TE OGH 2000/6/15 4Ob119/00d

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Veröffentlicht am 15.06.2000
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Griß und Dr. Schenk und den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Karl B*****, vertreten durch Dr. Johannes Jaksch, Dr. Alexander Schoeller und Dr. Stephan Riel, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei (richtig:) Rudolf T*****, wegen 72.029,80 S sA, über den Revisionsrekurs des Beklagten und des Rudolf T***** sen., ***** beide vertreten durch Bichler & Zrzavy, Rechtsanwälte in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 3. März 2000, GZ 34 R 495/99t-9, womit der Rekurs des Beklagten gegen den Beschluss des Bezirksgerichtes Favoriten vom 12. November 1999, GZ 7 C 2178/99z-3, zurückgewiesen wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

1. Der Revisionsrekurs des Rudolf T***** sen. wird zurückgewiesen.

2. Dem Revisionsrekurs des Beklagten wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben; dem Rekursgericht wird die neuerliche Entscheidung über den gegen den Beschluss des Erstgerichtes erhobenen Rekurs unter Abstandnahme von dem herangezogenen Zurückweisungsgrund aufgetragen.

Die auf den Beklagten entfallenden Kosten des Revisionsrekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Die Klägerin, die den restlichen Kaufpreis für zwei Warenlieferungen und Nebengebühren in der Höhe von insgesamt 72.029,80 S sA begehrt, bezeichnete in der Mahnklage den Beklagten mit "Rudolf T*****, Privater, Oberlaaerstraße 127, 1100 Wien". Der Zahlungsbefehl wurde laut Rückschein am 22. 10. 1999 durch Hinterlegung zugestellt.

Das Erstgericht wies den am 11. 11. 1999 zur Post gegebenen Einspruch des anwaltlich vertretenen "Rudolf T*****, Oberlaaerstraße 127, 1100 Wien" als verspätet zurück.

Gegen diese Zurückweisung erhob der durch dieselben Anwälte wie der Einspruchswerber vertretene "T***** jun., Oberlaaerstraße 127A, 1100 Wien" Rekurs, welcher darin geltend machte, er sei nach dem Inhalt der Klage der in Anspruch Genommene. Ihm sei der Zahlungsbefehl erst am 10. 11. 1999 zugekommen. Er habe den Einspruch erhoben. Sein Vater Rudolf T***** sen. bewohne ein Einfamilienhaus an der Adresse Oberlaaerstraße 127, er selbst sein Einfamilienhaus an der Anschrift Oberlaaerstraße 127A.

Das Rekursgericht wies diesen Rekurs zurück und sprach - auf Antrag gemäß §§ 508, 528 Abs 2a ZPO - aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Dem Rechtsmittelwerber fehle die Antrags- und Rekurslegitimation, weil er nicht Partei des Verfahrens sei. Die Klägerin habe eindeutig den in Oberlaaerstraße 127 wohnhaften Rudolf T***** und nicht den in Oberlaaerstraße 127A wohnhaften Rechtsmittelwerber als Beklagten bezeichnet. Die Hausnummern reichten zur Unterscheidung der Rechtssubjekte gleichen Namens aus. Eine Änderung der Parteibezeichnung auf den Rekurswerber sei nicht zulässig, würde doch damit ein anderes Rechtssubjekt in den Rechtsstreit eintreten. Auch eine Richtigstellung der Parteibezeichnung scheide aus, weil die Klage nicht in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise gegen den Rechtsmittelwerber, sondern eindeutig gegen dessen Vater gerichtet sei.Das Rekursgericht wies diesen Rekurs zurück und sprach - auf Antrag gemäß Paragraphen 508,, 528 Absatz 2 a, ZPO - aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Dem Rechtsmittelwerber fehle die Antrags- und Rekurslegitimation, weil er nicht Partei des Verfahrens sei. Die Klägerin habe eindeutig den in Oberlaaerstraße 127 wohnhaften Rudolf T***** und nicht den in Oberlaaerstraße 127A wohnhaften Rechtsmittelwerber als Beklagten bezeichnet. Die Hausnummern reichten zur Unterscheidung der Rechtssubjekte gleichen Namens aus. Eine Änderung der Parteibezeichnung auf den Rekurswerber sei nicht zulässig, würde doch damit ein anderes Rechtssubjekt in den Rechtsstreit eintreten. Auch eine Richtigstellung der Parteibezeichnung scheide aus, weil die Klage nicht in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise gegen den Rechtsmittelwerber, sondern eindeutig gegen dessen Vater gerichtet sei.

Gegen diesen Beschluss wendet sich der Revisionsrekurs sowohl des Rekurswerbers als auch dessen Vaters.

Rechtliche Beurteilung

1. Der Revisionsrekurs des Pensionisten Rudolf T***** sen. ist unzulässig:

Gegenstand des Rechtsmittelverfahrens ist allein die Zurückweisung des von Rudolf T***** jun. erhobenen Rekurses. Dessen Vater fehlt demnach sowohl die formelle als auch die materielle Beschwer (Kodek in Rechberger, ZPO2 Rz 10 vor § 461), sodass sein Rechtsmittel unzulässig ist (Kodek aaO Rz 9 mwN aus der Rechtsprechung).Gegenstand des Rechtsmittelverfahrens ist allein die Zurückweisung des von Rudolf T***** jun. erhobenen Rekurses. Dessen Vater fehlt demnach sowohl die formelle als auch die materielle Beschwer (Kodek in Rechberger, ZPO2 Rz 10 vor Paragraph 461,), sodass sein Rechtsmittel unzulässig ist (Kodek aaO Rz 9 mwN aus der Rechtsprechung).

Es war daher zurückzuweisen.

2. Der von Rudolf T***** jun. erhobene Revisionsrekurs ist berechtigt.

Obgleich das Neuerungsverbot auch für das (Revisions-)Rekursverfahren gilt (Kodek aaO Rz 3 zu § 526), können auch hier neue tatsächliche Behauptungen oder Beweise zur Unterstützung oder Bekämpfung der Behauptung vorgebracht werden, dass die angefochtene Entscheidung wegen eines der im § 477 ZPO bezeichneten Mängel nichtig sei (§ 504 Abs 2 ZPO; Fasching Rz 1731; Kodek aaO Rz 3 zu § 504). Bei der Frage aber, ob ein Rechtsmittel zu Unrecht zurückgewiesen wurde, ist die Verletzung des rechtlichen Gehörs, also der Nichtigkeitsgrund des § 477 Abs 1 Z 4 ZPO (analog), zu prüfen.Obgleich das Neuerungsverbot auch für das (Revisions-)Rekursverfahren gilt (Kodek aaO Rz 3 zu Paragraph 526,), können auch hier neue tatsächliche Behauptungen oder Beweise zur Unterstützung oder Bekämpfung der Behauptung vorgebracht werden, dass die angefochtene Entscheidung wegen eines der im Paragraph 477, ZPO bezeichneten Mängel nichtig sei (Paragraph 504, Absatz 2, ZPO; Fasching Rz 1731; Kodek aaO Rz 3 zu Paragraph 504,). Bei der Frage aber, ob ein Rechtsmittel zu Unrecht zurückgewiesen wurde, ist die Verletzung des rechtlichen Gehörs, also der Nichtigkeitsgrund des Paragraph 477, Absatz eins, Ziffer 4, ZPO (analog), zu prüfen.

Bei der Beurteilung, ob der Rekurswerber Rudolf T***** jun. als Beklagter anzusehen ist, kommt es darauf an, ob das Klagebegehren nach dem Inhalt der Klage in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise gegen diesen erhoben worden ist (§ 235 Abs 5 ZPO); soweit das der Fall ist, ist die Parteibezeichnung entsprechend richtigzustellen (§ 235 Abs 5 letzter Satz ZPO). In diesem Fall ist auch der vom Rekursgericht herangezogene Zurückweisungsgrund zu verneinen.Bei der Beurteilung, ob der Rekurswerber Rudolf T***** jun. als Beklagter anzusehen ist, kommt es darauf an, ob das Klagebegehren nach dem Inhalt der Klage in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise gegen diesen erhoben worden ist (Paragraph 235, Absatz 5, ZPO); soweit das der Fall ist, ist die Parteibezeichnung entsprechend richtigzustellen (Paragraph 235, Absatz 5, letzter Satz ZPO). In diesem Fall ist auch der vom Rekursgericht herangezogene Zurückweisungsgrund zu verneinen.

Aufgrund der mit dem Revisionsrekurs vorgelegten Auszüge aus Grundbuch und Grundstückkataster sowie Angebot, Rechnungen und Mahnung der Klägerin wird folgender Sachverhalt als bescheinigt angenommen:

Die offizielle Anschrift beider Revisionsrekurswerber lautet Oberlaaerstraße 127; die beiden bewohnen zwei getrennte Gebäude auf ein und derselben Liegenschaft. Hätte die Klägerin eine Meldeauskunft über ihren Vertragspartner eingeholt, so hätte sie diese Anschrift und nicht die amtlich nicht existente Anschrift Oberlaaerstraße 127A erfahren.

Die Klägerin hat das Angebot, die der Klage zugrunde liegenden Rechnungen sowie die Mahnung jeweils an "Rudolf T*****, Vorstandsdirektor, 1100 Wien, Oberlaaerstraße 127", also an Rudolf T***** jun., zugestellt. Da die Klage in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise gegen den Auftraggeber der Klägerin gerichtet war, ist dieser und nur er - obgleich die im Kopf der Klage enthaltenen Angaben auch auf seinen Vater zutreffen - als Beklagter zu behandeln (8 Ob 14/92; 2 Ob 601, 602/92). Zur Verdeutlichung war daher die Bezeichnung der beklagten Partei im Kopf dieser Entscheidung entsprechend richtigzustellen.

Im Hinblick auf die Erklärung der die Rechtsmittelschrift verfassenden Rechtsanwälte steht unzweifelhaft fest, dass schon der Einspruch von Rudolf T***** jun., also dem Beklagten, stammt.

Damit erweist sich aber der vom Rekursgericht herangezogene Zurückweisungsgrund als unberechtigt.

In Stattgebung des Revisionsrekurses war daher der angefochtene Beschluss aufzuheben und dem Gericht zweiter Instanz eine neuerliche Entscheidung über den Rekurs des Beklagten gegen die Zurückweisung seines Einspruchs als verspätet aufzutragen.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.Der Kostenvorbehalt gründet sich auf Paragraph 52, ZPO.

Anmerkung

E58503 04AA1190

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2000:0040OB00119.00D.0615.000

Dokumentnummer

JJT_20000615_OGH0002_0040OB00119_00D0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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