TE Vwgh Erkenntnis 2007/4/23 2005/10/0106

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Veröffentlicht am 23.04.2007
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Index

L92057 Altenheime Pflegeheime Sozialhilfe Tirol;

Norm

SHG Tir 1973 §1 Abs1;
SHG Tir 1973 §1 Abs2;
SHG Tir 1973 §1 Abs3;
SHG Tir 1973 §7 Abs1;
SHG Tir 1973 §7 Abs6;
SHV Tir 1974 §4 Abs1 lita;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Köhler, Dr. Schick und Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hofer, über die Beschwerde des Ing. Mag. HH in I, vertreten durch Dr. Axel Fuith, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Maria-Theresien-Straße 38, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 14. Oktober 2004, Zl. Va-456-7437/61, betreffend Sozialhilfe, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 14. Oktober 2004 wurde dem Beschwerdeführer Sozialhilfe in Form einer Unterstützung zur Sicherung des Lebensunterhalts, einer Unterstützung für Miete, einer Unterstützung für Beheizung, einer Unterstützung für Bekleidung sowie einer Sonderzahlung, jeweils für bestimmte Zeiträume, gewährt. Die Anträge des Beschwerdeführers, die Kosten für Schulmaterial für den minderjährigen Jakob H. in Höhe von EUR 26,10 aus Sozialhilfemitteln zu übernehmen und die vom Beschwerdeführer für die minderjährige Lea A. und den minderjährigen Peter H. zu leistenden Unterhaltszahlungen bei der Beurteilung des Vorliegens einer Notlage im Sinne des Tiroler Sozialhilfegesetzes (TSHG) zu berücksichtigen, wurden abgewiesen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, eine Gegenüberstellung der Einnahmen (Einkommen, Mietzinsbeihilfe) und Ausgaben (Richtsatz, Miete, Heizkosten) des Beschwerdeführers führe zu einem offenen Differenzbetrag, der die Annahme einer Notlage des Beschwerdeführers und die spruchgemäße Gewährung von Sozialhilfe rechtfertige. Der beantragte Schulbedarf sei jedoch nicht zuzusprechen, weil der (beim Beschwerdeführer wohnhafte) minderjährige Jakob H. von seiner Mutter Unterhalt in der Höhe von monatlich EUR 170,-- erhalte. Ziehe man davon den Richtsatz gemäß § 4 Abs. 1 lit. a Tiroler Sozialhilfeverordnung (TSHV) für sonstige Familienangehörige in Höhe von EUR 134,70 ab, so stünden dem minderjährigen Jakob H. noch monatlich EUR 35,30 zur Verfügung, aus denen die für Schulmaterial benötigten EUR 26,10 finanziert werden könnten. Betreffend die beantragte Anerkennung der für die minderjährige Lea A. und den minderjährigen Peter H. vom Beschwerdeführer getätigten Unterhaltszahlungen werde auf die Ausführungen in den Bescheiden der Tiroler Landesregierung vom 13. Jänner 2004, Zl. Va-456-7437/33-2004, sowie vom 14. Jänner 2004, Zl. Va-456-7437/34-2004, verwiesen. Diese Bescheide seien gegenüber dem Beschwerdeführer erlassen worden und es habe sich an der in diesem Punkt maßgeblichen Sach- und Rechtslage seit der Erlassung dieser Bescheide nichts geändert.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid im Recht auf Gewährung von Sozialhilfe im gesetzlich normierten Ausmaß verletzt. Er bringt hiezu im Wesentlichen vor, er müsse seinem minderjährigen Sohn Jakob H. Naturalunterhalt gewähren, könne aber die Kosten für die Schulmaterialien nur aus der ihm für seinen Lebensunterhalt bestimmten Sozialhilfe decken. Er könne den minderjährigen Jakob H. nämlich nicht dazu verhalten, die für die Schulausbildung notwendigen Ausgaben aus dem von der Kindesmutter geleisteten Geldunterhalt zu finanzieren, zumal es sich bei dem, aus dem Unterhalt - in Gegenüberstellung mit dem Richtsatz - verbleibenden Überschuss um das Taschengeld handle, das dem minderjährigen Jakob H. verbleiben müsse. Die Nichtanrechnung der Unterhaltszahlungen des Beschwerdeführers für die minderjährige Lea A. und den minderjährigen Peter H. sei zunächst nicht ausreichend begründet worden. Es würden im angefochtenen Bescheid nämlich lediglich zwei Bescheide zitiert. Es seien aber die Gründe, die die belangte Behörde zu ihrer Entscheidung bewogen habe, nicht ersichtlich gemacht worden. Soweit jedoch trotz der mangelhaften Bescheidbegründung zu erkennen sei, dass die belangte Behörde die Unterhaltsleistungen des Beschwerdeführers nicht als notlagenbegründend ansehe, verkenne sie, dass die Festsetzung der Pflicht zur Unterhaltsleistung mit rechtskräftigen Beschlüssen der Bezirksgerichte Innsbruck und Schwaz erfolgt sei. Der Beschwerdeführer habe daher keine Möglichkeit, die ihm auferlegten Verpflichtungen zu vermindern. Er sei dringend auf die Unterstützung nach dem TSHG angewiesen, um "einen endgültigen Existenzkollaps" zu verhindern. Die belangte Behörde hätte daher die Unterhaltszahlungen als Ausgaben werten müssen, die das verfügbare Einkommen des Beschwerdeführers schmälerten. Eine Exekution der Zahlungsverpflichtungen würde ihn in eine Notlage führen. Im Übrigen werde durch die behördliche Vorgangsweise, die auch im Widerspruch zu verwaltungsgerichtlicher Judikatur stehe, das Ziel der Wiedererlangung seiner Selbsterhaltungsfähigkeit verhindert. Vielmehr führe diese Vorgangsweise den Beschwerdeführer in eine dauernde Notlage.

Gemäß § 1 Abs. 1 des im Beschwerdefall anzuwendenden Tiroler Sozialhilfegesetzes (TSHG) ist Sozialhilfe staatliche Hilfe zur Führung eines menschenwürdigen Lebens.

Sozialhilfe ist gemäß § 1 Abs. 2 TSHG nach den Bestimmungen dieses Gesetzes Personen zu gewähren, die sich in einer Notlage befinden.

In einer Notlage im Sinne des Gesetzes befindet sich gemäß Abs. 1 Abs. 3 TSHG,

a) wer den Lebensunterhalt für sich nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln beschaffen kann und ihn auch nicht von anderen Personen oder Einrichtungen erhält, bzw.

b) wer außergewöhnliche Schwierigkeiten in seinem persönlichen, familiären oder sozialen Verhältnissen (besonderen Lebenslagen) nicht selbst oder mit Hilfe anderer Personen oder Einrichtungen bewältigen kann.

Die Sozialhilfe kann gemäß § 7 Abs. 1 TSHG in Form von Geldleistungen, Sachleistungen oder persönliche Hilfe gewährt werden.

Die Landesregierung hat gemäß § 7 Abs. 6 TSHG durch Verordnung nähere Vorschriften über die Form und das Ausmaß der Sozialhilfe zu erlassen. Hiebei sind unter Berücksichtigung der Lebenshaltungskosten in Tirol für die Bemessung des Lebensunterhaltes Richtsätze festzusetzen.

Was zunächst die Frage der Berücksichtigung von Unterhaltszahlungen bei der Beurteilung des Vorliegens einer Notlange anlangt, hat der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen, dass es im Falle des Bestehens eines vollstreckbaren Titels zur Unterhaltsleistung - davon gehen beide Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens aus - abgesehen von der Möglichkeit und Zumutbarkeit, auf eine Herabsetzung oder Aufhebung der Unterhaltspflicht zu drängen, entscheidend ist, ob eine Vollstreckung des Titels den Verpflichteten in eine Notlage im Sinne des Sozialhilfegesetzes führen könnte (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 16. Oktober 2006, Zl. 2003/10/0256, und die dort zitierte Vorjudikatur). Der Beschwerdeführer hat allerdings weder im Verwaltungsverfahren noch selbst in der vorliegenden Beschwerde konkret behauptet, es sei auf Grund der gegen ihn bestehenden vollstreckbaren Titel betreffend seine Unterhaltsverpflichtungen eine Forderungsexekution in seine Einkünfte geführt worden, die dadurch im hier relevanten Zeitraum unvermeidlich und zwar in einem eine Notlage im Sinne des TSHG begründenden Ausmaß geschmälert worden seien. Mit seinem - oben wiedergegebenen - Vorbringen wird das Vorliegen eines Bedarfes, der im Sinne des TSHG gedeckt werden müsste, konkret nicht aufgezeigt. Im Gegensatz zur Auffassung des Beschwerdeführers ist es nämlich nicht Aufgabe der Sozialhilfe, die Verpflichtung des Sozialhilfeempfängers zu erfüllen, Unterhaltsleistungen zu erbringen (vgl. nochmals das zitierte Erkenntnis vom 16. Oktober 2006).

Der Umstand, dass im angefochtenen Bescheid zur Begründung des Spruches auf Begründungsdarlegungen anderer gegenüber dem Beschwerdeführer ergangener Bescheide verwiesen wurde, bedeutet keinen Verfahrensmangel (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 16. Oktober 2006, Zl. 2004/10/0148).

Was aber die beantragten Kosten für Schulmaterial anlangt, so bestreitet der Beschwerdeführer nicht, dass diese im Differenzbetrag zwischen der Unterhaltszahlung durch die Kindesmutter und dem monatlichen Richtsatz gedeckt sind. Schon aus diesem Grund zeigt er mit seinem Beschwerdevorbringen keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf (vgl. dazu die hg. Erkenntnisse vom 16. Oktober 2006, Zlen. 2004/10/0147, und 2004/10/0225).

Die sich somit als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 23. April 2007

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2005100106.X00

Im RIS seit

01.06.2007
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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