TE Vwgh Erkenntnis 2007/1/23 2006/06/0039

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Veröffentlicht am 23.01.2007
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Index

10/10 Datenschutz;

Norm

DSG 2000 §1 Abs3 Z1;
DSG 2000 §26 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Khozouei, über die Beschwerde des K-Verband in W, vertreten durch Putz & Partner, Rechtsanwälte in Wien 3, Reisnerstraße 12, gegen den Bescheid der Datenschutzkommission vom 16. Dezember 2005, Zl. K121.049/0023-DSK/2005, betreffend Auskunft gemäß § 26 Abs. 1 DSG (mitbeteiligte Partei: S KEG in R), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Mitbeteiligte richtete, vertreten durch die ARGE DATEN - Österreichische Gesellschaft für Datenschutz, mit Schreiben vom 4. Mai 2005 ein Auskunftsbegehren an den Beschwerdeführer, der eine Wirtschaftsauskunftei betreibt, und erhielt mit Schreiben vom

10. und 12. Mai 2005 Auskünfte aus der Konsumentenkreditevidenz, aus der Warenkreditevidenz, der Warenliste und der KSV-Wirtschaftsdatenbank. Die Mitbeteiligte erhob in der Folge mit Schreiben vom 15. Juni 2005 (eingelangt am selben Tag) Beschwerde an die Datenschutzkommission und brachte, soweit für das Beschwerdeverfahren noch erheblich, vor, über die Herkunft der Daten unzureichend Auskunft erhalten zu haben.

Im Zuge des Verwaltungsverfahrens erteilte die Beschwerdeführerin der Mitbeteiligten (zu Handen ihrer Vertreterin) eine schriftliche Auskunft vom 13. Juli 2006, in der es über die Herkunft der Daten (und über die Gesamtbeurteilung) Folgendes heißt:

"1.) Herkunft der Daten:

Firmenbuch/Gewerberegister
Befragung des Betroffenen

Firma, Rechtsform, Organwalter, Branche, Art u. Umfang, Bankverbindung, Funktionsträger, Kontakt

Grundbuch

Liegenschaftsbesitz und Belastungen

Bilanzauswertung/Bankauskunft

Eckdaten, Bonität, Geschäftsentwicklung, Beurteilung

Inkassodaten, Lieferantenbefragung

Zahlungsverhalten

Ediktsdatei d. BMJ, Gläubigerkreis

Konkursanträge, Konkursbeschlüsse

Die Gesamtbeurteilung (Rating) bezieht nahezu alle bekannten Umstände in die Berechnung mit ein. Das Rating erfolgt auf Basis eines Rechenalgorithmus, dessen genaue Faktorenanalyse ein Geschäftsgeheimnis des KSV darstellt."

Im Zuge des weiteren Ermittlungsverfahrens brachte der Beschwerdeführer in einem an die belangte Behörde gerichteten Schriftsatz vom 18. November 2005 unter anderem vor, im vorliegenden Fall gehe es um die Einholung von Bankauskünften und von Informationen über Geschäftsbeziehungen des Betroffenen mit typischen Lieferanten, über deren Dauer und Qualität, soweit diese Information für die Beurteilung der Bonität eines Unternehmens erforderlich sei. Wirtschaftsinformationen entstünden nicht alleine aus der Kompilation öffentlich zugänglicher Daten (Firmenbuch, Grundbuch, Gewerberegister, Insolvenzdatei, Straßenverzeichnis, Telefonbuch, Branchenregister, Wirtschaftspublikationen etc.), sondern auch aus der Befragung des Betroffenen und seiner wichtigsten Geschäftspartner.

Wenn es um die zweifellos relevante Frage gehe, wer (im Original hervorgehoben) die Bankverbindung oder Lieferanten des Betroffenen seien, könne darauf verwiesen werden, dass diese Personen ja in aller Regel dem Betroffenen besser bekannt sein würden, als dem Beschwerdeführer als Kreditauskunftei. Wenn es um die Frage gehe, wer da jeweils was (die Worte "wer" und "was" im Original hervorgehoben) mitgeteilt habe, sei darauf zu verweisen, dass diese Form der Informationserhebung nur mit einem gewissen Geheimhaltungsschutz der Beteiligten funktioniere, und zwar aus folgenden Gründen:

-

Würde der Betroffene wissen, welche Lieferanten konkret auf sein Zahlungsverhalten angesprochen werden, hätte er es in der Hand, durch selektiv pünktliche Zahlung ein manipuliertes Bonitätsbild von sich zu schaffen.

-

Insbesondere jene Lieferanten, deren Zahlungserfahrungen nicht gerade "rosig" (im Original unter Anführungszeichen) seien, hätten dann Vorhaltungen des Betroffenen zu fürchten. Sobald also eine so weit gehende Offenlegung stattfände, wäre diese Form der Informationserhebung de facto unmöglich gemacht. Im Endeffekt dürften die Lieferanten nur noch "Schalmeienklänge" (im Original unter Anführungszeichen) abgeben. Eines der wichtigsten Informationsmittel für die Beurteilung von Verlässlichkeit und Pünktlichkeit eines Unternehmens wäre somit obsolet.

-

Diese Form der Erhebung sei europaweit Standard; eine andere Beurteilung durch die österreichische Datenschutzbehörde wäre ein eminenter Wettbewerbsnachteil österreichischer Informationslieferanten gegenüber ihren ausländisch-europäischen Mitbewerbern; auch die österreichische Wirtschaft erlitte dadurch einen erheblichen Wettbewerbsnachteil gegenüber ihrer ausländischeuropäischen Konkurrenz, wenn es in Österreich keine Befragungsmöglichkeit von Vertragspartnern des Betroffenen gäbe.

Zum Beweis für dieses Vorbringen machte der Beschwerdeführer unter anderem die Einvernahme des Zeugen W. namhaft.

Die Mitbeteiligte nahm zu diesem Schreiben in einem Schriftsatz (ihrer Vertreterin) vom 28. November 2005 Stellung (ein Schriftsatz der, wie sich aus den Akten ergibt, dem Beschwerdeführer von der belangten Behörde nicht mehr zur Kenntnis gebracht wurde).

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde

1.

ausgesprochen, dass der Beschwerde stattgegeben werde,

2.

festgestellt, dass der Beschwerdeführer die Mitbeteiligte dadurch im Recht auf Auskunft gemäß § 1 Abs. 3 Z 1 iVm § 26 Abs. 1 DSG 2000 verletzt habe, dass er die korrekte Benennung der Bank(en) und Lieferanten, welche Quellen abgespeicherter Daten seien, gegenüber der Mitbeteiligten unterlassen habe, und hat

              3.              dem Beschwerdeführer bei sonstiger Exekution aufgetragen, der Mitbeteiligten die unter Punkt 2. genannten Daten binnen einer Frist von drei Wochen zu benennen.

Dies wurde, soweit für das Beschwerdeverfahren noch erheblich, zusammengefasst damit begründet, dass das Auskunftsrecht kein absolutes Recht sei. Es habe vielmehr seine Grenzen (auch) in den berechtigten Interessen des Auftraggebers oder Dritter, sofern diese Interessen in einer konkreten Situation als "überwiegend" zu werten seien. Dabei sei aber nicht von Relevanz, wie der Beschwerdeführer vermeine, dass der Mitbeteiligten wohl ihre Bankverbindungen bzw. Lieferanten bekannt seien, weil sonst einerseits etwa auch der abgespeicherte Name der Mitbeteiligten nicht zu beauskunften wäre und andererseits das Auskunftsrecht den Betroffenen ja auch die Richtigstellung seiner Daten ermöglichen solle.

Nun sei im Beschwerdefall mit dem Schreiben vom 13. Juli 2005 bereits die Auskunft erteilt worden, welche gespeicherte Daten von der Bank oder den Banken und welche von Lieferanten stammten, lediglich die genaue Bezeichnung der Bank(en) und Lieferanten sei nicht vorgenommen worden. Damit aber die Mitbeteiligte überhaupt die Möglichkeit einer allfälligen Richtigstellung ihrer Daten erhalte, sei es unumgänglich, auch diese Daten zu beauskunften. Daran könne auch das Vorbringen des Beschwerdeführers nichts ändern, dass es, "wenn es um die Frage geht, wer da jeweils etwas mitgeteilt hat", darauf zu verweisen sei, dass "diese Form der Informationserhebung nur mit einem gewissen Geheimhaltungsschutz der Beteiligten funktioniert". Dem darauf gerichteten Beweisantrag, den Zeugen W. einzuvernehmen, sei daher mangels Relevanz nicht zu entsprechen gewesen.

Zusammenfassend habe der Beschwerdeführer dadurch, dass er die konkrete Benennung der Bank(en) und Lieferanten gegenüber der Mitbeteiligten unterlassen habe, diese in ihrem Recht als Auskunft verletzt. Es sei daher die Nachholung dieser Auskunft aufzutragen gewesen.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die maßgebliche Rechtslage und Grundsätzliches zum Auskunftsrecht eines Betroffenen nach dem DSG 2000 wurde in dem zu einem ähnlichen Sachverhalt ergangenen hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 2006, Zl. 2005/06/0111 (betreffend ebenfalls ein gegen den Beschwerdeführer gerichtetes Auskunftsbegehren) dargelegt; auf dieses Erkenntnis kann gemäß § 43 Abs. 2, zweiter Satz VwGG verwiesen werden. Daraus ist zusammenfassend festzuhalten, dass der (auch im Beschwerdefall vertretenen) Auffassung des Beschwerdeführers nicht zu folgen ist, wonach einem Betroffenen nur im Falle von unrichtigen Daten, was er entsprechend zu begründen hätte, ein Recht auf eine Auskunft über die Herkunft dieser Daten zustünde. Nur die Kenntnis der Herkunft von verarbeiteten (auch richtigen) Daten ermöglicht es dem Betroffenen, die Frage der Zulässigkeit ihrer Verarbeitung zu prüfen und allenfalls die Unzulässigkeit der Verarbeitung in Verbindung mit dem Recht auf Löschung der Daten geltend zu machen. Allerdings ist das Recht auf Auskunft von über eine Person verarbeiteten Daten kein absolutes Recht. Eine solche Beschränkung stellen berechtigte Interessen des Auftraggebers oder Dritter an der Geheimhaltung dieser Daten dar, sofern diese Interessen in einer konkreten Situation als "überwiegend" zu werten sind. Bei der vorzunehmenden Interessensabwägung sind die gegen das Recht auf Auskunft gerichteten Geheimhaltungsinteressen jeweils konkret, das heißt insbesondere bezogen auf das jeweils bekanntzugebende Datum, geltend zu machen, und es muss ihre Berechtigung auch jeweils darauf bezogen geprüft werden. Dazu bedarf es (in einem entsprechenden Verfahren vor der Datenschutzkommission) eines entsprechenden Vorbringens im Verwaltungsverfahren.

Im Beschwerdefall hat der Beschwerdeführer im Schriftsatz vom 18. November 2005 ein darauf abzielendes Vorbringen erstattet. Allerdings hat die belangte Behörde den Beschwerdeführer mit dem angefochtenen Bescheid (nur) verpflichtet, die Bank(en) und Lieferanten, welche Quellen abgespeicherter Daten sind, konkret zu benennen (also, der Diktion der Eingabe vom 18. November 2005 folgend, wer etwas bekannt gegeben hat), nicht aber, was diese Bank(en) und Lieferanten jeweils allenfalls auch wann aus welcher Ursache und gegebenenfalls unter welchen Umständen bekannt gegebenen haben, also nicht aufgetragen, welche Daten ("was") konkret bekannt gegeben wurden (allenfalls auch unter welchen Modalitäten). Vor diesem Hintergrund ist ein überwiegendes Interesse des Beschwerdeführers oder Dritter an einer Geheimhaltung dieser Angaben nicht zu erkennen. Damit war auch die Einvernahme des Zeugen W. entbehrlich. Vor dem hier maßgeblichen Hintergrund der rechtlichen Ausformung des Auskunftsanspruches der Mitbeteiligten zeigt der Beschwerdeführer jedenfalls nicht auf, welche konkrete Relevanz der unterbliebenen Einvernahmen des Zeugen W, der unterbliebenen Durchführung einer mündlichen Verhandlung oder aber der Verletzung des Parteiengehörs mangels Bekanntgabe des Inhaltes der Eingabe der Mitbeteiligten vom 28. November 2005 zukommen soll.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 23. Jänner 2007

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2006060039.X00

Im RIS seit

13.02.2007
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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