TE Vwgh Erkenntnis 2007/6/21 2004/15/0112

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Veröffentlicht am 21.06.2007
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Index

61/01 Familienlastenausgleich;
72/02 Studienrecht allgemein;

Norm

FamLAG 1967 §2 Abs1 litb;
UniStG 1997 §4 Z24;
UniStG 1997 §4 Z25;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Zorn, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Kinsky, über die Beschwerde des Mag. JZ in W, vertreten durch Stangl & Ferstl, Rechtsanwaltspartnerschaft in 2700 Wiener Neustadt, Neunkirchnerstraße 34, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom 18. Juni 2004, GZ. RV/0606-W/03, betreffend Familienbeihilfe, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.088,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die am 14. Juli 1983 geborene Tochter des Beschwerdeführers maturierte im Mai 2001 und begann im Wintersemester 2001 an der Wirtschaftsuniversität Wien die Studienrichtung Wirtschaftspädagogik als ordentliche Hörerin. Mit Beginn des nachfolgenden Sommersemesters 2002 wechselte die Tochter des Beschwerdeführers die Studienrichtung, indem sie an der Universität Wien "A301349 Publizistik- und Kommunikationswiss.Italienisch (Stzw)" inskribierte. Die Familienbeihilfe wurde dem Beschwerdeführer für seine Tochter bis inklusive September 2002 gewährt.

Bei der Überprüfung des Anspruches auf Familienbeihilfe nach dem ersten Studienjahr legte der Beschwerdeführer den "Erfolgsnachweis" der Wirtschaftsuniversität Wien vor, wonach seine Tochter in der Studienrichtung Wirtschaftspädagogik im Wintersemester 2001 eine Prüfung im Ausmaß von zwei Semesterwochenstunden positiv abgelegt habe. Nach der vorgelegten, von der Universität Wien ausgestellten "Bestätigung des Studienerfolges im Studienjahr 2001/2002 gemäß § 2 Abs. 1 lit. b des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967" legte die Tochter des Beschwerdeführers in der Studienrichtung "A301349 Publizistik- und Kommunikationswiss.Italienisch(Stzw)" eine Prüfung im Ausmaß von zwei Semesterwochenstunden positiv ab. In einer weiteren von der Universität Wien ausgestellten "Bestätigung des Studienerfolges" wurde u.a. zusätzlich zu dieser positiv abgelegten Prüfung unter der Bezeichnung "349 Italienisch(Stzw)" der positiv abgeschlossene "703311 2002S,Grundkurs Italienisch" im Ausmaß von sechs Semesterwochenstunden, ausgewiesen.

Strittig ist, ob der Beschwerdeführer Anspruch auf Familienbeihilfe für diese Tochter ab Oktober 2002 hat oder nicht.

Im angefochtenen Bescheid führte die belangte Behörde nach einer Darstellung des Verwaltungsgeschehens und einer auszugsweisen Wiedergabe von Gesetzesbestimmungen aus, die Tochter des Beschwerdeführers habe Prüfungen im Umfang von vier Semesterwochenstunden positiv abgelegt. Damit habe der Beschwerdeführer den Nachweis des erforderlichen Studienerfolges im Studienjahr 2001/2002 nicht erbracht. Nach § 7 Universitäts-Studiengesetz in der im Studienjahr 2001/2002 geltenden Fassung habe die Studienkommission in den Studienplänen den Gegenstand, die Art, den Umfang und allenfalls die Reihenfolge der die Fächer bildenden Lehrveranstaltung festzulegen. Die Studienkommission sei berechtigt, im Studienplan als Voraussetzung für die Anmeldung zu Lehrveranstaltungen, deren Verständnis besondere Vorkenntnisse erfordere, den Nachweis dieser Vorkenntnisse durch die positive Beurteilung bei einer oder mehreren Prüfungen oder in anderer zweckmäßiger Form festzulegen. Der von der Tochter des Beschwerdeführers positiv abgelegte "Grundkurs Italienisch" sei keine im Studienplan für Italienisch enthaltene Pflichtlehrveranstaltung und sei auch als Wahlfach nicht wählbar. Es sei daher nicht von Bedeutung, dass die Tochter des Beschwerdeführers sich diese Vorkenntnisse vor Beginn des Sommersemesters 2002 nicht habe aneignen können. Die Auffassung des Beschwerdeführers, die Absolvierung des "Grundkurses Italienisch" stelle eine Ausbildung im Sinne des Familienlastenausgleichsgesetzes dar, gehe ins Leere, weil er während dieses Zeitraumes ohnehin die Familienbeihilfe bezogen habe. Der Anspruch auf Familienbeihilfe ab Oktober 2002 bestünde nur dann, wenn aus dem Studienjahr 2001/2002, unabhängig vom Wechsel des Studiums, die Ablegung von Prüfungen aus Pflicht- und Wahlfächern des betriebenen Studiums im Gesamtumfang von acht Semesterwochenstunden durch Bestätigungen der in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannten Einrichtungen hätten nachgewiesen werden können.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

Gesetzliche Grundlage des Anspruches des Beschwerdeführers auf Familienbeihilfe für seine Tochter ist § 2 Abs. 1 lit. b Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (kurz: FLAG 1967); diese Bestimmung lautet in der für den Streitzeitraum geltenden Fassung (BGBl. I Nr. 23/1999) wie folgt:

"§ 2. (1) Anspruch auf Familienbeihilfe haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben,

...

b) für volljährige Kinder, die das 26. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. Bei volljährigen Kindern, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten. Wird ein Studienabschnitt in der vorgesehenen Studienzeit absolviert, kann einem weiteren Studienabschnitt ein Semester zugerechnet werden. Die Studienzeit wird durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis (z.B. Krankheit) oder nachgewiesenes Auslandsstudium verlängert. Dabei bewirkt eine Studienbehinderung von jeweils drei Monaten eine Verlängerung der Studienzeit um ein Semester. Zeiten als Studentenvertreterin oder Studentenvertreter nach dem Hochschülerschaftsgesetz 1998, BGBl. I Nr. 22/1999, sind unter Berücksichtigung der Funktion und der zeitlichen Inanspruchnahme bis zum Höchstausmaß von vier Semestern nicht in die zur Erlangung der Familienbeihilfe vorgesehene höchstzulässige Studienzeit einzurechnen. Gleiches gilt für die Vorsitzenden und die Sprecher der Heimvertretungen nach dem Studentenheimgesetz, BGBl. Nr. 291/1986. Der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie hat durch Verordnung die näheren Voraussetzungen für diese Nichteinrechnung festzulegen. Zeiten des Mutterschutzes sowie die Pflege und Erziehung eines eigenen Kindes bis zur Vollendung des zweiten Lebensjahres hemmen den Ablauf der Studienzeit. Bei einem Studienwechsel gelten die in § 17 Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305, angeführten Regelungen auch für den Anspruch auf Familienbeihilfe. Die Aufnahme als ordentlicher Hörer gilt als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr. Anspruch ab dem zweiten Studienjahr besteht nur dann, wenn für ein vorhergehendes Studienjahr die Ablegung einer Teilprüfung der ersten Diplomprüfung oder des ersten Rigorosums oder von Prüfungen aus Pflicht- und Wahlfächern des betriebenen Studiums im Gesamtumfang von acht Semesterwochenstunden nachgewiesen wird. Der Nachweis ist unabhängig von einem Wechsel der Einrichtung oder des Studiums durch Bestätigungen der in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannten Einrichtungen zu erbringen. Für die Verlängerung des Nachweiszeitraumes gelten die für die Verlängerung der Studienzeit genannten Gründe sinngemäß, ..."

Der verwiesene § 17 Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305, lautet in der anzuwendenden Fassung des BGBl. I Nr. 76/2000, auszugsweise wie folgt:

"§ 17. (1) Ein günstiger Studienerfolg liegt nicht vor, wenn der Studierende

1.

das Studium öfter als zweimal gewechselt hat oder

2.

das Studium nach dem jeweils dritten inskribierten Semester (nach dem zweiten Ausbildungsjahr) gewechselt hat oder

              3.              nach einem Studienwechsel aus dem vorhergehenden Studium keinen günstigen Studienerfolg nachgewiesen hat, bis zum Nachweis eines günstigen Studienerfolges aus dem neuen Studium.

...

(4) Ein Studienwechsel im Sinne des Abs. 1 Z 2 ist nicht mehr zu beachten, wenn der Studierende in dem nunmehr gewählten Studium so viele Semester wie in den vor dem Studienwechsel betriebenen Studien zurückgelegt hat."

Der Beschwerdeführer meint, der Studienwechsel seiner Tochter sei keineswegs als beihilfenschädlich anzusehen.

Der Anspruch des Beschwerdeführers auf Familienbeihilfe ab dem zweiten Studienjahr seiner Tochter erfordert den Nachweis des Erfolges im ersten Studienjahr. Der in diesem Studienjahr vorgenommene Wechsel des Studiums begründet keinen ungünstigen Studienerfolg im Sinne des § 17 Abs. 1 Studienförderungsgesetz 1992. Ein Fall der Z. 1 und 2 dieser Bestimmung liegt nicht vor, die Z. 3 dagegen ordnet die Anrechnung des Studienerfolges aus dem vorhergehenden Studium an. Da das vorhergehende Studium nur während eines Semesters betrieben wurde, kommt es für das erste Studienjahr zur Zusammenrechnung des Erfolges im vorhergehenden Studium und im neuen Studium. Die belangte Behörde hat dies berücksichtigt. Die Ausführungen in der Beschwerde, der Studienwechsel sei nicht beihilfenschädlich, gehen daher ins Leere.

Der Nachweiszeitraum für den Anspruch auf Familienbeihilfe ist daher das erste Studienjahr der Tochter des Beschwerdeführers, in dem sie ein Semester Wirtschaftspädagogik und ein Semester "A301349 Publizistik- und Kommunikationswiss.Italienisch (Stzw)" studierte.

Die Beschwerde meint, dem "Grundkurs Italienisch" komme unabhängig vom Vorliegen einer "FLAG relevanten Studienkennzahl" die Qualität eines Pflicht- oder Wahlfaches im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 zu, weil diese Lehrveranstaltung laut der vorgelegten Bestätigung des Institutes für Romanistik vorgeschrieben sei.

Die belangte Behörde vertritt dagegen die Auffassung, der verpflichtend zu erbringende Nachweis von Vorkenntnissen könne nicht einer Prüfung aus einem Pflicht- oder Wahlfach gleich gestellt werden.

Die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens gehen übereinstimmend davon aus, dass

1. die Tochter des Beschwerdeführers den mit "703311 2002 S" bezeichneten Grundkurs Italienisch mit 6 Semesterstunden positiv absolviert hat,

2. nach den studienrechtlichen Bestimmungen dieser Kurs mangels Vorkenntnissen der Tochter von ihr, um das Studium

"A 301349 Publizistik- und Kommunikationswiss. Italienisch" absolvieren zu können, verpflichtend zu belegen war, und

3. der Kurs kein Pflicht- oder Wahlfach des betriebenen Studiums darstellt.

§ 2 Abs. 1 lit. b FLAG verlangt für den Anspruch auf Familienbeihilfe ab dem zweiten Studienjahr den Nachweis der Ablegung u.a. von Prüfungen aus Pflicht- und Wahlfächern des betriebenen Studiums im Gesamtumfang von 8 Semesterwochenstunden. Nach § 4 Z. 24 des im Beschwerdefall noch anzuwendenden Universitäts-Studiengesetzes, BGBl. I Nr. 48/1997, sind Pflichtfächer die für ein Studium kennzeichnenden Fächer, deren Vermittlung unverzichtbar ist, und über die Prüfungen abzulegen sind. Wahlfächer sind die Fächer, aus denen die Studierenden einerseits nach den im Studienplan festgelegten Bedingungen und andererseits frei aus den Lehrveranstaltungen aller anerkannten inländischen und ausländischen Universitäten und Hochschulen auszuwählen haben, und darüber die Prüfungen abzulegen sind (§ 4 Z. 25 leg. cit.). Den Pflicht- und Wahlfächern ist somit gemeinsam, dass sie für das betriebene Studium erforderlich und darüber hinaus Prüfungen abzulegen sind. Diese Voraussetzungen treffen bei Mangel an Vorkenntnissen auch auf den von der Tochter des Beschwerdeführers positiv abgeschlossenen "Grundkurs Italienisch" zu. Der Kurs ist nach den unstrittigen Sachverhaltsannahmen Voraussetzung für den Abschluss des betriebenen Studiums. Über diesen Grundkurs ist eine Prüfung abzulegen. Stellt sich aber der genannte Grundkurs für die Tochter des Beschwerdeführers als unabdingbare Voraussetzung für das von ihr betriebene Studium dar und hat sie darüber eine Prüfung mit positivem Ergebnis abgelegt, ist die Absolvierung des Kurses einem Wahl- oder Pflichtfach gleichzusetzen.

Da die belangte Behörde dies verkannt hat, hat sie den Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet, sodass dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Die Kostenentscheidung gründet sich im Rahmen des gestellten Begehrens auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 21. Juni 2007

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2004150112.X00

Im RIS seit

17.08.2007
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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