TE Vwgh Beschluss 2007/1/30 2006/05/0119

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Veröffentlicht am 30.01.2007
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
10/13 Amtshaftung Organhaftpflicht Polizeibefugnis-Entschädigung;
32/04 Steuern vom Umsatz;
58/02 Energierecht;

Norm

AHG 1949 §11 Abs1;
ÖkostromG 2002 §13;
UStG 1994 §21 Abs3 impl;
VwGG §33 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Kail und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fritz, über die Beschwerde der Wien Strom GmbH, vertreten durch DDr. Rene Laurer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Wollzeile 6- 8/47, gegen den Bescheid des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit vom 8. März 2006, Zl. BMWA-555.300/0006-IV/5/2006, betreffend vorläufige Festsetzung des Unterstützungstarifes nach dem Ökostromgesetz und Abweisung eines Antrages auf Einbeziehung von Zinsen, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Beschwerde wird als gegenstandslos erklärt und das Verfahren eingestellt.

Ein Zuspruch von Aufwandersatz findet nicht statt.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid setzte die belangte Behörde die Unterstützung gemäß § 13 ÖkostromG für drei von der Beschwerdeführerin betriebene KWK-Anlagen für das Jahr 2005 vorläufig fest (Spruchpunkt I). Ausdrücklich wurde im Spruch dieses Bescheides festgehalten:

"Die endgültige Feststellung des Unterstützungstarifes erfolgt durch gesonderten Bescheid des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit nach Ablauf der Abrechnungsperiode."

Insgesamt wurde eine Unterstützung in der Höhe von EUR 11,799.126,-- vorläufig zugesprochen.

Mit Spruchpunkt II wies die belangte Behörde einen im Schriftsatz vom 17. Februar 2006 gestellten Antrag auf Einbeziehung von Zinsen in Höhe von 4 % ab 1. Juli 2005 ab.

In ihrer dagegen erhobenen Beschwerde erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf richtig bemessenen Kostenersatz für KWK-Energie, auf Vorausbestimmung dieses Unterstützungstarifes nach § 13 Abs. 7 ÖkostromG und in ihrem Recht auf Verzinsung des vorläufigen Unterstützungstarifes verletzt. In der Begründung der Beschwerde wurde die Höhe des in Wahrheit zustehenden Unterstützungstarifes mit EUR Mio 21,81 beziffert.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift.

Mit Schriftsatz vom 12. Dezember 2006 legte die belangte Behörde den Bescheid vom 7. Dezember 2006, BMWA-555.300/0184- IV/5/2006 vor, legte dar, dass die Aufrollung und Abrechnung der Förderungen für die gegenständlichen KWK-Anlagen vorgenommen worden sei und vertrat die Ansicht, dass ihr angefochtener Bescheid vom 8. März 2006 keine Rechtswirkungen mehr entfalte.

Im Bescheid vom 7. Dezember 2006 wurde nunmehr ein Unterstützungsbetrag in der Höhe von insgesamt EUR 22,936.755,55 für das Jahr 2005 zugesprochen (Spruchpunkt I). Mit Spruchpunkt II wurde der modernisierten KWK-Anlage Donaustadt eine Unterstützung für Kosten für eine angemessene Verzinsung des eingesetzten Kapitals in Höhe von insgesamt EUR 5,688.703,47 zugesprochen.

Mit Spruchpunkt III wurde schließlich der im Schriftsatz vom 17. Februar 2006 gestellte Antrag auf Einbeziehung von Zinsen in Höhe von 4 % ab 1. Juli 2005 abgewiesen.

Daraufhin richtete der Verwaltungsgerichtshof an die Beschwerdeführerin die Anfrage, ob sie sich durch den Bescheid der belangten Behörde vom 7. Dezember 2006 klaglos gestellt erachtet.

Diese Anfrage beantwortete die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 19. Jänner 2007 dahingehend, dass sie nach wie vor ein rechtliches Interesse an der Aufhebung des angefochtenen Bescheides habe. Dies schon deshalb, weil in beiden Bescheiden über den Antrag auf Zuerkennung von Zinsen anspruchsverneinend abgesprochen worden sei, wobei der endgültige Bescheid den angefochtenen Bescheid weder aufhebe noch materiell derogiere. Selbst wenn der endgültige Bescheid von einem der Höchstgerichte über ihre Anfechtung aufgehoben würde, bliebe der anspruchsverneinende Spruch des verfahrensgegenständlichen Bescheides bei Verfahrenseinstellung bestehen und es wäre damit unverrückbar das Fehlen des Anspruches auf Zinsen festgestellt. Aber auch im Übrigen habe die Beschwerdeführerin ein rechtliches Interesse an der Entscheidung, weil für einen allfälligen Amtshaftungsanspruch, der aus der verspäteten Bemessung (und dann in der Folge Zahlung) bzw. aus der zu niedrigen Bemessung des Unterstützungstarifes herrühre, ein Urteil über die Rechtswidrigkeit des Bescheides jedenfalls notwendig sei.

Die Beschwerdeführerin erhob gegen Spruchpunkt II des Bescheides der belangten Behörde vom 7. Dezember 2006 die zu hg. Zl. 2007/05/0012 protokollierte Beschwerde.

Wie sich aus den Bestimmungen des § 33 Abs. 1 VwGG und des § 34 Abs. 3 VwGG ergibt, hat der Verwaltungsgerichtshof das Vorliegen der Prozessvoraussetzungen und damit auch das Fehlen eines Prozesshindernisses ("negative Prozessvoraussetzung") in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfen und einen der meritorischen Erledigung der Beschwerde entgegenstehenden Umstand von Amts wegen wahrzunehmen. Aus § 33 Abs. 1 VwGG lässt sich weiters entnehmen, dass der Gesetzgeber das Rechtsschutzbedürfnis auch für das verwaltungsgerichtliche Verfahren als Prozessvoraussetzung versteht (hg. Beschluss vom 11. August 2005, Zl. 2004/02/0394). Damit ist zu prüfen, ob eine zur Verfahrenseinstellung führende Gegenstandslosigkeit deshalb eingetreten ist, weil durch Änderung maßgebender Umstände das rechtliche Interesse der Beschwerdeführerin an einer Entscheidung über den angefochtenen Bescheid weggefallen ist.

Durch den nunmehr ergangenen Bescheid vom 7. Dezember 2006 wurde der hier angefochtene Bescheid zwar formell nicht aus dem Rechtsbestand beseitigt. Es erfolgte hinsichtlich des Spruchpunktes 1 aber bereits deshalb eine Klaglosstellung im Rahmen des ursprünglich geltend gemachten Beschwerdepunktes, weil die im endgültigen Bescheid zugesprochene Fördersumme (EUR 22.936.755,55) höher als die begehrte Fördersumme (EUR 21,81 Mio) ist.

Ein Bedürfnis nach Rechtsschutz gegenüber dem vorläufigen Bescheid wäre aber auch für den Fall, dass die Fördersumme im endgültigen Bescheid geringer ausgefallen wäre, aus nachfolgenden Erwägungen nach Erlassung des endgültigen Bescheides jedoch nicht erkennbar gewesen:

Wie der Verwaltungsgerichtshof zu hier vergleichbaren Fällen bereits wiederholt ausgesprochen hat, wird ein Bescheid über die Festsetzung von Umsatzsteuervorauszahlungen durch die Erlassung eines Umsatzsteuerbescheides, der den gleichen Zeitraum umfasst, derart außer Kraft gesetzt, dass er ab der Erlassung des Veranlagungsbescheides keine Rechtswirkungen mehr entfalten kann (hg. Beschluss vom 16. September 2003, Zl. 2000/14/0117 mwN). Richtet sich eine Beschwerde gegen einen im Instanzenzug ergangenen Bescheid über die Festsetzung von Umsatzsteuervorauszahlungen, dann stellt die Erlassung eines Jahresumsatzsteuerbescheides, der den Zeitraum der vor dem Verwaltungsgerichtshof bekämpften Umsatzsteuervorauszahlungen umfasst, somit ein Prozesshindernis dar, das im Falle seines Eintretens erst nach Beschwerdeerhebung zur Einstellung des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens zufolge Gegenstandslosigkeit der Beschwerde zu führen hat (s abermals den hg. Beschluss vom 16. September 2003, Zl. 2000/14/0117 mwN); der auch hier gegenständliche Fall einer vorläufigen und sodann einer endgültigen Festsetzung der Unterstützung für denselben Zeitraum erfordert dieselbe Beurteilung (vgl. dazu den hg. Beschluss vom 31. Juli 2006, 2006/05/0051).

Hinsichtlich des Spruchpunktes II (Abweisung des Antrages auf Einbeziehung von Zinsen) ist festzuhalten, dass dieser Ausspruch mit Spruchpunkt III des Bescheides der belangten Behörde vom 7. Dezember 2006 inhaltsgleich neuerlich getroffen wurde. Die mit Spruchpunkt III des Bescheides vom 7. Dezember 2006 getroffene Entscheidung bewirkte somit die materielle Derogation des Spruchpunktes II des angefochtenen Bescheides, weil das akzessorische Zinsenbegehren von der "Vorläufigkeit" des angefochtenen Bescheides umfasst ist.

Spruchpunkt III des Bescheides vom 7. Dezember 2006 wurde weder vor dem Verwaltungsgerichtshof noch vor dem Verfassungsgerichtshof bekämpft; auf die von der Beschwerdeführerin genannte Problematik des Wiederauflebens des Spruchpunktes II des angefochtenen Bescheides im Fall der Aufhebung des Spruchpunktes III des Bescheides vom 7. Dezember 2006 war schon aus diesem Grund nicht näher einzugehen.

Durch den im Wege der materiellen Derogation aus dem Normenbestand eliminierten Spruchpunkt II des angefochtenen Bescheides fällt ab diesem Zeitpunkt die Möglichkeit für die Beschwerdeführerin weg, in subjektiven Rechten beeinträchtigt zu werden. Dies führt auch in Hinblick auf Spruchpunkt II zur Gegenstandslosigkeit der Beschwerde und zur Einstellung des Verfahrens.

Zum weiteren Vorbringen der Beschwerdeführerin ist zu bemerken, dass ein im Wege der Amtshaftung geltend zu machender Anspruch nichts am Fehlen der Möglichkeit ändert, durch den angefochtenen Bescheid fortdauernd in seinen Rechten verletzt zu sein (vgl. u.a. den hg. Beschluss vom 16. Oktober 2006, 2003/10/0140). Eine Einstellung des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens steht einem allfälligen Antrag eines Gerichtes nach § 11 Abs. 1 AHG nicht entgegen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. Jänner 2005, 2001/12/0255).

Die Beschwerde war daher in sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs. 1 VwGG als gegenstandslos zu erklären und das Beschwerdeverfahren einzustellen.

Da keine formelle Klaglosstellung eingetreten ist, war bei der Kostenentscheidung nicht § 56 erster Satz VwGG, sondern § 58 VwGG anzuwenden. Dessen Absatz 2 hat zum Inhalt, dass der im § 58 Abs. 1 VwGG verankerte Grundsatz, dass mangels einer ausdrücklichen Regelung über einen Aufwandersatz jede Partei ihren im verwaltungsgerichtlichen Verfahren erwachsenen Aufwand selbst zu tragen hat, im Falle einer Einstellung wegen Gegenstandslosigkeit der Beschwerde nicht zum Tragen kommt. Der Verwaltungsgerichtshof hat daher in solchen Fällen eine Kostenentscheidung zu treffen. Welcher Partei er Kosten zuzusprechen hat, hängt davon ab, wie das verwaltungsgerichtliche Verfahren aller Voraussicht nach ohne Eintritt der Gegenstandslosigkeit der Beschwerde ausgegangen wäre, also bei offenkundiger Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides wäre dem Beschwerdeführer ein Aufwandersatz zuzusprechen, wenn die Beschwerde offenkundig unbegründet ist, hingegen der belangten Behörde. Würde die Entscheidung über diese Frage einen - angesichts der weggefallenen Beschwer - unverhältnismäßigen Aufwand an Prüfungstätigkeit des Verwaltungsgerichtshofes erfordern, kann der Verwaltungsgerichtshof die Kostenfrage nach freier Überzeugung entscheiden. Dies wird dann, wenn der fiktive Ausgang des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nicht völlig eindeutig ist, zur Rückkehr zum Grundsatz des § 58 Abs. 1 VwGG, mithin zur gegenseitigen Aufhebung der Kosten führen (s beispielsweise den hg. Beschluss vom 14. Oktober 2005, Zl. 2005/05/0098, mwN).

Letzteres trifft im vorliegenden Fall zu, weshalb der Verwaltungsgerichtshof damit gemäß § 58 Abs. 2 VwGG zu dem Ausspruch kommt, ein Zuspruch von Aufwandersatz finde nicht statt.

Wien, am 30. Jänner 2007

Schlagworte

Allgemein

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2006050119.X00

Im RIS seit

12.04.2007
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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