TE Vwgh Erkenntnis 2007/6/21 2004/10/0095

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Veröffentlicht am 21.06.2007
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Index

80/02 Forstrecht;

Norm

ForstG 1975 §13 idF 2002/I/059;
ForstG 1975 §17 Abs2 idF 2002/I/059;
ForstG 1975 §17 Abs3 idF 2002/I/059;
ForstG 1975 §17 Abs4 idF 2002/I/059;
ForstG 1975 §18 Abs3 idF 2002/I/059;
ForstG 1975 §6 Abs2 idF 2002/I/059;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner sowie den Senatspräsidenten Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Köhler und Dr. Schick als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hofer, über die Beschwerde des J W in V, vertreten durch Dr. Anton Mikosch, Rechtsanwalt in 9020 Klagenfurt, Alter Platz 28, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom 28. April 2004, Zl. 11-FOB-123/3- 2004, betreffend Rodungsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Am 2. Juni 2003 beantragte der Beschwerdeführer die Erteilung einer Rodungsbewilligung für die Grundstücke Nr. 418/1 (985 m2) und 418/7 (715 m2) KG A. zum Zweck der Errichtung von zwei Einfamilienhäusern. Er legte dar, die Parzellen seien im Flächenwidmungsplan der Marktgemeinde Velden am Wörthersee als "Bauland-Kurgebiet" ausgewiesen.

Mit Bescheid vom 22. Oktober 2003 wies die Bezirkshauptmannschaft Villach diesen Antrag ab. Begründend wurde dargelegt, die zur Rodung vorgesehene Fläche werde im Norden und Westen von Bauland, im Süden von den im Jahr 2001 kahl geschlägerten Stammparzellen, im Südosten von einer Waldparzelle (stufiger Fichten-Kiefern-Buchenwald) und im Westen von der Keutschacher Landesstraße begrenzt. Die zur Rodung vorgesehene Fläche sei Teil eines großen und ausgedehnten Waldkomplexes südlich der Ortschaft Velden bzw. des Wörthersees, der lediglich von einigen Straßen und Bauflächen unterbrochen werde. Dieser Waldkomplex sei im Waldentwicklungsplan mit der Kennziffer 123 (normale Schutzfunktion, mittlere Wohlfahrtsfunktion und hohe Erholungsfunktion) ausgewiesen. Die hohe Erholungsfunktion der Waldfläche sei durch die Lage im Kurgebiet begründet. Die Waldausstattung der Katastralgemeinde A. betrage 40,2 %, die Waldausstattung der Gemeinde Velden 46 % und des Forstbezirkes Villach 63,5 %. Die Waldflächenbilanz sei in den letzten 20 Jahren gleich bleibend. Die Fläche weise zur Zeit eine üppige ca. 1 m hohe Schlagvegetation auf. im Jahr 1996 sei ohne forstrechtliche Genehmigung ein Kahlschlag angelegt und der Oberboden abgezogen worden. Seither habe sich an einigen Stellen Naturverjüngung eingestellt, die aber sehr stark von Brombeere verdämmt sei. Im Jahr 2001 sei die Naturverjüngung neuerlich zur Gänze entfernt worden. Der in Rede stehende Waldteil stelle einen Waldgürtel zwischen den Siedlungen des Lweges, der Keutschacher Landesstraße und einer Großtankstelle mit einer Breite von 130 m dar. Der Waldteil, der den westlichsten Teil eines ca. 20 ha großen Waldkomplexes südlich der Wörthersee-Süduferstraße bis zum nächsten Siedlungsgebiet in Unterjeserz darstelle, habe die Fähigkeit der ausgleichenden Wirkung auf Temperatur und Wind. Ein häufig benützter Waldweg führe durch die Fläche. Die beabsichtigte Rodung würde zum Wegfall der positiven Wirkungen des Waldes auf einer Fläche von 7.000 m2 führen. Erhöhte Windwirkung, größere Staub-, Lärm- und Abgasemissionen auf den Siedlungsbereich am Lweg seien zu erwarten. Das dargestellte Interesse an der Walderhaltung sei höher zu bewerten als jenes am Rodungszweck. Die Markgemeinde Velden verfüge über eine geradezu gewaltige Baulandreserve von fast 2,5 Mio. m2, wovon allein auf die Kategorie Kurgebiet über 900.000 m2 entfielen. Es komme § 15 Abs. 4 Kärntner Gemeindeplanungsgesetz 1995 für die Fläche zum Tragen, wonach unbebaute Grundflächen in Grünland rückzuwidmen seien, wenn die Baulandreserven in der Gemeinde unter Berücksichtigung der Bauflächenbilanz den abschätzbaren Baulandbedarf nach den einzelnen Baugebieten innerhalb eines Planungszeitraumes von 10 Jahren überstiegen. Im Hinblick auf das Bestehen der Baulandreserve seien die seinerzeitigen Widmungserwägungen des Jahres 1978 nicht mehr aktuell.

Der Beschwerdeführer erhob Berufung. Er legte dar, die Grundstücke seien durch Liegenschaftsteilung entstanden. Die Bebauung der beiden Grundstücke würde eine Abrundung eines geschlossenen Siedlungsgebietes darstellen. Der Hinweis auf das Entwicklungskonzept der Marktgemeinde Velden sei nicht zielführend. Darin könnten sich "höchstens" Empfehlungen finden. Der Umstand, dass das Entwicklungskonzept an der Baulandflächenwidmung der beiden Grundstücke nicht festhalte, könne nicht ausschlaggebend für die Bewilligung der Rodung sein. Das öffentliche Interesse an der Bebauung der beiden Grundstücke ergebe sich insbesondere daraus, dass damit eine abgerundete Siedlung entstünde. Die Walderhaltung trete daher in den Hintergrund, zumal die Flächen schon vor Jahren geschlägert worden seien. Der Beschwerdeführer sei aber bereit, einen angemessenen Beitrag für eine Ersatzaufforstung zu leisten.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ab. Begründend wurde nach Darstellung des Verfahrensganges und Hinweisen auf die Rechtslage (§ 17 Abs. 1 bis 4 ForstG) dargelegt, aus der gemäß § 17 Abs. 5 ForstG eingeholten Stellungnahme der Marktgemeinde Velden gehe hervor, dass die rechnerische Baulandreserve der Marktgemeinde Velden in der Kategorie "Kurgebiet" laut Flächenbilanz vom 4. September 2002

578.100 m2 betrage. Die Gesamtfläche des Kurgebietes betrage 1,688.619 m2. Die Marktgemeinde Velden habe auch darauf hingewiesen, dass die in Rede stehenden Grundflächen infrastrukturell erschlossen und für die Bebauung geeignet seien. Aus dem Gutachten des forstlichen Amtssachverständigen ergebe sich, dass die geplante Bebauung der betroffenen Grundstücke keine Abrundung eines geschlossenen Siedlungsgebietes darstelle, weil die Grundstücke an drei Seiten von Waldgrundstücken umgeben seien und sich daraus eine ungünstige Waldabgrenzung ergebe. Die Wohlfahrtsfunktion der in Rede stehenden Waldflächen sei mittel und die Erholungswirkung hoch; daraus ergebe sich ein besonderes öffentliches Interesse an der Walderhaltung. Die Grundstücke befänden sich zum verbauten Gebiet in Randlage; ihre Bebauung würde zu einer ungünstigen Besiedlungsstruktur führen. Darauf werde auch im Entwicklungskonzept der Marktgemeinde Velden des Jahres 1996 hingewiesen. Die Grundstücke seien bereits im Jahre 2002 Gegenstand eines Rodungsantrages gewesen, der mit Bescheid vom 11. September 2002 rechtskräftig abgewiesen worden sei. Entschiedene Sache liege jedoch im Hinblick auf den Rodungszweck und die vom Rodungsantrag erfasste Fläche nicht vor. Im Hinblick darauf, dass im Bereich der Marktgemeinde Velden eine ausreichende Baulandreserve im Kurgebiet vorhanden sei, überwiege das oben näher dargelegte Interesse an der Walderhaltung. Davon ausgehend könne die Rodung auch nicht im Hinblick auf das Anbot einer Ersatzaufforstung bewilligt werden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend macht.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der verfahrenseinleitende Rodungsantrag langte nach Ausweis der Verwaltungsakten am 2. Juni 2003 und somit nach dem gemäß § 179 Abs. 6 ForstG 1975 idF des Verwaltungsreformgesetzes 2001, BGBl. I Nr. 65/2002, maßgeblichen Stichtag für das Auslaufen der Übergangsregelung betreffend § 170 Abs. 7 ForstG ForstG 1975 idF BGBl. Nr. 257/1993 (wonach in den Angelegenheiten der ... § 19Abs. 1 lit. b der Instanzenzug beim Bundesminister für Land - und Forstwirtschaft endet), dem 31. Juli 2002, ein. Im vorliegenden Verwaltungsverfahren endete der Instanzenzug daher beim Landeshauptmann (vgl. dazu die Beschlüsse des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. November 2002, Zl. 2001/10/0088, und vom 12. September 2005, Zl. 2004/10/0179).

§ 17 Forstgesetz 1975, BGBl. Nr. 440, in der Fassung BGBl. I Nr. 59/2002 (ForstG) lautet:

"Rodung

§ 17. (1) Die Verwendung von Waldboden zu anderen Zwecken als für solche der Waldkultur (Rodung) ist verboten.

(2) Unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 1 kann die Behörde eine Bewilligung zur Rodung erteilen, wenn ein besonderes öffentliches Interesse an der Erhaltung dieser Fläche als Wald nicht entgegensteht.

(3) Kann eine Bewilligung nach Abs. 2 nicht erteilt werden, kann die Behörde eine Bewilligung zur Rodung dann erteilen, wenn ein öffentliches Interesse an einer anderen Verwendung der zur Rodung beantragten Fläche das öffentliche Interesse an der Erhaltung dieser Fläche als Wald überwiegt.

(4) Öffentliche Interessen an einer anderen Verwendung im Sinne des Abs. 3 sind insbesondere begründet in der umfassenden Landesverteidigung, im Eisenbahn-, Luft- oder öffentlichen Straßenverkehr, im Post- oder öffentlichen Fernmeldewesen, im Bergbau, im Wasserbau, in der Energiewirtschaft, in der Agrarstrukturverbesserung, im Siedlungswesen oder im Naturschutz.

(5) Bei der Beurteilung des öffentlichen Interesses im Sinne des Abs. 2 oder bei der Abwägung der öffentlichen Interessen im Sinne des Abs. 3 hat die Behörde insbesondere auf eine die erforderlichen Wirkungen des Waldes gewährleistende Waldausstattung Bedacht zu nehmen. Unter dieser Voraussetzung sind die Zielsetzungen der Raumordnung zu berücksichtigen.

(6) ..."

Dem angefochtenen Bescheid liegt die Annahme zu Grunde, dass den in Rede stehenden Waldflächen als "mittel" zu bewertende Wohlfahrtsfunktion und hohe Erholungsfunktion zukämen; dies wird auch von der Beschwerde nicht in Zweifel gezogen. Ein Fall des § 17 Abs. 2 ForstG liegt daher nicht vor. Die beantragte Rodung könnte daher nur auf Grund eines Überwiegens des öffentlichen Interesses an der geplanten anderen Verwendung der zur Rodung beantragten Fläche gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Erhaltung dieser Fläche als Wald im Sinne des § 17 Abs. 3 ForstG bewilligt werden.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es im Rahmen einer im Grunde des § 17 Abs. 2 ForstG (nunmehr: § 17 Abs. 3 ForstG) ergehenden Entscheidung Sache der Forstbehörde, gestützt auf entsprechende Ermittlungsergebnisse in einer der nachprüfenden Kontrolle zugänglichen Weise darzulegen, ob und inwiefern am dargelegten Rodungszweck ein öffentliches Interesse besteht und gegebenenfalls, ob und aus welchen Gründen dieses öffentliche Interesse jenes an der Erhaltung der zur Rodung beantragten Fläche als Wald überwiegt. Die von der Forstbehörde vorzunehmende Interessenabwägung setzt somit voraus, dass zunächst festgestellt wird, ob und in welchem Ausmaß ein öffentliches Interesse an einer anderen Verwendung der zur Rodung beantragten Fläche besteht (vgl. z.B. die Erkenntnisse vom 14. September 2004, Zl. 2001/10/0072, und vom 27. August 2002, Zl. 2000/10/0025, und die dort zitierte Vorjudikatur).

Der Beschwerdeführer begründet das Rodungsvorhaben mit der Absicht, auf den in Rede stehenden Flächen Einfamilienhäuser zu errichten; ein öffentliches Interesse an der Ausführung dieses Vorhabens erachtet die Beschwerde (vor allem) im Hinblick auf den Ausweis der Flächen als "Bauland - Kurgebiet" im Flächenwidmungsplan der Gemeinde (seit dem Jahr 1977) und in der Aufschließung der Grundstücke mit "allen Anschlüssen, die für den Bau zweier Einfamilienhäuser erforderlich sind", als gegeben. Es stellt sich im Beschwerdefall somit die Frage nach einem im "Siedlungswesen" (vgl. die Aufzählung in § 17 Abs. 4 ForstG) begründeten öffentlichen Interesse.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt ein im Siedlungswesen begründetes öffentliches Interesse jedenfalls dann vor, wenn Grundflächen der Verwirklichung eines nach dem Flächenwidmungsplan zulässigen Bauvorhabens dienen sollen. Dieser Umstand vermag aber noch nicht das Überwiegen dieses öffentlichen Interesses gegenüber jenem an der Walderhaltung zu begründen. Selbst wenn nämlich die Rodungsfläche in einem bereits bestehenden Flächenwidmungsplan der Gemeinde als Bauplatz ausgewiesen ist, bedeutet dies noch nicht, dass eine Verwirklichung dieser anderen Widmung entgegen dem Grundsatz der Walderhaltung auf jeden Fall zulässig wäre; es hat vielmehr die Forstbehörde festzustellen, ob die erforderliche Rodungsbewilligung auf Grund der forstrechtlichen Vorschriften als im öffentlichen Interesse gelegen zu erteilen ist. Die Verwirklichung der von der Gemeinde vorgesehenen anderen Verwendung einer Waldfläche ist in jedem Fall von der Entscheidung der Forstbehörde abhängig, die auf einer dem Gesetz entsprechenden Interessenabwägung beruhen muss (vgl. z. B. die Erkenntnisse vom 6. Mai 1996, Zl. 95/10/0272, und vom 25. März 1996, Zl. 95/10/0115, jeweils mwN).

Zur Interessenabwägung gehört die Auseinandersetzung mit den Gründen der Baulandwidmung und den sonstigen in diesem Zusammenhang maßgeblichen Umständen, etwa seither eingetretenen wesentlichen Änderungen der äußeren Gegebenheiten, wie z. B. geänderten Zielsetzungen der örtlichen Raumplanung (vgl. z.B. die Erkenntnisse vom 6. Mai 1996, Zl. 95/10/0272, 19. Dezember 1994, Zl. 94/10/0136, vom 29. März 1995, Zl. 94/10/0130, und vom 25. September 1986, Zl. 83/07/0366). Von einem Überwiegen des öffentlichen Interesses an der Rodung einer Waldfläche für Bauzwecke kann nicht die Rede sein, wenn in der Gemeinde eine ausreichende Baulandreserve auf Nichtwaldflächen vorhanden ist, die für eine Verbauung zur Verfügung steht (vgl. z.B. die Erkenntnisse vom 25. März 1996, Zl. 95/10/0115, und vom 18. April 1994, Zl. 94/10/0007).

Die Beschwerde macht (sinngemäß) geltend, die belangte Behörde habe dem Gesichtspunkt der ausreichenden Baulandreserve im Gemeindegebiet auf Nichtwaldflächen zu Unrecht entscheidende Bedeutung beigemessen. Sie habe dabei übersehen, dass nach dem (auszugsweise zitierten) Entwicklungsprogramm für den Kärntner Zentralraum, LGBl. Nr. 39/1977, "als Bauland gewidmete Flächen differenziert nach Erschließungsfaktoren wie Wasser- und Kanalanschlüsse, Anbindung an das Straßennetz und sonstige infrastrukturelle Einrichtungen beurteilt und dadurch Baugenehmigungen auf jenen Grundstücken bevorzugt zu erteilen sind, deren Erschließung weiter fortgeschritten und somit günstiger für die Gemeinde als auch den Bauwerber bewerkstelligt werden können". Die belangte Behörde habe nicht berücksichtigt, dass die Grundstücke des Beschwerdeführers auf Grund ihrer Lage und Aufschließung mühelos und ohne großen Kostenaufwand bebaut werden könnten, was zu einer Abrundung eines abgeschlossenen dicht bewohnten Siedlungsgebietes führen würde. Die von der Behörde festgestellten Waldfunktionen würden im Hinblick auf die geringe Größe der Flächen nicht wesentlich beeinträchtigt, zumal (nach Durchführung von Schlägerungen) "auf den zu rodenden Flächen kein Wald im Sinne des Forstgesetzes besteht". Auch das Angebot des Beschwerdeführers auf Durchführung einer Ersatzaufforstung sei nicht genützt worden.

Bei dem von der Beschwerde zitierten "Entwicklungsprogramm Kärntner Zentralraum" handelt es sich um die gemäß § 3 Kärntner Raumordnungsgesetz, LGBl. Nr. 76/1969, erlassene Verordnung der Kärntner Landesregierung vom 14. Juni 1977, mit der ein Entwicklungsprogramm für den Kärntner Zentralraum erlassen wird. Nach der soeben zitierten Vorschrift des ROG hat die Landesregierung in Übereinstimmung mit den Zielen und Grundsätzen der Raumordnung (§ 2) durch Verordnung Entwicklungsprogramme aufzustellen, die die angestrebten Ziele für die Gestaltung und Entwicklung des jeweiligen Planungsraumes (Abs. 2) festzulegen und die zur Erreichung erforderlichen Maßnahmen aufzuzeigen haben. Bei den - von der Beschwerde zitierten - Darlegungen in 4.9. der Anlage 1 der Verordnung, wonach "Bauland in Hinkunft nur dann ausgewiesen werden darf, wenn der erforderliche Aufwand für die Erschließung und Versorgung angemessen ist" und "durch eine Gliederung des Baulandes in Aufschließungszonen, die entsprechend dem Bedarf und den finanziellen Möglichkeiten der Gemeinden, aber auch unter Bedachtnahme auf den Umweltschutz zu erschließen sind, eine wirtschaftliche und konzentrierte Siedlungstätigkeit angestrebt werden soll", handelt es sich somit um Vorgaben für die regionalen Entwicklungsprogramme und die örtliche Raumplanung im Sinne von § 3 Abs. 4 Ktn ROG. Den oben wiedergegebenen (allgemeinen, auf den gesamten "Kärntner Zentralraum" bezogenen) Vorgaben ist jedoch nichts zu entnehmen, was im konkreten, hier vorliegenden Fall im Zusammenhang mit der hier entscheidenden Frage des Gewichts des öffentlichen Interesses an der Bebauung der in Rede stehenden Waldgrundstücke von ausschlaggebender Bedeutung wäre. Zwar ist der von der Beschwerde in den Mittelpunkt gerückte Gesichtspunkt der "Aufschließung" der Grundstücke - den die Beschwerde offenbar als einen die Übereinstimmung der Baulandwidmung mit den überörtlichen Planungszielen dokumentierenden Umstand ansieht - im Zusammenhang mit der Frage des Gewichts des öffentlichen Interesses an der Bebauung im Allgemeinen nicht gänzlich ohne Bedeutung. Im Beschwerdefall kann jedoch mit dem Hinweis auf diesen Umstand keine Mangelhaftigkeit der von der belangten Behörde vorgenommenen Interessenabwägung aufgezeigt werden, weil - zum Einen - die belangte Behörde ihrem Bescheid eine entsprechende Feststellung zu Grunde gelegt hat und somit keine Unvollständigkeit des Abwägungsmaterials vorliegt. Zum Anderen kann keinesfalls gesagt werden, dass in Fällen wie dem vorliegenden die Aufschließung eines zur Rodung zwecks Bebauung in Aussicht genommenen Grundstückes jedenfalls zum Überwiegen des öffentlichen Interesses am Siedlungswesen gegenüber dem Interesse an der Walderhaltung führte. Es ist daher unter dem erwähnten Gesichtspunkt nicht zu beanstanden, dass die belangte Behörde dem Bestehen einer Baulandreserve der Gemeinde im Kurgebiet von mehr als einem Drittel der gesamten als Kurgebiet gewidmeten Fläche entscheidende Bedeutung beimaß, zumal selbst die Beschwerde nicht behauptet, dass diese Baulandreserve sich zu einem maßgeblichen Teil auf Waldgrundstücke erstrecke.

Mit der Beschwerdebehauptung, die Bebauung der in Rede stehenden Grundstücke würde zur Abrundung eines abgeschlossenen dicht bewohnten Siedlungsgebietes führen, wird nicht konkret vorgebracht, dass die Bebauung der in Rede stehenden Grundstücke die Schließung einer sogenannten "Baulücke" bezwecke. Damit wird der - im Einklang mit den im Verwaltungsakt enthaltenen Planunterlagen stehende - Feststellung der belangten Behörde, wonach die Flächen aus dem Siedlungsgebiet "hervorspringen", sie an drei Seiten von Wald umgeben seien und ihre Bebauung zu einer ungünstigen Besiedlungsstruktur führen würde, nichts Relevantes entgegengehalten.

Auch mit ihrem Hinweis auf das von ihr als "gering" erachtete Ausmaß der zur Rodung in Aussicht genommenen Fläche zeigt die Beschwerde nicht konkret auf, dass dem Interesse an der Erhaltung der Waldeigenschaft der in Rede stehenden Flächen im vorliegenden Fall ein geringeres Gewicht zukäme als dem öffentlichen Interesse an der Bebauung eben dieser Flächen.

Die von der Beschwerde erhobene Behauptung, der forstliche Bewuchs auf den in Rede stehenden Flächen sei schon vor Jahren entfernt worden, ist ebenfalls nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Die - gegebenenfalls unabhängig vom Vorhandensein eines forstlichen Bewuchses bestehende - Waldeigenschaft der Flächen (vgl. dazu die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. März 2002, Zl. 99/10/0277, und vom 27. April 2000, Zl. 98/10/0374) war im Verwaltungsverfahren (und ist auch in der Beschwerde) nicht strittig. Ebenso wenig ist das Gewicht des öffentlichen Interesses an der Walderhaltung allein am bestehenden Bewuchs zu messen; vielmehr geht es im Grunde des § 17 Abs. 3 ForstG um die "Erhaltung dieser Fläche als Wald" und im gegebenen Zusammenhang somit um die Eignung der in Rede stehenden Fläche, eine oder mehrere der in § 6 Abs. 2 ForstG aufgezählten Wirkungen des Waldes auszuüben (vgl. die in Brawenz/Kind/Reindl, ForstG3, E. 1 zu § 6 referierte Rechtsprechung); in diesem Zusammenhang ist auch an die Pflichten des Waldeigentümers zur Walderhaltung, insbesondere die Wiederbewaldungspflicht (vgl. § 13 ForstG) zu erinnern.

Die Beschwerde zeigt auch mit ihrem Hinweis auf die Anregung des Beschwerdeführers, die Behörde möge ihm gemäß § 18 ForstG (gemeint offenbar: § 18 Abs. 3 ForstG) einen Geldbetrag vorschreiben, der den Kosten der Neuaufforstung der Rodefläche entspricht, keine Mangelhaftigkeit der von der belangten Behörde vorgenommenen Abwägung der öffentlichen Interessen auf. Das Angebot einer Ersatzaufforstung ist für die Prüfung der Berechtigung eines Rodungsantrages nicht wesentlich (vgl. z.B. die Erkenntnisse vom 25. März 1996, Zl. 95/10/0115, und vom 22. März 1993, Zl. 92/10/0358); ebenso wenig ist ein Angebot auf Leistung eines Geldbetrages nach § 18 Abs. 3 ForstG geeignet, im Rahmen der Interessenabwägung ins Kalkül gezogen zu werden.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003; über das Begehren der Behörde konnte nicht hinausgegangen werden.

Wien, am 21. Juni 2007

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2004100095.X00

Im RIS seit

13.07.2007

Zuletzt aktualisiert am

21.06.2016
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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