TE Vwgh Erkenntnis 2007/5/18 2007/18/0235

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Veröffentlicht am 18.05.2007
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Index

19/05 Menschenrechte;
41/02 Asylrecht;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

FrPolG 2005 §60 Abs1;
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z1;
FrPolG 2005 §66 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs2;
MRK Art8 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Eisner, über die Beschwerde des A A, (geboren 1985), vertreten durch Dr. Wolfgang Weber, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Wollzeile 12/1/27, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 12. März 2007, Zl. E1/86140/2007, betreffend Erlassung eines unbefristeten Aufenthaltsverbots, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 12. März 2007 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen kroatischen Staatsangehörigen, gemäß § 60 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1 iVm § 63 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG, BGBl. I Nr. 100, ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen.

Der Beschwerdeführer, der volljährig sei, sei im Alter von knapp sechs Jahren im Jahr 1991 nach Österreich eingereist und seit 12. April 1991 durchgehend im Bundesgebiet gemeldet. Der Beschwerdeführer habe über Aufenthaltsbewilligungen verfügt, zuletzt sei er seit dem 4. November 1998 im Besitz einer unbefristeten Niederlassungsbewilligung bzw. seit dem 13. Mai 2003 eines Niederlassungsnachweises.

Am 25. September 2006 sei der Beschwerdeführer vom Landesgericht Wiener Neustadt gemäß §§ 143 erster Satz, zweiter Fall StGB, 142 Abs. 1, 15 StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von sieben Jahren rechtskräftig verurteilt worden, weil er Anfang Dezember 2005 zusammen mit Mittätern mit bereitgehaltener Gaspistole und angelegter Maske die Tür eines Wettbüros zu öffnen getrachtet habe, um in das Geschäftslokal einzudringen und von Angestellten Bargeld zu fordern, wobei er die Tathandlung zwei Tage später wiederholt habe. Außerdem sei der Beschwerdeführer schuldig gesprochen worden, am 20. Dezember 2005 mit Mittätern einen zuvor gefassten Tatplan insofern umzusetzen versucht zu haben, als er sich bewaffnet und mit angelegter Maske in die Nähe des Eingangs eines Tankstellengebäudes begeben und in dieses einzudringen getrachtet habe.

Es könne sohin kein Zweifel bestehen, dass der in § 60 Abs. 2 Z. 1 FPG normierte Tatbestand verwirklicht sei. Das dargestellte Gesamt(fehl)verhalten des Beschwerdeführers beeinträchtige die öffentliche Ordnung und Sicherheit - hier: das öffentliche Interesse an der Verhinderung der Eigentumskriminalität - in erheblichem Ausmaß, sodass die Voraussetzungen für die Erlassung des Aufenthaltsverbots vorbehaltlich der Bestimmungen der §§ 61 und 66 FPG - (auch) im Grund des § 60 Abs. 1 leg. cit. gegeben seien.

Der Beschwerdeführer lebe seit 1991 durchgehend im Bundesgebiet. Im Inland befänden sich seine Eltern, seine Schwester, ein Onkel, eine Tante, ein Cousin, eine Cousine sowie weitere Verwandte. Es sei daher von einem mit der vorliegenden fremdenpolizeilichen Maßnahme verbundenen Eingriff in das Privat- bzw. Familienleben des Beschwerdeführers auszugehen. Dessen ungeachtet sei die Erlassung des Aufenthaltsverbots zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele, hier: zur Verhinderung weiterer strafbarer Handlungen sowie zur Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens, dringend geboten und sohin im Grund des § 66 Abs. 1 FPG zulässig. Das strafbare Verhalten des Beschwerdeführers verdeutliche sehr augenfällig, dass er offenbar nicht gewillt sei, die für ihn maßgebenden Rechtsvorschriften seines Gastlandes einzuhalten. Von daher gesehen könne eine Verhaltensprognose keinesfalls zugunsten des Beschwerdeführers gestellt werden. Dies umso weniger, als er seine Straftaten mit besonders hoher krimineller Energie ausgeführt habe.

Im Rahmen der nach § 66 Abs. 2 FPG vorzunehmenden Interessenabwägung sei darauf Bedacht zu nehmen, dass sich der Beschwerdeführer mittlerweile seit ca. 16 Jahren durchgehend im Bundesgebiet aufhalte. Ungeachtet dessen könne er sich aber nicht mit Erfolg auf eine daraus ableitbare relevante Integration berufen. Diese erfahre bereits durch den Umstand, dass die dafür erforderliche soziale Komponente durch sein strafbares Verhalten erheblich gemindert werde, eine wesentliche Relativierung. Auch von einer beruflichen Integration des Beschwerdeführers könne nicht ausgegangen werden, weil er weder eine Schulausbildung noch eine Lehre abgeschlossen und keinesfalls die "Energie eines eifrigen Arbeitnehmers" an den Tag gelegt habe. Einer Beschäftigung sei er lediglich vom 2. August 2004 bis 13. August 2004 als Arbeiter, im Zeitraum vom 2. November 2004 bis 30. Dezember 2006 26 Tage als geringfügig beschäftigter Angestellter, im Zeitraum vom 4. Jänner 2005 bis 28. Jänner 2005 zwölf Tage bzw. vom 31. Jänner 2005 bis 11. Oktober 2005 als Angestellter nachgegangen. Diesen - solcherart geschmälerten - privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers stünden die genannten, hoch zu veranschlagenden öffentlichen Interessen gegenüber.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Auf dem Boden der unstrittig festgestellten Verurteilung des Beschwerdeführers durch das Landesgericht Wiener Neustadt vom 25. September 2006 bestehen gegen die Auffassung der belangten Behörde, im Beschwerdefall sei der Tatbestand des § 60 Abs. 2 Z. 1 (erster Fall) FPG erfüllt, keine Bedenken. Ebenso unbedenklich erscheint angesichts des großen öffentlichen Interesses an der Verhinderung der Gewalt- und der Eigentumskriminalität die nicht bekämpfte weitere Auffassung der belangten Behörde, dass vorliegend auf Grund des von der Beschwerde nicht in Zweifel gezogenen, dieser Verurteilung zu Grunde liegenden Fehlverhaltens des Beschwerdeführers die Annahme nach § 60 Abs. 1 FPG gerechtfertigt sei.

2.1. Mit Blick auf § 66 Abs. 1 und 2 FPG bringt der Beschwerdeführer vor, in Österreich lebe seine gesamte Familie (Eltern, Geschwister, Onkeln, Tanten, Cousins und Cousinen). Der Beschwerdeführer befinde sich seit seinem sechsten Lebensjahr in Österreich und habe hier die Schule besucht. In seinem Heimatland hätte er keine Familie mehr und keine Existenzmöglichkeit. Auch würde er seine eigene Muttersprache wesentlich schlechter sprechen als die deutsche Sprache. Bei entsprechender Berücksichtigung seiner persönlichen Bindungen zu Österreich hätte die belangte Behörde zum Ergebnis gelangen müssen, dass ein Aufenthaltsverbot nicht gerechtfertigt sei.

2.2. Bei der Interessenabwägung hat die belangte Behörde angesichts der persönlichen Interessen des Beschwerdeführers zutreffend einen mit dem Aufenthaltsverbot verbundenen relevanten Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers iSd § 66 Abs. 1 FPG angenommen. Wenn sie dennoch angesichts des massiven Fehlverhaltens des Beschwerdeführers - dessen besondere Gewichtigkeit auch in der langen Dauer seiner gerichtlichen Haftstrafe zum Ausdruck kommt - die Erlassung des Aufenthaltsverbots im Licht dieser Gesetzesbestimmung für zulässig, weil dringend geboten, erachtet hat, so ist dies in Ansehnung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten maßgeblichen öffentlichen Interessen an der Verhinderung strafbarer Handlungen, am Schutz der Rechte und Freiheiten anderer sowie an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit nicht als rechtswidrig zu erkennen. Unter Zugrundelegung dieses großen öffentlichen Interesses an der Erlassung der vorliegenden fremdenpolizeilichen Maßnahme erweist sich ferner - auch unter Berücksichtigung der in der Beschwerde vorgebrachten Umstände - das Ergebnis der von der belangten Behörde gemäß § 66 Abs. 2 FPG vorgenommenen Abwägung nicht als rechtswidrig. Die privaten Interessen des Beschwerdeführers werden maßgeblich dadurch relativiert, dass dieser - auf dem Boden der unstrittigen Feststellungen im angefochtenen Bescheid - in Österreich weder eine Schulausbildung noch eine Lehre abgeschlossen hat noch über einen längeren Zeitraum hindurch einer Beschäftigung nachgegangen ist. Überdies hat die für die Integration des Beschwerdeführers in Österreich maßgebliche soziale Komponente durch das ihm zur Last liegende gravierende und wiederholte Fehlverhalten erheblich gelitten. Schließlich erscheinen auch die geltend gemachten familiären Beziehungen des Beschwerdeführers in ihrem Gewicht dadurch verringert, dass er unstrittig volljährig ist und sich weder aus dem angefochtenen Bescheid ergibt noch in der Beschwerde konkret vorgebracht wurde, dass er mit Familienmitgliedern zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides in einem gemeinsamen Haushalt leben würde. Vor diesem Hintergrund treten die persönlichen Interessen des Beschwerdeführers gegenüber dem durch sein Fehlverhalten nachhaltig beeinträchtigten Allgemeininteresse an der Erlassung der vorliegenden fremdenpolizeilichen Maßnahme zurück.

3. Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die geltend gemachte Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

4. Bei diesem Ergebnis erübrigte sich eine Entscheidung über den mit der Beschwerde verbundenen Antrag, dieser aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Wien, am 15. Mai 2007

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2007180235.X00

Im RIS seit

11.07.2007

Zuletzt aktualisiert am

23.06.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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