TE Vwgh Erkenntnis 2007/5/30 2003/03/0288

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Veröffentlicht am 30.05.2007
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
91/01 Fernmeldewesen;

Norm

AVG §56;
TKG 1997 §8 Abs1;

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn): 2003/03/0289 E 30. Mai 2007

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Berger, Dr. Lehofer und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde der E P in P, vertreten durch Dr. Peter Kammerlander, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Kalchberggasse 12, gegen den Bescheid des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie vom 15. November 2001, Zl 101412/IV-JD/01, betreffend Duldungspflicht gemäß § 8 Abs 1 des Telekommunikationsgesetzes (mitbeteiligte Partei: Ö in W), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid stellte

die belangte Behörde gemäß § 8 Abs 1 des

Telekommunikationsgesetzes, BGBl I Nr 100/1997 idF

BGBl I Nr 32/2001 (im Folgenden: TKG), fest, dass

     "1) der Austausch eines bestehenden Erdseiles gegen ein

Erdseil mit integriertem Lichtwellenleiter auf der 110 kV ÖBB-

Bahnstromleitung im Abschnitt Bruck a.d. Mur - St. Veit a.d. Glan

auf den Grundstücken Nr. 245/11, 241/3 und 236/1, EZ 545,

KG 65022 Pöls, die Errichtung einer Telekommunikationslinie

darstellt, und

     2) (die Beschwerdeführerin) ... als Eigentümer(in) der

Grundstücke Nr. 245/11, 241/3 und 236/1, EZ 545, KG 65002 Pöls,

verpflichtet ist, zu dulden, dass die durch Recht gesicherte

Leitung der (mitbeteiligten Partei) ... für die Errichtung und den

Betrieb von Telekommunikationslinien genutzt wird, sowie

3) bei Vorliegen eines Angebotes auf Entschädigung gemäß den einheitlichen Richtsätzen die Nutzung der Grundstücke für Zwecke von Telekommunikationslinien nicht gehemmt wird."

Begründend wurde im Wesentlichen Folgendes ausgeführt: Die mitbeteiligte Partei hätte der Erstbehörde mit Schreiben vom 23. Mai 2001 mitgeteilt, dass sie im Jahr 2000 auf der 110 kV ÖBB-Bahnstromleitung Bruck an der Mur - St. Veit an der Glan ein bestehendes Erdseil gegen ein Erdseil mit integriertem Lichtwellenleiter ausgetauscht hätte. Bedingt durch den Widerspruch einiger Grundbesitzer, die der mitbeteiligten Partei das Betreten ihrer Grundstücke verweigert hätten, wären die Seilzugarbeiten abschnittweise eingestellt worden. Es wäre den Grundbesitzern eine Entschädigung von S 26/lfm angeboten worden. Da jedoch ua die Beschwerdeführerin nach wie vor die Fertigstellung der Seilzugarbeiten verweigern würde, habe die mitbeteiligte Partei die Erlassung des angefochtenen Bescheides beantragt.

Die mitbeteiligte Partei besäße auf Grund von Dienstbarkeitsverträgen aus dem Jahr 1989 mit der Beschwerdeführerin eine durch Recht gesicherte Leitung. Diese Leitung wolle nunmehr die mitbeteiligte Partei durch die Errichtung einer Telekommunikationslinie (zusätzlich) nutzen.

§ 8 Abs 1 TKG (das am 1. August 1997 in Kraft getreten sei) knüpfe an Rechte an, auf Grund derer auf Grundstücken Leitungen oder Anlagen errichtet seien, und begründete Duldungspflichten für Eigentümer solcher Grundstücke. Die Rechtmäßigkeit der Nutzung der bereits auf Grund der besagten Verträge errichteten Anlagen für die Errichtung und den Betrieb von Telekommunikationslinien sei sohin seit 1. August 1997 auf Basis des § 8 Abs 1 TKG zu beurteilen.

Festzuhalten sei, dass Gegenstand des vorliegenden Verwaltungsverfahrens ausschließlich der Antrag der mitbeteiligten Partei auf Feststellung der Duldungspflicht sei. Die Einwendungen der Beschwerdeführerin über das Ausmaß der angebotenen Entschädigung sowie über das der Festsetzung vorangegangene Verfahren beträfen somit nicht den Spruch des angefochtenen Bescheides, sie seien daher nicht geeignet, eine andere rechtliche Beurteilung des Verfahrensgegenstandes herbeizuführen.

Durch Schreiben der mitbeteiligten Partei vom 20. Dezember 2000 bzw 2. Februar 2001 sei der Beschwerdeführerin ein den zusätzlichen Diensten bzw Nutzungskapazitäten angemessenes Angebot auf Entschädigung unterbreitet worden, die sich an bundesweit einheitlichen und im "teleletter", dem gemeinsamen Publikationsorgan der Obersten Fernmeldebehörde und der Regulierungsbehörde, veröffentlichten Richtsätzen orientiere. Als bundesweit einheitlicher Richtsatz gelte ein Betrag von S 26/lfm Telekommunikationslinie.

Da vorliegend die von § 8 Abs 1 TKG geforderten Voraussetzungen vorlägen, sei die Beschwerdeführerin zur Duldung der Montage des Lichtwellenleitererdseiles verpflichtet. Zu den Einwendungen der Beschwerdeführerin betreffend die Verfassungsmäßigkeit des § 8 Abs 1 TKG sei festzuhalten, dass eine solche Prüfung der belangten Behörde nicht zustehe, sondern vielmehr dem Verfassungsgerichtshof vorbehalten sei.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat (Beschluss vom 25. November 2003, B 1718/01).

Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren begehrt die Beschwerdeführerin die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde abzuweisen, zu welcher die Beschwerdeführerin replizierte. Die mitbeteiligte Partei erstattete ebenfalls eine Gegenschrift und beantragte, die Beschwerde abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. § 8 Abs 1 TKG lautete:

"§ 8. (1) Wird auf einem Grundstück eine durch Recht gesicherte Leitung oder Anlage vom Inhaber auch für die Errichtung, den Betrieb, die Erweiterung oder die Erneuerung von Telekommunikationslinien genutzt, ist dies vom Eigentümer zu dulden, wenn durch die Errichtung, den Betrieb, die Erweiterung oder die Erneuerung der Telekommunikationslinie die widmungsgemäße Verwendung des Grundstückes nicht dauerhaft zusätzlich eingeschränkt wird. Dem Eigentümer oder sonst Nutzungsberechtigten ist eine den zusätzlichen Diensten bzw. Nutzungskapazitäten angemessene Entschädigung zu zahlen. Die Regulierungsbehörde legt binnen sechs Monaten im Einvernehmen mit Vertretern der betroffenen Parteien bundesweit einheitliche Richtsätze zur einmaligen Abgeltung fest, die in geeigneter Form kundzumachen und auf Verlangen auszuzahlen sind. Sobald ein Angebot auf Entschädigung gemäß den einheitlichen Richtsätzen vorliegt, wird die Nutzung des Grundstücks für Zwecke von Telekommunikationslinien nicht gehemmt."

2. Mit dem (eingehenden) Vorbringen betreffend den Umfang der Entschädigung für die Duldung (etwa bezüglich der Richtsätze) und die Entschädigungsverfahren zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf, wurde doch mit diesem (wie auch schon vom Verfassungsgerichtshof in seinem zitierten Beschluss zum Ausdruck gebracht) über eine Entschädigung bzw deren Höhe nicht abgesprochen. Vielmehr erweist sich die Erlassung des vorliegenden Feststellungsbescheides angesichts der unstrittig nicht gegebenen Bereitschaft der Beschwerdeführerin zur Duldung iSd § 8 Abs 1 TKG auch ohne diesbezügliche ausdrückliche gesetzliche Anordnung als sowohl im öffentlichen Interesse als auch im rechtlichen Interesse der die Bescheiderlassung begehrenden mitbeteiligten Partei gelegen und daher zulässig (zur Zulässigkeit von Feststellungsbescheiden vgl etwa das hg Erkenntnis vom 15. Dezember 2003, Zl 2001/03/0292, mwH).

3. Die Rüge, durch die festgestellte Duldungspflicht würde die widmungsgemäße Verwendung des Grundstücks dauerhaft zusätzlich eingeschränkt, geht fehl. Bei dem Vorbringen, die Beschwerdeführerin als Grundeigentümerin sei durch den Ausbau der Leitung sicherlich höher belastet, weil ein Lichtwellenkabel häufiger zu pflegen sein werde, handelt es sich um eine nicht weiter substantiierte Behauptung, mit der eine dauerhafte zusätzliche Einschränkung der widmungsgemäßen Verwendung der Grundstücke iSd § 8 Abs 1 TKG nicht mit Erfolg aufgezeigt werden kann. Ferner versagt der Hinweis, die Leitung liege auf einer Fläche, die einer geplanten Erweiterung eines Zellstoffwerks dienen könnte und daher "Bauerwartungsland" darstelle, wird doch nicht einmal vorgebracht, dass eine Flächenwidmung nach den raumordnungsgesetzlichen Regelungen in diese Richtung absehbar wäre.

4. Soweit die Beschwerdeführerin im verwaltungsgerichtlichen Verfahren verfassungsrechtliche Bedenken gegen § 8 Abs 1 TKG geltend gemacht hat, ist sie darauf hinzuweisen, dass sich der Verfassungsgerichtshof in seinem schon genannten Ablehnungsbeschluss vom 25. November 2003 auf diese Bedenken bezog und der Verwaltungsgerichtshof daher keine Veranlassung sieht, diese Bedenken in einem Antrag nach Art 140 Abs 1 B-VG an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen.

Auch bezüglich ihrer verfassungsrechtlichen Bedenken gegen den angefochtenen Bescheid ist die Beschwerdeführerin darauf hinzuweisen, dass der zur Beurteilung dieser Frage zuständige Verfassungsgerichtshof (vgl Art 144 Abs 1 iVm Art 133 Z 1 B-VG) ihre Beschwerde aus den in seinem zitierten Beschluss angeführten Erwägungen ablehnte.

5. Da die von der Beschwerde behauptete Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht vorliegt, war diese gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

6. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl II Nr 333.

Wien, am 30. Mai 2007

Schlagworte

Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung Feststellungsbescheide

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2003030288.X00

Im RIS seit

27.06.2007
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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