TE Vwgh Erkenntnis 2007/4/24 2007/17/0075

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 24.04.2007
beobachten
merken

Index

22/02 Zivilprozessordnung;

Norm

ZPO §64 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler, Dr. Zens und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schiffkorn, über die Beschwerde der C M in S, vertreten durch MMag. Johannes Pfeifer, Rechtsanwalt in 8940 Liezen, Rathausplatz 3, gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes Leoben vom 20. Juni 2003, Zl. Jv 184-33/03, betreffend Ersatz von Gebühren eines Gerichtskommissärs, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin ist Alleinerbin nach ihrem am 7. Oktober 1999 verstorbenen Ehemann.

In der Niederschrift vom 11. Februar 2000 gab die Beschwerdeführerin die unbedingte Erbserklärung ab. Es wurde ein eidesstättiges Vermögensbekenntnis erstattet, welches einen reinen Nachlass im Betrag von S 1,088.250,55 ergab.

Mit Eingabe vom 21. Februar 2000 legte der Notar als Gerichtskommissär den Verlassenschaftsakt dem Bezirksgericht G vor und verzeichnete Gerichtskommissärsgebühren in Höhe von S 32.652,-- . Mit Beschluss des Bezirksgerichtes G vom 24. Februar 2000 wurden die Gebühren des Gerichtskommissärs antragsgemäß bemessen und der Beschwerdeführerin zur Bezahlung aufgetragen.

Mit Einantwortungsurkunde vom 24. Februar 2000 wurde der Nachlass der Beschwerdeführerin eingeantwortet.

Mit Schriftsatz vom 8. Mai 2000 erhob die Beschwerdeführerin Rekurs u.a. hinsichtlich der Bemessung der Gebühren. Dieser wurde mit Beschluss des Landesgerichtes L vom 23. Mai 2000 als verspätet zurückgewiesen.

Mit Schreiben vom 29. Mai 2000 teilte der Notar mit, dass an ihn bisher nur S 1.100,-- bezahlt worden sei und noch eine offene Forderung von S 31.552,-- bestehe. Er ersuchte um die gerichtliche Einbringung der offenen Restgebühr.

Mit Antrag vom 9. Juni 2000 ersuchte die Beschwerdeführerin unter Vorlage eines Vermögensverzeichnisses um Bewilligung der Verfahrenshilfe im vollen Umfang.

Mit Beschluss des Bezirksgerichtes G vom 15. Juni 2000 wurde der Beschwerdeführerin Verfahrenshilfe im Umfang des § 64 Abs. 1 Z 1 lit. a bis f und Z 2 ZPO bewilligt.

Mit Schreiben vom 4. Juli 2000 stellte der Notar im Hinblick auf die der Beschwerdeführerin zwischenzeitig bewilligte Verfahrenshilfe den Antrag auf Auszahlung seiner noch offenen Gebühren aus Amtsgeldern und zog seinen Antrag vom 29. Mai 2000 auf gerichtliche Einbringung zurück.

Mit Beschluss des Bezirksgerichtes G vom 18. September 2000 wurde der Rechnungsführer angewiesen, die restlichen Gerichtskommissärsgebühren aus Amtsgeldern an den Notar zu überweisen. Die Auszahlung erfolgte am 5. Oktober 2000.

Infolge Schließung des Bezirksgerichtes G mit 30. Juni 2002 wurde der Akt vom Bezirksgericht S weitergeführt. Im Zuge einer außerordentlichen Geschäftsprüfung beim Bezirksgericht S beanstandete der zuständige Revisor die Kosten- und Gebührenberechnung und ordnete die Einhebung dieser vorschussweise aus Amtsgeldern ausbezahlten Gerichtskommissärsgebühren an. Er begründete dies damit, dass sich die Wirkungen der Verfahrenshilfe nicht auf die Gebühren des Gerichtskommissärs erstreckten. Der Kostenbeamte des Bezirksgerichtes S schrieb in der Folge der Beschwerdeführerin mit Zahlungsaufforderung vom 25. Oktober 2002 Gebühren in Höhe von EUR 2.292,97 zur Zahlung vor. Die Einzahlung dieses Betrages erfolgte am 12. November 2002.

Mit Antrag vom 9. Jänner 2003 ersuchte die Beschwerdeführerin um Rückzahlung der Gerichtskommissärsgebühren und führte im Wesentlichen aus, die Auferlegung der Nachzahlungspflicht durch eine einfache Zahlungsaufforderung entbehre einer gesetzlichen Grundlage und sei daher nichtig. Auch die Bewilligung der Verfahrenshilfe im Verlassenschaftsverfahren sei "gerechtfertigt, da es sich bei den Gerichtskommissärsgebühren um andere bundesgesetzlich geregelte staatliche Gebühren im Sinne des § 64 Abs. 1 Z 1 lit. a" handle. Ergänzend führte die Beschwerdeführerin aus, falls "sie zur Nachzahlung von vorläufig aus der Amtskasse geleisteten Beträgen verhalten werden" solle, sei sie gemäß § 71 ZPO mit gerichtlichem Beschluss dazu zu verpflichten, "wobei dies nur der Fall sei, soweit und sobald sie ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts dazu imstande" sei. Diese Voraussetzung liege nicht vor, die Beschwerdeführerin habe die Gebühren in Unkenntnis der Rechtslage überwiesen und zu diesem Zweck einen Privatkredit aufnehmen müssen.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 20. Juni 2003 wurde dem Rückzahlungsantrag der Beschwerdeführerin keine Folge gegeben. Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, bei den der Beschwerdeführerin vorgeschriebenen Gerichtskommissärsgebühren handle es sich zwar um bundesgesetzlich geregelte Gebühren, nicht jedoch um staatliche Gebühren. Gerichtskommissionsgebühren fallen daher nicht unter die Bestimmung des § 64 Abs. 1 Z 1 lit. a ZPO. Auch im Beschluss über die Bewilligung der Verfahrenshilfe vom 15. Juni 2000 sei eine Befreiung von den Gerichtskommissionsgebühren nicht ausdrücklich (zusätzlich) ausgesprochen worden, weshalb auch kein nachträglicher Beschluss des Gerichtes gemäß § 71 ZPO erforderlich sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende - vom Verfassungsgerichtshof nach Ablehnung ihrer Behandlung mit Beschluss vom 9. Juni 2004, B 1079/03-7, gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof abgetretene - Beschwerde.

In ihrer vor dem Verwaltungsgerichtshof ergänzten Beschwerde machte die Beschwerdeführerin Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 64 ZPO idF BGBl. I Nr. 140/1997 lautet:

"§ 64. (1) Die Verfahrenshilfe kann für einen bestimmten Rechtsstreit und ein spätestens innerhalb eines Jahres nach Abschluss des Rechtsstreits eingeleitetes Vollstreckungsverfahren die folgenden Begünstigungen umfassen:

1. die einstweilige Befreiung von der Entrichtung

a) der Gerichtsgebühren und anderen bundesgesetzlich geregelten staatlichen Gebühren;

b)

der Kosten von Amtshandlungen außerhalb des Gerichtes;

c)

der Gebühren der Zeugen, Sachverständigen, Dolmetscher, Übersetzer und Beisitzer;

d)

der Kosten der notwendigen Verlautbarungen;

e)

der Kosten eines Kurators, die die Partei nach § 10 zu bestreiten hätte;

              f)              der notwendigen Barauslagen, die von dem vom Gericht bestellten gesetzlichen Vertreter oder von dem der Partei beigegebenen Rechtsanwalt oder Vertreter gemacht worden sind; die unter den Buchstaben b bis e und die unter diesem Buchstaben genannten Kosten, Gebühren und Auslagen werden vorläufig aus Amtsgeldern berichtigt;

              2.              die Befreiung von der Sicherheitsleistung für die Prozesskosten;

              3.              ... die vorläufig unentgeltliche Beigebung eines Rechtsanwalts ...

(2) Bei Bewilligung der Verfahrenshilfe ist auszusprechen, welche der im Abs. 1 aufgezählten Begünstigungen und welche zur Gänze oder zum Teil gewährt werden. Die Begünstigung nach Abs. 1 Z 3 darf nur in vollem Ausmaß gewährt werden.

(3) Soweit die Verfahrenshilfe bewilligt wird, treten die Befreiungen und Rechte nach Abs. 1 mit dem Tag ein, an dem sie beantragt worden sind. Die Befreiungen nach Abs. 1 Z 1 Buchstaben b bis e können wirksam noch bis zur Entrichtung dieser Kosten und Gebühren beantragt werden."

Der Beschwerde kommt schon deshalb keine Berechtigung zu, weil gemäß § 64 Abs. 3 ZPO die - sich aus der Bewilligung von Verfahrenshilfe ergebenden - Befreiungen und Rechte (Abs. 1 leg. cit.) erst mit dem Tag eintreten, an dem die Verfahrenshilfe beantragt wurde. Im Beschwerdefall waren im Zeitpunkt des Ansuchens der Beschwerdeführerin um Gewährung von Verfahrenshilfe (9. Juni 2000) die Gebühren des Gerichtskommissärs bereits durch Beschluss des Bezirksgerichtes G vom 24. Februar 2000 bemessen und der Beschwerdeführerin zur Bezahlung an den Gerichtskommissär aufgetragen worden, sodass bereits aus diesem Grunde die Gebühren des Gerichtskommissärs von der mit Beschluss vom 15. Juni 2000 gewährten Verfahrenshilfe nicht umfasst sein konnten.

Es kann daher dahin gestellt bleiben, ob die Gebühren des Gerichtskommissärs unter die Bestimmung des § 64 Abs. 1 Z 1 ZPO fallen (vgl. den Beschluss des Landesgerichtes Eisenstadt vom 20. Jänner 2006, 13 R 305/05 h).

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 24. April 2007

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2007170075.X00

Im RIS seit

29.05.2007
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten