TE Vfgh Erkenntnis 2002/11/25 B46/00

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Veröffentlicht am 25.11.2002
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Index

97 Vergabewesen
97/01 Vergabewesen

Norm

B-VG Art83 Abs2
ASVG §135 Abs5
ASVG §144 Abs4
BundesvergabeG 1997 §12 Abs1 Z1
BundesvergabeG 1997 §113 Abs3
Satzung der Nö Gebietskrankenkasse §43

Leitsatz

Keine Verletzung im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter durch Zurückweisung des Nachprüfungsantrags eines Rettungs- und Krankentransportunternehmens wegen Unzuständigkeit des Bundesvergabeamtes; Direktverrechnungsverträge zwischen Nö Gebietskrankenkasse und Krankentransportunternehmen über die Abwicklung des Kostenersatzes keine den vergaberechtlichen Regelungen unterliegenden Verträge

Spruch

Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Der Beschwerdeführer ist schuldig, der beteiligten Partei die mit € 1.962,-- bestimmten Prozesskosten zu Handen ihrer Rechtsvertreter binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Der Beschwerdeführer betreibt ein Rettungs- und Krankentransportunternehmen. Mit Antrag vom 26. Mai 1999 beantragte er beim Bundesvergabeamt (BVA) die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens und behauptete eine Verletzung des Bundesvergabegesetzes 1997 (BVergG) durch die Niederösterreichische Gebietskrankenkasse (NÖ GKK). Wiederholt hätte sich der Beschwerdeführer um den Abschluss einer Vereinbarung mit der NÖ GKK bemüht, wodurch zwischen ihm und dieser eine Direktverrechnung für die Erbringung von Krankentransportleistungen von Pflichtversicherten ermöglicht hätte werden sollen. Ein solcher Direktverrechnungsvertrag bestünde bereits zwischen der NÖ GKK und anderen mitbewerbenden Rettungsverbänden. Die gegenständlichen Krankentransportleistungen wären als sog. "prioritäre Dienstleistungen" im Sinne des Anhangs III zum BVergG anzusehen, deren Vergabe uneingeschränkt dem BVergG unterliegen würde, und zwar auch in der von der NÖ GKK gewählten Form eines Direktverrechnungsvertrages. Aus diesen Gründen beantragte der Beschwerdeführer die bescheidmäßige Feststellung, dass die NÖ GKK gegen das BVergG dadurch verstoßen habe, dass sie das Vergabeverfahren betreffend die gegenständlichen Leistungen nicht bekannt gemacht, die Leistungen im Verhandlungsverfahren vergeben und den Beschwerdeführer dadurch diskriminiert habe, dass sie diesen zu den Verhandlungen nicht eingeladen habe. Aufgrund der konstatierten Rechtswidrigkeiten sei ihm der Zuschlag zu Unrecht verweigert worden.

2. Mit Bescheid des BVA vom 22. November 1999 wurden sämtliche Anträge "gemäß §113 Abs3 BVergG iVm §12 Abs1 Z1 BVergG wegen Unzuständigkeit zurückgewiesen". Die Vergabe der vom Beschwerdeführer angesprochenen Dienstleistungen würde nicht dem BVergG, sondern den Landesvergabegesetzen unterliegen. Das BVA begründete dies u.a. wie folgt:

"... Die Antragsgegnerin hat mit dem Österreichischen Roten Kreuz, Landesverband NÖ, und dem Arbeitersamariterbund, Landesverband NÖ, Rahmenverträge für die Direktverrechnung von Krankentransportleistungen abgeschlossen, welche die Übernahme der Kosten für die Beförderung erkrankter Versicherter und sonstiger Anspruchsberechtigter durch die Antragsgegnerin regeln. Daneben steht es dem transportierten Versicherten frei, die Rechnung über den durchgeführten Krankentransport auch nachträglich bei der Antragsgegnerin einzureichen und wird dafür Kostenersatz aufgrund des gesetzlichen Versicherungsverhältnisses erhalten. Vertragsgegenstand ist somit nicht die Erbringung einer Dienstleistung sondern die Festlegung der Höhe des direkt verrechenbaren Entgelts."

Das BVA verweist sodann darauf, dass die Gewährleistung der flächendeckenden Versorgung mit Kranken- und Rettungstransporten in niederösterreichischen Gemeinden nach dem NÖ Gemeinde-Rettungsdienstgesetz von den Gemeinden im eigenen Wirkungsbereich zu besorgen sei. Es sei daher Sache der Gemeinden, sofern sie nicht selbst einen Gemeinde-Rettungs- und Krankenbeförderungsdienst betreiben, diesen durch Abschluss eines Vertrages mit physischen oder juristischen Personen, die über geeignete Einrichtungen verfügen, sicherzustellen. Für die Auftragsvergabe durch Gemeinden gelte aber das BVergG nach seinem §12 Abs1 Z1 nicht.

3. a) Gegen diesen Bescheid richtet sich die auf Art144 Abs1 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter sowie auf Gleichheit vor dem Gesetz behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des Bescheides begehrt wird.

Begründend führt der Beschwerdeführer aus, das BVA habe den Inhalt seines Nachprüfungsantrags verkannt. Dieser hätte sich gegen den Abschluss eines Direktverrechnungsvertrages der Auftraggeberin mit einem Mitbewerber gerichtet, nicht aber die Gewährleistung der flächendeckenden Versorgung mit Kranken- und Rettungstransporten in niederösterreichischen Gemeinden zum Gegenstand gehabt. Dass die Gemeinden zur Gewährleistung der flächendeckenden Grundversorgung mit Kranken- und Rettungstransporten zuständig seien, sei von ihm nicht bestritten worden. Im Ergebnis würden zwei unterschiedliche Auftragsvergaben vorliegen: Zum einen die Vergabe von Kranken- und Rettungstransportleistungen, die die NÖ GKK ihren Versicherten nach dem Sozialversicherungsrecht als Sachleistung zur Verfügung zu stellen habe, zum anderen die Vergaben betreffend die Gewährleistung einer Grundversorgung mit Kranken- und Rettungstransporten in den einzelnen niederösterreichischen Gemeinden durch diese selbst. Sein Antrag habe sich auf die Vereinbarung über Krankentransportleistungen für die NÖ GKK bezogen; diese regle nicht die Sicherstellung einer Mindestinfrastruktur an Kranken- und Rettungstransporteinrichtungen, sondern die Erbringung von Transportleistungen für die Versicherten der NÖ GKK. U.a. führt die Beschwerde aus:

"Ausdrücklich bestimmen §1 und 2, daß Gegenstand dieser zwischen der NÖ GKK und ÖRK abgeschlossenen Vereinbarung die Beförderung von erkrankten Versicherten mit Krankenwagen ist.

...

Auch die NÖ GKK wird zum Abschluß von Verträgen mit Krankentransportunternehmen gesetzlich angehalten (§135 Abs5 ASVG, §144 Abs5 ASVG und §43 Abs2 Mustersatzung).

...

Zu den ausschreibungspflichtigen Dienstleistungsaufträgen zählen auch Rahmenverträge wie der zwischen NÖ GKK und ÖRK abgeschlossene Direktverrechnungsvertrag (GA RS C-79/94

Kommission/Griechenland, Slg 1995, I-1073, Rz 25; EuGH RS C-79/94

Kommission/Griechenland, Slg 1995, I-1082, Rz 13 ff).

Im gegenständlichen Fall wurde ein Rahmenvertrag über die Erbringung von Krankentransportleistungen zugunsten der Versicherten der NÖ GKK abgeschlossen. Durch den Abschluß dieses Rahmenvertrags kommt die NÖ GKK ihrer gesetzlichen bzw satzungsgemäßen Pflicht zur Übernahme der Krankentransportkosten nach (§§135 Abs4 und 144 Abs5 ASVG). Daß Versicherte, die die Beförderungskosten selbst zahlen, die Kosten ersetzt erhalten, ändert nichts daran, daß die NÖ GKK für einen Großteil ihrer Versicherten durch Direktverrechnungsverträge die Beförderungsleistung de facto anschafft und als Sachleistung zur Verfügung stellt (vgl EuGH RS C-76/97 Walter Tögel gegen NÖ GKK, Slg 1998, I-5357, Rz 15 ff).

Der gegenständliche Rahmenvertrag regelt nicht nur allgemein die Erbringung von Krankentransportleistungen für bestimmtes Entgelt, sondern auch die Modalitäten der Krankentransportleistung und die Bedingungen, unter denen die NÖ GKK die Kosten zahlt. Die einzelne Krankentransportleistung wird vom Versicherten bloß abgerufen. Der Versicherte hat dem ÖRK nichts zu zahlen. Auf die Art der Krankentransportleistung hat der Versicherte keinen Einfluß (vgl die Bestimmung über Doppel- und Mehrfachtransport, §5 des Vertrags). Selbst der Ort, zu dem der Versicherte transportiert werden soll, wird vom Vertragsarzt der NÖ GKK oder den Vertragskrankenhäusern der NÖ GKK bestimmt (§3 des Vertrages)."

b) Das BVA hat die Verwaltungsakten vorgelegt, von der Erstattung einer Gegenschrift aber Abstand genommen.

c) Die dem Verfahren als mitbeteiligte Partei zugezogene NÖ GKK hat eine Äußerung erstattet, in der sie den Beschwerdebehauptungen entgegentritt und u.a. ausführt:

Ein Vertrag zwischen einem Sozialversicherungsträger und einer Organisation bzw. einem Unternehmen, in dem "allein die Kostenübernahme für Krankentransportleistungen" geregelt werde, welche die Organisation bzw. das Unternehmen aufgrund einer Vertragsbeziehung für eine Gemeinde bzw. die Gemeinde selbst erbringe, beinhalte keinen Auftrag für die Erbringung einer Dienstleistung im Sinne der Dienstleistungsrichtlinie 92/50/EWG. Es liege aus diesem Grund kein vergabepflichtiger Vorgang vor:

"Gemäß §§144 Abs5 und 135 Abs5 ASVG (BGBl 1955/189 idF BGBl I 1998/138) iVm §45 Mustersatzung 1999 des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger und §43 der Satzung der Niederösterreichischen Gebietskrankenkasse (NÖGKK) sind die Sozialversicherungsträger verpflichtet, im Falle notwendiger Inanspruchnahme ärztlicher Hilfe vom Versicherten bzw von deren Angehörigen diesen die Transportkosten zu ersetzen. Dieser Ersatz umfasst die Transportkosten von Beförderungen im Inland

-

zur Anstaltspflege in die nächstgelegene geeignete Krankenanstalt bzw aus dieser Krankenanstalt in die Wohnung des Erkrankten und

-

zur ambulanten Behandlung zum nächstgelegenen geeigneten Vertragsarzt oder zur nächstgelegenen geeigneten Einrichtung (Vertragseinrichtung)

in Höhe der vertraglich festgelegten Tarife.

Die gegenständliche gesetzlich (§§144 Abs5 und 135 Abs5 ASVG) und satzungsmäßig (§43 der Satzung der NÖGKK) vorgeschriebene Leistung ist allerdings nur der Ersatz der Kosten des Krankentransportes. Die NÖGKK ist nicht zur Leistung des Krankentransportes verpflichtet.

In der Praxis wird bei 'Krankentransporten' im weiteren Sinn zwischen Transporten mit dem Notarztwagen (unter Begleitung eines Notarztes), Rettungs- und Krankentransporten (unter Begleitung eines Sanitäters) und Ambulanzfahrten (ohne Begleitung eines Sanitäters) unterschieden.

In Entsprechung unserer gesetzlichen Verpflichtung haben wir im Jahr 1984, also lange vor Inkrafttreten des EWR-Abkommens, mit dem Österreichischen Roten Kreuz, Landesverband für Niederösterreich (ÖRK), und dem Arbeitersamariterbund Österreichs, Landesverband für Niederösterreich (ASBÖ), Rahmenverträge für die Direktverrechnung von Krankentransporten in allen drei Transportbereichen geschlossen.

Entgegen den Ausführungen des Beschwerdeführers kam es in den Direktverrechnungsverträgen der NÖGKK weder 1997 noch 1998 zu einer Änderung des Entgelts. Im Gegenteil wurde in den Verträgen mit der NÖGKK an den Tarifen aus dem Jahr 1996 festgehalten und lediglich der Deckelbetrag für die Aufwandslimitierung um 1,65% (1997) und 1,95% (1998) erhöht. Dieser Deckelbetrag ist eine Pauschalabgeltung auf Basis des jeweiligen Vorjahresaufwandes und den seit 1996 unveränderten Tarifen ... Der Deckelbetrag wird im Falle sogenannter 'Ausreißer' nach oben oder nach unten korrigiert."

Das Niederösterreichische Gemeinderettungsdienstgesetz würde den Gemeinden die Pflicht auferlegen, im Rahmen des Gemeinderettungs- und Krankenbeförderungsdienstes zu gewährleisten, dass für die Leistung der Ersten Hilfe und für die Beförderung von Personen, die in der Gemeinde eine erhebliche Gesundheitsstörung erlitten hätten oder wegen ihres Gesundheitszustandes kein gewöhnliches Verkehrsmittel benutzen könnten, entsprechende Transporteinrichtungen zur Verfügung stünden. Dies könne entweder durch einen eigenen Rettungs- und Krankenbeförderungsdienst oder durch Abschluss von Verträgen mit physischen oder juristischen Personen, die über geeignete Einrichtungen verfügen, sichergestellt werden.

Weiters führt die NÖ GKK aus:

"§117 ASVG zählt die Leistungen der Krankenversicherung auf, wobei aus dem Versicherungsfall der Krankheit (§117 Z2 ASVG) unter anderem Krankenbehandlung oder Anstaltspflege gewährt wird. Die Krankenbehandlung umfasst gemäß §133 Abs1 Z1 bis 3 ASVG ärztliche Hilfe und die Gewährung von Heilmitteln und Heilbehelfen. Ein Krankentransport ist an sich keine selbstständige Leistung der Krankenbehandlung, sondern gilt als akzessorische Leistung. Dies bedeutet, dass nur im Falle des Bestehens eines Anspruches auf Anstaltspflege oder auf Krankenbehandlung die Kosten des Krankentransportes vom Versicherungsträger zu tragen sind.

§135 ASVG regelt die ärztliche Hilfe und legt in Absatz 5 fest, dass die Satzungen der Krankenversicherungsträger zu bestimmen haben, unter welchen Voraussetzungen für gehunfähig erkrankte Versicherte und Angehörige der Transport mit einem Krankentransportwagen zur Inanspruchnahme ärztlicher Hilfe sowie der Ersatz der Kosten der Inanspruchnahme eines Lohnfuhrwerkes bzw privaten Kraftfahrzeuges gewährt werden kann. Die medizinische Notwendigkeit eines solchen Transportes muss ärztlich bescheinigt sein.

In Ausführung der Bestimmungen des ASVG besagt §43 der auf Verordnungsebene stehenden Satzung der NÖGKK, dass die NÖGKK Transportkosten zu übernehmen hat, wenn ärztlich bescheinigt wird, dass der Versicherte aufgrund seines körperlichen oder geistigen Zustandes kein öffentliches Verkehrsmittel (auch nicht mit einer Begleitperson) benutzen kann. Transportkosten für Anspruchsberechtigte gegenüber der NÖGKK werden nur

* für die Beförderung im Inland zur Anstaltspflege in die nächstgelegene geeignete Krankenanstalt bzw aus dieser in die Wohnung des Erkrankten und

* zur ambulanten Behandlung zum nächstgelegenen geeigneten Vertragsarzt oder zur nächstgelegenen geeigneten Einrichtung (Vertragseinrichtung) bzw in die Wohnung des Erkrankten zurück

in Höhe der mit der NÖGKK vertraglich festgelegten Tarife übernommen. Wenn sich der Erkrankte zum Zeitpunkt der notwendigen Beförderung vorübergehend nicht an seinem Wohnsitz aufgehalten hat, übernimmt die NÖGKK die Kosten des Transportes von der Krankenanstalt in die Wohnung des Erkrankten bis zur Höhe der Kosten des Transportes von diesem Aufenthaltsort (Ereignis- oder Unfallort) in die nächstgelegene geeignete Krankenanstalt.

Gibt es keine mit der NÖGKK vertraglich festgelegten Tarife, ersetzt die NÖGKK dem Versicherten Kosten in Höhe der zuletzt geltenden Tarife, sofern im Anhang zur Satzung kein anderer Kostenansatz festgelegt ist. Die Transporte erfolgen sitzend, liegend mit einem entsprechend ausgestatteten Rettungsfahrzeug oder mit einem privaten Kraftfahrzeug. Die jeweilige Art des Transportes ist aufgrund des körperlichen oder geistigen Zustandes des Erkrankten ärztlich zu bescheinigen. Wird ein privates Kraftfahrzeug benutzt, ersetzt die NÖGKK Kosten in Höhe des halben amtlichen Kilometergeldes.

Die für die NÖGKK verbindlichen Bestimmungen des ASVG und ihrer eigenen Satzung sehen daher eine Kostentragungspflicht für Krankentransporte, die dem Bereich Krankenbehandlung zuzuordnen sind, vor. Diese Verpflichtung besteht jedoch nur gegenüber Versicherten und sonstigen Anspruchsberechtigen und ausschließlich dann, wenn es sich um eine notwendige Krankenbehandlung im Sinne des ASVG handelt. Die Bereitstellung der Notarztwagen und sonstiger Rettungsautos samt dem notwendigen Personal (Fahrer, Notärzte oder Sanitäter) hat nach den landesgesetzlichen Vorschriften die jeweilige Gemeinde (bzw im regionalen Bereich das jeweilige Bundesland) zu gewährleisten."

Zusammengefasst wären daher folgende Vertragsbeziehungen zu unterscheiden: Die Gemeinden müssten in Entsprechung ihres gesetzlichen Auftrags entsprechende Vorsorge für die Krankenbeförderung treffen. Dazu würden sie sich entweder eigener Beförderungsdienste oder Dritter bedienen. Gegenstand dieser vertraglichen Beziehung sei die Erbringung des Krankentransportes. Die NÖ GKK wiederum würde Verträge über die Kostenübernahme für die Beförderung erkrankter Versicherter und sonstiger Anspruchsberechtigter mit den von den Gemeinden bereits vertraglich beauftragten Beförderungsorganisationen abschließen. Vertragsgegenstand sei hier aber lediglich die Festlegung der Höhe des direkt verrechenbaren Entgeltes und nicht die Erbringung einer Dienstleistung im Sinne der Anhänge IA und IB der Dienstleistungsrichtlinie.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

1. a) Das Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter wird durch den Bescheid einer Verwaltungsbehörde verletzt, wenn die Behörde eine ihr gesetzlich nicht zukommende Zuständigkeit in Anspruch nimmt oder in gesetzwidriger Weise ihre Zuständigkeit ablehnt (zB VfSlg. 9696/1983), etwa indem sie zu Unrecht eine Sachentscheidung verweigert (zB VfSlg. 10.374/1985, 11.405/1987, 13.280/1992).

b) Die belangte Behörde hat ihren zurückweisenden Bescheid u. a. damit begründet, dass es sich beim Direktverrechnungsvertrag nicht um einen den vergaberechtlichen Regelungen unterliegenden Vertrag über die entgeltliche Erbringung von Dienstleistungen handle.

Damit ist die Behörde im Recht:

Gemäß §43 ihrer Satzung ist die NÖ GKK unter bestimmten Voraussetzungen dem Versicherten gegenüber verpflichtet, Kostenersatz für Krankentransporte zu leisten. Im Zusammenhang mit der Abwicklung dieser Leistungsverpflichtung zwischen dem Krankenversicherungsträger und dem Versicherten hat die NÖ GKK mit einigen Unternehmungen Verträge abgeschlossen, aufgrund derer die Kosten des Transports dann, wenn der Versicherte den Transport durch eines dieser Unternehmen durchführen lässt, von der NÖ GKK mit dem Unternehmen direkt verrechnet werden. Mit einem derartigen Vertrag wird aber weder generell noch für den Einzelfall ein Auftrag zur Erbringung der Transportdienstleistung erteilt. Auftraggeber ist für die Krankentransportdienstleistung jeweils der Versicherte, dem der Krankenversicherungsträger unter bestimmten Voraussetzungen Ersatz für seine Aufwendungen zu leisten hat. Durch den Direktverrechnungsvertrag wird nun für bestimmte Fälle eine Ersatzleistung geregelt. Die Direktverrechnungsverträge betreffen daher nicht entgeltliche Dienstleistungen, sondern bloß die Abwicklung des dem Versicherten gegenüber dem Krankenversicherungsträger zustehenden Kostenersatzes.

Die belangte Behörde ist daher zutreffend davon ausgegangen, dass der Abschluss von Direktverrechnungsverträgen nicht dem Regime des BVergG unterliegt. Da die Zurückweisung der Anträge des Beschwerdeführers aus diesem Grund zu Recht erfolgte, verschlägt es nichts, dass der Bescheid sich auch mit Fragen befasst, die vom Antragsteller überhaupt nicht aufgeworfen wurden, nämlich der Frage, wie die Gemeinden ihren Auftrag zur Gewährleistung der flächendeckenden Versorgung mit Kranken- und Rettungstransporten in Niederösterreich lösen.

Da der Antrag des Beschwerdeführers zu Recht zurückgewiesen worden ist, ist er im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter nicht verletzt. Angesichts der verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der die Zurückweisung tragenden Rechtsvorschriften ist es damit auch ausgeschlossen, dass er in anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten oder wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden wäre.

Die Beschwerde war daher abzuweisen.

2. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG ohne vorangegangene mündliche Verhandlung in nicht öffentlicher Sitzung beschlossen werden.

Der Kostenzuspruch an die beteiligte Partei gründet sich auf §88 VfGG. Im zugesprochenen Kostenersatz ist Umsatzsteuer in der Höhe von € 327,-- enthalten.

Schlagworte

Sozialversicherung, Krankenversicherung, Vergabewesen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2002:B46.2000

Dokumentnummer

JFT_09978875_00B00046_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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