TE Vwgh Erkenntnis 2006/12/18 2005/09/0142

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Veröffentlicht am 18.12.2006
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Index

20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
40/01 Verwaltungsverfahren;
60/02 Arbeitnehmerschutz;
60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

ABGB §1151;
AÜG §4 Abs2;
AuslBG §2 Abs2;
AuslBG §2 Abs4;
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;
AuslBG §3 Abs1;
VStG §5 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Lier, über die Beschwerde der EK in W, vertreten durch Pistotnik Rechtsanwaltsgesellschaft m.b.H. in 1010 Wien, Börsegasse 12, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 31. August 2005, Zl. UVS-07/A/29/10659/2002, betreffend Bestrafung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (weitere Parteien:

1. Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit, 2. Bundesminister für Finanzen), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 51,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 19. Bezirk, vom 19. November 2002 wurde die Beschwerdeführerin schuldig erkannt, sie habe als handelsrechtliche Geschäftsführerin und somit als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der Fa. "W GmbH" zu verantworten, dass diese Gesellschaft als Arbeitgeberin mit Sitz in W, H Straße, am 8. Oktober 2001 in W, I-Straße, 15 namentlich näher bezeichnete Ausländer als Arbeiter mit der Durchführung von Einklebearbeiten von Lottogutscheinen in die Zeitschrift "W" (Ausgabe vom 10. Oktober 2001) beschäftigt habe, obwohl für diese Ausländer weder eine gültige Beschäftigungsbewilligung erteilt noch eine Anzeigebestätigung oder eine gültige Arbeitserlaubnis oder ein gültiger Befreiungsschein ausgestellt worden sei. Wegen dieser Übertretungen wurden über die Beschwerdeführerin nach § 28 Abs. 1 Z. 1 dritter Strafsatz 15 Geldstrafen in der Höhe von je EUR 2.800,-- (Ersatzfreiheitsstrafen von je zwei Wochen) verhängt.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht Berufung.

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 31. August 2005 (nach mündlicher Verkündung dieses Bescheides am 31. März 2004) wurde dieser Berufung in der Schuldfrage keine Folge gegeben, die Tatumschreibung jedoch dahingehend ergänzt, dass nach dem Wort "Beschäftigungsbewilligung" die Wortfolge "oder Entsendebewilligung" und nach dem Wort "Anzeigenbestätigung" die Wortfolge "oder eine EU-Entsendebestätigung" eingefügt wurde. Hinsichtlich der Strafbemessung wurde der Berufung insofern teilweise Folge gegeben, als die Geldstrafen auf jeweils EUR 2.200,--, die Ersatzfreiheitsstrafen auf jeweils sechs Tage herabgesetzt wurden und die Strafsanktionsnorm mit "§ 28 Abs. 1 Z. 1 dritter Strafsatz AuslBG BGBl. Nr. 218/1975 in der Fassung BGBl. I Nr. 120/1999" präzisiert wurde.

Nach ausführlicher Darlegung des Verwaltungsgeschehens, insbesondere auch wörtlicher Wiederholung der in der mündlichen Verhandlung vor der Berufungsbehörde abgelegten Zeugenaussagen, traf die belangte Behörde folgende Feststellungen:

"Auf Grund der unbedenklichen Angaben im Strafantrag, untermauert durch die Angaben der verlässlich und glaubwürdig wirkenden Zeugen H und B, und von der Berufungswerberin unbestritten steht fest, dass am 08.10.2001 in W, I-Straße, die Ausländer ... (es folgen die einzelnen Namen der Betroffenen und ihre Staatsangehörigkeit) ... damit beschäftigt waren, die Exemplare der Zeitschrift 'W' der per 10.10.2001 erscheinenden Ausgabe mit Karten in Postkartenformat (Lottogutscheinen) zu versehen, wobei keiner der erwähnten Ausländer über einen arbeitsmarktrechtlichen Titel gemäß AuslBG verfügte.

Im Arbeitsablauf wurde von den genannten Arbeitern, die je nach Arbeitsschritten in Gruppen gegliedert tätig waren, die mit Lieferschein versehenen und auf Paletten bereitgestellten Zeitschriftenbündel aufgeschnitten, in je eine Zeitschrift eine Karte auf einer bestimmten Seite eingeklebt und anschließend die 'bearbeiteten' Zeitschriften unter Verwendung einer Bündelmaschine wieder in der vorherigen Form gebündelt und zum Versand bereit gestellt."

...

Aus den Erläuterungen der Beschwerdeführerin selbst ergebe sich, dass - bezogen auf die Verhältnisse zur Tatzeit - die 'W' GmbH mit Sitz in W, H Straße, als Herausgeber der gleichnamigen Zeitschrift tätig gewesen ist. Nach redaktioneller Herstellung einer Ausgabe der Zeitschrift wurden die Texte und Bilder via Datenleitung an die Druckerei, damals die Firma S, übermittelt. Die technische Produktion der Zeitschrift erfolgte in W, I-Straße, welche Liegenschaft im Eigentum der F GmbH, vertreten durch deren Geschäftsführer Herrn NF, stand, durch von der 'W' GmbH hiezu vertraglich herangezogenen Unternehmen, nämlich der Druck durch die erwähnte Druckerei S, das anschließende Vorbereiten der gedruckten Zeitschriften zum Versand (Expedit) durch die Einzelfirma des Herrn W namens Wi. Die versandfertig gebündelt und mit Lieferschein versehen bereit gestellten Zeitschriften wurden schließlich dort von der Firma M übernommen, die im Auftrag der 'W' GmbH den Versand der Zeitschriften bewerkstelligte.

Hinsichtlich der in Rede stehenden Ausgabe (10.10.2001) der Zeitschrift 'W' hat sich - zu den beschriebenen, regelmäßig anfallenden Produktionsschritten hinzutretend - die Notwendigkeit ergeben, (auf Grund eines der Herausgeberin erteilten Werbeauftrages) Karten (Lottogutscheine) in die Zeitschriftenexemplare der Ausgabe einzukleben. Auch für diesen Produktionsschritt wurde - und zwar von Herrn NF im Namen der 'W' GmbH mit Wissen und Willen der Berufungswerberin ein vertraglich zur Durchführung zu verpflichtendes Unternehmen gesucht, zunächst in Gestalt der Firma Se gefunden und nachdem die Durchführung der Einklebearbeiten durch diese Firma aus hier nicht zu untersuchenden Gründen unterblieben ist, Kontakt mit den Herren G und T aufgenommen.

Herr NF hat im Namen und für Rechnung der 'W' GmbH mit den Herren G und T vereinbart und diesen auch an Ort und Stelle erklärt, dass diese sich mit Arbeitern in W, I-Straße, einfinden und mit diesen Arbeitern im Zeitraum Sonntag, den 7. Oktober 2001, 18 Uhr bis Dienstag, den 9. Oktober 2001, 12 Uhr - gegen ein nach Stück bemessenes Entgelt - in die in einer dortigen Nebenhalle deponierten Zeitschriften ('W') die Karten einkleben, den passenden Lieferschein auflegen, diese Pakete in der vorgegebenen Reihenfolge zweifach gebunden wieder auf Europaletten ablegen und die Paletten schließlich auf vorgegebenen Plätzen in der Auslieferungshalle ordentlich verstauen, sodass die Firma M diese Paletten ab Dienstag 12 Uhr abholen kann. Herrn G und T bzw. den von diesen mitgebrachten Arbeitern wurden dazu Kleber, Foliereinrichtungen und die Lieferscheine zur Verfügung gestellt, ebenso die Benützung des dortigen Förderbandes und der Tische für die Dauer der Produktion. Vereinbart wurde, dass seitens der 'W' GmbH den Herren G und T dafür ein nach Stück bemessenes Entgelt geleistet wird. Vorher wurde vom Zeugen F stichprobenartig bei einigen der 'mitgebrachten' ausländischen Arbeiter anhand eines Ausweises die Identität überprüft."

Rechtlich beurteilte die belangte Behörde den von ihr festgestellten Sachverhalt nach Darlegung der Rechtslage dahingehend, dass auch dann, wenn Arbeitskräfte Arbeitsleistungen im Betrieb des Werkbestellers für dessen betriebseigene Aufgaben auch in Erfüllung eines Werkvertrages zwischen Werkbesteller und Werkunternehmer nicht vorwiegend mit Material und Werkzeug des Werkunternehmers leisteten (wobei es hinsichtlich des Überwiegens nicht auf numerische Kategorien, sondern auf die Bedeutung des Materials bzw. Werkzeugs für das zu erbringende Werk ankomme), in aller Regel dem wirtschaftlichen Gehalt nach die Überlassung von Arbeitskräften im Vordergrund stünde.

"Im Betrieb" im Sinne des § 4 Abs. 2 Einleitungssatz des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes sei nicht örtlich, sondern funktional als "in Verfolgung der betriebstypischen Erwerbszwecke" zu verstehen. Selbst für den Fall des Vorliegens eines gültigen Werkvertrages zwischen Entsender und Beschäftiger könne dem wahren wirtschaftlichen Gehalt nach Arbeitnehmerüberlassung vorliegen, wenn es den Vertragspartnern nach der typischen Gestaltung des Vertragsinhaltes erkennbar gerade auf die Zurverfügungstellung von Arbeitskräften ankomme. Wann dies jedenfalls der Fall sei, lege § 4 Abs. 2 AÜG typisierend nach der Art einer unwiderleglichen Vermutung fest.

Im vorliegenden Fall seien die Einklebearbeiten funktionell gesehen im Betrieb des Bestellers, nämlich der "W" GmbH, geleistet worden, dies auch, wenn die von der Beschwerdeführerin geleitete Gesellschaft am Tatort nicht selbst eine Betriebsanlage betreibe, habe doch diese Gesellschaft mittels des in ihrem Namen tätigen NF ganz offensichtlich die "faktisch funktionelle Dispositionsmacht" über die am Tatort vorhandenen Betriebsräumlichkeiten und -mittel besessen, welche von den von der "W" GmbH mit Expeditarbeiten beauftragten Ausländern benutzt worden seien.

Die von den Herren G und T bereitgestellten ausländischen Arbeiter hätten bei ihrer Tätigkeit nicht mitgebrachte, sondern am Ort der Betretung vorhandene Betriebsmittel verwendet. Sie seien bei der Verrichtung ihrer Tätigkeiten in den Produktionsablauf der Zeitschrift - zwischen Expeditarbeiten und Versand - eingebunden gewesen. In wirtschaftlicher Hinsicht sei es ganz überwiegend und wesentlich darauf angekommen, dass von den Herren G und T ausreichende Arbeitskräfte für die in der gebotenen Zeit anstehenden Einklebearbeiten bereitgestellt würden. Eine Reihe von gesetzlichen Kriterien spreche somit dafür, dass Arbeitskräfteüberlassung vorgelegen sei, wobei in diesem Falle die "W" GmbH als Beschäftigerin für die unberechtigte Beschäftigung der entsandten ausländischen Arbeitskräfte hafte. Für das Verhalten der Gesellschaft sei gemäß § 9 Abs. 1 VStG die Beschwerdeführerin als nach außen vertretende Geschäftsführerin verantwortlich.

Dass sie kein Verschulden an den objektiv verwirklichten Verwaltungsübertretungen treffe, habe die Beschwerdeführerin nicht dargetan. Sie habe sich ihren eigenen Angaben folgend selbst überhaupt nicht darum gekümmert, durch wen und wie die Einklebearbeiten durchgeführt worden seien. Dass ein effizientes Kontroll- und Sanktionssystem errichtet gewesen sei, um die Einhaltung der übertretenen Bestimmungen sicherzustellen, sei damit nicht (ausreichend) dargetan worden. Habe der von der Beschwerdeführerin beauftragte NF (Gesellschafter der von der Beschwerdeführerin vertretenen Gesellschaft) vor Arbeitsbeginn die Identität einiger Personen mittels Vergleichs mit einem vorgelegten Ausweis geprüft, reiche dies jedenfalls nicht aus, um mit gutem Grund die Einhaltung der Bestimmungen des AuslBG erwarten zu können. Da zum Tatbestand die Herbeiführung eines Schadens und einer Gefahr nicht gehöre und mangelndes Verschulden nicht glaubhaft gemacht worden sei, sei gemäß § 5 Abs. 1 VStG schuldhaftes, nämlich fahrlässiges Verhalten anzunehmen gewesen.

Im Übrigen legte die belangte Behörde ihre Erwägungen zur Strafbemessung dar.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften sowie die inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, nahm jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand, sondern beantragte lediglich die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

     Gemäß § 2 Abs. 2 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes -

 AuslBG, BGBl. Nr. 218/1975, in der im Beschwerdefall

anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 78/1997, gilt als Beschäftigung

die Verwendung

     a)        in einem Arbeitsverhältnis,

     b)        in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis, sofern

die Tätigkeit nicht auf Grund gewerberechtlicher oder sonstiger

Vorschriften ausgeübt wird,

     c)        in einem Ausbildungsverhältnis, einschließlich der

Tätigkeiten nach § 3 Abs. 5,

d)

nach den Bestimmungen des § 18 oder

e)

überlassener Arbeitskräfte im Sinne des § 3 Abs. 4 des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes, BGBl. Nr. 196/1988.

Nach Abs. 4 dieser Bestimmung ist für die Beurteilung, ob eine Beschäftigung im Sinne des Abs. 2 vorliegt, der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend.

Gemäß § 3 Abs. 1 AuslBG in der Fassung BGBl. I Nr. 115/2001, darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung oder eine EU-Entsendebestätigung ausgestellt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein besitzt.

Gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen, wer entgegen dem § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung (§§ 4 und 4c) erteilt noch eine Anzeigebestätigung (§ 3 Abs. 5) oder eine Arbeitserlaubnis (§ 14a) oder ein Befreiungsschein (§§ 15 und 4c) ausgestellt wurde, bei unberechtigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafen von 10 000 S bis zu 60 000 S, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 20 000 S bis zu 120 000 S, bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 20 000 S bis zu 120 000 S, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 40 000 S bis zu 240 000 S.

     Nach § 4 Abs. 2 des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes - AÜG,

BGBl. Nr. 196/1988, liegt Arbeitskräfteüberlassung insbesondere

auch vor, wenn die Arbeitskräfte ihre Arbeitsleistung im Betrieb

des Werkbestellers in Erfüllung von Werkverträgen erbringen, aber

     1.        kein von den Produkten, Dienstleistungen und

Zwischenergebnissen des Werkbestellers abweichendes,

unterscheidbares und dem Werkunternehmer zurechenbares Werk

herstellen oder an dessen Herstellung mitwirken oder

     2.        die Arbeit nicht vorwiegend mit Material und

Werkzeug des Werkunternehmers leisten oder

     3.        organisatorisch in den Betrieb des Werkbestellers

eingegliedert sind und dessen Dienst- und Fachaufsicht unterstehen

oder

     4.        der Werkunternehmer nicht für den Erfolg der

Werkleistung haftet.

Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides macht die Beschwerdeführerin geltend, zu Unrecht sei die belangte Behörde vom Vorliegen einer Arbeitskräfteüberlassung ausgegangen. Den Ort der Betretung der Ausländer habe sie zu Unrecht "funktionell " als zum Betrieb des Bestellers, nämlich der von ihr vertretenen Gesellschaft, gehörend angesehen. Richtig sei vielmehr, und dies sei auch festgestellt worden, dass die "W" GmbH am Ort der Betretung keinerlei eigenen Betrieb unterhalte, sodass es denkunmöglich sei, anzunehmen, Dienstnehmer der "W" GmbH seien dort beschäftigt gewesen, denen sich die "illegalen" Arbeitskräfte angeschlossen oder untergeordnet hätten. Auch die von der belangten Behörde angenommene "faktisch funktionelle Dispositionsmacht über Betriebsräumlichkeiten und -mittel" sei weder durch eine eindeutig nachvollziehbare Feststellung gedeckt noch offensichtlich.

Die Beschwerdeführerin bestreitet ferner das Vorliegen wesentlicher für die Arbeitskräfteüberlassung sprechender Kriterien im Sinne des § 4 Abs. 2 AÜG. Habe die Behörde darauf abgestellt, dass die Ausländer bei ihrer Tätigkeit nicht mitgebrachte, sondern vorhandene Betriebsmittel verwendet hätten, so sei darauf zu verweisen, dass nach der werkvertraglichen Normenlage im Sinne der Bestimmungen des ABGB die Vertragsparteien die Stoffbeistellung beliebig regeln könnten. Werde darüber keine Vereinbarung getroffen und ergäbe sich dazu auch keine Antwort aus den Umständen des Falles, so hätte nach allgemeiner Ansicht sogar der Werkbesteller für die Stoffbeistellung zu sorgen, weshalb der Stoffbeistellung für sich allein keine allzu große Bedeutung zukommen könne. Vielmehr sei es erforderlich, dass noch weitere in § 4 Abs. 2 AÜG genannte "Umgehungskriterien" vorlägen, die insgesamt und abgewogen das Vorhandensein von Arbeitskräfteüberlassung nahe legten. Gerade diese umfassende Abwägung sei aber nicht vorgenommen worden. Da eingeklebte Lottogutscheine nach notorischer Weise nicht zur üblichen Ausstattung von Zeitungen zählten, könne hier eindeutig davon ausgegangen werden, dass ein abweichendes und von den Zwischenergebnissen des Produktionsablaufs deutlich unterscheidbares und in Ansehung der eingeklebten Karten dem Werkunternehmer auch deutlich zurechenbares Werk hergestellt worden sei. Darüber hinaus sei durch die Ermittlungen des Arbeitsinspektorates klargestellt worden, dass auch eine organisatorische Einbindung nicht erfolgt sei, da das Personal allenfalls "nebeneinander", nicht aber "miteinander" gearbeitet habe.

Zur Frage des Vorliegens eines effizienten Kontroll- und Sanktionssystems sei die belangte Behörde von einem aktenwidrigen Sachverhalt ausgegangen, weil sie - obwohl in der Wiedergabe der Zeugenaussage dies richtig dargestellt worden sei - im Rahmen der rechtlichen Beurteilung lediglich darauf Bezug genommen habe, dass Herr F lediglich eine stichprobenweise Identitätsprüfung vorgenommen, nicht aber - wie dies auch von ihm dargelegt worden sei -, dass er alle Personalunterlagen überprüft und für richtig befunden habe. Darüber hinaus habe die Beschwerdeführerin durch die mit Schreiben vom 5. Oktober 2001 getroffene Vereinbarung einer Kontrolle und die vorsorgliche Aufforderung zu einer solchen wie auch durch die tatsächlich durchgeführte Einsichtnahme in die Unterlagen sämtlicher Ausländer mit gutem Grund die Einhaltung der Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes erwarten dürfen. Der Beschwerdeführerin sei keinerlei Dispositionsgewalt über die aufgegriffenen Ausländer zugekommen. Für eine effiziente Kontrolle sei durch die schriftliche Vereinbarung vom 5. Oktober 2001 wie auch durch die tatsächlich stattgefundene Kontrolle gesorgt worden, worauf sie sich habe verlassen dürfen. Es könne nicht ihr angelastet werden, dass nach Durchführung der Kontrolle durch List und Täuschung ein atypischer Sachverhalt vorgelegen sei, auf den weder Herr F noch sie selbst Einfluss habe nehmen können.

Im Übrigen seien die verhängten Strafen nicht schuldangemessen.

Unter dem Gesichtspunkt einer Mangelhaftigkeit des Verfahrens verweist die Beschwerdeführerin auch in diesem Zusammenhang darauf, dass die belangte Behörde zu Unrecht lediglich von einer stichprobenartigen Ausweiskontrolle durch Herrn F ausgegangen sei. Die Behörde habe auch keine Feststellungen darüber getroffen, wieso die Beschwerdeführerin an den festgestellten Verwaltungsübertretungen ein Verschuldensvorwurf treffe. Auf Grund der klaren vertraglichen Vereinbarung vom 5. Oktober 2001 sei der Werkunternehmer ausdrücklich zur Präsentation aller notwendigen Dokumente und zum Nachweis verpflichtet gewesen, dass für alle seine Mitarbeiter eine gültige Arbeits- und Aufenthaltserlaubnis vorhanden sei. Diese Überprüfung sei tatsächlich auch durchgeführt worden. Ab diesem Zeitpunkt habe die Beschwerdeführerin keine Möglichkeit mehr gehabt, die ihr nunmehr vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen zu erkennen oder gar zu verhindern.

Dem oben in seinen wesentlichen Punkten wiedergegebenen Beschwerdevorbringen ist zu entgegnen, dass die Behörde die für und gegen eine Arbeitskräfteüberlassung sprechenden Kriterien in ihren wesentlichen Aspekten übersichtlich und eingehend dargestellt hat. Nach § 2 Abs. 4 erster Satz AuslBG, welcher inhaltlich dem § 4 Abs. 1 AÜG entspricht, ist nicht die äußere Erscheinungsform der vertraglichen Vereinbarungen, sondern deren wahrer wirtschaftlicher Gehalt für die Beurteilung ausschlaggebend ist, ob eine dem Reglement des AuslBG unterliegende Beschäftigung, etwa in Form einer nach § 2 Abs. 2 lit. e AuslBG bewilligungspflichtigen Verwendung überlassener ausländischer Arbeitskräfte, vorliegt oder nicht.

Für die Abgrenzung zwischen Werkverträgen, deren Erfüllung im Wege einer Arbeitskräfteüberlassung im Sinne des AÜG stattfindet, und solchen, bei denen dies nicht der Fall ist, ist grundsätzlich eine Gesamtbetrachtung der Unterscheidungsmerkmale notwendig. Das Vorliegen einzelner, auch für das Vorliegen eines Werkvertrages sprechender Sachverhaltselemente ist in diesem Sinne nicht ausreichend, wenn sich aus den gesamten Umständen unter Berücksichtigung der jeweiligen wirtschaftlichen Interessenlage Gegenteiliges ergibt. Liegen etwa untergeordnete, im unmittelbaren zeitlichen Arbeitsablauf zu erbringende Arbeitsleistungen, die überdies der Erfüllung einer vom Werkbesteller übernommenen, zu dessen Betrieb gehörigen vertraglichen Verpflichtung dienten, vor, ist es unerheblich, mit welchen "Werkzeugen" diese Arbeiten erbracht wurden oder nicht (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 21. September 2005, Zl. 2004/09/0059, und vom 21. Juni 2000, Zl. 99/09/0024), abgesehen davon, dass der Verwaltungsgerichtshof auch zu der Art der gegenständlich durchgeführten vergleichbaren Tätigkeiten (etwa das Einlegen von Werbematerial oder Aufkleben von Stickern) ausgesprochen, dass in solchen Fällen das Vorliegen von Werksvertragsverhältnissen zu verneinen ist und derartige Hilfsarbeiten kein selbstständiges Werk darstellen können (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 21. März 1995, Zl. 94/09/0163, und vom 23. November 2005, Zl. 2004/09/0168). Die belangte Behörde hat in diesem Zusammenhang auch festgestellt, dass in den eigenen Betriebsräumlichkeiten des Beschwerdeführerin vertretenen Unternehmens ausschließlich die redaktionelle Herstellung der Zeitschriften "W" erfolgt, während die gesamte technische Produktion wie Druck, Vorbereitung für den Versand und dieser selbst "ausgelagert" sind und durch andere Unternehmen erfolgt. Daher ist die Frage einer Einordnung in den betrieblichen Ablauf (des "Miteinander"- oder "Nebeneinanderarbeitens" der Ausländer mit Dienstnehmern des von der Beschwerdeführerin vertretenen Unternehmens) in einer Fallkonstellation, wie der vorliegenden, kein geeignetes Unterscheidungskriterium, weil die gesamte manipulative Herstellung und Verteilung der Zeitschrift "W" durch Fremdunternehmen durchgeführt und eigene Dienstnehmer der Beschwerdeführerin daher in diesem Bereich gar nicht beschäftigt werden. Die Beschwerdeführerin ist im Übrigen im Beschwerdeverfahren der Feststellung der belangten Behörde nicht entgegen getreten, dass NF mit ihrem Wissen und Willen im Namen des von ihr vertretenen Unternehmens tätig geworden war. Unter diesem Aspekt entspricht es durchaus dem wahren wirtschaftlichen Gehalt, dass jene Räumlichkeiten, in denen die Ausländer betreten wurden, und jene Maschinen, die im Arbeitsablauf mitverwendet wurden, "funktionell" als zum Betrieb des von der Beschwerdeführerin vertretenen Unternehmens gehörend angesehen wurden. Dass die Ausländer bei ihrer Leistungserbringung in ihrer Entscheidungsfreiheit auf ein Minimum, nämlich lediglich auf die Frage der Quantität des Arbeitseinsatzes, eingeschränkt waren, ergibt sich aus der Termingebundenheit der - in den Räumlichkeiten der Vertragspartnerin der Auftraggeberin verrichteten - Arbeit. Da gerade bei Tätigkeiten, die sich in der Erledigung von Stückzahlen niederschlagen, im Wirtschaftsleben bei Dienstverträgen eine leistungsbezogene Entlohnung (z.B. Akkordlohn) durchaus üblich ist, kann aus dieser Entgeltsform für die Beschwerdeführerin nichts gewonnen werden (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 27. Oktober 1999, Zl. 98/09/0033, mwN).

Die Arbeitnehmerähnlichkeit der Ausländer ist aus diesen Gründen zu bejahen.

Insoweit die Beschwerdeführerin den angefochtenen Bescheid deshalb für inhaltlich unrichtig hält, weil ihr Verschulden zu Unrecht festgestellt worden sei, ist sie auf die Bestimmung des § 5 Abs. 1 VStG zu verweisen, wonach zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung des Gebotes dann ohne Weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört, und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen hat (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 23. November 2005, Zl. 2004/09/0152, und vom 21. September 2005, Zl. 2004/09/0101), gehört die Verwaltungsübertretung nach § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG zu den so genannten Ungehorsamsdelikten, bei denen im Sinne des zweiten Satzes § 5 Abs. 1 VStG der Täter glaubhaft zu machen hat, dass ihm die Einhaltung der Verwaltungsvorschrift ohne sein Verschulden unmöglich gewesen ist, da zu ihrer Strafbarkeit der Eintritt weder eines Schadens noch einer Gefahr erforderlich ist. Ausgehend von der zuvor festgestellten Verwirklichung des objektiven Tatbildes des § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG hätte daher die Beschwerdeführerin zu ihrer verwaltungsstrafrechtlichen Entlastung Umstände, die ihr mangelndes Verschulden darzutun geeignet sind, etwa das Bestehen eines wirksamen Kontrollsystems, darzutun und nachzuweisen gehabt. Die bloße Erteilung von Weisungen oder der Verweis auf eine vertragliche Überbindung der sich aus dem AuslBG ergebenden Verpflichtungen reicht im Sinne dieser Rechtsprechung allein zur Entlastung des Beschuldigten nicht aus, die Einhaltung der Bestimmung des AuslBG sicherzustellen. Entscheidend ist vielmehr, ob eine wirksame Kontrolle über die Einhaltung der vom Arbeitgeber erteilten Weisungen tatsächlich erfolgt ist (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 25. Februar 2005, Zl. 2003/09/0158, und die dort wiedergegebene Judikatur). Obwohl die Feststellung der belangten Behörde, NF habe lediglich "eine stichprobenartige Kontrolle" der Ausländer durchgeführt, dessen Aussage verkürzt wiedergibt, kann in dieser Formulierung eine zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führende Rechtswidrigkeit desselben nicht erkannt werden, weil sich aus der Aussage des in der mündlichen Berufungsverhandlung als Zeugen vernommenen NF lediglich ergibt, er habe sich am Vorabend des Kontrolltages zwar die Aufenthalts- und Beschäftigungsbewilligungen vorlegen lassen und "alle Unterlagen durchgesehen", er habe jedoch die Personenidentitäten lediglich "bei einigen Ausländern" überprüft und sich dann nicht mehr um diese Angelegenheit gekümmert. Damit geht es zu Lasten der Beschwerdeführerin, wenn unklar bleibt, ob er tatsächlich alle "Unterlagen" aller Ausländer eingesehen hat und ob auch am Kontrolltag dieselben Ausländer (wieder) tätig wurden, wie am Abend der von ihm durchgeführten Überprüfung. Damit genügt diese einmalige Überprüfung dem Erfordernis einer wirksamen Überwachung der Einhaltung der Anweisungen des Arbeitgebers bzw. der vertraglich überbundenen Verpflichtung, nur Ausländer mit den erforderlichen Bewilligungen zu beschäftigen, nicht; es wäre vielmehr ihre bzw. ihres Vertreters Sache gewesen, für die Einhaltung der behaupteten vertraglichen Verpflichtung, allenfalls durch eine eingehendere Kontrolle aller Ausländer auch am Kontrolltag, zu sorgen. Dem Schreiben vom 5. Oktober 2001 kommt insoweit keine ein Organisationsverschulden der Beschwerdeführerin bzw. des in ihrem Namen tätigen NF ausschließende Bedeutung zu. Unrichtig ist jedenfalls die Behauptung in der Beschwerde, der Beschwerdeführerin bzw. ihrem Bevollmächtigten wäre keine "Dispositionsgewalt" über die betretenen Ausländer zugekommen. Sie hat mit ihrem Vorbringen daher nicht glaubhaft macht, dass sie an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden (in Form der ihr von der belangten Behörde vorgeworfenen Fahrlässigkeit) trifft.

Insoweit die Beschwerdeführerin die verhängten Strafen als an sich "unangemessen" rügt, hat sie verabsäumt, hiezu ein konkretes Vorbringen zu erstatten. Der Verwaltungsgerichtshof vermag die von der belangten Behörde herabgesetzten Strafen in Höhe von nunmehr (umgerechnet) je 30.272,70 S angesichts des gesetzlichen Strafrahmens von S 20.000 bis S 120.000 auch unter Berücksichtigung der von der Beschwerdeführerin angegebenen Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie des bereits berücksichtigten Milderungsgrundes der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit als keineswegs überhöht zu betrachten, da sie im unteren Bereich des Strafrahmens angesetzt wurden.

Aus diesen Gründen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 18. Dezember 2006

Schlagworte

Verantwortung für Handeln anderer Personen Besondere Rechtsgebiete Arbeitsrecht Arbeiterschutz

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2005090142.X00

Im RIS seit

15.02.2007

Zuletzt aktualisiert am

26.03.2010
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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