TE Vwgh Erkenntnis 2006/12/19 2006/03/0159

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Veröffentlicht am 19.12.2006
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

VStG §37 Abs5;
VStG §51 Abs1;
VStG §51 Abs7 idF 1998/I/158;
VStG §51 Abs7;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Handstanger und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des P K in S, Tschechische Republik, vertreten durch Widter Mayrhauser Wolf Rechtsanwälte OEG in 1220 Wien, Wagramer Straße 135, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom 22. September 2006, Zl Senat-MI-05-2064, betreffend Verfall einer vorläufigen Sicherheit, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde die am 4. August 2003 wegen einer Übertretung nach § 13 Abs 2 Z 3 des Gefahrgutbeförderungsgesetzes (GGBG) eingehobene vorläufige Sicherheit in der Höhe von EUR 216,-- gemäß § 37a Abs 5 in Verbindung mit § 37 Abs 5 VStG für verfallen erklärt.

Der Beschwerdeführer (tschechischer Staatsbürger und in Tschechien wohnhaft) sei als Lenker auf frischer Tat bei der Begehung von drei verschiedenen Verwaltungsübertretungen nach dem GGBG betreten worden (was näher dargestellt wurde). Da die Republik Österreich kein Rechtshilfeabkommen in Verwaltungsstrafverfahren mit der Tschechischen Republik habe, sei der Vollzug der über den Beschwerdeführer zu verhängenden Strafen unmöglich, auch wenn er durch einen österreichischen Rechtsanwalt vertreten sei. Es seien deshalb die Voraussetzungen für den Verfall der vorläufigen Sicherheit gegeben gewesen. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers komme § 51 Abs 7 VStG im Beschwerdefall nicht zum Tragen, weil es sich hier nicht um ein Straferkenntnis, sondern um einen Verfallsbescheid handle.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 37a Abs 1 VStG kann die Behörde besonders geschulte Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes ermächtigen, nach Maßgabe der nachfolgenden Bestimmungen eine vorläufige Sicherheit bis zum Betrag von EUR 180,-- festzusetzen und einzuheben. Gemäß § 37a Abs 2 Z 2 VStG kann sich die Ermächtigung darauf beziehen, dass das Organ von Personen, die auf frischer Tat betreten werden und bei denen eine Strafverfolgung oder der Strafvollzug offenbar unmöglich oder wesentlich erschwert sein wird, die vorläufige Sicherheit einhebt.

Gemäß § 37 Abs 5 VStG kann die Sicherheit für verfallen erklärt werden, sobald sich die Strafverfolgung des Beschuldigten oder der Vollzug der Strafe als unmöglich erweist. § 17 VStG ist sinngemäß anzuwenden.

Die im Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des § 51 VStG lauten:

"§ 51. (1) Im Verwaltungsstrafverfahren steht den Parteien das Recht der Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat.

...

(7) Sind in einem Verfahren, in dem nur dem Beschuldigten das Recht der Berufung zusteht, seit dem Einlangen der Berufung gegen ein Straferkenntnis 15 Monate vergangen, so tritt das Straferkenntnis von Gesetzes wegen außer Kraft; das Verfahren ist einzustellen. Die Zeit eines Verfahrens vor dem Verfassungsgerichtshof oder vor dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften ist in diese Frist nicht einzurechnen."

Gemäß § 27 Abs 4 GGBG (idF BGBl I Nr 32/2002) kann bei Verdacht einer Übertretung gemäß Abs 2 als vorläufige Sicherheit im Sinne des § 37a VStG ein Betrag bis EUR 2.180,-- festgesetzt werden.

Der Beschwerdeführer sieht sich (so formuliert er den "Beschwerdepunkt") in seinem "Recht auf Freiwerdung der Sicherheitsleistung infolge Untätigkeit der belangten Behörde" verletzt und macht dazu geltend, entgegen der Ansicht der belangten Behörde sei die Bestimmung des § 51 Abs 7 VStG auch auf Berufungen gegen Verfallsbescheide anzuwenden. Da die belangte Behörde die 15monatige Frist zur Entscheidung ab Einlangen der Berufung verstreichen habe lassen, sei die Sicherheit frei geworden. Die gegenteilige Ansicht führe dazu, dass es der belangten Behörde frei stünde, durch Unterlassen einer Entscheidungsfällung eine Rückerstattung der Sicherheitsleistung möglich zu machen.

Der Verwaltungsgerichtshof vermag diesen Ausführungen nicht beizutreten.

Während gemäß § 51 Abs 1 VStG "im Verwaltungsstrafverfahren" den Parteien das Recht der Berufung zusteht, legt § 51 Abs 7 VStG fest, dass in einem Verfahren, in dem nur dem Beschuldigten das Recht der Berufung zusteht, "das Straferkenntnis" von Gesetzes wegen außer Kraft tritt, wenn "seit dem Einlangen der Berufung gegen ein Straferkenntnis" 15 Monate vergangen sind.

Schon der eindeutige Wortlaut des § 51 Abs 7 VStG, der sich - im Gegensatz zu Abs 1 - nur auf "Straferkenntnisse" bezieht, spricht gegen die Auffassung des Beschwerdeführers, die Rechtsfolgen dieser Bestimmung seien auch auf Verfallsbescheide, bei denen es sich nicht um Straferkenntnisse handelt, anzuwenden.

Ein Blick auf die frühere Fassung dieser Bestimmung bestätigt das gewonnene Auslegungsergebnis:

Vor der Novelle durch BGBl I Nr 158/1998 hatte § 51 Abs 7 VStG folgenden Wortlaut:

"Wenn eine Berufungsentscheidung nicht innerhalb von 15 Monaten ab Einlangen der Berufung erlassen wird, dann gilt der angefochtene Bescheid als aufgehoben und ist das Verfahren einzustellen. Dies gilt nicht in Sachen, in denen nicht nur der Beschuldigte das Recht der Berufung hat. Die Zeit eines Verfahrens vor dem Verfassungsgerichtshof oder vor dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften ist nicht in diese Frist einzurechnen."

In den Gesetzesmaterialien (1167 Blg NR 20.GP, S 41) heißt es zu dieser Änderung: "Die Neuformulierung stellt klar, dass § 51 Abs 7 VStG nur für Straferkenntnisse (und nicht auch für verfahrensrechtliche Bescheide) gilt."

Damit besteht für die vom Beschwerdeführer vertretende ausdehnende Interpretation des § 51 Abs 7 VStG kein Raum.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war sie gemäß § 35 Abs 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 19. Dezember 2006

Schlagworte

Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2006030159.X00

Im RIS seit

22.01.2007

Zuletzt aktualisiert am

07.10.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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