TE Vwgh Beschluss 2006/12/20 2006/12/0136

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Veröffentlicht am 20.12.2006
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Index

L26009 Lehrer/innen Wien;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
64/03 Landeslehrer;

Norm

AVG §8;
B-VG Art132;
LDG 1984 §26 Abs7 idF 1996/329;
LDG 1984 §26 idF 2001/I/086;
LDG 1984 §26 idF 2002/I/087;
LDG 1984 §26 idF 2002/I/119;
LDG 1984 §26a idF 1996/329;
LDG 1984 §26a idF 2001/I/086;
LDG 1984 §26a idF 2002/I/087;
LDG 1984 §26a idF 2002/I/119;
LDG 1984 §4 Abs1;
LDG 1984 §4 Abs6 idF 1996/329;
LDG 1984 §4 idF 2001/I/086;
LDG 1984 §4 idF 2002/I/087;
LDG 1984 §4 idF 2002/I/119;
LDG 1984 §8 Abs2;
LDHG Wr 1978 §1 Abs1 idF 2005/007;
LDHG Wr 1978 §2 Abs2 Z1;
VwGG §27;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §41 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Thoma, Dr. Pfiel und Dr. N. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lamprecht, in der Beschwerdesache der Dipl. Päd. L in K, vertreten durch die Dr. Christian Kuhn und Dr. Wolfgang Vanis Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Elisabethstraße 22, gegen die Wiener Landesregierung wegen Verletzung der Entscheidungspflicht betreffend Verleihung einer Schulleiterstelle nach § 26a LDG 1984, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin steht als Volksschuloberlehrerin in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land Wien.

Im Verordnungsblatt des Stadtschulrates für Wien Nr. 7/04 wurde u.a. die "SchulleiterInnenstelle" der Volksschule in 1190 Wien, Pantzergasse 25, ausgeschrieben, um die sich acht Lehrerinnen, u.a. die Beschwerdeführerin, bewarben. Das Kollegium des Stadtschulrates für Wien reihte in seiner Sitzung vom 28. Oktober 2005 die Mitbewerberin Mag. Dr. S an erster, die Beschwerdeführerin an zweiter und E an dritter Stelle.

In ihrer Säumnisbeschwerde vom 2. August 2006 macht die Beschwerdeführerin geltend, dass die belangte Behörde mehr als sechs Monate nicht über die Besetzung der Position eines Schulleiters der eingangs genannten Volksschule entschieden und hiedurch die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf eine Sachentscheidung verletzt habe. Einerseits komme ihr Parteistellung zu, womit sie die Sachentscheidung bekämpfen könnte, andererseits könnte ihr die Möglichkeit der Bekämpfung einer für sie ungünstigen Sachentscheidung genommen werden, wenn es die belangte Behörde in der Hand hätte, ihr durch Nichtentscheidung über die Besetzung einer Leiterstelle die Möglichkeit der Anrufung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts zu nehmen. Die belangte Behörde habe gegen § 26a Abs. 3a iVm § 26 Abs. 3 des Landeslehrer-Dienstrechtsgesetzes 1984 verstoßen, wonach eine freigewordene Leiterstelle ehestens auszuschreiben und das Besetzungsverfahren unverzüglich durchzuführen sei. Die Säumnis der belangten Behörde sei spätestens sechs Monate nach Abgabe der Stellungnahme der Beschwerdeführerin im Besetzungsverfahren am 27. September 2005, sohin mit 27. März 2006, eingetreten.

Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht nach Art. 132 B-VG kann erheben, wer im Verwaltungsverfahren als Partei zur Geltendmachung der Entscheidungspflicht berechtigt war.

Die im Beschwerdefall relevanten Bestimmungen des Landeslehrer-Dienstrechtsgesetzes 1984, BGBl. Nr. 302 LDG 1984, wurden durch die Novelle BGBl. Nr. 329/1996 maßgeblich novelliert; § 4 Abs. 1 und 6, § 8 Abs. 2, § 26 Abs. 1 und 7 und § 26a Abs. 1 und 2 LDG 1984 lauten:

"§ 4. (1) Allgemeine Ernennungserfordernisse sind

1. a) bei Verwendungen gemäß § 28a die österreichische Staatsbürgerschaft,

b) bei sonstigen Verwendungen die österreichische Staatsbürgerschaft oder die Staatsangehörigkeit eines Landes, dessen Angehörigen Österreich auf Grund eines Staatsvertrages im Rahmen der europäischen Integration dieselben Rechte für den Berufszugang zu gewähren hat wie österreichischen Staatsbürgern (Inländern),

2.

die volle Handlungsfähigkeit,

3.

die persönliche und fachliche Eignung für die Erfüllung der Aufgaben, die mit der vorgesehenen Verwendung verbunden sind, und

              4.              ein Lebensalter von mindestens 18 Jahren und von höchstens 40 Jahren beim Eintritt in den Landesdienst.

...

(6) Bei der Auswahl der Bewerber ist zunächst auf die persönliche und fachliche Eignung, ferner auf die Zeit, die seit Erfüllung der besonderen Ernennungserfordernisse vergangen ist, Bedacht zu nehmen. Die Landesgesetzgebung kann hiezu nähere Bestimmungen erlassen, wobei zusätzliche Auswahlkriterien festgelegt werden können. Weiters können die vorschlagsberechtigten Kollegien der Schulbehörden des Bundes in den Ländern nähere Bestimmungen sowie zusätzliche Auswahlkriterien durch Richtlinien für die Erstellung ihrer Ernennungsvorschläge festlegen, wobei allfällige landesgesetzliche Vorschriften zu beachten sind.

§ 8. ....

     (2) Soweit die Ernennung auf eine andere Planstelle mit der

Verleihung einer schulfesten Stelle (§ 24) verbunden wird, ist auf

§ 26 Bedacht zu nehmen.

     (3) ...

     § 26. (1) Schulfeste Stellen dürfen nur Landeslehrern im

definitiven Dienstverhältnis verliehen werden, die die Ernennungserfordernisse für die betreffende Stelle erfüllen. ...

(7) In jeden Besetzungsvorschlag sind bei mehr als drei nach Abs. 1 in Betracht kommenden Bewerbern drei, bei drei oder weniger solchen Bewerbern alle diese Bewerber aufzunehmen und zu reihen. Bei der Auswahl und Reihung ist zunächst auf die in der Ausschreibung allenfalls angeführten zusätzlichen fachspezifischen Kenntnisse und Fähigkeiten, dann auf die Leistungsfeststellung sowie auf den Vorrückungsstichtag und auf die in dieser Schulart zurückgelegte Verwendungszeit Bedacht zu nehmen. Die Landesgesetzgebung kann hiezu nähere Bestimmungen erlassen, wobei zusätzliche Auswahlkriterien festgelegt werden können. Weiters können die vorschlagsberechtigten Kollegien der Schulbehörden des Bundes in den Ländern nähere Bestimmungen sowie zusätzliche Auswahlkriterien durch Richtlinien für die Erstellung ihrer Besetzungsvorschläge festlegen, wobei allfällige landesgesetzliche Vorschriften zu beachten sind. Landeslehrer, die ihre schulfeste Stelle durch Auflassung der Planstelle verloren haben oder nach Aufhebung der schulfesten Stelle versetzt worden sind (§ 25), sind bevorzugt zu reihen. Bei weniger als drei geeigneten Bewerbern kann die neuerliche Ausschreibung der Stelle vorgeschlagen werden.

(8) ...

Ernennung von Schulleitern

§ 26a. (1) Vor der Reihung gemäß § 26 Abs. 7 sind die Bewerbungen der die Erfordernisse erfüllenden Bewerber dem Schulforum und/oder dem Schulgemeinschaftsausschuss der Schule, für die die Bewerbungen abgegeben wurden, zu übermitteln. Das Schulforum und/oder der Schulgemeinschaftsausschuss haben das Recht, binnen drei Wochen ab Erhalt der Bewerbungen eine begründete schriftliche Stellungnahme abzugeben.

(2) Ernennungen zu Schulleitern sind zunächst auf einen Zeitraum von vier Jahren wirksam. In diesen Zeitraum sind bis zu einem Höchstausmaß von zwei Jahren Zeiten der Betrauung mit der Funktion eines Schulleiters einzurechnen.

(3) ...."

Gemäß § 1 Abs. 1 des Wiener Landeslehrer und Landeslehrerinnen - Diensthoheitsgesetzes 1978, LGBl. Nr. 4/1979 - LDHG 1978, in der Fassung der 4. Novelle zum Landeslehrer - Diensthoheitsgesetz 1978, LGBl. Nr. 7/2005, obliegt die Ausübung der Diensthoheit des Landes Wien über die Landeslehrer und Landeslehrerinnen der Landesregierung. Nach § 2 Abs. 2 Z. 1 leg. cit. entscheidet die Landesregierung auf Vorschlag des Kollegiums des Stadtschulrates für Wien in Angelegenheiten der Ernennung.

Wie der Verwaltungsgerichtshof zu den (mit Ausnahme des § 26a) genannten Bestimmungen des LDG 1984 in der Fassung vor der Novelle BGBl. Nr. 329/1996 mit Erkenntnis vom 5. März 1987, Zl. 86/12/0037, SlgNF 12.418/A, ausgesprochen hat, hat der Bewerber um eine schulfeste Leiterstelle keine Parteistellung. Ein Rechtsanspruch auf Ernennung oder auf Parteistellung im Ernennungsverfahren steht bei Verleihung eines Leiterpostens dem Bewerber nicht zu. Der Ernennungsvorgang zum Schulleiter ist zwar von der Erlangung der schulfesten Stelle nicht zu trennen; diese ist aber nur die Folge der Ernennung auf den Leiterposten. § 8 Abs. 2 LDG 1984 verpflichtet die für die Stellenbesetzung zuständige Behörde zur Bedachtnahme auf § 26 des genannten Gesetzes und damit zu einem bestimmten objektiven Verhalten, doch räumt diese Bestimmung dem sich um den Leiterposten Bewerbenden kein subjektives, vor dem Verwaltungsgerichtshof mit Beschwerde verfolgbares Recht auf Beobachtung dieses Verhaltens ein (vgl. auch den hg. Beschluss vom 11. Mai 1994, Zl. 94/12/0067, mit weiterer Rechtsprechung).

In seinen Beschlüssen vom 19. März 1997, Zl. 96/12/0327, und vom 25. Februar 1998, Zl. 97/12/0360, sowie vom 22. Oktober 1997, Zl. 97/12/0132, vom 25. März 1998, Zl. 98/12/0045, vom 14. Mai 1998, Zl. 98/12/0061, und vom 24. Juni 1998, Zl. 98/12/0124, hat der Verwaltungsgerichtshof unter Bezugnahme auf diese Vorjudikatur ausgesprochen, dass auch mit der Novelle des LDG 1984, BGBl. Nr. 329/1996, keine im Sinne der bisherigen Rechtsprechung für die Parteistellung in dem in Frage stehenden Ernennungsverfahren maßgebende weiteren rechtlichen Regelungen getroffen, sondern nur Ermächtigungen in § 4 Abs. 6 und § 26 Abs. 7 LDG 1984 für deren Schaffung durch andere Organe vorgesehen worden sind. Auch dem neu eingefügten § 26a leg. cit. kann nicht die Bedeutung beigemessen werden, dass damit eine Parteistellung begründet worden sei. Die späteren Novellen zu §§ 4, 26 und 26a LDG 1984 (BGBl. I Nr. 86/2001, Nr. 87/2002 und Nr. 119/2002) trafen keine Veränderungen im hier interessierenden Anwendungsbereich dieser Bestimmungen. Auf Basis des LDG 1984 gilt die wiedergegebene Aussage daher unverändert (vgl. den hg. Beschluss vom 25. April 2003, Zlen. 2003/12/0014, 0015).

Im Zusammenhang mit der Ableitung der Parteistellung aus besonderen Rechtsvorschriften hat der Verwaltungsgerichtshof in seiner Rechtsprechung zu Ernennungen die Auffassung zum Ausdruck gebracht, dass dem in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis befindlichen Beamten bei einer bestimmten "rechtlichen Verdichtung" ein Rechtsanspruch auf Überprüfung eines Ernennungsaktes zukomme. Eine solche rechtliche Verdichtung ist aber nur dann gegeben, wenn die für die Entscheidung maßgebenden Aspekte normativ gefasst sind, es sich hiebei nicht bloß um Selbstbindungsnormen handelt und - andererseits - wenn ein Rechtsanspruch (rechtliches Interesse) nicht ausdrücklich gesetzlich verneint wird (vgl. etwa den zitierten hg. Beschluss vom 25. April 2003, sowie die hg. Beschlüsse vom 13. Juni 2003, Zl. 2003/12/0013, und vom 29. November 2005, Zl. 2005/12/0216).

Eine solche rechtliche Verdichtung kann - unter Berücksichtigung der bisherigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes - im vorliegenden Fall weder aus den Bestimmungen des § 4 Abs. 1 und 6 LDG 1984 noch aus dem LDHG 1978 abgeleitet werden. Die im Beschwerdefall maßgebenden Normen sehen eine solche für die Begründung eines rechtlichen Interesses im Sinn des § 8 AVG erforderliche "rechtliche Verdichtung" nicht vor, nachdem das Land Wien (der Landesgesetzgeber) von der ihm in § 4 Abs. 6 LDG 1984 eingeräumten Möglichkeit der Festlegung zusätzlicher Auswahlkriterien keinen Gebrauch gemacht hat.

Soweit § 4 Abs. 6 und § 26 Abs. 7 LDG 1984 vorsehen, dass die vorschlagsberechtigten Kollegien der Schulbehörden des Bundes in den Ländern nähere Bestimmungen sowie zusätzliche Auswahlkriterien durch Richtlinien für die Erstellung ihrer Besetzungsvorschläge festlegen könne, deutet bereits der Ausdruck "Richtlinie" darauf hin, dass es sich dabei bloß um behördenintern verbindliche Bestimmungen handelt, denen keine unmittelbare Wirkung im Außenverhältnis (d.h. im Verhältnis zwischen dem Bewerber und der Behörde) zukommt (vgl. zur Einordnung von Richtlinien allgemein z. B. die hg. Erkenntnisse vom 19. Oktober 1994, Zl. 94/12/0186, oder vom 14. Dezember 1994, Zl. 94/12/0121, sowie den Beschluss vom 13. Juni 2003, Zl. 2003/12/0013). Außerdem können diese Richtlinien nach dem Gesetz (nur) für die Erstellung der (eigenen) Besetzungsvorschläge durch die Kollegien der Schulbehörden des Bundes in den Ländern (Kollegien der Bezirksschulräte bzw. der Landesschulräte) verbindliche Regelungen treffen, eine Bindung der zur Ernennung (Verleihung der schulfesten (Leiter)Stelle) berufenen Behörde an derartige Richtlinien lässt sich dem Gesetz aber nicht entnehmen (so bereits der hg. Beschluss vom 22. Oktober 1997, Zl. 97/12/0132). Sie können lediglich als Selbstbindungsnormen verstanden werden, auf deren Einhaltung einem Bewerber kein subjektives Recht zukommt; sie sind auch ohne Einfluss auf seine verfahrensrechtliche Stellung. Eine "rechtliche Verdichtung" im besagten Sinn ist daraus nicht abzuleiten (vgl. etwa die hg. Beschlüsse vom 1. Oktober 2004, Zl. 2004/12/0099, und vom 21. September 2005, Zl. 2005/12/0176, mwN).

Da der Beschwerdeführerin nach dem Gesagten im gegenständlichen Besetzungsverfahren keine Parteistellung und somit kein Anspruch auf Entscheidung der Behörde über ihre Bewerbung zukam, war die vorliegende Säumnisbeschwerde von einem nach § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat gemäß § 34 Abs. 1 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

Wien, am 20. Dezember 2006

Schlagworte

DienstrechtVerwaltungsrecht allgemein Rechtsquellen VwRallg1Verletzung der Entscheidungspflicht Diverses Zurückweisung - EinstellungIndividuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2Beschwerdepunkt Beschwerdebegehren Rechtslage Rechtsgrundlage Rechtsquellen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2006120136.X00

Im RIS seit

07.03.2007

Zuletzt aktualisiert am

01.06.2010
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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