TE Vwgh Erkenntnis 2007/4/25 2005/08/0212

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Veröffentlicht am 25.04.2007
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Index

66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz;

Norm

ASVG §4 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer, Dr. Köller, Dr. Moritz und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde des M in W, vertreten durch Mag. Stefan Benesch, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Schwindgasse 6, gegen den Bescheid der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz vom 2. September 2005, Zl. BMSG-123208/0001-II/A/3/2005, betreffend Pflichtversicherung nach dem ASVG und dem AlVG (mitbeteiligte Parteien: 1. C Restaurant BetriebsgmbH, Abgabestelle unbekannt;

2. Wiener Gebietskrankenkasse, vertreten durch Dr. Heinz Edelmann, Rechtsanwalt in 1060 Wien, Windmühlgasse 30;

3. Pensionsversicherungsanstalt, 1021 Wien, Friedrich-Hillegeist-Straße 1; 4. Allgemeine Unfallversicherungsanstalt, 1201 Wien, Adalbert-Stifter-Straße 65), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für Soziales und Konsumentenschutz) Aufwendungen in der Höhe von EUR 51,50 und der mitbeteiligte Gebietskrankenkasse Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Zur Vorgeschichte wird auf das hg. Erkenntnis vom 4. August 2004, Zl. 2001/08/0136, verwiesen. Mit diesem Erkenntnis hob der Verwaltungsgerichtshof den Bescheid der belangten Behörde vom 19. April 2001 wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften auf, weil die belangte Behörde das Ende der Pflichtversicherung des Beschwerdeführers mit 15. Juni 1997 auf Grund einer Kündigung angenommen hat, ohne dass festgestanden ist, dass die Kündigung als empfangsbedürftige Willenserklärung dem Beschwerdeführer zugegangen war.

Die erstmitbeteiligte Partei hat eine Pizzeria betrieben. Umstritten ist, ob der Beschwerdeführer auf Grund seiner Tätigkeit im Zusammenhang mit dieser Pizzeria der Pflichtversicherung als Dienstnehmer nach dem ASVG und dem AlVG unterlegen ist. Der Verwaltungsgerichtshof hat im zitierten Erkenntnis vom 4. August 2004 in diesem Zusammenhang noch Folgendes ausgeführt:

"Die belangte Behörde wird im fortgesetzten Verfahren auch zu beachten haben, dass schon der vom Beschwerdeführer, aber auch seiner Ehefrau behauptete Ablauf der Ereignisse (Beginn der Tätigkeit des Beschwerdeführers am 1. Mai 1997, Bestellung seiner Ehefrau zur Geschäftsführerin am 23. Mai 1997, wobei sie schon etwa eine Woche später das Bundesgebiet verlassen haben will) ungewöhnlich und im Hinblick darauf in einer Weise aufklärungsbedürftig ist, die es ausschließt, ihn ohne nähere Begründung seiner Plausibilität der Entscheidung zu Grunde zu legen. Insbesondere wäre festzustellen, welche Aufgaben der Beschwerdeführer als Betriebsleiter der Gesellschaft haben sollte, obwohl sich diese aus dem Restaurantbetrieb zurückziehen wollte, stand doch eine Verpachtung des Unternehmens unmittelbar bevor. Der Beschwerdeführer wird auch aufzuklären haben, ob und wodurch eine Änderung des behaupteten Dienstvertrages von der Tätigkeit eines Betriebsleiters auf die von ihm behauptete bloße Kontrollaufgabe hinsichtlich der nachfolgenden Unternehmenspächter zustande gekommen ist, auf welche Weise diese Kontrollaufgabe wahrgenommen wurde, insbesondere aber auch, in welchem zeitlichen Ausmaß sich der Beschwerdeführer gegebenenfalls zu diesem Zweck im Lokal aufgehalten und womit er sich dort während dieser Zeit beschäftigt hat. Erst auf Grund eingehender Feststellungen der tatsächlichen Vorgänge wird die belangte Behörde anhand der vom Verwaltungsgerichtshof in seiner Rechtsprechung dazu entwickelten Kriterien nachvollziehbar darzustellen haben, ob der Beschwerdeführer überhaupt in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG gestanden ist, bejahendenfalls in welchem Zeitraum und zu welchem Dienstgeber.

Das vom Beschwerdeführer genannte Motiv, er habe durch seine 'Kontrolltätigkeit' verhindern wollen, dass die Gesellschaft 'zu Grunde' gehe, mag ihn zu Handlungen als Geschäftsführer ohne Auftrag (vgl. § 1035 ff ABGB) berechtigt haben, begründet für sich allein aber noch kein Dienstverhältnis im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG: Wenn nämlich eine Vereinbarung über die Durchführung der Kontrolltätigkeit vor deren Beginn überhaupt nicht getroffen worden sein sollte und der Beschwerdeführer auftragslos gehandelt hätte (wozu die belangte Behörde freilich keine Feststellungen getroffen hat), dann ist es im Allgemeinen ausgeschlossen, dass diese Beschäftigung gleichzeitig in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit von der Gesellschaft verrichtet wurde, deren Geschäftsführerin diese Tätigkeit weder veranlasst noch von ihr (zunächst) überhaupt Kenntnis gehabt haben will (vgl. das Erkenntnis vom 25. September 1990, Slg. Nr. 13267/A, unter 3.2.2.)."

Im fortgesetzten Verfahren ersuchte die belangte Behörde den Steuerberater S. um Auskunft, von wem er den Auftrag gehabt habe, den Beschwerdeführer bei der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse anzumelden bzw. die Gehaltsverrechnung durchzuführen. In einem Schreiben vom 20. April 2005 legte der Steuerberater S. dar, er sei bevollmächtigter Vertreter der erstmitbeteiligten Partei gewesen. Die Bevollmächtigung habe sich auf alle steuerlichen, wirtschaftlichen, buchhalterischen und gehalts- bzw. lohnverrechnungstechnischen Belange bezogen. Die Vollmacht sei ihm von der Geschäftsführerin, Frau Maria K, erteilt worden. Den Auftrag, den Beschwerdeführer bei der Sozialversicherung anzumelden und die Gehaltsverrechnung durchzuführen, habe er von der Geschäftsführerin erhalten. Die Geschäftsführerin habe mit 31. Mai 1997 Österreich verlassen und ihren damaligen Gatten, den Beschwerdeführer, mit der Fortführung der täglichen Geschäfte bis zur Weiterverpachtung bzw. zum Verkauf des Restaurantbetriebs bzw. der Betriebsgegenstände beauftragt. In der Folge habe S. nur mehr mit dem Beschwerdeführer Kontakt gehabt, der ihm gegenüber zumindest durch den mündlichen Auftrag der Geschäftsführerin legitimiert gewesen sei. Den Aufzeichnungen von S. zu Folge sei der Beschwerdeführer von Mai 1997 bis März 1998 sozialversicherungsrechtlich angemeldet gewesen. S. habe für diesen Zeitraum die notwendigen Abrechnungen, An- und Abmeldungen erstellt bzw. verfasst.

Unter Berufung auf die obigen Ausführungen im hg. Erkenntnis vom 4. August 2004 stellte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer schriftlich etliche Fragen, die vom Beschwerdeführer mit Schreiben vom 9. Dezember 2004 wie folgt beantwortet wurden:

Der Aufenthaltsort und die Adresse von Maria K seien ihm nicht bekannt. Der Kontakt sei mit 31. Mai 1997 seitens Maria K abgebrochen worden. Der Beschwerdeführer habe seither weder zu ihr noch zu dem gemeinsamen Kind Kontakt noch wisse er den Aufenthaltsort. Die Gründe des Verlassens des Bundesgebietes durch Maria K seien dem Beschwerdeführer unbekannt. Im Jahr 1997 habe noch das Gastronomielokal "..." bestanden. Es sei davon auszugehen gewesen, da Maria K ihren Lebensmittelpunkt zumindest seit 1982 in Österreich gehabt habe, dass sie wieder kommen würde. Seit 1982 hätten der Beschwerdeführer und Maria K ständig in Österreich gemeinsam gelebt. Das gemeinsame Kind habe in Österreich eine Schule besucht. Es sei zu diesem Zeitpunkt daher davon auszugehen gewesen, dass Maria K wieder zurückkehren würde, da kein Grund bestanden habe, alle Brücken nach Österreich abzubrechen. Zudem hätten erhebliche Verbindlichkeiten bei einer Bank bestanden. Der Beschwerdeführer habe nicht annehmen können, dass Frau K ihn mit dem Geschäft und den Schulden zurücklassen würde. Der Pachtschilling sei teilweise an den Vermieter des Bestandobjektes zur Bezahlung des Mietzinses überwiesen worden, zum Teil habe er zur Abdeckung von Verbindlichkeiten gedient. Etwa im Februar 1998 sei Maria K kurzfristig nach Österreich zurückgekehrt und habe das Pachtzinsinkasso selbst übernommen, ohne jedoch mit dem Beschwerdeführer direkt in Verbindung zu treten. Diese Information habe der Beschwerdeführer vom Pächter erhalten. Als Betriebsleiter habe der Beschwerdeführer folgende Tätigkeit zu verrichten gehabt:

Überwachung der Bezahlung des Pachtzinses und Kontrolle der Verwendung des Pachtzinses, Hilfestellung für den Pächter bei der Betriebsführung, weil der Beschwerdeführer den Betrieb und die Gäste seit Jahren gekannt habe, um sicherzustellen, dass der Pächter in der Lage sei, den Bestandzins zu bezahlen. Der Beschwerdeführer sei jeden Tag "dort" gewesen. Es sei nicht einfach gewesen, das Geld von den Pächtern zu bekommen. Der Beschwerdeführer habe das Lokal gekannt, weswegen sich der Pächter damit einverstanden erklärt habe. Der Beschwerdeführer habe auch eine Reihe von Stammkunden gekannt. Maria K habe davon infolge Ortsabwesenheit konkret nichts gewusst. Es sei aber auch ihr Plan gewesen, das Gastronomielokal mittelfristig zu verpachten, um aus den Pachtzinsen die Schulden abzudecken. Der Dienstvertrag sei demgemäß nicht abgeändert worden. Der Beschwerdeführer habe davon, dass er abgemeldet worden sei, glaublich dadurch erfahren, dass Maria K im Mai 1998 per Post eine per 31. März 1998 vorgenommene Abmeldung bei der Wiener Gebietskrankenkasse mit Originaleingangsstempel dem Beschwerdeführer übermittelt habe.

Mit dem in Beschwerde gezogenen Ersatzbescheid wurde der Berufung der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 30. August 1999 Folge gegeben und festgestellt, dass der Beschwerdeführer in der Zeit vom 1. Mai 1997 bis 31. März 1998 nicht der Versicherungspflicht in der Voll- und Arbeitslosenversicherung nach § 4 Abs. 1 Z. 1 ASVG iVm § 4 Abs. 2 ASVG und § 1 Abs. 1 lit. a AlVG unterlegen ist. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, die erstmitbeteiligte Partei sei am 15. Jänner 1997 ins Firmenbuch eingetragen worden. Einzige Gesellschafterin dieser Gesellschaft sei P. gewesen. Bis 22. Mai 1997 sei der Bruder des Beschwerdeführers A.K. Geschäftsführer gewesen. Erst am 23. Mai 1997 sei Maria K mit Generalversammlungsbeschluss Geschäftsführerin der Gesellschaft anstelle von A.K. geworden (Antrag auf Änderung im Firmenbuch eingelangt am 27. Mai 1997). Der Beschwerdeführer sei von seinem Steuerberater S. am 1. Mai 1997 zur Pflichtversicherung in der Sozialversicherung als Betriebsleiter bei der erstmitbeteiligten Partei angemeldet worden. S. habe gemeint, mündlich von Maria K dazu beauftragt worden zu sein. Für die belangte Behörde stehe aber nicht fest, wer den Auftrag zur Anmeldung erteilt habe. Ein Dienstvertrag oder andere schriftliche Aufzeichnungen existierten nicht. Der Beschwerdeführer habe das Lokal bis zum 8. August 1997 mit etwa fünf Dienstnehmern weitergeführt, ab dem 9. August 1997 und dem 1. Jänner 1998 habe er das Lokal im Namen der erstmitbeteiligten Partei an zwei verschiedene Pächter verpachtet. Es habe nicht nachgewiesen werden können, dass der Beschwerdeführer tatsächlich im Lokal, abgesehen von seiner auftragslosen Tätigkeit als Geschäftsführer, gearbeitet habe. Am 31. Mai 1997 habe Maria K aus familiären Gründen die Republik Österreich verlassen. Der Beschwerdeführer habe das Lokal kurzzeitig ohne Auftrag weitergeführt und es anschließend verpachtet. Sein "Entgelt" habe er vor allem aus dem Pachtzins entrichtet. Daraus habe er auch fällige Abgaben entrichtet. Am 5. September 1997 habe Maria K ein Schreiben an die Wiener Gebietskrankenkasse verfasst, in dem sie darauf aufmerksam gemacht habe, dass alle ab ihrer Abreise am 31. Mai 1997 in ihrem Namen gezeichneten Unterschriften nicht von ihr, sondern vom Beschwerdeführer stammten. Dieser sei jedoch nicht berechtigt, für die erstmitbeteiligte Partei Entscheidungen zu treffen oder Unterschriften zu leisten. Weiters habe Maria K eine Abmeldung des Beschwerdeführers von der Pflichtversicherung in der Sozialversicherung vom 27. November 1997 mit Datum des Endes des Entgeltsanspruches mit 31. Mai 1997 verfasst. Bei ihrer Einvernahme vor der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse am 8. Mai 1998 habe sie u.a. angegeben, dass der Beschwerdeführer ohne ihre Zustimmung für die erstmitbeteiligte Partei tätig gewesen sei. Der Beschwerdeführer habe sein "Entgelt" bis 31. März 1998 bezogen, da Maria K ab Februar 1998 das Pachtinkasso selbst übernommen habe. Eine Einvernahme des A.K. zur Einstellung des Beschwerdeführers als Betriebsleiter der erstmitbeteiligten Partei sei nicht möglich gewesen, da dieser nach Ägypten verzogen sei. Die belangte Behörde habe daher die Frage, ob überhaupt ein Dienstvertrag zu Stande gekommen sei, auf Grund der übrigen vorhandenen Beweisergebnisse zu beantworten gehabt. Dass A.K., der am 1. Mai 1997 als Geschäftsführer dazu jedenfalls berechtigt gewesen wäre, den Dienstvertrag abgeschlossen habe, sei unwahrscheinlich, da er offensichtlich die Geschäfte ohnehin selbst wahrgenommen habe und drei Wochen vor Ende seiner Geschäftsführertätigkeit solche Dispositionen eher nicht getroffen hätte. Auch S. habe keinen Hinweis auf eine Bevollmächtigung durch A.K. gegeben sondern ausgeführt, von Maria K bevollmächtigt und mündlich mit der Anmeldung des Beschwerdeführers beauftragt gewesen zu sein. Da Maria K zum Zeitpunkt der Anmeldung des Beschwerdeführers bei der Wiener Gebietskrankenkasse laut Firmenbuch jedenfalls aber noch nicht Geschäftsführerin gewesen sei, habe sie zu diesem Zeitpunkt auch niemanden für die erstmitbeteiligte Partei einstellen können. Aus ihrer ablehnenden Reaktion in ihrem Schreiben an die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse vom 5. September 1997 könne ebenfalls geschlossen werden, dass eine Beauftragung und Einstellung des Beschwerdeführers nie beabsichtigt gewesen sei. Aus der Tatsache, dass der Beschwerdeführer in der Abwesenheit von Maria K das Lokal geführt und anschließend verpachtet habe, könne nicht automatisch geschlossen werden, dass er dazu auch beauftragt und berechtigt gewesen sei. Vielmehr erscheint es so, dass der Beschwerdeführer selbst seine Anmeldung bei der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse initiert hat und eigenmächtig als Geschäftsführer ohne Auftrag gehandelt habe. Dass er auch während der Zeit der Abwesenheit von Maria K bis zur Verpachtung des Lokals (31. Mai 1997 bis August 1997) nicht wesentlich im Lokal tätig gewesen sei, sei einerseits daraus zu erschließen, dass er das Lokal in kürzester Zeit verpachtet habe, und zum anderen daraus, dass Prüfer der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse bei einer Einsichtnahme im Zuge einer Beitragsprüfung am 6. November 1997 ein Protokoll erstellt hätten, in dem festgehalten worden sei, dass der Betriebsort seit Ende Juli aufgelassen und stillgelegt gewesen sei. Es sei auch kein weiterer Betriebsort vorhanden. Da der Beschwerdeführer das Lokal nach einer kurzen Zeitspanne von zwei Monaten bereits verpachtet habe, sei zu schließen, dass der Betrieb des Lokals unter der Führung des Beschwerdeführers selbst nur in einem vernachlässigbaren Ausmaß stattgefunden habe. Man könnte zwar von einem Dienstverhältnis ausgehen, wenn der Dienstgeber die Dienstleistungen tatsächlich annehme und damit zumindest schlüssig das Zustandekommen eines Dienstverhältnisses akzeptierte. Davon sei im vorliegenden Fall jedoch nicht auszugehen, da die Geschäftsführerin Maria K in ihrem Schreiben an die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse vom 5. September 1997 dies deutlich und ausdrücklich abgelehnt habe. Es ließe sich zwar argumentieren, sie habe die Dienstleistungen (Führung des Betriebes, Verpachtung) drei Monate während ihrer Abwesenheit akzeptiert, die belangte Behörde gehe jedoch auf Grund ihrer ungewöhnlich überstürzten, eine Woche nach ihrer Bestellung zur Geschäftsführerin erfolgten Abreise mangels anderer Erklärungen davon aus, dass sie, aus welchen Gründen auch immer, geflüchtet sei und aus diesem Grund keine weiteren Handlungen mehr für die Gesellschaft gesetzt habe oder habe setzen können. Dass A.K. den Beschwerdeführer als Betriebsleiter eingestellt habe, habe nicht nachgewiesen werden können. Hier sei auf die Mitwirkungspflicht der Parteien im Verwaltungsverfahren hinzuweisen. Bei der Tätigkeit des Beschwerdeführers für die erstmitbeteiligte Partei habe es sich demnach um eine Geschäftsführung ohne Auftrag gehandelt. Ein Dienstverhältnis sei nicht zu Stande gekommen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und begehrte Ersatz für den Vorlageaufwand, verzichtete jedoch, ebenso wie die mitbeteiligte Unfallversicherungsanstalt, ausdrücklich auf die Erstattung einer Gegenschrift. Die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Zu einem sozialversicherungsrechtlich relevanten Beschäftigungsverhältnis gehört die Willensübereinstimmung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber, dass abhängige Dienste entgeltlich geleistet und diese entgegen genommen werden (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 19. Oktober 2005, Zl. 2003/08/0138).

Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers war es daher angesichts der gegebenen Umstände wesentlich, dass die belangte Behörde die Frage geprüft hat, ob überhaupt ein Dienstverhältnis zu Stande gekommen ist. Sollte diese Frage nämlich verneint werden, dann erübrigt es sich, auf eine Beendigung eines solchen Dienstverhältnisses einzugehen.

Auch reicht es nicht aus, dass der Beschwerdeführer in der Pizzeria tätig gewesen ist. Ein sozialversicherungsrechtlich relevantes Dienstverhältnis muss nämlich immer gegenüber einem konkreten Dienstgeber bestehen. Im vorliegenden Fall geht es daher nur um die Frage, ob der Beschwerdeführer bei dieser Tätigkeit zur erstmitbeteiligten Partei in einem Dienstverhältnis gestanden ist (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 30. Jänner 2002, Zl. 97/08/0150, und vom 29. Juni 2005, Zl. 2003/08/0058, mwN).

Der Grundsatz der freien Beweiswürdigung (§ 45 Abs. 2 AVG) bedeutet nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht, dass der in der Begründung des Bescheides nieder zu legende Denkvorgang der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle nicht unterliegt. Die Bestimmung des § 45 Abs. 2 AVG hat nur zur Folge, dass - sofern in den besonderen Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist -

die Würdigung der Beweise keinen gesetzlichen Regeln unterworfen ist. Dies schließt aber eine verwaltungsgerichtliche Kontrolle in der Richtung nicht aus, ob der Sachverhalt genügend erhoben ist und ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind. Schlüssig sind solche Erwägungen nur dann, wenn sie unter anderem den Denkgesetzen, somit auch dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut entsprechen. Unter Beachtung der nämlichen Grundsätze hat der Verwaltungsgerichtshof auch zu prüfen, ob die Behörde im Rahmen ihrer Beweiswürdigung alle in Betracht kommenden Umstände vollständig berücksichtigt hat. Hingegen ist der Verwaltungsgerichtshof nicht berechtigt, einer Beweiswürdigung der belangten Behörde, die einer Überprüfung unter den genannten Gesichtspunkten standhält, mit der Begründung entgegen zu treten, dass auch ein anderer Ablauf der Ereignisse bzw. ein anderer Sachverhalt schlüssig begründbar wäre. Die belangte Behörde ist zwar gehalten, in der Begründung ihres Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammen zu fassen (§ 60 AVG), sie ist aber nicht verpflichtet, allen sonst noch denkbaren, schlüssig begründbaren Sachverhaltsvarianten im Einzelnen nachzugehen, wenn sie sich nur mit allen Umständen schlüssig und nachvollziehbar auseinander gesetzt hat, die für und wider die von ihr tatsächlich getroffenen Sachverhaltsfeststellungen sprechen (vgl. z.B. das zitierte hg. Erkenntnis vom 30. Jänner 2002 mwN).

Vor diesem Hintergrund ist der belangten Behörde aber beizupflichten, wenn sie zu dem Ergebnis gelangte, dass kein Dienstverhältnis des Beschwerdeführers zur erstmitbeteiligte Partei zu Stande gekommen ist. Für dieses Ergebnis spricht nämlich einerseits der Umstand, dass Maria K zum Zeitpunkt der Anmeldung des Beschwerdeführers zur Pflichtversicherung und damit des Beginnes des vom Beschwerdeführer behaupteten Dienstverhältnisses für die erstmitbeteiligte Partei nicht vertretungsbefugt war. Der Beschwerdeführer rügt zwar, dass die belangte Behörde nicht geklärt habe, ob nicht ein entsprechender Auftrag von A.K. vorgelegen ist. Der belangten Behörde kann es aber nicht zum Vorwurf gemacht werden, wenn sie auf Grund des Schreiben des S. und des - vom Beschwerdeführer nicht bestrittenen - Umstandes, dass A.K. die Geschäfte ohnehin selbst wahrgenommen hat, davon ausgegangen ist, dass mit dem zum Zeitpunkt des Beginnes des behaupteten Dienstverhältnisses vertretungsbefugten Geschäftsführer A.K. ebenfalls keine Vereinbarungen über ein Beschäftigungsverhältnis des Beschwerdeführers zur erstmitbeteiligten Partei getroffen wurden. Dass auch zu der Zeit, als Maria K vertretungsbefugte Geschäftsführerin gewesen ist, kein Dienstverhältnis zu Stande gekommen ist, ergibt sich aus deren Angaben im Schreiben vom 5. September 1997 und bei der Einvernahme vom 8. Mai 1998, wonach der Beschwerdeführer ohne ihre Zustimmung tätig gewesen sei.

Es kann daher der belangten Behörde nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie davon ausgegangen ist, dass es angesichts dessen entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers nicht mehr von Bedeutung ist, wann der Beschwerdeführer von der Abmeldung bei der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse erfahren hat. Im Hinblick auf die oben wiedergegebenen Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes im Vorerkenntnis vom 4. August 2004 konnte der Beschwerdeführer durch den Umstand, dass die belangte Behörde das Entstehen eines Dienstverhältnisses an sich überprüft hat, auch nicht "überrascht" werden. Dem Umstand, dass der Beschwerdeführer bis 31. März 1998 Entgelt bezogen und bis 8. August 1997 faktisch den Betrieb geführt und hernach verpachtet hat, kommt angesichts des von der belangten Behörde festgestellten Sachverhaltes keine Bedeutung mehr zu.

Soweit der Beschwerdeführer rügt, dass es die belangte Behörde unterlassen habe, Ermittlungen und Feststellungen dahingehend zu treffen, inwieweit Aufträge zur Anmeldung des Beschwerdeführers durch den damaligen Geschäftsführer A.K. erfolgt seien, ist festzuhalten, dass der belangten Behörde kein Vorwurf gemacht werden kann, wenn sie auf Grund des Schreibens von S. davon ausgegangen ist, dass ein Auftrag lediglich seitens der zum damaligen Zeitpunkt nicht vertretungsbefugten Maria K vorgelegen ist.

In der Beschwerde wird zwar zutreffend hervorgehoben, dass der Beschwerdeführer von S. angemeldet worden sei. Damit alleine kann aber nicht die Willensübereinkunft zwischen dem Beschwerdeführer und der erstmitbeteiligten Partei dargelegt werden, dass ein Dienstverhältnis zur erstmitbeteiligten Partei als Dienstgeberin hätte zu Stande kommen sollen. Ein Begründungsmangel ist daher insofern nicht gegeben. Auch die Frage, ob das Dienstverhältnis eine Änderung erfahren hat, ist nicht von Bedeutung, wenn gar kein Dienstverhältnis zu Stande gekommen ist.

Die vorliegende Beschwerde erweist sich daher insgesamt als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 25. April 2007

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2005080212.X00

Im RIS seit

23.05.2007

Zuletzt aktualisiert am

27.07.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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