TE Vwgh Beschluss 2007/4/17 2007/06/0009

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Veröffentlicht am 17.04.2007
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verfassungsgerichtshof;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;

Norm

B-VG Art144 Abs3;
VerfGG 1953 §33;
VerfGG 1953 §87 Abs3;
VwGG §46 Abs1;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 2007/06/0010 2007/06/0011 2007/06/0012 2007/06/0013 2007/06/0103 2007/06/0104 2007/06/0105 2007/06/0106 2007/06/0107

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Khozouei, über die Anträge des F B in T, vertreten durch Weh Rechtsanwalt GmbH Dr. Wilfried Ludwig Weh in 6900 Bregenz, Wolfeggstraße 1, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Beschwerdeerhebung und über dessen Beschwerden gegen die Bescheide des Präsidenten des Landesgerichtes Ried 1. vom 6. September 2006, Zl. Jv 1161-33/06 (hg. Zl. 2007/06/0009), 2. vom 31. August 2006, Zl. Jv 1160-33/06 (hg. Zl. 2007/06/0010), 3. vom 6. September 2006, Zl. Jv 1159- 33/06 (hg. Zl. 2007/06/0011), 4. vom 31. August 2006, Zl. Jv 1158- 33/06 (hg. Zl. 2007/06/0012) und 5. vom 6. September 2006, Zl. Jv 1157-33/06 (hg. Zl. 2007/06/0013), jeweils betreffend Auftrag zur Zahlung einer Zwangsstrafe, den Beschluss gefasst:

Spruch

1. Den Anträgen auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird gemäß § 46 VwGG nicht stattgegeben.

2. Die Beschwerden werden zurückgewiesen.

Begründung

Mit fünf insoweit gleich lautenden Bescheiden der belangten Behörde vom 31. August 2006 bzw. 6. September 2006 wurden Berichtigungsanträge des Antragstellers betreffend Aufträge zur Zahlung näher bezeichneter Zwangsstrafen zurückgewiesen, Anträge auf Aussetzung ebenso wie Anträge auf Präzisierung wurden abgewiesen.

Diese Bescheide wurden dem Vertreter des Antragstellers jeweils am 7. September 2006 zugestellt.

Mit einem am 25. Oktober 2006 zur Post gegebenen Schriftsatz beantragte der Antragsteller beim Verfassungsgerichtshof die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung der Beschwerde und erhob unter einem Bescheidbeschwerde gemäß Art. 144 Abs. 1 B-VG. Nach Ablehnung der Behandlung dieser Beschwerden durch den Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom 6. Dezember 2006, wurden diese über nachträglichen Antrag des Antragstellers mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 29. Dezember 2006, B 1813 bis 1817/06- 5, gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

Lehnt der Verfassungsgerichtshof die Behandlung einer zunächst an ihn gerichteten Beschwerde ab und tritt sie sodann antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab, dann hat über einem beim Verfassungsgerichtshof gestellten und von diesem nicht erledigten Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, sei es wegen Versäumung der Beschwerdefrist, sei es wegen Versäumung der Frist zur Stellung eines Antrages auf Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, ebenso der Verwaltungsgerichtshof zu entscheiden, wie es dann auch dem Verwaltungsgerichtshof obliegt, die Rechtzeitigkeit der vom Beschwerdeführer beim Verfassungsgerichtshof gesetzten Prozesshandlungen zu beurteilen (vgl. den hg. Beschluss vom 31. Juli 2006, Zl. 2006/05/0191 und die dort angeführte Vorjudikatur).

Der Rechtsvertreter des Antragsstellers führte als Begründung für die begehrte Wiedereinsetzung in die versäumte Beschwerdefrist aus, dass die Sekretärin die in Rede stehende Frist auf den 25. Oktober 2006 eingetragen habe, weil sie offenbar im Kalender eine zusätzliche Woche überblättert habe. Sie habe das Ende der Frist daher für den 26. Oktober 2006 (Nationalfeiertag) errechnet und einen Tag vor Ablauf dieser Frist am 25. Oktober 2006 eingetragen. Für den 19. Oktober 2006, das richtige Ende der Beschwerdefrist, finde sich keine Eintragung im Terminkalender.

Die eingehende Post werde im Büro des Rechtsvertreters des Antragstellers grundsätzlich von der besonders geschulten und sorgfältig arbeitenden Sekretärin geöffnet und sodann im Sekretariat von dem bei der Einschreiterin beschäftigten Rechtsanwalt Mag. H. geprüft. Anschließend würden die Fristen von ihm gemeinsam mit der Sekretärin festgestellt und in den Kalender eingetragen. Die richtige Berechnung der Fristen werde zweimal kontrolliert, wobei zunächst im Tagsatzungs- und Fristenbuch vom Eingangsdatum weg die entsprechende Frist nach vorne gezählt und vom so errechneten Datum noch einmal die entsprechende Frist zurückgerechnet werde. Erst danach würden die Fristen eingetragen und auf dem entsprechenden Schriftstück vermerkt. Bei der gegenständlichen trotz Vier-Augen-Prinzips vorgekommenen irrtümlichen Eintragung der Frist auf den 25. Oktober 2006 handle es sich um ein auf einem minderen Grad des Versehens beruhendes, unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis.

Nach § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Für die richtige Beachtung einer Rechtsmittel- oder Beschwerdefrist ist grundsätzlich immer der Parteienvertreter selbst verantwortlich, der die Frist festzusetzen, ihre Vormerkung anzuordnen oder die richtige Eintragung im Kalender im Rahmen der ihm gegenüber seinen Angestellten gegebenen Aufsichtspflicht zu überwachen hat. Ein Parteienvertreter, der sich aus welchen Gründen immer auf die Richtigkeit der Fristvormerkungen von Angestellten verlässt, tut dies auf die Gefahr, dass das als ein die Wiedereinsetzung ausschließendes und der von ihm vertretenen Partei zuzurechnendes Verschulden qualifiziert wird (vgl. den hg. Beschluss vom 24. September 2003, Zl. 2003/13/0076). Wohl ist eine regelmäßige Kontrolle, ob eine erfahrene und zuverlässige Kanzleikraft rein manipulative Tätigkeiten auch tatsächlich ausführt, dem Rechtsanwalt nicht zuzumuten, will man nicht seine Sorgfaltspflicht überspannen. Um einen solchen rein manipulativen Vorgang handelt es sich jedoch nicht bei der kanzleimäßigen Bestimmung einer Rechtsmittelfrist. Wenn der Parteienvertreter die Beschwerdefrist damit nicht selbst kalendermäßig konkret bestimmte, sondern diese Bestimmung - dem Vorbringen im Wiedereinsetzungsantrag zufolge - im vorliegenden Fall seiner Kanzleiangestellten überließ, so wäre es ihm im Rahmen der gebotenen Überwachungspflicht jedenfalls oblegen, diesen Vorgang bzw. die richtige Eintragung im Kalender zu kontrollieren (vgl. auch dazu den angeführten Beschluss vom 24. September 2003). Daran ändert auch der Umstand nichts, dass grundsätzlich in der Kanzlei des Antragstellervertreters die Fristberechnung und - eintragung von der Kanzleiangestellten mit dem Rechtsanwalt Mag. H. erfolgt. Mag. H. hat bei der vorliegenden Fristberechnung und -eintragung nach dem eigenen Vorbringen in keiner Weise mitgewirkt.

Ausgehend vom Vorbringen in den vorliegenden Wiedereinsetzungsanträgen kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Antragstellervertreter wirksame Maßnahmen zur Kontrolle der richtigen Bestimmung und Eintragung der Fristen getroffen hätte. Ein Kontrollsystem - wie das bestehende -, das es möglich macht, dass eine Fristberechnung und -eintragung allein von einer Kanzleiangestellten vorgenommen wird, stellt sich als nicht ausreichendes dar. Dass die eingehende Post im Büro des Beschwerdeführervertreters "grundsätzlich" von der Sekretärin geöffnet, dann vom Rechtsanwalt Mag. H. geprüft und anschließend von diesem die Fristen gemeinsam mit der Sekretärin festgestellt und eingetragen werden, vermag daran nichts zu ändern, wurde doch jedenfalls in den vorliegenden Fällen die Eintragung der Sekretärin in keiner Weise überprüft. Im Übrigen fällt in diesem Zusammenhang auch auf, dass auf den dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Ausfertigungen der angefochtenen Bescheide die Terminvormerkung jeweils mit 18.10. aufscheint und dann der 18.

jeweils durchgestrichen und mit 25. überschrieben wurde.

     Den Anträgen auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand war

daher gemäß § 46 VwGG keine Folge zu geben.

     Bei diesem Ergebnis erweisen sich die Beschwerden als

verspätet, weshalb sie gemäß § 34 Abs. 1 VwGG in nicht öffentlicher Sitzung zurückzuweisen waren.

Wien, am 17. April 2007

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2007060009.X00

Im RIS seit

25.07.2007
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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