TE Vwgh Beschluss 2007/3/22 2006/09/0170

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Veröffentlicht am 22.03.2007
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
63/01 Beamten-Dienstrechtsgesetz;

Norm

AVG §73 Abs2;
BDG 1979 §124 Abs1;
BDG 1979 §41a;
VwGG §33 Abs1;
VwGG §58 Abs2 idF 1997/I/088;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hargassner und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Marzi, über die Beschwerde des H F in Z, vertreten durch Mag. Stefan Schwalm, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Wollzeile 24/17, gegen den Bescheid des Bundeskanzlers vom 31. Juli 2006, Zl. 2/2- BK/Allg/06, betreffend Zurückweisung eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Beschwerde wird als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.

Aufwandersatz wird nicht zuerkannt.

Begründung

Mit Bescheid der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Finanzen, Senat XI, vom 31. Juli 2002 wurde in dem gegen den Beschwerdeführer eingeleiteten Disziplinarverfahren gemäß § 124 Abs. 1 BDG 1979 die mündliche Verhandlung für den 11. September 2002 anberaumt. In der Rechtsmittelbelehrung dieses Verhandlungsbeschlusses wurde u.a. ausgeführt, dass dem Beschwerdeführer gemäß § 124 Abs. 2 BDG 1979 das Recht zustehe, eine Berufung einzubringen, über die die Berufungskommission beim Bundesministerium für öffentliche Leistung und Sport zu entscheiden habe.

Gegen den Verhandlungsbeschluss vom 31. Juli 2002 erhob der Beschwerdeführer daraufhin eine an die Disziplinarkommission beim Bundesministerium Finanzen, Senat XI, gerichtete Berufung, mit dem Antrag, die Berufungskommission beim Bundesministerium für öffentliche Leistung und Sport möge der Berufung Folge geben und den angefochtenen Verhandlungsbeschluss aufheben.

Mit einem an die Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Finanzen gerichteten, dem Beschwerdeführer zur bloßen Kenntnisnahme zugestellten Schreiben der Berufungskommission vom 1. Oktober 2002 teilte diese mit, dass - ausgehend vom Einlangen der Disziplinaranzeige bei der zuständigen Disziplinarkommission - auf das anhängige Disziplinarverfahren das BDG 1979 in der bis zum Ablauf dieses Tages geltenden Fassung weiter anzuwenden sei, und verneinte ihre Zuständigkeit nach der 1. BDG-Novelle 1997 zur Behandlung der gegenständlichen Berufung.

Mit einer an den Bundeskanzler gerichteten Eingabe vom 19. Juni 2006 beantragte der Beschwerdeführer die Feststellung des Überganges der Zuständigkeit zur Entscheidung über seine gegen den Verhandlungsbeschluss vom 31. Juli 2002 eingebrachte Berufung auf den Bundeskanzler als sachlich in Betracht kommende Oberbehörde (gemeint: der Berufungskommission), weil bis zu diesem Tag über seine Berufung nicht entschieden worden sei.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid des Bundeskanzlers vom 31. Juli 2006 wurde dieser Antrag gemäß § 73 Abs. 2 AVG 1991 iVm § 41a BDG 1979 zurückgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde aus, dass die Kriterien, die eine Behörde zur sachlich in Betracht kommenden Oberbehörde machten, sich allgemein in Art. 20 Abs. 1 B-VG in der Form der "Leitungsgewalt" umschrieben fänden. In Konkretisierung dieses umfassenden Konzepts der hierarchischen Über- und Unterordnung greife § 73 Abs. 2 AVG einen Teilaspekt heraus:

Sachlich in Betracht kommende Oberbehörde sei folglich jene, die auf die Entscheidung der Unterbehörde durch Ausübung ihres Aufsichts- und Weisungsrechts in bestimmter Weise Einfluss nehmen könne. Maßgeblich sei allein die Überordnung in fachlicher, nicht auch in organisatorischer Hinsicht. Eben diese Einflussnahme auf den Inhalt der Entscheidung im Wege der Ausübung aufsichtsbehördlicher Befugnisse im Sinne des § 68 AVG werde durch die Anordnung des Gesetzgebers, wonach die Bescheide einer Kollegialbehörde im Sinn des Art. 133 Z 4 B-VG nicht der Aufhebung oder Abänderung im Verwaltungsweg unterliegen, ausgeschlossen. Gemäß § 41a Abs. 5 BDG unterlägen die Bescheide der Berufungskommission nicht der Aufhebung oder Abänderung im Verwaltungswege. Die Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes sei in diesen Angelegenheiten ausgeschlossen. Die Berufungskommission sei demnach eine Kollegialbehörde nach Art. 133 Z 4 B-VG. Aus dem folge, dass dem Bundeskanzler keine aufsichtsbehördlichen Befugnisse im Sinne des § 68 AVG gegenüber der Berufungskommission zukomme und er daher auch nicht sachlich in Betracht kommende Oberbehörde gegenüber der Berufungskommission sei. Die Behörde, bei der ein Devolutionsantrag eingebracht werde, für den sie nicht zuständig sei, habe diesen gemäß § 6 und § 73 Abs. 2 AVG an die zuständige Behörde weiterzuleiten; eine darüber hinausgehende Befugnis, etwa zur Zurückweisung des Devolutionsantrages mangels Zuständigkeit, komme ihr hingegen nicht zu. Die letztgenannte Rechtsprechung zur Verpflichtung, die an die unzuständige Berufungsbehörde gerichtete Berufung gemäß § 6 AVG an die zuständige Berufungsbehörde weiterzuleiten, sei auf Devolutionsanträge zu übertragen. Dies gelte auch dann, wenn diese nicht bloß bei der unzuständigen Behörde eingebracht worden seien, sondern auch dann, wenn der Antragsteller den Übergang der Entscheidungspflicht auf eine Behörde geltend mache, die nicht die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde sei. Auch in diesem Fall sei der Devolutionsantrag gemäß § 6 AVG an die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde weiter zu leiten und bewirke (bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen) mit seinem Einlangen bei dieser den Übergang der Zuständigkeit auf diese. Bestehe allerdings nicht die Möglichkeit einer Weiterleitung an die zuständige Behörde, weil eine solche - wie hier - nicht existiere, dann bleibe nur die Möglichkeit der Zurückweisung des Antrages als unzulässig.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Mit Bescheid der Berufungskommission beim Bundeskanzleramt vom 11. Oktober 2006 wurde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Verhandlungsbeschluss vom 31. Juli 2002 als unzulässig zurückgewiesen.

Der Verwaltungsgerichtshof gab dem Beschwerdeführer gemäß § 33 Abs. 1 VwGG Gelegenheit, sich in einer gesetzten Frist zur Frage zu äußern, ob er sich angesichts der mittlerweile ergangenen Entscheidung der Berufungskommission durch den angefochtenen Bescheid noch in Rechten verletzt erachte. Der Beschwerdeführer hat dies in einer Äußerung vom 20. März 2007 verneint und lediglich Kostenzuspruch begehrt.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. dazu den Beschluss vom 30. März 2006, Zl. 2005/09/0016, und die dort angeführte Vorjudikatur) führt nicht nur die formelle (ausdrückliche) Aufhebung des angefochtenen Bescheides, sondern auch der Wegfall des Rechtsschutzinteresses im Zuge eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens zu dessen Einstellung, weil der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen einer nach Art. 131 B-VG erhobenen Bescheidbeschwerde zu einer rein abstrakten Prüfung der Rechtmäßigkeit eines Bescheides nicht berufen ist. Ergibt sich also im Verfahren über eine derartige Beschwerde, dass eine fortwirkende Verletzung eines subjektiv-öffentlichen Rechts des Beschwerdeführers durch den angefochtenen Bescheid nicht (mehr) gegeben ist, und auch eine der Beschwerde stattgebende Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes in Ansehung des verletzten subjektiv-öffentlichen Rechtes des Beschwerdeführers keine Veränderung bewirken würde, so führt dies zur Einstellung des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens.

Dies ist hier der Fall: Im Beschwerdefall ist die Möglichkeit der Rechtsverletzung des Beschwerdeführers durch die von ihm bekämpfte Zurückweisung seines Delegierungsantrages mit der Nachholung der Entscheidung über seine Berufung weggefallen. Dies hat der Beschwerdeführer auch selbst zu erkennen gegeben und hat lediglich Kostenzuspruch begehrt.

Die Beschwerde war daher nach Anhörung des Beschwerdeführers als gegenstandslos zu erklären und das Verfahren einzustellen.

Hinsichtlich der Kostenentscheidung hatte § 58 Abs. 2 VwGG zum Tragen zu kommen. Nach dieser Bestimmung ist, wenn bei einer Beschwerde das Rechtsschutzinteresse nachträglich wegfällt, dies bei der Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht zu berücksichtigen; würde hiebei die Entscheidung über die Kosten einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern, so ist darüber nach freier Überzeugung zu entscheiden. Es bedeutete einen unverhältnismäßigen Aufwand, festzustellen, ob die Beschwerde erfolgreich gewesen wäre, weshalb Aufwandersatz nicht zuzusprechen war.

Wien, am 22. März 2007

Schlagworte

Besondere Rechtsgebiete Besondere Rechtsgebiete Dienstrecht Kein Zuspruch KeinZuspruch von Aufwandersatz gemäß §58 Abs2 VwGG idF BGBl 1997/I/088

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2006090170.X00

Im RIS seit

15.06.2007
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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