TE OGH 2003/11/25 40R232/03v

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Veröffentlicht am 25.11.2003
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Das Landesgericht für ZRS Wien als Berufungsgericht erkennt durch die Richter des Landesgerichtes Dr. Garai als Vorsitzenden sowie Mag. Dr. Hörmann und Mag. Malesich in der Rechtssache des Klägers DI Alexander M***** Wien, *****, vertreten durch Goldsteiner & Strebinger, Rechtsanwaltspartnerschaft GmbH in 2483 Ebreichsdorf, wider die Beklagte Clarissa Romana G***** Wien, ***** wegen zuletzt Euro 9.226,87 sA, infolge Berufung des Klägers gegen das Urteil des Bezirksgerichtes Döbling vom 21.5.2003, 5 C 70/02d-22 (Berufungsinteresse: Euro 6.343,80 sA), mangels Antrages auf Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht:

Spruch

Der Berufung wird Folge gegeben und das angefochtene Urteil dahingehend abgeändert, dass es einschließlich seines mangels Bekämpfung in Rechtskraft erwachsenen Teiles zu lauten hat:

"1. Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei den Betrag von Euro 7.640,92 samt 4 % Zinsen seit 14.11.2002 binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Das Mehrbegehren, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei weitere Euro 1.585,95 samt 4 % Zinsen seit 14.6.2002 zu bezahlen, wird a b g e w i e s e n .

3. Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei deren mit

Euro  2.465,55 (darin Euro  265,06 Barauslagen und Euro  366,75 USt)

bestimmte Kosten des Verfahrens erster Instanz binnen 14 Tagen zu

bezahlen."

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei deren mit Euro

1.152,11 (darin Euro  424,-- Barauslagen und Euro  121,35 USt)

bestimmte Kosten des Berufungsverfahrens binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Die ordentliche Revision ist zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit dem angefochtenen Urteil erkannte das Erstgericht die Beklagte für schuldig, dem Kläger Euro 1.297,12 zuzüglich 4 % Zinsen zu bezahlen und verhielt sie zum Ersatz der mit Euro 1.702,58 bestimmten Kosten des Klägers. Das auf Zahlung weiterer Euro 7.929,75 zuzüglich Zinsen gerichtete Mehrbegehren wies das Erstgericht ab.

Ausgehend von den auf den Seiten 5 - 9 der Urteilsausfertigung wiedergegebenen Tatsachen erkannte das Erstgericht in rechtlicher Hinsicht, dass die Beklagte als Mieterin der im Haus ***** Wien, ***** gelegenen Wohnung top 6, Stiege 1, zur Zahlung des im Mietvertrag vom 20.2.2001 vereinbarten Mietzinses verpflichtet sei. Eine Gegenüberstellung der Vorschreibungen und der Zahlungen habe bis zum Zeitpunkt der Rückstellung des Bestandobjektes Anfang März 2002 einen von der Beklagten zu bezahlenden Mietzinsrückstand von Euro 1.297,12 ergeben. Das auf den Titel des Schadenersatz gestützte Klagebegehren, welches auf Zahlung weiterer Euro 7.929,75 zuzüglich Zinsen lautete, bestehe nicht zu Recht. Das (befristete) Bestandverhältnis sei spätestens mit der Zustellung der Mietzins- und Räumungsklage an die Beklagte am 22.1.2002 gemäß § 1118 2, Fall ABGB vom Kläger rechtsverbindlich (vorzeitig) aufgelöst worden; dies im Übrigen zu Recht, war die Beklagte doch zum damaligen Zeitpunkt in qualifiziertem Mietrückstand. Der Aufforderung des Klägers zur Übergabe des Bestandobjektes sei die Beklagte Anfang März nachgekommen. Zwischen der Auflösung des Bestandvertrages und der tatsächlichen geräumten Übergabe stehe dem Vermieter Benützungsentgelt zu, im vorliegenden Fall also bis inklusive Februar 2002. Eine Forderung auf Schadenersatz in Höhe der Monatsmiete für weitere fünf Monate nach der geräumten Übergabe des Bestandobjekts finde im Gesetz keine Deckung. Der Umstand, dass der Kläger das Bestandobjekt erst wieder im August 2002 habe vermieten können, falle in sein wirtschaftliches Risiko. Eine Überwälzung auf die Beklagte könnte auch nach schadenersatzrechtlichen Grundsätzen nicht stattfinden. Als die Beklagte das Bestandobjekt geräumt übergeben habe, sei sie vielmehr der Aufforderung des Klägers in der Räumungsklage nachgekommen, weshalb sich aus dem Vorgang kein Schadenersatzanspruch ergeben könne.Ausgehend von den auf den Seiten 5 - 9 der Urteilsausfertigung wiedergegebenen Tatsachen erkannte das Erstgericht in rechtlicher Hinsicht, dass die Beklagte als Mieterin der im Haus ***** Wien, ***** gelegenen Wohnung top 6, Stiege 1, zur Zahlung des im Mietvertrag vom 20.2.2001 vereinbarten Mietzinses verpflichtet sei. Eine Gegenüberstellung der Vorschreibungen und der Zahlungen habe bis zum Zeitpunkt der Rückstellung des Bestandobjektes Anfang März 2002 einen von der Beklagten zu bezahlenden Mietzinsrückstand von Euro 1.297,12 ergeben. Das auf den Titel des Schadenersatz gestützte Klagebegehren, welches auf Zahlung weiterer Euro 7.929,75 zuzüglich Zinsen lautete, bestehe nicht zu Recht. Das (befristete) Bestandverhältnis sei spätestens mit der Zustellung der Mietzins- und Räumungsklage an die Beklagte am 22.1.2002 gemäß Paragraph 1118, 2, Fall ABGB vom Kläger rechtsverbindlich (vorzeitig) aufgelöst worden; dies im Übrigen zu Recht, war die Beklagte doch zum damaligen Zeitpunkt in qualifiziertem Mietrückstand. Der Aufforderung des Klägers zur Übergabe des Bestandobjektes sei die Beklagte Anfang März nachgekommen. Zwischen der Auflösung des Bestandvertrages und der tatsächlichen geräumten Übergabe stehe dem Vermieter Benützungsentgelt zu, im vorliegenden Fall also bis inklusive Februar 2002. Eine Forderung auf Schadenersatz in Höhe der Monatsmiete für weitere fünf Monate nach der geräumten Übergabe des Bestandobjekts finde im Gesetz keine Deckung. Der Umstand, dass der Kläger das Bestandobjekt erst wieder im August 2002 habe vermieten können, falle in sein wirtschaftliches Risiko. Eine Überwälzung auf die Beklagte könnte auch nach schadenersatzrechtlichen Grundsätzen nicht stattfinden. Als die Beklagte das Bestandobjekt geräumt übergeben habe, sei sie vielmehr der Aufforderung des Klägers in der Räumungsklage nachgekommen, weshalb sich aus dem Vorgang kein Schadenersatzanspruch ergeben könne.

Gegen den klagsabweisenden Teil dieses Urteils jedoch im eingeschränkten Umfang von Euro 6.343,80 richtet sich die Berufung des Klägers aus dem Berufungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit einem Abänderungsantrag in Richtung Stattgebung des Klagebegehrens im Umfang von weiteren Euro 6.343.80. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Beklagte hat sich am Berufungsverfahren nicht beteiligt.

Rechtliche Beurteilung

Die Berufung ist berechtigt.

Zu Recht weist die Berufung darauf hin, dass es der Beklagten gemäß § 29 Abs 2 MRG frühestens zum 30. Juni 2002 möglich gewesen sei, den gegenständlichen Mietvertrag zu kündigen. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte daher der Kläger jedenfalls einen Mieter zur Verfügung, der vertraglich gebunden war, den vereinbarten Mietzins zu bezahlen. Dass die Beklagte ihren vertraglichen Verpflichtungen nicht nachgekommen ist, kann ihr nach allgemeinen Vertragsgrundsätzen im vorliegenden Fall nicht zum Vorteil bzw. dem Kläger zum Nachteil gereichen. Zwar ist im vorliegenden Fall die Initiative zur Auflösung des Bestandverhältnisses durch Einbringung einer Klage gemäß § 1118 ABGB vom Kläger ausgegangen, diesbezüglich handelt es sich infolge des Zahlungsverzuges der Beklagten aber um eine berechtigte vorzeitige Vertragsauflösung. Auch im allgemeinen Vertragsrecht ist im Falle eines bloß objektiven Schuldnerverzuges gemäß § 918 ABGB ein Rücktritt vom Vertrag unter Setzung einer angemessenen Nachfrist wirksam. In diesem Bereich des Schuldrechts bestimmt § 918 Fall 2 ABGB, dass der Gläubiger auch bei Gebrauch von seinem Rücktrittsrecht Schadenersatz wegen Nichterfüllung fordern kann. Er ist dabei so zu stellen, wie wenn ordnungsgemäß erfüllt worden wäre (§ 921 ABGB; vgl dazu Koziol-Welser12 II 52; SZ 53/173). Zwar sind die Vorschriften der §§ 918 ff infolge der anderen Ausgestaltung von Bestandverträgen durch die Spezialvorschriften der §§ 1117 f ABGB verdrängt, jedoch kann die Frage des Schadenersatzes im Falle einer berechtigten Vertragsaufhebung nach § 1118 ABGB nicht anders behandelt werden als jene nach § 918 ff ABGB. Auch hier wird grundsätzlich der die Vertragsaufhebung Erklärende so zu stellen sein, wie wenn der Vertrag ordnungsgemäß erfüllt worden wäre. Zu beachten ist allerdings, dass den Vermieter diesbezüglich eine Schadensminderungspflicht trifft, sodass bei Vermietbarkeit des Objektes in absehbarer Zeit ab diesem Zeitpunkt ein Anspruch auf Bezahlung des Schadenersatzes für weitere Mietzinse schon aus diesem Grund nicht gegeben ist. Im vorliegenden Fall ist überdies wesentlich, dass der Mietvertrag für die Beklagte lediglich bis 30. Juni 2002 bindend war und es ihr zu diesem Zeitpunkt möglich gewesen wäre, den Mietvertrag selbst aufzulösen. Dass sie dies im Hinblick auf die früher erfolgte Räumungsklage des Vermieters nicht getan hat, kann ihr wiederum nicht zum Nachteil gereichen.Zu Recht weist die Berufung darauf hin, dass es der Beklagten gemäß Paragraph 29, Absatz 2, MRG frühestens zum 30. Juni 2002 möglich gewesen sei, den gegenständlichen Mietvertrag zu kündigen. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte daher der Kläger jedenfalls einen Mieter zur Verfügung, der vertraglich gebunden war, den vereinbarten Mietzins zu bezahlen. Dass die Beklagte ihren vertraglichen Verpflichtungen nicht nachgekommen ist, kann ihr nach allgemeinen Vertragsgrundsätzen im vorliegenden Fall nicht zum Vorteil bzw. dem Kläger zum Nachteil gereichen. Zwar ist im vorliegenden Fall die Initiative zur Auflösung des Bestandverhältnisses durch Einbringung einer Klage gemäß Paragraph 1118, ABGB vom Kläger ausgegangen, diesbezüglich handelt es sich infolge des Zahlungsverzuges der Beklagten aber um eine berechtigte vorzeitige Vertragsauflösung. Auch im allgemeinen Vertragsrecht ist im Falle eines bloß objektiven Schuldnerverzuges gemäß Paragraph 918, ABGB ein Rücktritt vom Vertrag unter Setzung einer angemessenen Nachfrist wirksam. In diesem Bereich des Schuldrechts bestimmt Paragraph 918, Fall 2 ABGB, dass der Gläubiger auch bei Gebrauch von seinem Rücktrittsrecht Schadenersatz wegen Nichterfüllung fordern kann. Er ist dabei so zu stellen, wie wenn ordnungsgemäß erfüllt worden wäre (Paragraph 921, ABGB; vergleiche dazu Koziol-Welser12 römisch II 52; SZ 53/173). Zwar sind die Vorschriften der Paragraphen 918, ff infolge der anderen Ausgestaltung von Bestandverträgen durch die Spezialvorschriften der Paragraphen 1117, f ABGB verdrängt, jedoch kann die Frage des Schadenersatzes im Falle einer berechtigten Vertragsaufhebung nach Paragraph 1118, ABGB nicht anders behandelt werden als jene nach Paragraph 918, ff ABGB. Auch hier wird grundsätzlich der die Vertragsaufhebung Erklärende so zu stellen sein, wie wenn der Vertrag ordnungsgemäß erfüllt worden wäre. Zu beachten ist allerdings, dass den Vermieter diesbezüglich eine Schadensminderungspflicht trifft, sodass bei Vermietbarkeit des Objektes in absehbarer Zeit ab diesem Zeitpunkt ein Anspruch auf Bezahlung des Schadenersatzes für weitere Mietzinse schon aus diesem Grund nicht gegeben ist. Im vorliegenden Fall ist überdies wesentlich, dass der Mietvertrag für die Beklagte lediglich bis 30. Juni 2002 bindend war und es ihr zu diesem Zeitpunkt möglich gewesen wäre, den Mietvertrag selbst aufzulösen. Dass sie dies im Hinblick auf die früher erfolgte Räumungsklage des Vermieters nicht getan hat, kann ihr wiederum nicht zum Nachteil gereichen.

Da im vorliegenden Fall eine frühere Vermietbarkeit des Objektes infolge der ungünstigen Lage der Wohnung und der angespannten Situation am Immobilienmarkt erfolglos geblieben ist, hatte der Kläger Anspruch auf Ersatz des durch die berechtigte Vertragsauflösung entstandenen Schadens bis zu diesem Termin. Der berechtigten Berufung war daher Folge zu geben und das angefochtene Urteil in Richtung eines Zuspruches in Höhe der Mietzinse bis inklusive Juni 2002 abzuändern.

Die Kostenentscheidung gründet sich hinsichtlich des erstinstanzlichen Verfahrens auf § 41 und § 43 Abs 1 ZPO. Hier waren drei Abschnitte zu bilden. Im 1. Abschnitt bis exklusive der Verhandlung vom 30.4.2002 hat der Kläger zur Gänze obsiegt, sodass ihm diese Kosten voll zuzusprechen waren. Für die Verhandlung vom 30.4.2002 (2. Abschnitt) gebührt dem Kläger kein Ersatz, da mangels rechtzeitiger Einschränkung der Klage infolge der Zahlungen vom 23.1.2002, 8.3.2002 und der Räumung die Beklagte überwiegend obsiegte. Für den 3. Abschnitt war zu beachten, dass der Kläger mit 83 % obsiegte, sodass ihm 66 % der Vertretungskosten zuzusprechen waren.Die Kostenentscheidung gründet sich hinsichtlich des erstinstanzlichen Verfahrens auf Paragraph 41 und Paragraph 43, Absatz eins, ZPO. Hier waren drei Abschnitte zu bilden. Im 1. Abschnitt bis exklusive der Verhandlung vom 30.4.2002 hat der Kläger zur Gänze obsiegt, sodass ihm diese Kosten voll zuzusprechen waren. Für die Verhandlung vom 30.4.2002 (2. Abschnitt) gebührt dem Kläger kein Ersatz, da mangels rechtzeitiger Einschränkung der Klage infolge der Zahlungen vom 23.1.2002, 8.3.2002 und der Räumung die Beklagte überwiegend obsiegte. Für den 3. Abschnitt war zu beachten, dass der Kläger mit 83 % obsiegte, sodass ihm 66 % der Vertretungskosten zuzusprechen waren.

Ein Antrag nach TP 1 vom 11.2.2002 ist nicht aktenkundig. Der Einheitssatz war nur in einfacher Höhe zu gewähren, weil die Notwendigkeit der Beiziehung eines auswärtigen Anwaltes nicht aktenkundig ist.

Im Berufungsverfahren hat der Kläger zur Gänze obsiegt, sodass ihm gemäß §§ 41, 50 ZPO die gesamten Kosten zuzusprechen waren. Gemäß § 23 Abs 9 RATG war nur der dreifache Einheitssatz zuzusprechen. Da zur Frage des Nichterfüllungsschadens bei berechtigter Vertragsaufhebung nach § 1118 ABGB keine Rechtssprechung des OGH ersichtlich ist, ist gemäß § 502 Abs 1 ZPO die ordentliche Revision zulässig.Im Berufungsverfahren hat der Kläger zur Gänze obsiegt, sodass ihm gemäß Paragraphen 41,, 50 ZPO die gesamten Kosten zuzusprechen waren. Gemäß Paragraph 23, Absatz 9, RATG war nur der dreifache Einheitssatz zuzusprechen. Da zur Frage des Nichterfüllungsschadens bei berechtigter Vertragsaufhebung nach Paragraph 1118, ABGB keine Rechtssprechung des OGH ersichtlich ist, ist gemäß Paragraph 502, Absatz eins, ZPO die ordentliche Revision zulässig.

Landesgericht für ZRS Wien

1040 Wien, Schwarzenbergplatz 11

Anmerkung

EWZ00084 40R232.03v

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LG00003:2003:04000R00232.03V.1125.000

Dokumentnummer

JJT_20031125_LG00003_04000R00232_03V0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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