TE Vwgh Erkenntnis 2007/4/25 2005/08/0013

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Veröffentlicht am 25.04.2007
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Index

66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze;

Norm

GSVG 1978 §2 Abs1 Z1;
GSVG 1978 §25 Abs4 Z2 litb;
GSVG 1978 §4 Abs1 Z7;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer, Dr. Köller, Dr. Moritz und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde der M in W, vertreten durch Dr. Edeltraud Fichtenbauer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Kärntner Ring 10, gegen den Bescheid des Bundesministers für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz vom 15. Dezember 2004, Zl. BMSG-227383/0001- II/A/3/2004, betreffend Versicherungspflicht in der Pensions- und Krankenversicherung nach dem GSVG (mitbeteiligte Partei:

Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, 1051 Wien, Wiedner Hauptstraße 84-86), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund (Bundesminister für Soziales und Konsumentenschutz) Aufwendungen in der Höhe von EUR 51,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 19. April 2004 stellte die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt - soweit hier noch wesentlich - fest, dass die Beschwerdeführerin seit 18. Jänner 1999 der Pflichtversicherung in der Pensions- und Krankenversicherung nach § 2 Abs. 1 Z. 1 GSVG unterliege, und sprach aus, dass der Antrag der Beschwerdeführerin auf Feststellung der Ausnahme von der Pflichtversicherung nach § 4 Abs. 1 Z. 7 GSVG ab 1. Jänner 2001 abgewiesen werde.

Dem dagegen erhobenen Einspruch gab der Landeshauptmann von Wien mit Bescheid vom 2. Juli 2004 keine Folge.

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführerin abgewiesen.

Begründend gab die belangte Behörde das Verwaltungsgeschehen wieder, stellt die Rechtslage dar und ging von folgendem Sachverhalt aus:

"(Die Beschwerdeführerin) verfügt seit 18.1.1999 über eine Gewerbeberechtigung als Warenpräsentator.

Am 18.1.1999 hat die (Beschwerdeführerin) einen Antrag auf Ausnahme von der Pensions- und Krankenversicherung gemäß § 4 Abs. 1 Z 7 GSVG gestellt, da sie nur geringfügig gewerblich erwerbstätig sein wird.

(In dem im vorgelegten Verwaltungsakt einliegenden Antrag heißt es wörtlich: Ich habe am 5.1.1999 den Gewerbeschein für 'Warenpräsentator' beantragt. Ich werde nur 'geringfügig gewerblich erwerbstätig' sein. Mein Jahresumsatz wird unter ÖS 300.000,-- liegen. Meine Jahreseinkünfte aus dieser Tätigkeit werden unter ÖS 45.960,-- liegen. In den letzten 60 Kalendermonaten war ich nicht mehr als 12 Monate gewerblich tätig. Ich beantrage daher - gemäß § 4 (1) 7 GSVG - die Befreiung von der Pensions- und Krankenversicherung.)

Laut Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1999 vom 1.9.2000 sowie für das Jahr 2000 vom 15.5.2002 scheinen Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit in der Höhe von EUR 4.214,08 bzw. EUR 5.778,58 auf, wobei diese Einkünfte die Grenze des § 25 Abs. 4 Z. 2 lit. b GSVG (1999: EUR 3.400,22 und 2000: EUR 3.468,24) eindeutig überschreiten.

Mit Schreiben vom 31.5.2001 wurde (die Beschwerdeführerin) davon informiert, dass im Kalenderjahr 1999, also vom 1.1.1999 bis 31.12.1999 Pflichtversicherung nach § 2 Abs. 1 Z. 1 GSVG besteht, sowie davon, dass im Kalenderjahr 2000 die nach § 4 Abs. 1 Z. 7 GSVG festgestellte Ausnahme von der Pflichtversicherung weiterbesteht.

Mit Schreiben vom 14.11.2003 wurde sie darüber informiert, dass für das Kalenderjahr 2000 die Ausnahme von der Pflichtversicherung rückwirkend wegfällt, sowie darüber, dass ab 1.1.2001 die Ausnahme von der Pflichtversicherung nach § 4 Abs. 1 Z 7 GSVG nicht mehr geltend gemacht werden kann.

Laut Telefonat mit der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft am 23. November 2004 ist der Gewerbeschein bzw. das Gewerbe (der Beschwerdeführerin) bis zum heutigen Zeitpunkt aufrecht (das Gewerbe wurde nicht ruhend gemeldet)."

Der festgestellte Sachverhalt - so die belangte Behörde weiter - ergebe sich aus den Verwaltungs- und Versicherungsakten und sei im Übrigen nicht strittig.

In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde aus, wegen der Höhe des Einkommens der Beschwerdeführerin in den Jahren 1999 und 2000 habe die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt zu Recht im Nachhinein festgestellt, dass die von der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 18. Jänner 1999 beantragte Ausnahme von der Pflichtversicherung rückwirkend wegfalle. Die Beschwerdeführerin sei somit in diesen Jahren rückwirkend in die Pflichtversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z. 1 GSVG einbezogen worden. Es stelle sich die Frage, ob die Beschwerdeführerin nunmehr für das Jahr 2001, wo dies die Höhe des Einkommens zuließe, von der Pflichtversicherung ausgenommen werden könne. Diese Frage sei zu verneinen, weil ein Antrag auf Ausnahme von der Pflichtversicherung nur dann erfolgreich sein könne, wenn der Betroffene innerhalb der letzten 60 Kalendermonate nicht mehr als 12 Kalendermonate nach dem GSVG pflichtversichert gewesen sei. Das heißt, es solle auch umgekehrt nicht möglich sein, dass man neuerlich aus der Pflichtversicherung ausgenommen werden könne, obwohl in den letzten zwei Jahren Einkommen über der Versicherungsgrenze erzielt worden sei und somit eine mehr als 12- monatige Pflichtversicherung vorgelegen sei. Da das Gewerbe der Beschwerdeführerin weiterhin aufrecht sei, sei auch die Pflichtversicherung bis dato festzustellen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und die Abweisung der Beschwerde beantragt. Die mitbeteiligte Partei hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 2 Abs. 1 Z. 1 GSVG sind auf Grund dieses Bundesgesetzes, soweit es sich um natürliche Personen handelt, in der Krankenversicherung und in der Pensionsversicherung nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen die Mitglieder der Kammern der gewerblichen Wirtschaft pflichtversichert.

Durch die 23. Novelle zum GSVG (BGBl. I Nr. 139/1998) wurde erstmalig in der gewerblichen Sozialversicherung die Möglichkeit der Ausnahme von der Pflichtversicherung in der Kranken- und Pensionsversicherung bei "geringfügiger" gewerblicher Erwerbstätigkeit geschaffen. Im Zeitpunkt der Antragstellung durch die Beschwerdeführerin am 18. Jänner 1999 hatte § 4 Abs. 1 Z. 7 GSVG folgenden Wortlaut:

"§ 4. (1) Von der Pflichtversicherung in der Kranken- und Pensionsversicherung sind ausgenommen:

.....

7. auf Antrag Personen gemäß § 2 Abs. 1 Z 1, die glaubhaft machen, daß ihre Umsätze die Umsatzgrenze des § 6 Abs. 1 Z 27 des Umsatzsteuergesetzes 1994, BGBl. Nr. 663, und ihre Einkünfte aus dieser Tätigkeit jährlich das 12fache des Betrages nach § 25 Abs. 4 Z 2 lit. b nicht übersteigen. Treffen diese Voraussetzungen nach Ablauf des Kalenderjahres, für das sie glaubhaft gemacht wurden, tatsächlich nicht zu, ist der Wegfall der Ausnahme von der Pflichtversicherung im nachhinein festzustellen. Ein Antrag kann nur von Personen gestellt werden, die innerhalb der letzten 60 Kalendermonate nicht mehr als 12 Kalendermonate nach diesem Bundesgesetz pflichtversichert waren."

In der Regierungsvorlage (GP XX RV 1235) wurde die am 1. Jänner 1999 in Kraft getretene Bestimmung wie folgt erläutert:

"Die Arbeitswelt hat sich nicht nur im Bereich der unselbständig Erwerbstätigen, sondern auch bei den Selbständigen verändert. Eine sehr große Anzahl von Personen übt derzeit in geringem Umfang nebenbei selbständige Tätigkeiten aus, die der Gewerbeordnung unterliegen. Auf Grund des eher geringen Tätigkeitsumfanges stellen die dabei erzielten Einkünfte lediglich einen kleinen Zusatzverdienst dar und es wird keinesfalls der Lebensunterhalt ausschließlich aus dieser Tätigkeit bestritten. Es geht dabei vor allem um Tätigkeiten, die nebenbei von Studenten, Hausfrauen, Pensionisten und anderen Personen ausgeübt werden, die ansonsten nicht der Vollversicherung unterliegen.

In Anlehnung an das Modell der geringfügig Beschäftigten im ASVG soll daher unter den in § 4 Abs. 1 Z 7 genannten Voraussetzungen geringfügig tätigen Gewerbetreibenden durch einen Antrag die Ausnahme in der Pensions- und Krankenversicherung ermöglicht werden. Die Pflichtversicherung in der

Unfallversicherung ... bleibt davon unberührt. Die Formulierung

der Ausnahmebestimmung wurde so vorgenommen, dass keinesfalls bereits versicherten Gewerbetreibenden, die von ihrer Tätigkeit leben, der sozialversicherungsrechtliche Schutz entzogen werden kann. Vielmehr geht es darum, bisher außerhalb der Sozialversicherungspflicht stehenden Personen eine Legalisierung ihrer Tätigkeit zu ermöglichen. Die für selbständige Erwerbstätigkeit typischen Einkommensschwankungen sollen dergestalt berücksichtigt werden, als ein Antrag nur dann möglich sein soll, wenn über einen längeren Zeitraum keine Pflichtversicherung nach dem GSVG bestanden hat.

Diese Regelung ... soll im Wesentlichen für Personen gelten,

die eine Gewerbeberechtigung neu anmelden bzw. bei einer längeren Zeit ruhend gemeldeten Gewerbeberechtigung einen Wiederbetrieb anmelden. Jedenfalls soll verhindert werden, dass bisher laufend in der Kranken- und Pensionsversicherung nach dem GSVG pflichtversicherte Personen derartige Anträge stellen. Aus diesem Grund soll ein entsprechender Antrag nur von Personen gestellt werden können, die innerhalb der letzten fünf Jahre nicht mehr als zwölf Kalendermonate pflichtversichert waren.

Diese Maßnahme soll einen positiven Anreiz zur Vermeidung illegaler Tätigkeit bieten und den Weg in die Selbstständigkeit erleichtern. Im Falle einer Überschreitung der Grenzbeträge für die Ausnahmeregelung kommt es zur Vollversicherung nach dem GSVG. Als Nachweis für die betraglichen Grenzen könnte eine Steuererklärung als maßgeblicher Nachweis herangezogen werden."

Die Beschwerdeführerin hat ihren Antrag auf Ausnahme von der Pflichtversicherung in einem Zeitpunkt gestellt, in dem sie nicht innerhalb der letzten 60 Kalendermonate mehr als 12 Kalendermonate nach dem GSVG pflichtversichert war. In der Folge hat sich jedoch herausgestellt, dass ihre Einkünfte, deren "Geringfügigkeit" sie glaubhaft gemacht hat, in den Jahren 1999 und 2000 die Grenze des § 25 Abs. 4 Z. 2 lit. b GSVG überschritten haben.

In der Beschwerde vertritt die Beschwerdeführerin die Auffassung, ein Antrag auf Befreiung nach § 4 Abs. 1 Z. 7 GSVG gelte einerseits nicht nur für das nächste Kalenderjahr, sondern auch für die diesem nachfolgenden Kalenderjahre, und andererseits die Rechtsmeinung, für die Prüfung der Voraussetzungen nach dem letzten Satz der bezogenen Gesetzesstelle (nicht mehr als 12 Monate der Pflichtversicherung innerhalb der letzten 60 Kalendermonate) seien immer nur die letzten 60 Kalendermonate vor der Antragstellung heranzuziehen. Die Beschwerdeführerin meint also, dass die einmal eingetretene Voraussetzung für die Befreiung auch dann für alle der Antragstellung nachfolgenden Kalenderjahre fortwirkt, wenn sich in mehreren Kalenderjahren hintereinander im Nachhinein herausstellt, dass die Pflichtversicherung gegeben war und daher durchzuführen ist.

Zunächst ist festzuhalten, dass der Gesetzgeber mit der Formulierung des letzten Satzes von § 4 Abs. 1 Z. 7 GSVG "Ein Antrag kann nur von Personen gestellt werden" nicht etwa die Antragstellung schlichtweg untersagen, sondern - wie die belangte Behörde zutreffend ausführte - neben der Glaubhaftmachung der Unterschreitung gesetzlicher Umsatz- und Einkunftsgrenzen festlegen wollte, dass ein solcher Antrag nur dann erfolgreich gestellt werden kann, wenn die antragstellende Person - als weitere materielle Voraussetzung für eine Ausnahme von der Pflichtversicherung - innerhalb der letzten 60 Kalendermonate nicht mehr als 12 Kalendermonate nach dem GSVG pflichtversichert gewesen ist. Personen, die im Zeitpunkt der Antragstellung diese Voraussetzung nicht erfüllen, sind ohne Prüfung der weiteren Voraussetzungen schon deshalb von einer Ausnahme von der Pflichtversicherung ausgeschlossen.

Davon ausgehend wird in § 4 Abs. 1 Z. 7 GSVG die Ausnahme von der Pflichtversicherung in der Kranken- und Pensionsversicherung von der Unterschreitung der während eines Jahres erzielten Umsätze und Einkünfte ("jährlich das 12fache des Betrages nach § 25 Abs. 4 Z. 2 lit. b nicht übersteigen") abhängig gemacht. Der nächste Satz, der die Folgen des späteren Wegfalls dieser Voraussetzungen regelt (nachträgliche Feststellung der Pflichtversicherung), stellt klar, dass es sich dabei um Umsätze und Einkünfte in einem Kalenderjahr handeln muss, für die im Befreiungsantrag die Unterschreitung glaubhaft zu machen war ("Treffen diese Voraussetzungen nach Ablauf des Kalenderjahres, für das sie glaubhaft gemacht wurden, tatsächlich nicht zu"). Der Ausnahmeantrag bezieht sich somit auf ein Kalenderjahr, weshalb für jedes einzelne - künftige - Kalenderjahr das Vorliegen der Voraussetzungen erneut glaubhaft zu machen ist. Anders als die Beschwerdeführerin meint, wirkt nach dem Gesagten ein einmal gestellter Antrag nicht ohne zeitliche Begrenzung fort, sondern ist für jedes Kalenderjahr neu zu stellen und das Vorliegen der Voraussetzungen, darunter auch eine nicht mehr als 12-monatige Pflichtversicherung innerhalb der letzten 60 Kalendermonate, bei jedem Antrag neu zu prüfen.

Zwar traf es zu, dass die Beschwerdeführerin zum Zeitpunkt der Antragstellung alle Voraussetzungen für eine Ausnahme von der Pflichtversicherung erfüllt hatte, vor dem dargestellten rechtlichen Hintergrund ist die belangte Behörde im Ergebnis allerdings zutreffend davon ausgegangen, dass im vorliegenden Fall eine Ausnahme von der Pflichtversicherung für das Jahr 2001 nicht in Frage kam; einen Antrag für dieses Jahr hat die Beschwerdeführerin gar nicht gestellt.

Die Behauptung der Beschwerdeführerin, der angefochtene Bescheid trage keine Unterschrift, entspricht nicht der Aktenlage.

Gegen das Vorliegen der Versicherungspflicht bei Zutreffen der Rechtsansicht der belangten Behörde hat die Beschwerdeführerin nichts vorgebracht. Im Ergebnis hat die belangte Behörde die Versicherungspflicht der Beschwerdeführerin ab dem Jahr 2001 zutreffend bejaht, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 25. April 2007

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2005080013.X00

Im RIS seit

24.05.2007

Zuletzt aktualisiert am

31.03.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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