TE Vwgh Erkenntnis 2007/4/17 2007/19/0096

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Veröffentlicht am 17.04.2007
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1997 §7;
AsylG 1997 §8 Abs1;
AsylG 1997 §8 Abs2;
VwGG §42 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß sowie die Hofräte Mag. Nedwed und Dr. N. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. S. Giendl, über die Beschwerde des M, vertreten durch Dr. Michael Vallender, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Paulanergasse 14/1/4, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 17. Jänner 2007, Zl. 263.219/3-XIII/66/06, betreffend §§ 7 und 8 Abs. 1 und 2 Asylgesetz 1997 (weitere Partei: Bundesminister für Inneres), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird insoweit, als damit Spruchpunkt III des erstinstanzlichen Bescheides (Ausweisung des Beschwerdeführers "aus dem österreichischen Bundesgebiet") bestätigt wurde, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Indien, beantragte am 16. Juni 2005 in Österreich Asyl und gab bei seinen Einvernahmen an diesem Tag und am 22. Juni 2005 an, dass es im Teppich- und Deckengeschäft seines Vaters zu einer Schießerei zwischen Polizei und Terroristen gekommen sei. Bei diesem Schusswechsel sei der Vater des Beschwerdeführers von der Kugel eines Terroristen tödlich getroffen worden. Der Beschwerdeführer selbst, der bei dieser Schießerei im Geschäft des Vaters nicht anwesend gewesen sei, sei von der Polizei wegen des Verdachtes der Zusammenarbeit mit den Terroristen festgenommen und während der Anhaltung misshandelt worden.

Das Bundesasylamt wies mit Bescheid vom 14. Juli 2005 den Asylantrag gemäß § 7 Asylgesetz 1997 (AsylG) ab (Spruchpunkt I), erklärte die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Indien gemäß § 8 Abs. 1 AsylG für zulässig (Spruchpunkt II) und wies den Beschwerdeführerin gemäß § 8 Abs. 2 AsylG "aus dem österreichischen Bundesgebiet" aus (Spruchpunkt III). Es schenkte den Angaben des Beschwerdeführers keinen Glauben.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung an die belangte Behörde führte der Beschwerdeführer aus, dass er vor dem Bundesasylamt einen unrichtigen Namen und ein unrichtiges Geburtsdatum angegeben habe. Auch habe er seine Fluchtgründe unrichtig dargetan. Richtig sei vielmehr, dass er seit 2004 an einem College in Sri Nagar studiert habe. Dort habe er mit einem Studienkollegen in Untermiete gewohnt. Im Februar 2005 seien Terroristen in diese Wohnung gestürmt. Es sei dann in der Wohnung zu einem Schusswechsel mit der Polizei, vor der die Terroristen auf der Flucht gewesen seien, gekommen. Dabei sei der Mitbewohner des Beschwerdeführers erschossen worden. Die Polizei habe den Beschwerdeführer wegen des Verdachtes der Zusammenarbeit mit den Terroristen verhaftet. Nach einer 15-tägigen Anhaltung sei er gegen Bezahlung von Bestechungsgeld freigelassen worden. Der Beschwerdeführer habe sich dann bei seinen Eltern in Amritsar versteckt, sei jedoch auch dort von der Polizei verhaftet, fünf Tage inhaftiert und während dieser Anhaltung misshandelt worden. Seine Entlassung aus der Haft sei wiederum durch Bezahlung von Bestechungsgeld erwirkt worden.

Diese Berufung wies die belangte Behörde nach Einholung eines länderkundlichen Sachverständigengutachtens, dem auch Ermittlungen vor Ort zu Grunde lagen, und nach Durchführung mündlicher Berufungsverhandlungen am 24. Juli 2006 und am 16. Jänner 2007 mit dem angefochtenen Bescheid "gemäß §§ 7 und 8 Abs. 1 und 2 AsylG" ab.

Begründend führte sie aus, dass der aufgenommene Sachverständigenbeweis die Unglaubwürdigkeit der Fluchtgeschichte des Beschwerdeführers bestätigt habe. So würde die Adresse, an der die behauptete Schießerei stattgefunden haben soll, nicht existieren. Auch habe bewiesen werden können, dass der Beschwerdeführer am besagten College nie inskribiert gewesen sei. Zudem würde kein Haftbefehl gegen den Beschwerdeführer vorliegen. Hinzu komme der Umstand der geänderten Fluchtgeschichte. Selbst bei Zutreffen der Verfolgungsbehauptungen stünde dem Beschwerdeführer eine inländische Fluchtalternative offen. Da auch keine Rückkehrergefährdung bestehe, sei weder Asyl noch Refoulementschutz zu gewähren. Zur Ausweisung des Beschwerdeführers führte die belangte Behörde aus, dass ein Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers nicht zu erkennen sei.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Der Beschwerdeführer erachtet den angefochtenen Bescheid als mangelhaft begründet. Durch den Verweis auf die Erhebungen der Vertrauensperson der länderkundlichen Sachverständigen seien die Feststellungen im angefochtenen Bescheid lediglich auf ein "mittelbares" Beweisverfahren gestützt.

Die Gründe, aus denen die belangte Behörde den Behauptungen des Beschwerdeführers keinen Glauben geschenkt hat, sind jedoch ausreichend nachvollziehbar und halten der auf eine Schlüssigkeitsprüfung beschränkten Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof stand.

Insoweit sich die Beschwerde gegen die Bestätigung der ersten beiden Spruchpunkte des erstinstanzlichen Bescheides richtet, kann sie daher nicht erfolgreich sein.

Bei der unveränderten Bestätigung des erstinstanzlichen Ausspruches über die Ausweisung des Beschwerdeführers "aus dem österreichischen Bundesgebiet" (Spruchpunkt III des erstinstanzlichen Bescheides) hat die belangte Behörde jedoch verkannt, dass die Asylbehörden in einem Fall wie dem vorliegenden nicht berechtigt sind, die Ausweisung eines Asylwerbers ohne Einschränkung auf den Herkunftsstaat auszusprechen. Hiezu kann gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf das hg. Erkenntnis vom 13. Dezember 2005, Zl. 2005/01/0625, und die dort angeführte Vorjudikatur verwiesen werden.

Es war daher die unveränderte Bestätigung von Spruchpunkt III des erstinstanzlichen Bescheides gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben und die Beschwerde im Übrigen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 17. April 2007

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2007190096.X00

Im RIS seit

24.05.2007
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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