TE OGH 2000/12/21 2Ob338/00w

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Veröffentlicht am 21.12.2000
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko, Dr. Tittel, Dr. Baumann und Hon. Prof. Dr. Danzl als weitere Richter in den verbundenen Rechtssachen der klagenden und widerbeklagten Partei Ing. Helmut S*****, vertreten durch Dr. Oswin Lukesch und Dr. Anton Hintermeier, Rechtsanwälte in St. Pölten, gegen die beklagte und widerklagende Partei Mag. Herwig S*****, vertreten durch Dr. Andreas Manak, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 497.000 sA und S 587.888,08 sA über die Revision der beklagten und widerklagenden Partei gegen die Berufungsentscheidung des Oberlandesgerichtes Wien vom 6. September 2000, GZ 17 R 147/00p-41, womit das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 27. März 2000, GZ 15 Cg 1/97w-36(38), teils bestätigt, teils aufgehoben wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

1.) Das Rechtsmittel und dessen Beantwortung werden zurückgewiesen, soweit sie den aufhebenden Teil der Berufungsentscheidung betreffen.

Die Parteien haben die diesbezüglichen Kosten des drittinstanzlichen Verfahrens selbst zu tragen.

2.) Dem Rechtsmittel wird, soweit es sich gegen den bestätigenden Teil der Berufungsentscheidung richtet, Folge gegeben. Das angefochtene Teilurteil des Berufungsgerichts wird aufgehoben. Die Rechtssache wird insoweit zur neuerlichen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Die diesbezüglichen Kosten des drittinstanzlichen Verfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Unstrittig ist, dass der Kläger (und Widerbeklagte) Liegenschaften an den Beklagten (und Widerkläger) veräußerte und dass für den Zeitraum Oktober 1994 bis Ende 1999 ein Betrag von S 657.100 aus diesem Kaufvertrag unberichtigt aushaftet. Unstrittig ist weiter, dass durch die Demontage diverser Objekte Schäden entstanden sind, die der Kläger zu vertreten hat.

Der Kläger begehrte unter Abzug von S 160.100 als Schadenersatz für beschädigte bzw entfernte Gegenstände den Betrag von S 497.000 sA an unberichtigten Kaufpreisraten.

Der Beklagte wendete ursprünglich einen Betrag von S 930.310 an Schadenersatz kompensando ein und erhob eine Widerklage, letztlich im Ausmaß von S 587.888,08 sA mit dem Vorbringen, dieser Betrag enstpreche dem gesamten durch die Demontage angerichteten Schaden.

Der Kläger wendete gegen die Widerklagsforderung unter anderem die offenen Ratenzahlungen aus dem Kaufvertrag kompensando ein.

Das Erstgericht sprach aus, dass die Klagsforderung mit S 497.000, die Gegenforderung mit S 115.011 zu Recht bestünden, verhielt den Beklagten zur Bezahlung von S 381.989 sA und wies das Widerklagebegehren ab.

Dieses Urteil bekämpfte der Beklagte hinsichtlich des Bestehens der Gegenforderung mit S 115.011 statt mit S 427.788,08 sowie hinsichtlich der gänzlichen (so die ausdrückliche Anfechtungserklärung) Abweisung der Widerklage mit Berufung.

Das Berufungsgericht gab dieser Berufung teilweise Folge. Es bestätigte das erstgerichtliche Urteil in seinem Punkt 4 (Abweisung der Widerklage) als Teilurteil und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei. Im Übrigen wurde das erstgerichtliche Urteil (soweit in Beschwerde gezogen) aufgehoben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Zum bestätigenden Teil seiner Entscheidung führte das Berufungsgericht Folgendes aus:

Außer Streit stehe die Klagsforderung mit S 497.000, ihr stehe die Widerklageforderung von S 427.788,08 gegenüber. Mit Rücksicht darauf, dass die Klagsforderung die Widerklagsforderung um S 69.212,08 übersteige, die Klagsforderung auch kompensationsweise eingewendet worden sei und über Klags- und Widerklagsforderung ein einheitliches Urteil ergehe, ergebe sich zwingend eine Abweisung des Widerklagebegehrens, weil die Widerklagsforderung die Höhe der Klagsforderung nicht übersteige. Auch im Falle einer Widerklage sei ein dreigliedriger Urteilsspruch vorzusehen, mit dem Hinweis, dass nicht von Gegenforderung, sondern von Widerklagsforderung zu sprechen wäre, wobei § 545 Abs 3 Geo ein mehrgliedriges Urteil vorsehe, das bereits im Urteilsspruch über den Bestand und über die Aufrechenbarkeit der Gegenforderung abspreche. Da somit die Klagsforderung die Widerklagsforderung übersteige, sei die von der widerklagenden Partei gewünschte Stattgebung der Widerklage mit S 427.788,08 denkunmöglich, weil jedenfalls die Klagsforderung die Widerklagsforderung tilge.Außer Streit stehe die Klagsforderung mit S 497.000, ihr stehe die Widerklageforderung von S 427.788,08 gegenüber. Mit Rücksicht darauf, dass die Klagsforderung die Widerklagsforderung um S 69.212,08 übersteige, die Klagsforderung auch kompensationsweise eingewendet worden sei und über Klags- und Widerklagsforderung ein einheitliches Urteil ergehe, ergebe sich zwingend eine Abweisung des Widerklagebegehrens, weil die Widerklagsforderung die Höhe der Klagsforderung nicht übersteige. Auch im Falle einer Widerklage sei ein dreigliedriger Urteilsspruch vorzusehen, mit dem Hinweis, dass nicht von Gegenforderung, sondern von Widerklagsforderung zu sprechen wäre, wobei Paragraph 545, Absatz 3, Geo ein mehrgliedriges Urteil vorsehe, das bereits im Urteilsspruch über den Bestand und über die Aufrechenbarkeit der Gegenforderung abspreche. Da somit die Klagsforderung die Widerklagsforderung übersteige, sei die von der widerklagenden Partei gewünschte Stattgebung der Widerklage mit S 427.788,08 denkunmöglich, weil jedenfalls die Klagsforderung die Widerklagsforderung tilge.

Die ordentliche Revision sei zuzulassen gewesen, weil der Oberste Gerichtshof keinen vergleichbaren Fall entschieden habe, in dem das Zurechtbestehen des Klagebegehrens unbekämpft geblieben sei, das geringere Widerklagebegehren jedenfalls deswegen abzuweisen wäre, und im fortgesetzten Verfahren der auch kompensando eingewendeten Gegenforderung nur mehr die Bedeutung zukomme, in welchem Umfang sie die Klagsforderung zum Erlöschen bringe.

Diese Berufungsentscheidung wurde vom Beklagten hinsichtlich der Abweisung der Widerklage und der Zurückverweisung der Rechtssache an das Erstgericht mit Revision bekämpft.

Der Kläger beantragt in seiner Revisionsbeantwortung, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Das Rechtsmittel ist, soweit es sich (als Rekurs) gegen den zurückverweisenden (aufhebenden) Teil der Berufungsentscheidung richtet, (ebenso wie die Beantwortung) unzulässig, weil das Berufungsgericht nicht gemäß § 519 Abs 1 Z 2 ZPO ausgesprochen hat, dass (gegen den in Punkt 2 der Berufungsentscheidung enthaltenen Aufhebungsbeschluss) der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig ist.Das Rechtsmittel ist, soweit es sich (als Rekurs) gegen den zurückverweisenden (aufhebenden) Teil der Berufungsentscheidung richtet, (ebenso wie die Beantwortung) unzulässig, weil das Berufungsgericht nicht gemäß Paragraph 519, Absatz eins, Ziffer 2, ZPO ausgesprochen hat, dass (gegen den in Punkt 2 der Berufungsentscheidung enthaltenen Aufhebungsbeschluss) der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig ist.

Im Übrigen ist es (als Revision gegen das in Punkt 1 der Berufungsentscheidung enthaltene Teilurteil) zulässig und im Sinne des im Abänderungsantrag enthaltenen Aufhebungsantrages auch berechtigt.

Was die Bestätigung der Abweisung des Widerklagebegehrens anlangt, machte der Beklagte im Berufungsverfahren seine (Gegen)Forderung mit S 427.788,08 geltend, während die (auch als Gegenforderung gegen die Widerklagsforderung eingewendete) Forderung des Klägers unstrittig höher war, was selbst im Fall des vollständigen Zurechtbestehens der Forderung des Beklagten zu deren Tilgung durch Aufrechnung führte.

Dennoch ist die Widerklage noch nicht spruchreif, weil im Fall der Aufrechnungseinrede, die ja nur Eventualcharakter hat, immer zuerst über den Bestand der Klagsforderung (hier: Widerklagsforderung) entschieden werden muss, selbst wenn die Gegenforderung (hier: Klagsforderung) schneller festgestellt werden kann, sodass die Abweisung der Klage (hier: Widerklage) schon deshalb feststünde (Rechberger in Rechberger2 § 392 ZPO Rz 10; Fasching, Lehrbuch2 Rz 1294). Die (der "Klagsabweisungstheorie" entsprechende) Vorgangsweise des Berufungsgerichtes war somit (im Sinne der "Beweiserhebungstheorie") unzulässig, was zur Aufhebung des angefochtenen Teilurteils und - da insoweit ein Mangel des Verfahrens vor dem Berufungsgericht vorliegt - zur Rückverweisung an das Berufungsgericht führt.Dennoch ist die Widerklage noch nicht spruchreif, weil im Fall der Aufrechnungseinrede, die ja nur Eventualcharakter hat, immer zuerst über den Bestand der Klagsforderung (hier: Widerklagsforderung) entschieden werden muss, selbst wenn die Gegenforderung (hier: Klagsforderung) schneller festgestellt werden kann, sodass die Abweisung der Klage (hier: Widerklage) schon deshalb feststünde (Rechberger in Rechberger2 Paragraph 392, ZPO Rz 10; Fasching, Lehrbuch2 Rz 1294). Die (der "Klagsabweisungstheorie" entsprechende) Vorgangsweise des Berufungsgerichtes war somit (im Sinne der "Beweiserhebungstheorie") unzulässig, was zur Aufhebung des angefochtenen Teilurteils und - da insoweit ein Mangel des Verfahrens vor dem Berufungsgericht vorliegt - zur Rückverweisung an das Berufungsgericht führt.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 40, 50, 52 ZPO.Die Kostenentscheidung gründet sich auf Paragraphen 40,, 50, 52 ZPO.

Anmerkung

E60416 02A03380

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2000:0020OB00338.00W.1221.000

Dokumentnummer

JJT_20001221_OGH0002_0020OB00338_00W0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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