsgesetz keine Regelungen über die eigentumsrechtliche Auseinandersetzung zwischen Bund und Ländern, allerdings komme dem Schweigen des F-VG 1922 insofern Bedeutung zu, als damit das im §11 Abs2 zweiter Halbsatz ÜG 1920 enthalten gewesene Programm gegenstandslos geworden sei. Selbst wenn man die gegenteilige Ansicht vertrete (und daher von einer unveränderten Weitergeltung des §11 Abs2 ÜG 1920 nach Erlassung des F-VG 1922 ausgehe), wäre die Inaussichtnahme einer (endgültigen) bundesverfassungsgesetzlichen Regelung doch nicht mehr als ein Programm bzw. ein Versprechen. Ein etwaiges Spannungsverhältnis zwischen §11 Abs2 ÜG 1920 und §1 Abs1 und Abs3 BForsteG 1996 wäre nach der lex-posterior-Regel aufzulösen. Dem §11 Abs2 ÜG 1920 sei somit teilweise materiell derogiert worden.

Der Versuch, §11 Abs2 ÜG 1920 als konstitutives Wesensmerkmal des Bundesstaatsprinzips darzustellen, entbehre jeder Grundlage und führe zu dem Ergebnis, daß jede Verfügung des Bundes über ein von §11 Abs2 leg.cit. erfaßtes Vermögen unzulässig wäre, selbst wenn dazu - wie im gegenständlichen Zusammenhang - eine verfassungsgesetzliche Ermächtigung bestünde.

Auch der von der Salzburger Landesregierung dem §11 Abs2 ÜG 1920 unterstellte Inhalt, wonach eine partnerschaftliche Auseinandersetzung über das staatliche Vermögen im Sinn einer gleichberechtigten Aufteilung geboten sei, könne dieser Bestimmung nicht entnommen werden. Daß der Finanzverfassungsgesetzgeber in den §§2 und 4 F-VG Grundsätze mit bundesstaatlichem Gehalt erlassen hätte, sei keine Begründung dafür, §11 Abs2 zweiter Halbsatz ÜG 1920 als konstitutives Merkmal des Bundesstaatsprinzips zu qualifizieren.

5.3. Selbst wenn man - entgegen der Ansicht der Bundesregierung - davon ausginge, daß §11 Abs2 zweiter Halbsatz ÜG 1920 nach wie vor uneingeschränkt anzuwenden sei, müsse er zu den Verfassungsbestimmungen des §1 Abs1 und Abs3 BForsteG 1996 nicht zwangsläufig in Widerspruch stehen. Denn die Bestimmungen des §1 Abs1 und Abs3 leg.cit. dienten ja gerade der Erhaltung der Substanz der - nach Auffassung der Salzburger Landesregierung - erst aufzuteilenden Waldflächen und beschränkten die Verfügungsbefugnis über diese Flächen. Die Ermächtigung des §1 Abs3 Z1 leg.cit. zum Verkauf von Liegenschaften des Bundes sei nämlich untrennbar mit der Verpflichtung zur Reinvestition der Erlöse oder zur sonstigen Verbesserung der Vermögenssubstanz verbunden. Überdies beschränke die im Verfassungsrang stehende Verkaufsermächtigung durch den Verweis auf das Bundesfinanzgesetz die zulässigen Verkäufe auch auf die im jährlichen Bundesfinanzgesetz festgelegten Höchstbeträge. Für die Annahme, daß der Verfassungsgesetzgeber nicht auf die Betragsgrenzen des jährlichen Bundesfinanzgesetzes verweisen dürfe oder daß die bundesfinanzgesetzlichen Ermächtigungen an den Finanzminister durch diesen Verweis verfassungswidrig würden, bestehe kein Anhaltspunkt.

5.4. Auch ein Widerspruch von ArtXI Abs1 Z1 BFG 2002 zu Art24 B-VG liege nicht vor, da diese Bestimmung nicht die Ermächtigung zum Verkauf von Grundflächen enthalte; vielmehr sei diese Ermächtigung in §1 Abs3 BForsteG 1996 (der mit Zustimmung des Bundesrates zustandegekommen sei) enthalten, und das BForsteG 1996 knüpfe lediglich hinsichtlich der betragsmäßigen Höhe der zulässigen Veräußerungen an das Bundesfinanzgesetz an.

Der Auffassung der Salzburger Landesregierung, daß sich ArtXI Abs1 Z1 BFG 2002 auch an Rechtsunterworfene richte, tritt die Bundesregierung mit dem Argument entgegen, daß nach hL Einigkeit darüber bestehe, daß sich das jährliche Bundesfinanzgesetz ausschließlich an die haushaltsleitenden Organe richte und diese ermächtige, Ausgaben bis zu dem im jeweiligen Ansatz veranschlagten Betrag zu leisten. Aus dieser bloßen Innenwirkung des Bundesfinanzgesetzes folge, daß es im Außenverhältnis weder Rechte begründe noch Pflichten auferlege und daß der Rechtsunterworfene aus dem Bundesfinanzgesetz weder ein subjektives Recht noch eine Verpflichtung ableiten könne. Aus diesen Gründen bestehe daher kein Anhaltspunkt dafür, daß die angefochtenen Bestimmungen des BFG 2002 auch unter Mitwirkung des Bundesrates hätten beschlossen werden müssen.

6. Die Bundesregierung verweist im übrigen hinsichtlich des Verhältnisses von §1 Abs1 und Abs3 BForsteG 1996 zu §11 Abs2 ÜG 1920 auf ein ihrer Äußerung beigefügtes, im Auftrag der ÖBF-AG erstelltes Gutachten von Holoubek/Lang.

6.1. In diesem Gutachten wird zunächst die Auffassung Stolzlechners wiedergegeben, wonach es sich bei §11 Abs2 erster Halbsatz ÜG 1920 nur um eine provisorische Vermögensregelung handle, mit der Vorschrift des §1 Abs1 BForsteG 1996 nun aber eine endgültige Verfügung über Teile des von §11 Abs2 ÜG 1920 angesprochenen "staatlichen Vermögens" getroffen sei. Zur Auflösung des dadurch gegebenen Spannungsverhältnisses sehe Stolzlechner einerseits die Möglichkeit, die lex-posterior-Regel zu bemühen und daher wegen Widerspruchs der jüngeren zur älteren Rechtsnorm die Geltung der später erlassenen Anordnung (hier: §1 Abs1 BForsteG 1996) anzunehmen. Eine andere Lösung bestünde nach Stolzlechner darin, die Vermögensaufteilungsanordnung des §11 Abs2 zweiter Halbsatz ÜG 1920 nicht als herkömmliches Verfassungsrecht, sondern als konstitutives Wesensmerkmal des Bundesstaatsprinzips zu deuten. Dies hätte zur Folge, daß die gänzliche und endgültige Übertragung der ehemaligen "Staatsforste" in das Bundeseigentum durch §1 Abs1 BForsteG 1996 der Vermögensaufteilungsanordnung des §11 Abs2 zweiter Halbsatz ÜG 1920 widerspreche. §1 Abs1 BForsteG 1996 wäre demnach "prinzipienwidriges Verfassungsrecht".

Bezugnehmend auf den Inhalt von §11 Abs2 ÜG 1920 vertritt das Gutachten die Auffassung, daß diese Bestimmung das "übrige staatliche Vermögen" dem Bund zugesprochen habe und diese Rechtsfolge solange bestehen bleibe, bis sich der Verfassungsgesetzgeber entschieden habe, andere Rechtsfolgen vorzusehen. Ob und welche Rechtsfolgen §11 Abs2 zweiter Halbsatz ÜG 1920 auslöse, bleibe jedoch nach dem Wortlaut unklar. Auch die Entstehungsgeschichte der Bestimmung bringe keine eindeutige Lösung: Entgegen der Auffassung, daß der Entwurf im Vergleich zur endgültig beschlossenen Regelung "länderfeindlich" gewesen sei und daß die "Länderfreundlichkeit" der endgültigen Regelung des §11 Abs2 ÜG 1920 den Bund verpflichten würde, einen Teil des in §11 Abs2 leg.cit. angesprochenen Vermögens den Ländern zu übertragen, könnte man auch in der Zuweisung des sonstigen Vermögens an den Bund eine Stärkung der Position des Bundes sehen und §11 Abs2 zweiter Halbsatz ÜG 1920 als Versuch betrachten, diese Stärkung durch Vertröstungen der Länder auf eine spätere Vermögensauseinandersetzung nicht als zu augenfällig erscheinen zu lassen. §11 Abs2 zweiter Halbsatz ÜG 1920 hätte bei dieser Auslegung keine selbständige normative Bedeutung. Die vorläufig vorgenommene Zuordnung des Vermögens zum Bund wäre dann genauso vorläufig wie jede andere Verfassungsnorm, die vom Verfassungsgesetzgeber wieder geändert werden könne. Wenngleich im Zweifel nicht zu vermuten sei, daß der Normsetzer eine bedeutungslose Anordnung treffe, könne diese Deutung nicht völlig ausgeschlossen werden.

6.2. Nach Auffassung des Gutachtens spreche im übrigen viel dafür, das F-VG 1922 als endgültige Regelung iSd §11 Abs2 zweiter Halbsatz ÜG 1920 zu sehen. Demzufolge könnte der Verfassungsgesetzgeber die finanzielle Ausstattung der Länder durch die im F-VG 1922 vorgenommene Verteilung der Besteuerungsrechte als hinreichend angesehen haben, sodaß er nicht die Notwendigkeit gesehen habe, den Ländern auch noch Teile des in §11 Abs2 ÜG 1920 angesprochenen Vermögens zuzuordnen. Der bei der Erlassung des F-VG 1922 erfolgte Verzicht auf eine Aufteilung dieses Vermögens könne somit als endgültige Zuordnung dieses Vermögens zum Bund gedeutet werden, dies auch deshalb, weil §11 Abs2 ÜG 1920 keine materiellen Kriterien für die Auseinandersetzung des dort angesprochenen Vermögens zwischen Bund und Ländern enthalte.

Denkbar wäre aber auch, daß die durch das F-VG 1922 erfolgte Verteilung der Besteuerungsrechte bereits ein derart schwieriges Unterfangen gewesen sei, daß der Verfassungsgesetzgeber nicht gleichzeitig auch noch die Frage der endgültigen Vermögensauseinandersetzung angehen, sondern diese Frage einer späteren Regelung vorbehalten wollte. Nur wenn man von dieser Prämisse ausgehe, stelle sich die Frage des Verhältnisses von §11 Abs2 zweiter Halbsatz ÜG 1920 zu §1 Abs1 BForsteG 1996.

6.3. Zur Frage, ob §1 Abs1 BForsteG 1996 eine "endgültige" Vermögensregelung treffe, wird auf die Gesetzesmaterialien hingewiesen, die deutlich dafür sprächen, daß keine "endgültige" finanzielle Auseinandersetzung geplant gewesen sei. So heiße es im Ausschußbericht (506 BlgNR, 20. GP, 2): "Der Ausschuß stellt zu §1 Abs1 (Substanzerhaltungspflicht) fest, daß durch diese Regelung einem künftigen Tätigwerden des Verfassungsgesetzgebers in diesem Bereich nicht vorgegriffen wird." Auch der Debattenbeitrag des Abgeordneten Schwarzenberger mache dies deutlich. Er habe im Anschluß an eine Regelung zur Sicherung bestimmter Rechte ausgeführt, daß diese "auch und vor allem im Interesse des Bundeslandes Salzburg, wo noch ein alter Streit wegen des Verfassungsgesetzes vom 1. Oktober betreffend den Übergang zur bundesstaatlichen Verfassung vorhanden ist", im BForsteG 1996 abgesichert worden sei. Dann habe er §11 Abs2 ÜG 1920 zitiert und fortgesetzt: "Das heißt, es ist immer noch eine vorläufige Regelung, aber auch da haben wir durch den Ausschußbericht eine neutrale Stellungnahme gefunden, sodaß weder der Bund noch das Land Salzburg in den bisherigen Rechten geschmälert werden."

Fasse man demnach §1 Abs1 BForsteG 1996 - entsprechend den Intentionen des Verfassungsgesetzgebers - nicht als endgültige Vermögensaufteilung auf, bestünde keinesfalls ein Widerspruch zu §11 Abs2 ÜG 1920. Selbst wenn man die gegenteilige Auffassung vertrete, sei ein solcher Widerspruch nicht gegeben, da §11 Abs2 ÜG 1920 keine materiellen Aufteilungskriterien enthalte und daher der Verfassungsgesetzgeber nicht gehindert sei, nur einen Teil des Vermögens zu einem bestimmten Zeitpunkt aufzuteilen bzw. auch das gesamte Vermögen dem Bund zuzuweisen. §11 Abs2 ÜG 1920 stelle nämlich eine Kompetenzbestimmung zugunsten des Bundesverfassungsgesetzgebers dar; einen Hinweis auf materielle Kompetenzausübungsschranken enthalte der Wortlaut der Bestimmung nicht.

Einen Widerspruch könnte man nur unter Zugrundelegung zweier Prämissen sehen: Das BForsteG 1996 müsse die "endgültige Auseinandersetzung" über die seinerzeitigen Staatsforste darstellen, und eine derartige Zuteilung des Vermögens ausschließlich zugunsten des Bundes müsse unzulässig sein. Doch selbst diese Auffassung führe zu keinem besonderen verfassungsrechtlichen Problem, da man davon ausgehen müsse, daß die jüngere Verfassungsbestimmung der älteren derogiere. Zu verfassungsrechtlichen Bedenken gelange man nur, wenn man zusätzlich auch noch §11 Abs2 zweiter Halbsatz ÜG 1920 als Bestandteil des bundesstaatlichen Baugesetzes ansehe.

6.4. Das Gutachten nimmt in der Folge zur Auffassung Stolzlechners Stellung, wonach die grundsätzlichen Kostentragungs- und Steueraufteilungsregeln gemäß §§2 bis 4 F-VG als weitere konstitutive Merkmale des Bundesstaatsprinzips zu qualifizieren seien. Aus dem Umstand, daß das ÜG 1920 in §11 Abs2 und §42 Abs1 Z1 sowohl die Aufteilung der Besteuerungsrechte als auch die Aufteilung des sonstigen staatlichen Vermögens im Auge habe, schließe Stolzlechner auf eine "normative Verknüpfung" der beiden Regelungsgegenstände und leite daraus ab, daß beide Regelungsgegenstände Rechtsmaterien von gleicher Bedeutung für den Bundesstaat seien. Da nicht anzunehmen sei, daß der Verfassungsgesetzgeber Regelungen von unterschiedlichem Gewicht in einer Verfassungsnorm geregelt wissen wollte, sei anzunehmen, daß auch §11 Abs2 zweiter Halbsatz ÜG 1920 - wie die §§2 bis 4 F-VG - zu den konstitutiven Merkmalen des Bundesstaatsprinzips zähle.

Das Gutachten vertritt demgegenüber die Auffassung, daß eine - wie in den §§2 bis 4 F-VG vorgesehene - Aufteilung der Besteuerungsrechte keine zwingende Konsequenz des Bundesstaatsprinzips sei. Es sei zwar einsichtig, daß die Aufteilung der Staatsaufgaben auf Bund und Länder auch eine solche Aufteilung nach sich ziehe, es wäre aber auch denkbar, die Kostentragung und die Aufgabenerfüllung nicht miteinander zu verknüpfen, sondern die Kostentragung ausnahmslos oder zumindest in Teilbereichen einer Gebietskörperschaft aufzubürden, was dann auch die Notwendigkeit der Ausstattung dieser Gebietskörperschaft mit Finanzmitteln nach sich zöge. Selbst bei gegenteiliger Auffassung sei das Argument, daß die Erwähnung der Aufteilung von Besteuerungsrechten und der Aufteilung des sonstigen staatlichen Vermögens im ÜG 1920 darauf schließen ließe, daß diese Rechtsmaterien von gleicher Bedeutung für den Bundesstaat wären, nicht zwingend. Gerade das den §§2 bis 4 F-VG zugrunde liegende Konzept sei nämlich deutlicher Ausdruck dafür, daß der Verfassungsgesetzgeber für die finanzielle Leistungsfähigkeit der Gebietskörperschaften zur Bewältigung ihrer Aufgaben schwerpunktmäßig die Verteilung der Besteuerungsrechte im Auge habe. Bei der Bemessung der in §4 F-VG angesprochenen Leistungsfähigkeit der Gebietskörperschaften sei dann eben auch zu berücksichtigen, wenn den Ländern keine oder nur geringe Einnahmequellen aus Vermögen zur Verfügung stehen.

Nehme man eine Baugesetzwidrigkeit von §1 Abs1 BForsteG 1996 an, hätte dies zur Konsequenz, daß der einfache Bundesgesetzgeber, wenn er die Möglichkeit der Veräußerung von unter §11 Abs2 ÜG 1920 fallendem Vermögen vorsehe, jedenfalls verfassungswidrig handle, da dann selbst dem Verfassungsgesetzgeber eine solche Disposition verwehrt sei. Vor allem aber müßten sich diese Bedenken auch gegen die Verfassungsvorschrift des Art42 Abs5 B-VG richten, aus der hervorgehe, daß Gesetzesbeschlüsse des Nationalrats auch die "Verfügung über Bundesvermögen" betreffen können. Wenn die in §11 Abs2 ÜG 1920 in Aussicht gestellte endgültige Auseinandersetzung über das sonstige Vermögen den Verfassungsgesetzgeber sogar daran hindern sollte, eine Eigentumserhaltungspflicht des Bundes für den Liegenschaftsbestand des §1 Abs1 BForsteG 1996 vorzusehen, so müßte diese Regelung den Verfassungsgesetzgeber erst recht daran hindern, den Nationalrat zu ermächtigen, durch einfachen Gesetzesbeschluß über Bundesvermögen zu verfügen und auf diese Weise eine endgültige Auseinandersetzung über das in §11 Abs2 ÜG 1920 angesprochene Vermögen überhaupt unmöglich zu machen.

Einer möglichen Baugesetzwidrigkeit des Art42 Abs5 B-VG selbst stehe freilich schon der Umstand entgegen, daß §11 Abs2 ÜG 1920 und Art42 Abs5 B-VG vom Verfassungsgesetzgeber des Jahres 1920 gleichzeitig erlassen worden seien. Wenn man daher §11 Abs2 ÜG 1920 als Bestandteil des bundesstaatlichen Baugesetzes betrachte, müßte man im Hinblick auf Art42 Abs5 B-VG davon ausgehen, daß dieses Baugesetz nicht dazu verpflichte, das in §11 Abs2 ÜG 1920 angesprochene Vermögen bis zu einer endgültigen Auseinandersetzung über dieses Vermögen unangetastet zu lassen, weil der Verfassungsgesetzgeber die Möglichkeit der Veräußerung von Teilen dieses Vermögens zugelassen habe. Wenn aber sogar die Veräußerung durch einen einfachen Gesetzesbeschluß des Nationalrates baugesetzkonform wäre, sei nicht einzusehen, warum der Verfassungsgesetzgeber nicht für den Liegenschaftsbestand des §1 Abs1 BForsteG 1996 eine Eigentumserhaltungspflicht des Bundes vorsehen dürfe, die ja sogar die Voraussetzungen dafür verbessere, daß zu einem Zeitpunkt, in dem die endgültige Auseinandersetzung über das Vermögen stattfinden könnte, ein derartiger Liegenschaftsbestand überhaupt noch existiere.

Überdies hindere nichts daran, unter der "endgültigen Auseinandersetzung" nicht nur eine Vermögensaufteilung, sondern auch eine "vermögenswerte Abfindung" zu verstehen. Die gegenteilige Auffassung, daß das in §11 Abs2 ÜG 1920 angesprochene Vermögen real bis zu einer Aufteilung erhalten bleiben müsse, sei nicht vertretbar. Sie würde jede Verfügung über unbewegliches Bundesvermögen verbieten und Art42 Abs5 B-VG diesbezüglich jede Bedeutung nehmen. Dies bedeute, daß §1 Abs1 BForsteG 1996 - selbst wenn er eine "endgültige" Vermögensaufteilung darstellen sollte - keinesfalls in Widerspruch zu §11 Abs2 ÜG 1920 stehe, da der Verfassungsgesetzgeber durch §1 Abs1 BForsteG 1996 jedenfalls nicht daran gehindert sei, im Fall der Auseinandersetzung eine vermögenswerte Abfindung für die Länder im Hinblick auf das von §1 Abs1 BForsteG 1996 erfaßte Vermögen vorzusehen.

6.5. Abschließend wird im Gutachten ausgeführt, daß - nehme man eine Baugesetzwidrigkeit des §1 Abs1 BForsteG 1996 an - in letzter Konsequenz §11 Abs2 ÜG 1920 selbst baugesetzwidrig sein müßte, weil sich durch §1 Abs1 BForsteG 1996 an der bisher bestehenden Rechtslage nichts verändert habe, da das Eigentum an den "Staatsforsten" bisher beim Bund gelegen sei und dies nun weiterhin der Fall sei - sogar noch mit Erschwerungen für Verfügungen über den Liegenschaftsbestand. Wenn daher die durch das BForsteG 1996 erfolgte Perpetuierung des schon zuvor bestehenden Zustandes baugesetzwidrig wäre, müsse dies schon für die zuvor bestehende - eben durch §11 Abs2 ÜG 1920 geschaffene - Rechtslage gegolten haben.

Zu einem anderen Ergebnis könne man nur dann gelangen, wenn man dem bundesstaatlichen Baugesetz auch noch den Inhalt beimessen würde, daß die fehlende Verwirklichung der Ankündigung des §11 Abs2 zweiter Halbsatz ÜG 1920 irgendwann die Verfassungswidrigkeit der in §11 Abs2 erster Halbsatz ÜG 1920 vorgenommenen Vermögenszuordnung bewirke. Jedoch lege §11 Abs2 ÜG 1920 keine Frist für die endgültige Vermögensaufteilung fest. Es fehle auch jeder Anhaltspunkt, einen derartigen Zeitpunkt im Interpretationsweg zu ermitteln.

7. Mit Beschluß vom 5. März 2002 gab die Salzburger Landesregierung eine Stellungnahme zur Äußerung der Bundesregierung ab, in der sie im wesentlichen einige Argumente ihres Antrags wiederholte. Ferner wies sie darauf hin, daß, auch wenn es zulässig sein sollte, das gesamte Bundesvermögen endgültig dem Bund zuzuweisen und die Länder dafür anderweitig - z.B. über zusätzliche Finanzmittel - abzufinden, nur dann die schon aus dem Wort "Auseinandersetzung" erhellenden und in einer entsprechenden Einbindung der Länder bestehenden Anforderungen erfüllt wären, wenn diese Abfindung gleichzeitig - im selben Bundesverfassungsgesetz - sichergestellt würde.

Hinsichtlich der Substanzerhaltungspflicht führt die alzburger Landesregierung aus, daß damit das Eigentum dauerhaft dem Bund erhalten werden solle. In Bezug auf die Staatswälder sei daher sehr wohl eine endgültige Vermögensregelung iSd §11 Abs2 zweiter Halbsatz ÜG 1920 anzunehmen. Der Hinweis auf den Ausschußbericht ändere an dieser Ansicht nichts, da ohnehin klar sei, daß ein Bundesverfassungsgesetz durch ein Bundesverfassungsgesetz geändert werden könne, unabhängig davon, ob darin eine "vorläufige" oder "endgültige" Regelung getroffen werde.

Zum Argument der Bundesregierung, daß auch Art42 Abs5 B-VG baugesetzwidrig sein müsse, wenn man (auch im Verfassungsrang ergehende) Veräußerungen von Bundesvermögen wegen des Grundprinzipiencharakters von §11 Abs2 zweiter Halbsatz ÜG 1920 erfaßt erachte, führt die Salzburger Landesregierung aus, daß Art42 Abs5 B-VG - im Hinblick auf das bundesstaatliche Prinzip - soweit verfassungskonform zu interpretieren sei, daß er keine Grundlage für substanzielle Vermögensschmälerungen des Bundes liefern könne.

II. 1. Der Verfassungsgerichtshof hat zur Frage der Zulässigkeit erwogen:

Gemäß Art140 Abs1 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof u. a. über die Verfassungswidrigkeit von Bundesgesetzen auf Antrag einer Landesregierung. Diese Anfechtungsbefugnis erstreckt sich auch auf Bundesverfassungsgesetze sowie auf das in Art51 Abs1 B-VG vorgesehene Bundesfinanzgesetz, das der Nationalrat im Rahmen seiner Mitwirkung an der Vollziehung des Bundes erläßt (vgl. VfSlg. 4340/1962, 5636/1967). Dem Antrag liegt ein Beschluß der Salzburger Landesregierung vom 13. Juli 2001 zugrunde; das BFG 2002 ist erst mit 1. Jänner 2002 in Kraft getreten. Da es nach der vom Verfassungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung vertretenen Auffassung für die Zulässigkeit eines Gesetzesprüfungsantrags im Rahmen der abstrakten Normenkontrolle nicht schadet, daß eine angefochtene Gesetzesbestimmung erst nach dem Zeitpunkt der Antragstellung in Kraft tritt (vgl. VfSlg. 14.187/1995, 15.773/2000 mwN), und da auch die übrigen Prozeßvoraussetzungen vorliegen, sind die Anträge, soweit sie von der Salzburger Landesregierung nicht ohnehin zurückgezogen wurden und das Verfahren diesbezüglich einzustellen ist, zulässig.

2. Der Verfassungsgerichtshof hat in der Sache erwogen:

Die Anträge sind nicht begründet.

2.1. Die im Zusammenhang zu beachtende Rechtslage bietet folgendes Bild:

§11 ÜG 1920, BGBl. 2, hat folgenden Wortlaut:

"(1) Die den Ländern als ehemals autonomen Körperschaften gehörenden oder von ihnen verwalteten Vermögenschaften, einschließlich der Fonds und Anstalten, gehen in das Vermögen oder in die Verwaltung der Länder im Sinne des Bundes-Verfassungsgesetzes über; hinsichtlich der von den Ländern verwalteten Schulfonds verbleibt es jedoch bis zur Erlassung des Verfassungsgesetzes des Bundes über den Wirkungsbereich des Bundes und der Länder auf dem Gebiet des Schul-, Erziehungs- und Volksbildungswesens (Artikel 14 des Bundes-Verfassungsgesetzes) beim bisherigen Zustand.

(2) Alles übrige staatliche Vermögen ist Vermögen des Bundes; die endgültige Auseinandersetzung über das staatliche Vermögen wird im Verfassungsgesetz des Bundes über die finanzielle Auseinandersetzung zwischen Bund und Ländern geregelt."

§42 Abs1 ÜG 1920 ordnete in der Stammfassung - auszugsweise - folgendes an:

"(1) Die Artikel 10 bis einschließlich 13 und der Artikel 15 des Bundes-Verfassungsgesetzes werden ... erst an dem Tag wirksam, an dem die folgenden Gesetze in Geltung getreten sind:

1. das Verfassungsgesetz des Bundes über die finanzielle Auseinandersetzung zwischen dem Bund und den Ländern, beziehungsweise den Gemeinden;

2. ..."

2.2. Nach §2 Abs1 BForsteG 1996, BGBl. 793, wird zur Fortführung des Betriebes "Österreichische Bundesforste" eine Aktiengesellschaft mit dem Firmenwortlaut "Österreichische Bundesforste AG" errichtet. Nach Abs2 dieser Bestimmung geht der Wirtschaftskörper "Österreichische Bundesforste" mit dem gesamten ihm zuzurechnenden Vermögen, Rechten, Pflichten, Schulden und sonstigen Lasten als Sacheinlage kraft Gesamtrechtsnachfolge auf die ÖBF-AG über. Die Liegenschaften sind davon nur betroffen, soweit sie in der Anlage angeführt sind (diese Anlage enthält nach den Materialien - 428 BlgNR, 20. GP, 118 - nur Liegenschaften aus Streubesitz, die nicht der zentralen Substanz der bisherigen Bundesforste zuzurechnen waren). Die in der Anlage enthaltenen Liegenschaften gehen auf Grund der Verfassungsbestimmung des Abs3 leg.cit. in das Eigentum der ÖBF-AG über.

Die vom Wirtschaftskörper "Österreichische Bundesforste" verwalteten Liegenschaften, die nicht in der Anlage zum BForsteG 1996 genannt sind, verbleiben hingegen im Eigentum des Bundes. Der ÖBF-AG obliegt allerdings nach der Verfassungsbestimmung des §4 Abs1 BForsteG 1996 die Verwaltung dieses Liegenschaftsbestandes. In diesen Liegenschaftsbestand können nach §1 Abs2 leg.cit. durch Verordnung weitere ("sämtliche übrige") Forstflächen des Bundes übertragen werden.

Bei Verfügungen über den in der Anlage genannten, in ihrem Eigentum stehenden Liegenschaftsbestand unterliegt die ÖBF-AG keinen besonderen Einschränkungen. Hingegen gilt hinsichtlich des für den Bund verwalteten Liegenschaftsbestandes eine Substanzerhaltungspflicht: Dieser Liegenschaftsbestand ist nach der Verfassungsbestimmung des §1 Abs1 BForsteG 1996 im Eigentum des Bundes zu erhalten. §1 Abs1 dritter Satz leg.cit. lautet:

"Erlöse aus Veräußerungen von diesen im Eigentum des Bundes stehenden Liegenschaften sind zum Ankauf neuer Liegenschaften oder zur sonstigen Verbesserung der Vermögenssubstanz zu verwenden."

Unter welchen Voraussetzungen Veräußerungen solcher Grundstücke zulässig sind, regelt die Verfassungsbestimmung des §1 Abs3 leg.cit.: Die Gesellschaft kann danach "unbeschadet Abs1 dritter Satz im Rahmen der dem Bundesminister für Finanzen im jährlichen Bundesfinanzgesetz eingeräumten Ermächtigung Liegenschaften des Bundes, die im Grundbuch als in der Verwaltung der Österreichischen Bundesforste stehend bezeichnet sind (Abs1), im Namen und auf Rechnung des Bundes veräußern", wobei dem vom Bundesminister für Finanzen entsandten Aufsichtsratsmitglied ein Vetorecht zukommt und dieses hiebei an Weisungen des Bundesministers für Finanzen gebunden ist.

Der Gerichtshof versteht die Rechtslage im vorliegenden Zusammenhang so, daß die ÖBF-AG Veräußerungen von (bloß) verwalteten Liegenschaften lediglich im Namen und für Rechnung des Bundes und vom Umfang her nur insoweit vornehmen darf, als sie sich im Rahmen der dem Bundesminister für Finanzen im jährlichen Bundesfinanzgesetz eingeräumten Ermächtigung hält. Da diese Ermächtigung "unbeschadet Abs1 dritter Satz" erteilt wird, ist überdies der Erlös aus der Veräußerung solcher Liegenschaften zum Ankauf neuer Liegenschaften oder zur sonstigen Verbesserung der Vermögenssubstanz zu verwenden (in diesem Sinne auch Lang/Sutter, Die Substanzerhaltungspflicht nach §1 BundesforsteG, ÖZW 2001, 97 ff.). Bei diesen Liegenschaften muß es sich im Hinblick auf die Substanzerhaltungspflicht um solche handeln, die wiederum im Eigentum des Bundes stehen und daher von der ÖBF-AG bloß verwaltet werden.

Der mit "Übertragungsermächtigung" überschriebene §17a BForsteG 1996 (der durch Art78 Budgetbegleitgesetz 2001, BGBl. I 142/2000, eingefügt wurde und nicht im Verfassungsrang steht) hat folgenden Wortlaut:

"(1) Der Bundesminister für Finanzen wird ermächtigt, folgende Flächen des öffentlichen Wassergutes (§4 des Wasserrechtsgesetzes 1959) an stehenden Gewässern an die Österreichischen Bundesforste AG zu übertragen: Attersee, Wörthersee, Ossiacher See, Millstätter See, Weißensee, Brennsee, Afritzersee, Längsee, Presseggersee, Baßgeigersee und Falkertsee. Jedem Übertragungsvorgang hat eine Prüfung in sinngemäßer Anwendung von §150 Abs3 des Aktiengesetzes 1965 durch zwei Prüfer voranzugehen. Die Prüfer sind vom Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen zu bestellen. Die §§2 Abs4 und 11 Abs2 dieses Bundesgesetzes sind sinngemäß anzuwenden. Ein Entgelt für diese Übertragung oder eine Ausschüttung auf Grund einer Rücklagenauflösung darf höchstens in der Höhe des Wertes des übertragenen Vermögens erfolgen.

(2) Diese Bestimmung tritt mit Ablauf des 31. Dezember 2003 außer Kraft."

Für Seen ist eine Substanzerhaltungspflicht in der (gleichfalls nicht im Verfassungsrang stehenden) Vorschrift des §1 Abs2a BForsteG 1996, idF BGBl. I 142/2000, normiert:

"(2a) Seeuferflächen oder Seen, die dem Liegenschaftsbestand nach Abs1 angehören, sind nach Maßgabe des Abs1 im Eigentum des Bundes zu erhalten. Der Erlös aus Veräußerungen ist zum Ankauf neuer Seeuferflächen oder Seen oder zur Erhaltung oder Verbesserung der Substanz von Seeuferflächen oder Seen zu verwenden. Für Flächen des öffentlichen Wassergutes an stehenden Gewässern, die in das Vermögen der Österreichischen Bundesforste AG übertragen werden, gelten §4 Abs8 und 9 Wasserrechtsgesetz 1959 nicht. Die im Fischereikataster eingetragenen Rechte bleiben davon unberührt."

Gemäß ArtXI Abs1 Z1 BFG 2002, BGBl. I 38/2001, ist der Bundesminister für Finanzen ermächtigt, im Finanzjahr 2002 über Bestandteile des unbeweglichen Bundesvermögens im Rahmen der ihm gemäß §64 BHG übertragenen Befugnis bis zu einem Entgelt (Preis, Wert) von € 4 Mio. für den einzelnen Bestandteil des unbeweglichen Bundesvermögens zu verfügen. Nach Abs2 dieser Bestimmung dürfen die innerhalb des Ermächtigungsrahmens nach Abs1 Z1 bis 3 getroffenen Verfügungen insgesamt den Wert von € 36 Mio. nicht übersteigen.

2.3.1. Der Verfassungsgerichtshof teilt die Auffassung der antragstellenden Landesregierung, daß §11 Abs2 ÜG 1920 so zu verstehen ist, daß zum Zeitpunkt der Beschlußfassung über dieses Gesetz die Frage der endgültigen Aufteilung des ehemals staatlichen Vermögens auf Bund und Länder in Schwebe gelassen wurde. Das folgt nicht nur aus dem Wortlaut des §11 Abs2 zweiter Halbsatz ÜG 1920, sondern ergibt sich auch aus einem Vergleich mit jener Fassung der (in Aussicht genommenen) Regelung, die noch den Beratungen des Unterausschusses zugrundelag und von diesem angenommen worden war. Diese Fassung lautete (§9 des Entwurfes; abgedruckt in Ermacora, Quellen zum Österreichischen Verfassungsrecht [1920], Wien 1967, 456):

"(1) Die den Ländern als ehemals autonomen Körperschaften gehörenden oder von ihnen verwalteten Vermögenschaften, einschließlich der Fonds und Anstalten, gehen in das Vermögen oder die Verwaltung der Länder im Sinne des Bundesverfassungsgesetzes über.

(2) Alles übrige staatliche Vermögen ist Vermögen des Bundes, soweit nicht im folgenden Ausnahmen festgesetzt sind.

(3) Dasjenige Vermögen, das ausschließlich dem ständigen Dienstbetrieb einer Behörde dient, die im Sinne dieser Verfassung Landesbehörde - Bezirksausschüsse und Gemeinden nicht inbegriffen - ist, wird Landesvermögen. Dient das Vermögen auch den Zwecken einer eigenen Bundesbehörde (Artikel 92 Absatz 1 des Bundesverfassungsgesetzes) oder sonst unmittelbar für Zwecke des Bundes, so sind Rechte und Pflichten zwischen Bund und Land im Verhältnis der tatsächlichen Inanspruchnahme im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Bundesverfassungsgesetzes auseinanderzusetzen. Die Auseinandersetzung, und zwar auch mit Wirkung gegen Dritte, besorgt in jedem Lande eine Kommission, bestehend aus einem vom Präsidenten des zuständigen Oberlandesgerichtes aus den Richtern des Landes zu bestimmenden Vorsitzenden und aus je einem von der Bundesregierung und von der Landesregierung zu ernennenden Beisitzer. Das Verfahren wird durch Verordnung der Bundesregierung geregelt."

Nach dieser Fassung war somit zunächst das Schicksal des den Ländern als ehemals autonomen Körperschaften gehörenden und von ihnen verwalteten Vermögens angesprochen (Abs1). Alles übrige staatliche Vermögen sollte nach Abs2 Vermögen des Bundes sein, "soweit nicht im folgenden Ausnahmen festgesetzt sind". Mit diesen - in Abs3 vorgesehenen - Ausnahmen sollte ersichtlich eine endgültige Vermögenszuteilung erfolgen, wobei die kasuistische Regelung in der Praxis durch Einschaltung von Kommissionen umgesetzt werden sollte. Im Ergebnis hätte die Verwirklichung dieser Lösung dazu geführt, daß die Staatsforste in das Eigentum des Bundes übergegangen wären.

Die endgültige Fassung des ÜG 1920 hat allerdings nicht diese Lösung verwirklicht, sondern an die Stelle der zunächst vorgesehenen endgültigen Regelung der Vermögensauseinandersetzung den Verweis auf ein erst künftig zu erlassendes Bundesverfassungsgesetz gesetzt. Wenn der erste Halbsatz des §11 Abs2 ÜG 1920 daher anordnet, daß alles übrige Vermögen "Vermögen des Bundes" ist, so ist das im Hinblick auf den zweiten Halbsatz der Vorschrift so zu verstehen, daß der Bund bis zu dieser endgültigen (partnerschaftlichen) Auseinandersetzung nur im Außenverhältnis die Befugnisse eines Eigentümers ausüben kann, im Innenverhältnis - gegenüber den Ländern - jedoch hinsichtlich des diesen letztlich zustehenden Vermögensteiles gleichsam als Treuhänder anzusehen ist und daher wohl Maßnahmen einer ordentlichen Wirtschaftsführung setzen darf, nicht aber solche, die geeignet sind, die in Aussicht gestellte Vermögensauseinandersetzung - bezogen auf das jeweilige Bundesland - zu unterlaufen oder unmöglich zu machen.

2.3.2. Der Gerichtshof folgt der antragstellenden Landesregierung darin, daß die in Aussicht genommene Vermögensauseinandersetzung auch nicht durch das F-VG 1922 erfolgt ist. Diesem lag als Vorlage der Entwurf eines Bundesverfassungsgesetzes über "die vorläufige Regelung der finanziellen Beziehungen zwischen dem Bunde, den Ländern und den Gemeinden (vorläufiges Finanz-Verfassungsgesetz)" zugrunde (487 BlgNR, 1. GP). Der Begründung zu diesem Entwurf ist zu entnehmen, daß dieses Gesetz "lediglich gewisse allgemeinste Grundlinien einer Finanzverfassung" enthalten sollte (aaO, 9). "[U]nter Finanzverfassung werden dabei grundsätzliche Bestimmungen einerseits über die Abgrenzung des Ausgaben- und Einnahmenwesens zwischen Bund, Ländern und Gemeinden, anderseits über die Verflechtung der Finanzwirtschaften der erwähnten Körperschaften verstanden." Außerdem wird betont, daß bei aller Dringlichkeit die Finanzverfassung nur eine vorläufige sein könne und daher auch als solche bezeichnet werden solle. Solange weitere Fragen, insbesondere im Bereich der Zuständigkeitsverteilung, nicht gelöst seien, könne auch das Einnahmenwesen keine endgültige Regelung erfahren. "Aus diesen Gründen muß sich der vorliegende Entwurf des vorläufigen Finanz-Verfassungsgesetzes im wesentlichen auf die Regelung einig

Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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