TE OGH 2001/12/13 15Os168/01

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Veröffentlicht am 13.12.2001
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 13. Dezember 2001 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Markel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Strieder, Dr. Schmucker, Dr. Zehetner und Dr. Danek als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Pripfl als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Christian K***** und einen weiteren Angeklagten wegen des Verbrechens der Untreue nach § 153 Abs 1 und 2 zweiter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Lambert H***** gegen das Urteil des Landesgerichtes Wiener Neustadt als Schöffengericht vom 27. Juli 2001, GZ 40 Vr 1085/00-33, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewie- sen.

Zur Entscheidung über die Berufung wegen des Ausspruchs über die Strafe und die privatrechtlichen Ansprüche werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Gemäß § 390a StPO fallen dem Angeklagten Lambert H***** auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen (auch einen in Rechtskraft erwachsenen Schuldspruch des Angeklagten Christian K***** und einen rechtskräftigen Freispruch der Angeklagten Olga H***** enthaltenden) Urteil wurde Lambert H***** (zu 2) des als Bestimmungstäter gemäß § 12 zweiter Fall StGB begangenen Verbrechens der Untreue nach § 153 Abs 1 und 2 zweiter Fall StGB schuldig erkannt.

Danach hat er in Wien und Baden Christian K***** dazu (1) bestimmt, in Baden die diesem als Kassier und Kreditbetreuer der N***** AG - Zahlstelle der Außenstelle Baden durch Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen, dadurch wissentlich zu missbrauchen, dass er dem Beschwerdeführer Kreditbeträge im Gesamtausmaß von 5,127.608,81 S bewilligte und auszahlte, wodurch der N***** AG ein Vermögensnachteil in diesem Umfang zugefügt wurde. Die dagegen vom Angeklagten Lambert H***** aus den Z 4, 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde ist nicht im Recht.

Rechtliche Beurteilung

Die Verfahrensrüge (Z 4) bekämpft das Zwischenerkenntnis des Gerichtshofes, mit welchem mehrere Beweisanträge - entgegen der zwingenden Bestimmungen des § 238 Abs 2 StPO ohne Verkündung der erst im Urteil und dort zudem nur teilweise nachgetragenen (US 11) - Entscheidungsgründe abgewiesen wurden (S 271).

Indes wurde der Beschwerdeführer dadurch in seinen Verteidigungsrechten nicht verkürzt. Denn abgesehen davon, dass alle vom Verteidiger gestellten Anträge formell fehlerhaft sind, weil sie zwar konkrete Beweismittel benennen, aber keine für die vom Tatgericht in jedem Fall vorzunehmende Erheblichkeitsprüfung unabdingbar notwendigen deutlichen und bestimmten Beweisthemen bezeichnen (S 269; vgl § 222 Abs 1 StPO; 15 Os 164/00, 15 Os 106/01 uam; Mayerhofer StPO4 § 281 Z 4 E 16, 16a), erweisen sich diese allesamt als unerheblich, mithin als ungeeignet, entweder die Unterstellung der Tat unter das Gesetz oder die Wahl des anzuwendenden Strafsatzes zu beeinflussen (Mayerhofer aaO E 19, 63f). Dies gilt zunächst für die begehrte Beiziehung eines Buchsachverständigen "zur Überprüfung der Geschäftstätigkeit der hier involvierten Firma, Beischaffung sämtlicher Kontobewegungen, samt Belegen der bezughabenden hier verfahrensgegenständlichen Konten zur Feststellung, wann, welche Zahlungen in welcher Form geleistet wurden" ebenso wie für die beantragte Anfrage an das Dorotheum Wien "über den Kunst- und Antiquitätenankauf der Ehegatten H***** oder Unternehmen H***** für den Zeitraum 1996 bis 2000" (S 269 iVm 267). In beiden Fällen sind nämlich die unter Beweis gestellten Tatsachen - bei der im Zeitpunkt der Entscheidung gegebenen Verfahrenslage - derart ungenau und unvollständig, dass ihnen auch nicht annähernd entnommen werden kann, inwiefern sie den Angeklagten entlasten könnten (vgl Mayerhofer aaO E 18, 19, 19b, 19bb, 19c). Die weiteren Anträge zielen zudem bloß auf die Aufnahme unzulässiger Erkundungsbeweise (vgl Mayerhofer aaO E 88 ff). Durch Martina L***** (einer ehemaligen Mitarbeiterin des Angeklagten in Baden; vgl hiezu deren BV ON 15) sollte bewiesen werden, "in welcher Form Manipulationen an Kassaständen waren und wieweit der Angeklagte K***** das vornehmen konnte". Mag. E***** (Leiter der Rechtsabteilung; vgl ZV ON 8) hätte "über die mit dem Ehepaar H***** abgeschlossene Vereinbarung und den dieser Vereinbarung zugrunde liegenden Unterlagen und Voraussetzungen" befragt werden sollen. Die Vernehmung des Zeugen N. F*****, welcher bei Kreditvergaben als zweiter Mitunterzeichner notwendig war, wurde "zur Feststellung" beantragt, "in welcher Weise der Erstangeklagte [Kipferling], allenfalls diese zweite Unterfertigung umgangen ist oder allenfalls den Zeugen F***** etwas vorgetäuscht hat und in welcher Form Überziehungen bzw Kreditabwicklungen seitens der Bank an H***** ausbezahlt werden konnten".

Aus den dargelegten Gründen unterblieben daher die beantragten Beweisaufnahmen zu Recht. Die erst im Rechtsmittel - somit verspätet - nachgetragene Begründung, welche dem Tatgericht im Zeitpunkt seiner Entscheidung nicht bekannt war, muss demzufolge unberücksichtigt bleiben.

Entgegen der Mängelrüge (Z 5) hat das Erstgericht die Verantwortung des Mitangeklagten K*****, er habe zwei Sparbücher als Besicherung eines Kredites über 3 Mio S fingiert und diesen auf Basis dieser "vorgetäuschten" Sicherheit in wissentlicher Überschreitung seiner mit 2 Mio S begrenzten persönlichen Pouvoirgrenzen an Lambert H***** ausgezahlt (US 6), nicht mit Stillschweigen übergangen, sondern vielmehr diesen für die Verwirklichung der Untreue gar nicht entscheidungswesentlichen Umstand ausreichend berücksichtigt. Einer noch eingehenderen Erörterung derselben (vgl S 211 Mitte) bedurfte es im Sinne des Gebotes des § 270 Abs 2 Z 5 StPO nicht. Die Beschwerdebehauptung hinwieder, K***** habe "keine" eigenmächtigen, seinen Pouvoirgrenzen wiedersprechenden Kredite an H***** vergeben, ist aktenwidrig (vgl BV K***** insbesondere S 209, 213, 219, 225 ff). Verfehlt ist auch der weitere Einwand, aus dem festgestellten Wissen des Lambert H*****, ein unerwünschter Bankkunde zu sein (US 7 unten bis 8 oben), lasse sich der vom Erstgericht mittels des Pronominaladverbs "demnach" gezogene Schluss auf sein Wissen um den wissentlichen Befugnismissbrauch K*****s nicht ableiten. Übergeht die Beschwerde damit doch verfahrensvorschriftswidrig die in ihrer Gesamtheit zu berücksichtigenden eindeutigen Konstatierungen (US 4 bis 6 iVm 9 bis 11 und 12), denen zufolge der Nichtigkeitswerber den Angeklagten K***** zu den urteilsgegenständlichen Untreuehandlungen im beiderseitigen Wissen, dass K***** seine interne Befugnis überschreitet, gedrängt hat.

Das gesamte Vorbringen vermag daher keinen formellen Begründungsmangel in der Bedeutung der angesprochenen Nichtigkeitsgründe aufzuzeigen, sondern trachtet im Kern bloß die tatrichterliche Beweiswürdigung nach Art einer unzulässigen Schuldberufung in Frage zu stellen.

Der Rechtsrüge (Z 9 lit a) ist vorweg zu erwidern, dass die von ihr behaupteten, die rechtliche Beurteilung der Tat (vermeintlich) hindernden Feststellungsmängel zur subjektiven und objektiven Tatseite nur auf Grundlage des gesamten konstatierten Tatsachensubstrats erfolgreich nachgewiesen werden können. Hingegen ist eine Nichtigkeitsbeschwerde nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt, wenn sie eine festgestellte Tatsache bestreitet, verschweigt oder eine solche urteilsfremd und eigenmächtig hinzufügt (Mayerhofer aaO § 281 E 26 und 30; § 281 Z 9a E 5, 7, 9, 18f).

In diese prozessualen Fehler verfällt aber die Beschwerde, indem sie unter Außerachtlassung aller mängelfrei getroffenen Feststellungen über Art und Weise der urteilsaktuellen Untreuehandlungen des unmittelbaren Täters K***** sowie über die zwei hiezu erforderlichen spezifischen Vorsatzkomponenten (US 5 bis 8, 11f) nur einen aus den erstgerichtlichen Erwägungen über die Abweisung von Beweisanträgen herausgelösten Halbsatz (vgl US 11 zweiter Satz: "...., weil die unterschiedlichen Manipulationsvarianten für die rechtliche Beurteilung nicht von Bedeutung sind ....") in den Mittelpunkt ihrer Argumentation stellt, sodann das Wort "Manipulationen" in (ihrer Meinung nach den Tatbestand des § 153 StGB nie erfüllen könnende) "faktische Machinationen" umdeutet, und - von diesen urteilsfremden Prämissen ausgehend - die konkrete Feststellung verlangt, "in welcher Form" der angenommene Schadensbetrag "den von Lambert H***** bekannten Firmen" tatsächlich zugeflossen ist. Dazu hätte es im Rechtsmittel der substantiierten Darlegung bedurft, inwiefern die reklamierten Feststellungen zusätzlich zu den Urteilsannahmen, dass der Beschwerdeführer den ihm widerrechtlich eingeräumten Überziehungsrahmen wissentlich ausgenützt und in der Folge durch weitere Entnahmen einen neuerlichen hohen Debetstand bewirkt hat, sowie dass der Kreditbetrag an Lambert H***** ausbezahlt wurde (US 6 Mitte iVm 8 letzter Absatz), erforderlich waren.

Aus eben diesen Gründen versagt die weitere Kritik an den Konstatierungen zum "bedingten Schädigungsvorsatz". Denn abgesehen davon, dass die Beschwerde die auf K***** bezogene Urteilspassage nur unvollständig zitiert, indem sie den wesentlichen letzten Relativsatz weglässt (vgl hiezu US 7 dritter Absatz), missdeutet sie diesen unmissverständlichen Feststellungsteil, zieht daraus - allerdings unter Vernachlässigung der im Kontext zu betrachtenden korrespondierenden Urteilsannahmen (US 11 erster Absatz und 12 zweiter Absatz) - kaum nachvollziehbare rechtliche Schlussfolgerungen und lässt schließlich im Dunkeln, welche weitere entscheidungsrelevante Feststellungen - ihrer Meinung nach - noch zusätzlich zu treffen gewesen wären.

Recht besehen wird damit abermals bloß unzulässig eine für den Beschwerdeführer günstigere Lösung der Schuldfrage angestrebt. Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur gemäß § 285d Abs 1 Z 1 und 2 iVm § 285a Z 2 StPO teils als nicht gesetzmäßig ausgeführt, teils als offenbar unbegründet bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen.

Daraus folgt gemäß § 285i StPO die Kompetenz des Oberlandesgerichtes Wien zur Entscheidung über die vom Angeklagten erhobene Berufung wegen des Ausspruchs über die Strafe und die privatrechtlichen Ansprüche.

Anmerkung

E64242 15Os168.01

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2001:0150OS00168.01.1213.000

Dokumentnummer

JJT_20011213_OGH0002_0150OS00168_0100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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