TE Vwgh Erkenntnis 2007/2/13 2007/18/0036

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Veröffentlicht am 13.02.2007
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
19/05 Menschenrechte;
41/02 Asylrecht;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

Fremdenrechtspaket 2005 Art5;
FrG 1997 §10 Abs4;
FrG 1997 §114;
FrG 1997 §14 Abs2;
FrG 1997 §19 Abs2 Z6;
FrG 1997;
MRK Art7;
NAG 2005 §21 Abs1;
NAG 2005 §81 Abs1;
NAG 2005 §82 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Eisner, über die Beschwerde des F E in W, geboren 1980, vertreten durch Mag. Franz Kellner, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Kärntner Ring 14, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Inneres vom 29. November 2006, Zl. 147.290/2-III/4/06, betreffend Versagung einer Niederlassungsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Bundesministerin für Inneres (der belangten Behörde) vom 29. November 2006 wurde der Antrag des Beschwerdeführers, eines türkischen Staatsangehörigen, auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung gemäß § 21 Abs. 1 und Abs. 2 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz - NAG, BGBl. I Nr. 100/2005, abgewiesen.

Der Beschwerdeführer habe am 8. März 2003 eine österreichische Staatsangehörige geheiratet. Am 19. Mai 2005 habe er einen Antrag auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung für den Aufenthaltszweck "begünstigter Drittstaatsangehöriger" gestellt. Dieser Antrag sei ab dem Inkrafttreten des NAG als Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "Familienangehöriger" zu werten.

Mit Urteil des Bezirksgerichts Dornbirn vom 25. April 2005, rechtskräftig seit 1. Juni 2005, sei die Ehe des Beschwerdeführers geschieden worden.

Auf Grund der damals bestehenden Ehe sei der Beschwerdeführer berechtigt gewesen, den gegenständlichen Antrag vom 19. Mai 2005 im Inland zu stellen. Die Begünstigteneigenschaft des Beschwerdeführers sei jedoch mit Rechtskraft des Scheidungsurteils am 1. Juni 2005 erloschen. Ab diesem Zeitpunkt sei der Beschwerdeführer nicht mehr berechtigt gewesen, die Entscheidung über den gegenständlichen Antrag vom Inland aus abzuwarten. Der Beschwerdeführer sei dennoch im Bundesgebiet verblieben.

Gemäß § 74 NAG könne die Inlandsantragstellung von Amts wegen zugelassen werden. Der Beschwerdeführer habe über ein bis 16. Oktober 2004 gültiges Visum C verfügt. Zur Inlandsantragstellung sei er nur wegen der aus seinem Alleinverschulden geschiedenen Ehe berechtigt gewesen. Ein besonders berücksichtigungswürdiger Aspekt sei nicht gegeben. Die "Inlandsantragstellung, bzw. die daraus resultierende Entgegennahme des Aufenthaltstitels im Inland" werde daher gemäß § 74 NAG nicht von Amts wegen zugelassen.

Dem Berufungsvorbringen, die Erstbehörde wäre auf die Änderung des Aufenthaltszwecks nicht eingegangen, sei entgegen zu halten, dass die Pflicht zum Abwarten des Verfahrens vom Ausland aus gemäß § 21 Abs. 1 NAG auch bei einem geänderten Aufenthaltszweck bestehe.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß § 81 Abs. 1 NAG sind Verfahren auf Erteilung von Aufenthalts- und Niederlassungsberechtigungen, die bei Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes (mit 1. Jänner 2006) anhängig sind, nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes zu Ende zu führen. Dem NAG ist weder ein Rückwirkungsverbot noch eine Regelung zu entnehmen, der zufolge auf vor dessen Inkrafttreten verwirklichte Sachverhalte die Bestimmungen des - mit Ablauf des 31. Dezember 2005 außer Kraft getretenen (Art. 5 des Fremdenrechtspakets 2005, BGBl. I Nr. 100) - Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, anzuwenden wären. Bei der Versagung eines Aufenthaltstitels nach dem NAG handelt es sich nicht um eine Strafe im Sinn des Art. 7 EMRK. (Vgl. das hg. Erkenntnis vom 4. Oktober 2006, Zl. 2006/18/0282.)

Die Behandlung des gegenständlichen, am 19. Mai 2005 gestellten Antrages erfolgte daher - ungeachtet der zum Teil für den Beschwerdeführer ungünstigeren Bestimmungen dieses Gesetzes - zu Recht.

2. Da der Beschwerdeführer unstrittig bisher nur über ein bis 16. Oktober 2004 gültiges Visum C verfügt hat, ist die - nicht bekämpfte - Ansicht der belangten Behörde, dass es sich bei seinem Antrag um einen Erstantrag handelt, unbedenklich.

Nach der im Zeitpunkt der Antragstellung in Kraft stehenden Bestimmung des § 14 Abs. 2 erster Satz FrG waren Anträge auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung vor der Einreise vom Ausland aus zu stellen. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes verpflichtete diese Bestimmung den Fremden auch, die Entscheidung über den Antrag vom Ausland aus abzuwarten. Gemäß § 49 Abs. 1 zweiter Satz iVm § 47 Abs. 3 Z. 1 FrG waren jedoch Ehegatten von Österreichern berechtigt, den Antrag vom Inland aus zu stellen und - während aufrechter Ehe - die Entscheidung im Inland abzuwarten. Der Beschwerdeführer war daher - wie die belangte Behörde richtig erkannt hat - ab dem Zeitpunkt des Verlusts seiner Stellung als begünstigter Angehöriger einer Österreicherin durch die rechtskräftige Scheidung seiner Ehe verpflichtet, die Entscheidung über den vorliegenden Antrag im Ausland abzuwarten. (Vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom 13. Juni 2006, Zl. 2006/18/0109.)

Unabhängig davon, ob die Ehe des Beschwerdeführers - wie von der belangten Behörde festgestellt - bereits am 1. Juni 2005 oder - wie in der Beschwerde behauptet - erst am 8. August 2005 rechtskräftig geschieden worden ist, war der Beschwerdeführer jedenfalls bereits vor dem Inkrafttreten des NAG nicht mehr berechtigt, die Entscheidung über seinen Antrag vom Inland aus abzuwarten. Insoweit hat sich die Rechtsstellung des Beschwerdeführers mit dem Inkrafttreten des NAG (siehe § 21 Abs. 1 zweiter Satz dieses Gesetzes) - entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers - nicht geändert.

3. Gemäß § 74 NAG kann die Behörde aus humanitären Gründen die Inlandsantragstellung von Amts wegen zulassen. Wird die Inlandsantragstellung nach dieser Bestimmung zugelassen, darf der Fremde die Entscheidung über seinen Antrag auch im Inland abwarten (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 27. Juni 2006, Zl. 2006/18/0153). Die amtswegige Zulassung der "Inlandsantragstellung" hätte daher die Berechtigung des Beschwerdeführers zum (weiteren) Abwarten des Verfahrens im Inland zur Folge gehabt. Entgegen dem Beschwerdevorbringen steht somit der Umstand, dass die belangte Behörde die Inlandsantragstellung nicht zugelassen hat, nicht im Widerspruch dazu, dass im Antragszeitpunkt aufgrund der Ehe mit einer österreichischen Staatsangehörigen auf dem Boden der damaligen Rechtslage das Recht auf Inlandsantragstellung bestand.

4. Da der nach dem Beschwerdevorbringen in Wien wohnhafte Beschwerdeführer die Entscheidung unstrittig entgegen § 21 Abs. 1 zweiter Satz NAG nicht im Ausland abgewartet hat, hat die belangte Behörde den gegenständlichen Antrag zu Recht abgewiesen, handelt es sich doch bei der in dieser Bestimmung normierten Verpflichtung, den Antrag im Ausland zu stellen und das Verfahren im Ausland abzuwarten, entgegen der Beschwerdemeinung nicht um ein bloßes Formalerfordernis, sondern um eine "Erfolgsvoraussetzung" (vgl. das auch hier maßgebliche zu § 14 Abs. 2 FrG ergangene hg. Erkenntnis vom 27. April 2004, Zl. 2003/18/0182, mwN).

5. Die belangte Behörde hat den gegenständlichen Antrag wegen Fehlens der Erfolgsvoraussetzung gemäß § 21 Abs. 1 zweiter Satz abgewiesen, ohne auf die weiteren Voraussetzungen für die Erteilung des beantragten Titels einzugehen. Da die genannte Erfolgsvoraussetzung für jeden Erstantrag erforderlich ist, kann die Ansicht der belangten Behörde, es sei unerheblich, ob dem gegenständlichen Antrag ein anderer Zweck als der von ihr angenommene zu Grunde liege, nicht als rechtswidrig erkannt werden.

6. Soweit der Beschwerdeführer eine Verletzung des Parteiengehörs durch die Behörde erster Instanz geltend macht, zeigt er schon deshalb keinen relevanten Verfahrensmangel auf, weil er jedenfalls in der Berufung Gelegenheit hatte, ein weiteres Vorbringen zu erstatten.

Ebenso wenig gelingt es dem Beschwerdeführer mit seinem Vorbringen, die belangte Behörde habe ihn zu den Feststellungen betreffend die Gründe für die Ehescheidung nicht gehört, einen relevanten Verfahrensmangel aufzuzeigen, ist es doch für das vorliegende Verfahren ohne Bedeutung, aus welchen konkreten Gründen die Ehe - unstrittig aus dem Alleinverschulden des Beschwerdeführers - geschieden worden ist.

7. Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

8. Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Abspruch über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Wien, am 13. Februar 2007

Schlagworte

Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2007180036.X00

Im RIS seit

28.03.2007

Zuletzt aktualisiert am

07.12.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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