TE Vwgh Erkenntnis 2006/12/19 2006/15/0288

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Veröffentlicht am 19.12.2006
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Index

32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;

Norm

BAO §250 Abs1;
BAO §275;
BAO §276 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Zorn, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schilhan, über die Beschwerde der F- und V GmbH in O, vertreten durch Dr. Michaela Iro, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Invalidenstraße 13/1/15, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom 31. Juli 2006, Zl. RV/4076-W/02, betreffend Erklärung einer Berufung (Kapitalertragsteuer 1995 bis 1999) als zurückgenommen, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Nach einer abgabenbehördlichen Prüfung erließ das Finanzamt gegenüber der beschwerdeführenden GmbH einen Bescheid betreffend u. a. die Festsetzung von Kapitalertragsteuer für die Jahre 1994 bis 1996.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Berufung, und zwar hinsichtlich 1994 wegen der als verdeckt gewerteten Ausschüttungen von S 159.767,99 (Hinweis auf Tz 51c des Bp-Berichtes), und "b) hinsichtlich des restlichen Betrages, weil durch die eingebrachten bzw. einzubringenden Rechtsmittel gegen die Abgabenbescheide 1994 bis 1999 sich umfangreiche Änderungen ergeben werden, welche für das vorliegende Verfahren präjudiziell sind". Die Beschwerdeführerin beantragte in der Berufung hinsichtlich des Jahres 1994 die Bemessungsgrundlage für die Kapitalertragsteuer um S 159.768,-- herabzusetzen, sowie "b) das übrige Berufungsverfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Berufungen gegen die USt- und KÖSt-Bescheide 1994 bis 1999 auszusetzen".

Weil das Berufungsbegehren, soweit es sich auf die Bescheide betreffend die Festsetzung von Kapitalertragsteuer für den Zeitraum 1995 bis 1999 beziehe, mangelhaft sei, und weil die Berufung weder die angefochtenen Punkte noch die beantragten Änderungen oder eine Begründung enthalte, erließ die belangte Behörde gemäß § 275 BAO den Mängelbehebungsauftrag vom 6. Februar 2006.

Im Schreiben vom 27. Februar 2006 brachte die Beschwerdeführerin vor:

"...innerhalb der dort bestimmten Frist - und nach erfolgter fernmündlicher Rücksprache mit der Referentin - wird ausdrücklich auf b) der Berufung, sowie (ebenfalls) Punkt b) der Anträge aufmerksam gemacht, wonach die Entscheidung über die anhängigen Berufungsverfahren für 1994 für die Verfahren betreffend die nachfolgenden Jahre präjudiziell ist, sodass über die Berufungen hinsichtlich 1995 bis 1999 eine Entscheidung gar nicht ergehen kann. Eben aus diesem Grunde wurden die Aussetzungsanträge gestellt, wobei davon auszugehen ist, dass diese durch nunmehr vierjähriges Verschweigen zumindest implicite bewilligt sind. Die in der Berufung vom 18.02.02 gestellten Anträge werden daher vorsichtshalber wiederholt und bleiben somit unverändert aufrecht."

Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde wurde die Berufung der Beschwerdeführerin gemäß § 275 BAO als zurückgenommen erklärt. Zur Begründung führt die belangte Behörde aus, die Festsetzung der Kapitalertragsteuer durch das Finanzamt sei im Anschluss an eine Betriebsprüfung erfolgt. Laut Tz 51 des Betriebsprüfungsberichtes seien zahlreiche Feststellungen getroffen worden, die in den Jahren 1994 bis 1999 zu Hinzurechnungen unter dem Titel "Verdeckte Ausschüttung" geführt hätten. Die Berufung der Beschwerdeführerin lasse hinsichtlich der Jahre 1995 bis 1999 völlig offen, welche bestimmten Änderungen des bekämpften Bescheides konkret beantragt würden.

Der Hinweis, wonach die Entscheidung über die anhängigen Berufungsverfahren für das Jahr 1994 für die Verfahren betreffend die nachfolgenden Jahre präjudiziell seien, bringe nicht zum Ausdruck, welche Werte die Beschwerdeführerin an Stelle der von der Betriebsprüfung festgestellten für zutreffend erachte. Überdies habe die Betriebsprüfung auch Feststellungen getroffen, welche ausschließlich die Folgejahre beträfen - etwa die Hinzurechnung von 50 % des Zinsaufwandes ab 1996 (Tz 51a des Bp-Berichtes) und die Verzinsung des Verrechnungskontos des Gesellschafters ab 1996 (Tz 51b des Bp-Berichtes) - sodass die Entscheidung über die vorliegenden Berufungen betreffend Umsatzsteuer 1995, Körperschaftsteuer 1994 und 1995 und Kapitalertragsteuer 1994 auf eine eventuelle Beurteilung dieser Feststellungen jedenfalls keinen Einfluss habe. Es sei nicht Sache des Rechtsmittelverfahrens, abstrakt über verschiedene Möglichkeiten der rechtlichen Beurteilung eines ungeklärten Sachverhaltes zu diskutieren. Der Berufungsantrag müsse klar erkennen lassen, welche bestimmte Änderungen des angefochtenen Bescheides die Beschwerdeführerin konkret beantrage.

Die Beschwerdeführerin habe mit ihrem Schriftsatz vom 27. Februar 2006 dem Mängelbehebungsauftrag vom 6. Februar 2006 zwar zeitgerecht, jedoch unzureichend entsprochen, da sich die Darlegungen wiederum nicht auf konkrete Feststellungen der Betriebsprüfung betreffend die Jahre 1995 bis 1999 bezögen. Der Hinweis auf die eingebrachten bzw. einzubringenden Rechtsmittel stelle keine Begründung im Sinn des § 250 Abs. 1 lit. d BAO dar. Es sei daher die Berufung gegen die Festsetzung der Kapitalertragsteuer für 1995 bis 1999 gemäß § 275 BAO als zurückgenommen zu erklären.

Gegen diesen Bescheid wendet sich die Beschwerde. Es sei unerfindlich, was im Antwortschreiben vom 27. Februar 2006 auf den Mängelbehebungsauftrag "unzureichend" gewesen sein solle. Die Ausführungen des angefochtenen Bescheides, dass nicht auf konkrete Feststellungen der Betriebsprüfung für die Jahre 1995 bis 1999 eingegangen worden sei, stehe im unauflösbaren Widerspruch sowohl zur "Vereinbarung mit der Abgabenbehörde I. Instanz - diese habe eben auf Grund jener Absprache (gegebenenfalls aktenkundigermaßen) auf Berufungsvorentscheidung verzichtet - als auch mit der aktenkundigen und selbst den bekämpften Bescheid zu entnehmenden Vorhaltsbeantwortung". Die belangte Behörde verletze die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf Sachentscheidung. Gerügt werde auch der konventionswidrige Verstoß gegen die Verfahrensdauer, die mit jedenfalls über vier Jahren erheblich überzogen sei. Die Beschwerdeführerin habe aus Fairnessüberlegungen keine Säumnis geltend gemacht, da sie sich von der Klärung der Bescheide für 1994 Rechtssicherheit für die Folgejahre erwartet habe, die weitere aufwändige Rechtsmittelverfahren hätte erübrigen sollen. Im Übrigen bleibe die belangte Behörde jede Erklärung dafür schuldig, warum die "implizite" gewährte Sistierung dadurch hätte beendet werden müssen, dass über die Folgejahre entschieden werde, ohne der Beschwerdeführerin Gelegenheit zu bieten, ihr Verhalten entsprechend anzupassen. Es werde daher die Feststellung der Betriebsprüfung über den Zeitraum der AfA (fünf Jahre statt drei Jahre) ebenso bekämpft wie die Verhängung von Sicherheitszuschlägen. Die "SWK-Feststellungen" hätten nur für Glücksspielautomaten, nicht jedoch für Geschicklichkeitsautomaten Anwendung zu finden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 250 Abs. 1 BAO lautet:

"Die Berufung muss enthalten:

a)

die Bezeichnung des Bescheides, gegen den sie sich richtet;

b)

die Erklärung, in welchen Punkten der Bescheid angefochten wird;

c)

die Erklärung, welche Änderungen beantragt werden;

d)

eine Begründung."

§ 275 BAO idF BGBl. I Nr. 97/2002 lautet:

"Entspricht eine Berufung nicht den im § 250 Abs. 1 oder Abs. 2 erster Satz umschriebenen Erfordernissen, so hat die Abgabenbehörde dem Berufungswerber die Behebung dieser inhaltlichen Mängel mit dem Hinweis aufzutragen, dass die Berufung nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden angemessenen Frist als zurückgenommen gilt."

Die in der Berufung der Beschwerdeführerin vom 18. Februar 2002 enthaltenen Anträge hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid wiedergegeben. Hinsichtlich der auf die Jahre 1995 bis 1999 entfallenden Kapitalertragsteuer hat die Berufung die Erklärung, welche Änderungen beantragt werden (§ 250 Abs. 1 lit. c BAO) nicht enthalten. Die Anregung, die Berufung iSd § 281 BAO auszusetzen, stellt keine Erklärung über die beantragten Änderungen der mit Berufung bekämpften Bescheide dar.

Die belangte Behörde ist somit im Beschwerdefall auf Grund der Bestimmung des § 275 BAO zur Erteilung eines Mängelbehebungsauftrages verpflichtet gewesen. Daran hat das Ersuchen der Beschwerdeführerin, das Berufungsverfahren iSd § 281 BAO auszusetzen, genauso wenig etwas zu ändern vermocht wie die lange Verfahrensdauer.

In der Beschwerde wird nicht bestritten, dass die Beschwerdeführerin innerhalb der Mängelbehebungsfrist nur die Eingabe vom 27. Februar 2006 eingereicht hat.

Diese Eingabe vom 27. Februar 2006 enthält in keiner Weise Ausführungen darüber, welche Änderung der bekämpften Bescheide des Finanzamtes betreffend Kapitalertragsteuer für 1995 bis 1999 beantragt ist. Das mit dieser Eingabe erstattete Vorbringen, dass die Berufungsverfahren für 1994 für die nachfolgenden Jahre "präjudiziell" seien, lässt die Art der beantragten Änderung betreffend Kapitalertragsteuer nicht erkennen. Auch das Ersuchen, das Berufungsverfahren auszusetzen, bringt die Art der beantragten Änderung des bekämpften Bescheides des Finanzamtes nicht zum Ausdruck. Es bleibt ungeklärt, ob die Beschwerdeführerin die Geltendmachung der Haftung für Kapitalertragsteuer zur Gänze beseitigt wissen will bzw. welche Änderung der Höhe nach sie begehrt.

Im Übrigen vermitteln auch nicht die Ausführungen in der Beschwerde ein Bild von den beantragten Änderungen. Das gilt auch für die nicht recht verständlichen Ausführungen betreffend die "AfA Frist" von fünf statt drei Jahren, betreffend die Sicherheitszuschläge und betreffend die Geschicklichkeitsautomaten.

Die Beschwerde vermag somit nicht aufzuzeigen, dass die belangte Behörde zu Unrecht davon ausgegangen wäre, dass dem Mängelbehebungsauftrag iSd § 275 BAO nicht entsprochen worden ist.

Dass, wie dies die Beschwerdeführerin behauptet, mit dem Finanzamt eine "Vereinbarung" getroffen worden ist, keine Berufungsvorentscheidung zu erlassen, mag zutreffen. Dieser Umstand ist aber für die Beurteilung, ob eine Berufung den Voraussetzungen des § 250 Abs. 1 BAO entspricht, nicht relevant. Selbst wenn das Finanzamt eine solche Beurteilung vorgenommen haben sollte, vermöchte diese die belangte Behörde nicht zu binden (vgl. sinngemäß das hg. Erkenntnis vom 6. Juli 2006, 2006/15/0176).

Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 19. Dezember 2006

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2006150288.X00

Im RIS seit

26.01.2007
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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