TE Vwgh Erkenntnis 2007/6/14 2007/18/0231

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Veröffentlicht am 14.06.2007
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Index

20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
41/02 Asylrecht;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

ABGB §179a Abs1;
FrG 1997 §49 Abs1;
FrPolG 2005 §53 Abs1;
NAG 2005 §52;
NAG 2005 §54;
NAG 2005 §72;
NAG 2005 §73;
NAG 2005 §74;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Eisner, über die Beschwerde des V A, (geboren 1981), vertreten durch Dr. Gerhard Seidel, Rechtsanwalt in 1070 Wien, Zollergasse 8, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 16. März 2007, Zl. E1/98738/2007, betreffend Ausweisung,

Spruch

1. zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

2. den Beschluss gefasst:

Der Antrag, die gegenständliche Beschwerde wegen Verletzung verfassungsmäßig gewährleisteter Rechte, auch gemäß EMRK, an den Verfassungsgerichtshof zu übertragen, wird zurückgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 51,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 16. März 2007 wurde der Beschwerdeführer, ein philippinischer Staatsangehöriger, gemäß § 53 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG, BGBl. I Nr. 100, ausgewiesen.

Der Beschwerdeführer sei nach eigenen Angaben am 19. August 2004 auf Grund eines bis zum 16. September 2004 gültigen Visums "C" nach Österreich eingereist und habe anschließend beim Bezirksgericht Favoriten einen Antrag auf Annahme an Kindesstatt durch seine namentlich genannte Tante eingebracht. Dieser Antrag sei rechtskräftig abgewiesen worden.

Der Beschwerdeführer habe zu keiner Zeit über einen Aufenthaltstitel oder eine vorläufige Aufenthaltsbewilligung nach dem AsylG verfügt. Er sei nach Ablauf seines Visums am 16. September 2004 in Österreich verblieben und halte sich somit seither unrechtmäßig im Bundesgebiet auf, sodass die Voraussetzungen des § 53 Abs. 1 FPG vorlägen. In einem solchen Fall könnten Fremde mit Bescheid ausgewiesen werden, wenn dem nicht die Bestimmung des § 66 Abs. 1 leg. cit. entgegenstehe.

Der Beschwerdeführer verfüge im Inland über familiäre Bindungen zu seiner Ehefrau, einer Schwester, einer Tante sowie zu einer Cousine und einem Cousin. Es sei daher davon auszugehen, dass mit der vorliegenden fremdenpolizeilichen Maßnahme ein Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers verbunden sei. Dieser Eingriff erweise sich jedoch als dringend geboten. Der Befolgung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften durch den Normadressaten komme aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein sehr hoher Stellenwert zu. Diese Regelungen seien vom Beschwerdeführer angesichts der Tatsache, dass er sich bereits seit ca. zweieinhalb Jahren unberechtigt im Bundesgebiet aufhalte, in gravierender Weise missachtet worden. Dabei könne auch der Versuch, den Aufenthalt durch Anträge auf Erteilung einer humanitären Aufenthaltserlaubnis zu legalisieren, nicht positiv bewertet werden, weil Aufenthaltstitel gemäß § 21 Abs. 1 NAG grundsätzlich nur vom Ausland aus erwirkt werden könnten. Diese Hinwegsetzung über eine maßgebliche fremdenrechtliche Norm bewirke eine Beeinträchtigung des hoch zu veranschlagenden maßgeblichen öffentlichen Interesses an der Wahrung eines geordneten Fremdenwesens und sei von solchem Gewicht, dass die gegenläufigen privaten und familiären Interessen jedenfalls nicht höher zu bewerten seien als das Interesse der Allgemeinheit an der Ausreise des Beschwerdeführers aus dem Bundesgebiet. Dem genannten öffentlichen Interesse würde es grob zuwider laufen, wenn ein Fremder bloß auf Grund von Tatsachen, die von ihm selbst geschaffen worden seien (Nichtausreise trotz Ablauf des Visums) den tatsächlichen Aufenthalt im Bundesgebiet auf Dauer erzwingen könnte.

Vor diesem Hintergrund und im Hinblick auf das Fehlen besonderer zugunsten des Beschwerdeführers sprechender Umstände könne sein weiterer Aufenthalt auch nicht im Rahmen des der Behörde zustehenden Ermessens in Kauf genommen werden.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, in eventu Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, sah jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift ab.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die Beschwerde wendet sich nicht gegen die Ausführungen im angefochtenen Bescheid, dass dem Beschwerdeführer (lediglich) ein bis 16. September 2004 gültiger Einreisetitel (Visum C) erteilt worden sei und er bisher über keinen Aufenthaltstitel verfügt habe. Dem Vorbringen, angesichts der Dauer des Verfahrens betreffend die Verwerfung seines Rekurses gegen die Abweisung des Adoptionsbewilligungsantrages sei er keinesfalls zweieinhalb Jahre unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig gewesen, ist entgegenzuhalten, dass ohne gerichtliche Bewilligung eines Adoptionsvertrags der Beschwerdeführer nicht als Angehöriger einer österreichischen Staatsbürgerin gelten und daher bereits deshalb kein Niederlassungsrecht als solcher Angehöriger in Anspruch nehmen konnte (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 18. Dezember 2002, Zl. 2002/18/0265). Entgegen der Beschwerde führte die Anhängigkeit eines Verfahrens auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus humanitären Gründen (§§ 72 bis 74 NAG) zu keiner Einschränkung der behördlichen Ermächtigung zur Erlassung einer Ausweisung (vgl. das hg. Erkenntnis vom 13. März 2007, Zl. 2007/18/0012, mwH). Vor diesem Hintergrund begegnet die Auffassung der belangten Behörde, dass sich der Beschwerdeführer unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte und somit der Tatbestand des § 53 Abs. 1 FPG verwirklicht sei, keinem Einwand.

2.1. Gegen die Beurteilung der belangten Behörde im Grund des § 66 Abs. 1 FPG bringt der Beschwerdeführer vor, sie habe nicht berücksichtigt, dass er nicht nur am 15. Jänner 2007 geheiratet habe, sondern dass er auch am 9. März 2007 (somit vor Erlassung des bekämpften Bescheides) Vater eines Sohnes geworden sei. Durch die vorliegend bekämpfte fremdenpolizeiliche Maßnahme würde der Beschwerdeführer aus seiner Familie herausgerissen, er müsste seine Ehefrau mit seinem eben erst geborenen Sohn in Österreich zurücklassen.

2.2. Unter Zugrundelegung der persönlichen Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib in Österreich hat die belangte Behörde zutreffend einen mit der Ausweisung verbundenen Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers angenommen. Ebenso zutreffend hat sie aber die Auffassung vertreten, dass den persönlichen Interessen des Beschwerdeführers an einem weiteren Verbleib in Österreich keine solche Bedeutung zukomme, dass seine Ausweisung nicht dringend geboten wäre. Das hier maßgebliche öffentliche Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften durch den Normadressaten weist aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) einen hohen Stellenwert auf. Dieses maßgebliche öffentliche Interesse hat der Beschwerdeführer, der (auch) nach Ablauf der Gültigkeitsdauer des ihm erteilten Visums C am 16. September 2004 über keine Berechtigung zum Aufenthalt verfügt hat, durch seinen unrechtmäßigen Verbleib in Österreich bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheids in der Dauer von etwa zweieinhalb Jahren gravierend beeinträchtigt. Die ins Treffen geführte Eheschließung und Geburt seines Sohnes scheinen in ihrem Gewicht insofern relativiert, als sie zu einem Zeitpunkt erfolgten, als der Beschwerdeführer rechtens nicht mit einem weiteren Aufenthalt in Österreich rechnen durfte. Unter Zugrundelegung dieser Erwägungen begegnet die Ansicht der belangten Behörde, dass die Erlassung der Ausweisung auch unter Bedachtnahme auf die familiären Bindungen des Beschwerdeführers dringend geboten und sohin zulässig im Sinn des § 66 Abs. 1 FPG sei, keinen Bedenken.

3. Im Grund des Gesagten erweist sich die Rüge, die belangte Behörde habe den angefochtenen Bescheid erlassen, ohne zuvor sämtliche relevanten Umstände zu erheben, als nicht zielführend.

4. Da sich die Beschwerde sohin als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

5. Der Antrag des Beschwerdeführers auf "Übertragung" der Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof war zurückzuweisen, weil für eine solche Vorgangsweise keine Rechtsgrundlage besteht.

6. Von der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.

7. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 14. Juni 2007

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2007180231.X00

Im RIS seit

18.07.2007

Zuletzt aktualisiert am

25.01.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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