TE Vwgh Erkenntnis 2007/2/22 2005/14/0022

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Veröffentlicht am 22.02.2007
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Index

32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;

Norm

FinStrG §177 Abs1;
FinStrG §179 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Zorn und Dr. Robl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pfau, über die Beschwerde des H S in L, vertreten durch Haslinger/Nagele & Partner Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Am Hof 13, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Linz, vom 21. Oktober 2004, FSRV/0094-L/04, betreffend Abweisung eines Antrages auf Strafaufschub gemäß § 177 FinStrG, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Berufungsentscheidung des unabhängigen Finanzsenates vom 28. Oktober 2003, FSRV/0005-L/03 und FSRV/0008-L/03, wurde der Beschwerdeführer im Instanzenzug schuldig erkannt, er habe vorsätzlich und gewerbsmäßig

a) durch Nichtabgabe von Steuererklärungen, somit unter Verletzung der abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht, in der Zeit von 1996 bis 2001 eine Verkürzung von bescheidmäßig festzusetzenden Abgaben (Umsatzsteuer und Einkommensteuer 1994 bis 2000) bewirkt und

b) durch Nichtabgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen und Nichtentrichtung der Umsatzsteuer, somit unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 UStG 1994 entsprechenden Voranmeldungen, eine Verkürzung von Vorauszahlungen an Umsatzsteuer für Jänner bis Juli 2001 bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss gehalten.

Er habe dadurch die Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 und 2 lit a iVm § 38 Abs 1 FinStrG begangen, weshalb gemäß § 33 Abs 5, 39 Abs 1 lit a und 21 Abs 1 und 2 FinStrG eine Geldstrafe von 40.000 EUR (Ersatzfreiheitsstrafe acht Wochen) verhängt wurde.

Mit Bescheid vom 23. Juli 2004 wies das Finanzamt als Finanzstrafbehörde erster Instanz den Antrag des Beschwerdeführers vom 17. Mai 2004, die Ersatzfreiheitsstrafe in drei Teilen, nämlich vom 2. Jänner 2005 bis zum 31. Jänner 2005, vom 15. Mai 2005 bis zum 31. Mai 2005 und im August 2005, zu verbüßen, als unbegründet ab. In der Begründung wurde im Wesentlichen darauf verwiesen, dass die im Antrag geltend gemachten Gründe der Erforderlichkeit der Anwesenheit bzw. der Mitarbeit des Beschwerdeführers im Betrieb der Ehefrau bis zum Aufbau eines gesicherten Kundenkreises bzw. der bei Nichtgewährung des Strafaufschubes eintretenden Gefährdung des Erwerbes bzw. des Unterhaltes der schuldlosen Familie keine triftigen Gründe iSd § 177 FinStrG darstellten, weil nicht davon ausgegangen werden könne, dass es gerade der Anwesenheit des Beschwerdeführers bis zum Jahresende 2004 bedürfe, um in dem an sich von Unwägbarkeiten und erheblichem Risiko bestimmten Erwerbszweig der Warenpräsentation einen bisher offenbar noch nicht existierenden gesicherten Kundenkreis aufzubauen. Die sofortige Verbüßung der Ersatzfreiheitsstrafe wäre daher für die Gefährdung des Erwerbes und des Familienunterhaltes nicht kausal. Im Übrigen bedeute jede Verbüßung einer Freiheitsstrafe eine Einschränkung des Erwerbs und sei ein Strafaufschub iSd § 177 FinStrG nur für die Fälle vorgesehen, in denen besonders schwer wiegende, mit dem Vollzug typischerweise nicht verbundene Folgen abzuwenden seien.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Administrativbeschwerde, in welcher vorgebracht wurde, ein Blick auf die aktuellen Unternehmenskennzahlen des Betriebes der Ehefrau, nämlich die Umsatzentwicklung vom Zeitraum Jänner bis Juni 2003 bis zum Vergleichszeitraum des Jahres 2004 mache deutlich, dass das angestrebte Planziel, bis Ende 2004 Reserven aufzubauen, durchaus realistisch sei. Zudem organisierten der Beschwerdeführer und seine Ehefrau derzeit einen Verkauf über Internet, welcher ab November 2004 starten solle und zu weiteren Umsatz- und Ertragszuwächsen führen werde. Es werde daher beantragt, dem Antrag auf Strafaufschub stattzugeben.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Administrativbeschwerde teilweise Folge gegeben und der bekämpfte Bescheid dahingehend abgeändert, dass für die Ersatzfreiheitsstrafe Strafaufschub bis zum 2. Jänner 2005 gewährt wurde (Spruchpunkt I). Im Übrigen wurde die Administrativbeschwerde als unbegründet abgewiesen (Spruchpunkt II).

Auf Grund der von der Finanzstrafbehörde erster Instanz festgestellten Uneinbringlichkeit der Geldstrafe sei der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 23. April 2004 gemäß § 175 Abs 2 FinStrG aufgefordert worden, die Ersatzfreiheitsstrafe anzutreten. Voraussetzung für einen im Ermessen der Finanzstrafbehörde liegenden Strafaufschub sei, dass durch den unverzüglichen Strafantritt beispielsweise der (eigene) Erwerb des Bestraften oder der Familienunterhalt gefährdet würde. Eine bloße mit dem Vollzug einer Freiheitsstrafe nahezu naturgemäß einhergehende Einschränkung des Erwerbs reiche für einen ausschließlich auf die Vermeidung bzw. Abwendung gravierender, üblicherweise nicht auftretender und nicht beabsichtigter Vollzugsfolgen gerichteten Aufschub nicht aus.

Der Beschwerdeführer sei unterhaltspflichtig für zwei Kinder (aus einer erster Ehe) im Alter von 17 bzw. 14 Jahren (monatliche Alimentationszahlungen insgesamt 365  EUR). Er arbeitet seit Oktober 2002 (vom 1. Oktober 2002 bis 31. Juli 2003 als Angestellter und danach ohne aufrechtes Beschäftigungsverhältnis) im seit Mai 2002 bestehenden (Gewerbe-)Betrieb seiner nunmehrigen Ehefrau, der den Handel mit Putzmitteln, Allergiedecken etc. im Rahmen von Produkt-Präsentationsveranstaltungen zum Gegenstand habe, mit und verfüge somit über kein eigenes feststehendes Einkommen. Sowohl die Lebenshaltungskosten als auch die Unterhaltsverpflichtungen des Beschwerdeführers würden offenbar aus dem von der Ehefrau im Rahmen des Gewerbetriebes erzielten gemeinsamen Familieneinkommen bestritten. Die im Rahmen dieses Gewerbebetriebes erzielten steuerbaren Umsätze betrügen im Veranlagungsjahr 2003 73.837,50 EUR, wobei nahezu 40 % der Umsätze auf das letzte Quartal entfielen. Die für das laufende Kalenderjahr bisher eingereichten monatlichen Umsatzsteuervoranmeldungen ließen gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres eine deutliche Umsatzsteigerung von annähernd 70 % erkennen. Ein Umsatzsteuerzahllastvergleich der Voranmeldungszeiträume Jänner bis August 2003 mit dem laufenden Kalenderjahr ergebe eine Steigerung von annähernd 28 %.

Diese betrieblichen Daten stützten die Argumentation des Beschwerdeführers, die Ertragssituation des Betriebes habe sich nicht zuletzt auf Grund seiner (unentgeltlichen) Mitarbeit gegenüber den Vorjahren gebessert. Wenn nun geltend gemacht werde, gerade durch den Ausfall des Beschwerdeführers in Folge des sofortigen Antritts der annähernd zwei Monate umfassenden Ersatzfreiheitsstrafe werde nicht nur der eigene Erwerb des Beschwerdeführers (vorübergehend), sondern vor allem der von ihm zu leistende gesetzliche Unterhalt ernsthaft gefährdet, so könne dem nicht wirksam entgegengetreten werden. Dabei stehe allerdings nicht so sehr die eigene, durch den zeitlich mit 56 Tagen befristeten Arbeitsausfall eingeschränkte Erwerbssituation des Beschwerdeführers, der wohl auch nach der Verbüßung der gegenständlichen Ersatzfreiheitsstrafe seine Tätigkeit im Betrieb seiner Ehefrau wieder aufnehmen könne, sondern vor allem die Sicherung der von ihm zu leistenden Unterhaltszahlungen im Vordergrund.

Diese Überlegungen könnten allerdings nicht für den zusätzlich zum Strafaufschub bis zum 2. Jänner 2005 geltend gemachten weiteren Teilaufschub bis nach dem 15. Mai bzw. nach dem 1. August 2005 gelten, da diesbezüglich die dargestellte Sachlage keinen triftigen Grund iSd § 177 Abs 1 FinStrG erkennen lasse. Selbst im Antrag vom 17. Mai 2004 werde nämlich für das Kalenderjahr 2005 bereits vom Vorhandensein entsprechender Reserven ausgegangen. Somit ergebe sich für den Beschwerdeführer zweifellos die Möglichkeit, für die während der Dauer der ununterbrochenen Verbüßung der Freiheitsstrafe zu leistenden Unterhaltszahlungen nicht zuletzt auf Grund der gesteigerten Ertragssituation noch im laufenden Kalenderjahr 2004 entsprechend vorzusorgen. Ein (weiterer) Aufschub erscheine daher weder unter dem Aspekt der Erwerbs- noch der Unterhaltsgefährdung rechtfertigbar bzw. unbedingt notwendig.

Gegen den Spruchpunkt II dieses Bescheides wendet sich die vorliegende Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 177 Abs 1 FinStrG kann die Finanzstrafbehörde erster Instanz auf Antrag des Bestraften bei Vorliegen triftiger Gründe den Strafvollzug aufschieben. Triftige Gründe liegen insbesondere dann vor, wenn durch den unverzüglichen Strafantritt der Erwerb des Bestraften oder der Unterhalt seiner schuldlosen Familie gefährdet würde oder wenn der Aufschub zur Ordnung von Familienangelegenheiten dringend geboten ist. Der Aufschub darf das unbedingt notwendige Maß nicht überschreiten; er soll in der Regel nicht mehr als sechs Monate betragen.

§ 179 Abs 1 FinStrG ordnet an, dass die Bestimmungen für den Vollzug von Freiheitsstrafen auch für den Vollzug von Ersatzfreiheitsstrafen gelten.

Der Beschwerdeführer behauptet gar nicht, im Verwaltungsverfahren einen triftigen Grund für einen Strafaufschub über den 2. Jänner 2005 hinaus vorgetragen zu haben, und setzt der Beurteilung der belangten Behörde, dass ein triftiger Grund für einen weitergehenden Strafaufschub nicht vorliege, auch nichts entgegen. Die belangte Behörde konnte sich im angefochtenen Bescheid darauf stützen, dass für das Kalenderjahr 2005 sogar der Beschwerdeführer selbst vom Vorhandensein entsprechender Reserven ausgegangen ist, durch welche der Unterhalt seiner Familie aber auch sein eigener Erwerb gesichert seien. Solcherart kann es nicht als rechtswidrig erkannt werden, dass die belangte Behörde davon ausgegangen ist, ein triftiger Grund für einen über den 2. Jänner 2005 hinausgehenden Strafaufschub liege nicht vor, und somit dem Antrag des Beschwerdeführers insoweit keine Folge gegeben hat.

In der Beschwerde wird vorgebracht, der Beschwerdeführer sei im Rahmen des Handelsbetriebes seiner Ehefrau zuständig für die Durchführung der Präsentations- und Verkaufsveranstaltungen. Würde es ihm nicht durch Teilaufschübe ermöglicht, die Freiheitsstrafe in Teilen zu verbüßen, könnten für acht Wochen keine Verkaufsveranstaltungen durchgeführt werden. Diese hätte den gänzlichen Einkommensverlust über mehrere Monate zur Folge, weil sich die bisherige Kundschaft "verlaufen" würde und erst ein neuer Kundenstock aufgebaut werden müsste.

Auf dieses Beschwerdevorbringen war allerdings nicht einzugehen, weil es sich um eine für das verwaltungsgerichtliche Verfahren unbeachtliche Neuerung handelt.

Der Beschwerde gelingt es sohin nicht, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Sie war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl II Nr 333/2003.

Wien, am 22. Februar 2007

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2005140022.X00

Im RIS seit

23.03.2007
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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