TE Vfgh Erkenntnis 2002/10/7 B983/01

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Veröffentlicht am 07.10.2002
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Index

62 Arbeitsmarktverwaltung
62/01 Arbeitsmarktverwaltung

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Anlaßfall

Spruch

Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung verfassungswidriger Gesetzesbestimmungen in seinen Rechten verletzt worden.

Der Bescheid wird aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) ist schuldig, dem Beschwerdeführer zu Handen seines Rechtsvertreters die mit € 2143,68 bestimmten Prozeßkosten binnen vierzehn Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

1. Der Beschwerdeführer wurde mit dem angefochtenen Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol als handelsrechtlicher Geschäftsführer wegen der Übertretung des §28 Abs1 Z1 lita iVm. §3 Abs1 iVm. §28 Abs6 Z1 und 2 AuslBG zu einer Geld- bzw. Ersatzfreiheitsstrafe verpflichtet.

2. Aus Anlaß einer anderen beim Verfassungsgerichtshof anhängigen Beschwerde hatte der Verfassungsgerichtshof amtswegig ein Verfahren zu Prüfung der Verfassungskonformität des §28 Abs6 Z1 AuslBG eingeleitet. Darüber hinaus hatte der UVS Wien mehrere Anträge auf Aufhebung des §28 Abs6 Z2 AuslBG gestellt.

3. Mit Erkenntnis vom 7. Oktober 2002, G364/01 u.a., hat der Verfassungsgerichtshof ausgesprochen, daß §28 Abs6 Z1 und 2 AuslBG als verfassungswidrig aufgehoben werden.

4. Gemäß Art140 Abs7 B-VG wirkt die Aufhebung eines Gesetzes auf den Anlaßfall zurück. Es ist daher hinsichtlich des Anlaßfalles so vorzugehen, als ob die als verfassungswidrig erkannte Norm bereits zum Zeitpunkt der Verwirklichung des dem Bescheid zugrundeliegenden Tatbestands nicht mehr der Rechtsordnung angehört hätte. Dem in Art140 Abs7 B-VG genannten Anlaßfall (im engeren Sinn), anläßlich dessen das Gesetzesprüfungsverfahren tatsächlich eingeleitet wurde, sind all jene Fälle gleichzuhalten, die zu Beginn der nichtöffentlichen Beratung beim Verfassungsgerichtshof bereits anhängig waren (vgl. VfSlg. 10.616/1985, 10.736/1985, 10.954/1986, 11.711/1988).

5. Die nichtöffentliche Beratung im Gesetzesprüfungsverfahren zu G364/01 ua. begann am 7. Oktober 2002 Die vorliegende Beschwerde ist am 3. Juli 2001 beim Verfassungsgerichtshof eingelangt, war also zu Beginn der nichtöffentlichen Beratung schon anhängig. Nach dem soeben Ausgeführten steht der Fall daher einem Anlaßfall gleich.

6. Die belangte Behörden hat verfassungswidrige Gesetzesbestimmungen angewendet. Es ist nach Lage des Falles offenkundig, daß deren Anwendung für die Rechtsstellung des Beschwerdeführers nachteilig war.

Der Beschwerdeführer wurde also durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung verfassungswidriger Gesetzesbestimmungen in seinen Rechten verletzt (zB VfSlg. 10.404/1985).

Der Bescheid war daher aufzuheben.

7. Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in Höhe von € 327,-- sowie die gesetzliche Eingabegebühr in der Höhe von € 181,68 enthalten. Ein darüber hinausgehender Barauslagenersatz war schon deshalb nicht zuzusprechen, weil die der Beschwerde angeschlossenen Beilagen nicht nach §14 TP5 Gebührengesetz 1957 zu vergebühren waren (s. 576 BlgNR XX. GP, zu ArtII Z2).

8. Dies konnte gemäß §19 Abs4 Z3 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung entschieden werden.

Schlagworte

VfGH / Anlaßfall

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2002:B983.2001

Dokumentnummer

JFT_09978993_01B00983_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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