TE Vwgh Erkenntnis 2007/2/28 2006/13/0161

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Veröffentlicht am 28.02.2007
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

ZustG §17 Abs1;
ZustG §17 Abs3;
ZustG §6;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hargassner und die Hofräte Dr. Fuchs und Dr. Pelant als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. B. Trefil LL.M., über die Beschwerde des A in W, vertreten durch Mag. Martin Kranich und Mag. A. Konstantino Huber, Rechtsanwälte in 1070 Wien, Neubaugasse 68, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, als Finanzstrafbehörde zweiter Instanz vom 25. August 2006, Zl. FSRV/0105-W/06, betreffend Zurückweisung einer Administrativbeschwerde in einer Finanzstrafsache, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 381,90 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 20. Februar 2006 leitete das Finanzamt gegenüber dem Beschwerdeführer ein Finanzstrafverfahren ein. Der Bescheid war an die Anschrift B.str. 381/2/8, 1230 Wien, adressiert. Die Zustellung erfolgte (nach zwei erfolglosen Zustellversuchen) durch Hinterlegung am 3. März 2006.

Der Beschwerdeführer erhob mit Schriftsatz vom 29. März 2006 gegen den Einleitungsbescheid eine Administrativbeschwerde. Auf dem Schriftsatz ist als Adresse des Beschwerdeführers die Bescheidanschrift ausgewiesen.

Zur Administrativbeschwerde erteilte das Finanzamt am 7. April 2006 einen Mängelbehebungsauftrag nach § 156 Abs. 2 FinStrG, adressiert an den Beschwerdeführer, B.str. 381/2/8, 1230 Wien. Auf dem Rückschein über die Zustellung findet sich handschriftlich unter Streichung der erwähnten Adresse der Vermerk "NS: W.gasse 11/1/2, 1140 Wien"; die "Übernahmsbestätigung" weist das Datum 12. April 2006 und eine - unleserliche - Unterschrift auf, wobei auch die zugehörigen Alternativen (z.B. "Empfänger") nicht angekreuzt sind.

Mit Bescheid vom 1. Juni 2006 erklärte das Finanzamt die Administrativbeschwerde vom 29. März 2006 gemäß § 156 Abs. 2 FinStrG als zurückgenommen, weil dem Mängelbehebungsauftrag bis zum Ablauf der gesetzten Frist mit 5. Mai 2006 nicht entsprochen worden sei.

Die Zustellung des Bescheides vom 1. Juni 2006 erfolgte an die Adresse B.str. 381/2/8, 1230 Wien, wobei das eigenhändig zuzustellende Schriftstück nach zwei vergeblichen Zustellversuchen beim Zustellpostamt hinterlegt wurde (Beginn der Abholfrist: 8. Juni 2006). Nach nicht erfolgter Behebung wurde das Schriftstück offenbar der Behörde retourniert.

Nach einem weiteren in den Verwaltungsakten einliegenden Rückschein wurde der Bescheid vom 1. Juni 2006 nochmals an den Beschwerdeführer unter der Adresse W.gasse 11/1/2, 1140 Wien, zugestellt, wobei (nach zwei erfolglosen Zustellversuchen) eine Zustellung mit Hinterlegung (Beginn der Abholfrist am 6. Juli 2006) ausgewiesen ist.

Mit Schriftsatz vom 1. August 2006 erhob der Beschwerdeführer (Adressangabe: B.str. 381/2/8, 1230 Wien) "Beschwerde gegen den Bescheid vom 1. Juni 2006" mit der Begründung, er habe einen Auftrag zur Behebung von Mängeln nicht erhalten.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die "Beschwerde vom 1. August 2006 gegen den Bescheid über die Zurücknahmeerklärung der Beschwerde gegen den Einleitungsbescheid vom 1. Juni 2006" als nicht fristgerecht eingebracht zurück. Zur Begründung führte die belangte Behörde nach einer Wiedergabe der für das Rechtsmittelverfahren relevanten Bestimmungen des § 150 Abs. 1 bis 3 (u.a. Rechtsmittelfirst von einem Monat) und § 152 Abs. 1 FinStrG sowie einem Zitat des § 17 Abs. 1 bis 4 Zustellgesetz aus, der Bescheid vom 1. Juni 2006 sei nach zwei Zustellversuchen vom 6. und 7. Juni 2006 am 8. Juni 2006 beim Postamt hinterlegt und nicht behoben worden. Die Rechtsmittelfrist sei demnach am 10. Juli 2006 abgelaufen. Das Rechtsmittel sei damit als verspätet zurückzuweisen gewesen.

In der Beschwerde erachtet sich der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht auf "Erhebung eines Rechtsmittels binnen offener Rechtsmittelfrist im Sinne des § 150 Abs 1 und 2 FinStrG verletzt". Begründet wird diese Rechtsverletzung damit, dass sich aus dem Akteninhalt laut Rückschein eindeutig ergebe, dass der Bescheid vom 1. Juni 2006 "nicht im Juni 2006, sondern im Juli 2006 hinterlegt wurde". Berechne man daher ab dem "05.07.2006 eine vierwöchige First, läuft die Rechtsmittelfrist am 02.08.2006 ab". Da die "Beschwerde am 01. 08. 2006 eingebracht wurde, ist diese somit entgegen den Feststellungen der belangten Behörde rechtzeitig". Es liege daher eine Aktenwidrigkeit und somit eine Verletzung von Verfahrensvorschriften vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Erstattung einer Gegenschrift und Aktenvorlage durch die belangte Behörde erwogen:

Gemäß § 56 Abs. 3 FinStrG gelten für Zustellungen das Zustellgesetz und sinngemäß die Bestimmungen des 3. Abschnittes der Bundesabgabenordnung.

Gemäß § 17 Abs. 1 Zustellgesetz ist das Schriftstück im Falle der Zustellung durch die Post beim zuständigen Postamt zu hinterlegen, wenn die Sendung an der Abgabestelle nicht zugestellt werden kann und der Zusteller Grund zur Annahme hat, dass sich der Empfänger regelmäßig an der Abgabestelle aufhält. Gemäß § 17 Abs. 3 Zustellgesetz ist die hinterlegte Sendung mindestens zwei Wochen zur Abholung bereit zu halten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem die Sendung erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Sendungen gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem die hinterlegte Sendung behoben werden könnte.

Ist ein Dokument zugestellt, so löst nach § 6 Zustellgesetz die neuerliche Zustellung des gleichen Dokuments keine Rechtswirkungen aus.

Der Beschwerdeführer beruft sich auf die Aktenlage und wirft der belangten Behörde ausschließlich deshalb Aktenwidrigkeit vor, weil sie zu Unrecht die vierwöchige Rechtsmittelfrist nicht ab der Hinterlegung des Bescheides vom 1. Juni 2006 am "05.07.2006" berechnet habe.

Mit diesem Vorbringen wird keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufgezeigt. Der Beschwerdeführer erläutert nämlich nicht, warum die Zustellung des Bescheides vom 1. Juni 2006 an der von ihm selbst in seinen Eingaben angeführten Adresse B.str. 381/1/8, 1230 Wien, im Sinne des § 17 Zustellgesetz unwirksam gewesen sein sollte. Auch aktenkundige Behördenanfragen aus dem Zentralen Melderegister vom 14. Februar 2006 und vom 1. Juni 2006 weisen diese Adresse ab 10. Februar 2004 als Hauptwohnsitz des Beschwerdeführers aus.

Den Ausführungen in der Gegenschrift, wonach der Bescheid vom 1. Juni 2006 für die Berechnung der Rechtsmittelfrist rechtswirksam lt. den Feststellungen im angefochtenen Bescheid im Juni 2006 (infolge Hinterlegung am Postamt am 8. Juni 2006) zugestellt worden sei, ist daher zuzustimmen, zumal auch bei einer weiteren Zustellung (unter der Adresse W.gassse 11/1/2) nach § 6 Zustellgesetz die erste Zustellung maßgebend blieb (vgl. Ritz, BAO3, § 6 Zustellgesetz, Tz 2).

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Mit der Entscheidung über die Beschwerde erübrigt sich eine Entscheidung über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 28. Februar 2007

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2006130161.X00

Im RIS seit

28.03.2007
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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