TE Vwgh Erkenntnis 2007/6/28 2007/16/0031

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Veröffentlicht am 28.06.2007
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Index

27/03 Gerichtsgebühren Justizverwaltungsgebühren;

Norm

GGG 1984 §18 Abs2 Z3;
GGG 1984 TP2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Höfinger und Dr. Thoma als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pfau, über die Beschwerde des AN in L, Griechenland, vertreten durch Dr. Franz Zimmermann, Rechtsanwalt in 9020 Klagenfurt, Karfreitstraße 8/1, gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes Klagenfurt vom 25. Jänner 2007, Zl. Jv 4275-33/06- 24, betreffend Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

In seiner Drittschuldnerklage vom 9. März 2001 begehrte der Beschwerdeführer vom Beklagten Adam R. die Zahlung von S 1,000.000,-- samt 4 % Zinsen seit 29. Dezember 2000 und den Ersatz der Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution. Der Beklagte bestritt die Klagsforderung und wandte die mangelnde Fälligkeit der Forderung ein.

Mit Urteil vom 20. Februar 2002 sprach das Landesgericht Klagenfurt über das Begehren folgendermaßen ab:

"1.) Der Beklage ist schuldig, dem Beschwerdeführer den Betrag von EUR 72.672,83 samt 4 % Zinsen seit 30.12.2000 in zehn jährlich aufeinander folgenden Raten zu EUR 7.267,28 samt jeweils daraus anerlaufenen Zinsen beginnend mit der ersten Rate am 29.12.2000 bei sonstiger Exekution zu bezahlen und zwar

a) die bis zur Rechtskraft des Urteiles fällig gewordenen Raten samt daraus anerlaufenen Zinsen binnen 14 Tagen und

b) die künftig fällig werdenden Raten samt jeweils anerlaufenen Zinsen bis 29.12. eines jeden Jahres bis einschließlich am 29.12.2009.

2.) Das Mehrbegehren auf Zahlung

a) des gesamten Betrages von EUR 72.672,83 samt 4 % Zinsen seit 29.12.2000 binnen 14 Tagen,

b)

zu Handen des Klagsvertreters und

c)

von 4 % Zinsen aus EUR 72.672,83 für den 29.12.2000

wird abgewiesen.

              3.)              Der Beklagte ist schuldig, dem Beschwerdeführer zu Handen des Klagsvertreters die Prozesskosten ... binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen."

Das Erstgericht gründete die im Spruchpunkt 1.) aufgenommene Ratenzahlung auf die ihm nach § 904 ABGB vorbehaltene Rechtsgestaltung.

Gegen dieses Urteil erhob der Beschwerdeführer mit dem am 5. April 2002 beim Erstgericht eingelangten Schriftsatz Berufung, in der er beantragte, das Berufungsgericht möge die erstinstanzliche Entscheidung dahin abändern bzw. ergänzen, dass unter Punkt 1.) des Spruches noch eine lit. c eingefügt werde, Terminsverlust trete ein, wenn der Beklagte mit einer Ratenzahlung im Rückstand sei. Im Falle des Terminsverlustes werde die gesamte noch aushaftende Forderung des Beschwerdeführers auf einmal zur Zahlung fällig. In eventu wolle das Urteil aufgehoben und die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an die Erstinstanz zurückverwiesen werden. In den Berufungsgründen brachte er hiezu vor, er erachte sich durch das Ersturteil insofern beschwert, als das Erstgericht den Beklagten zur Rückzahlung des Darlehens in zehn jährlichen Raten ohne Terminsverlust verfällt habe. Da es sich um ein Minus handle, hätte das Erstgericht neben der Ratenzahlung diesen Terminsverlust aufnehmen können und nur das darüber hinausgehende Begehren abzuweisen gehabt. Er bewerte sein diesbezügliches Berufungsinteresse mit EUR 7.740,--. Im Rubrum des Schriftsatzes nannte er neben der Rechtssache ein "Berufungsinteresse" von EUR 7.740.

Das Berufungsgericht gab der Berufung in seinem Urteil vom 13. August 2002 nicht Folge.

Mit Zahlungsauftrag vom 31. August 2006 schrieb die Kostenbeamtin des Landesgerichtes Klagenfurt dem Beschwerdeführer die Gerichtsgebühr für die Berufung nach TP 2 GGG auf einer Bemessungsgrundlage von EUR 7.740 sowie eine Einhebungsgebühr nach § 6 GGG zur Zahlung binnen 14 Tagen vor.

In seinem dagegen erhobenen Berichtigungsantrag brachte der Beschwerdeführer vor, er habe - offenbar irrtümlich - das Berufungsinteresse mit EUR 7.740,-- anstatt mit EUR 7.270,-- beziffert. Berücksichtige man das Berufungsbegehren, könne es keinem Zweifel unterliegen, dass sich die vom Beschwerdeführer mit seinem Rechtsmittel angestrebte Beisetzung eines Terminsverlustes ausschließlich auf die vom Beklagten zu bezahlende Jahresrate bezogen habe, die EUR 7.267,283 betrage. Diesen Betrag habe der damalige Rechtsfreund des Beschwerdeführers auf EUR 7.270,-- gerundet, was auch daraus hervorgehe, dass er sein Kostenersatzbegehren nach diesem Streitwert bewertet habe. Damit werde offensichtlich, dass es sich bei der in der Berufung enthaltenen Ziffer von EUR 7.740,-- (als Berufungsinteresse) um einen - berichtigungsfähigen - Schreibfehler handle.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dem Berichtigungsantrag nicht statt. Die vom Beschwerdeführer vorgebrachten Argumente - so die wesentliche Begründung - sei nicht schlüssig. Er übersehe, dass nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Justizverwaltungsorgane bei der Gerichtsgebührenfestsetzung an die Entscheidung der Gerichte gebunden seien. Die Bindung an die rechtskräftige Entscheidung des Gerichtes sei auch dann gegeben, wenn die Entscheidung offenkundig unrichtig sei. In seinem Urteilsspruch vom 13. August 2002 habe das Berufungsgericht das Berufungsinteresse eindeutig mit EUR 7.740,-- bewertet und, wie bereits ausgeführt, seien sowohl die Kostenbeamtin des Landesgerichtes Klagenfurt als auch die belangte Behörde als Justizverwaltungsorgane an die Bewertung des Berufungsinteresses durch das Berufungsgericht gebunden. Die Vorschreibung der höheren Pauschalgebühr für die Berufung erfolge hier auf Grund der Bindungswirkung somit zu Recht. Dem Berichtigungsantrag habe aus den angeführten Gründen daher ein Erfolg versagt bleiben müssen.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde erachtet sich der Beschwerdeführer insbesondere in seinem Recht auf Unterbleiben ungerechtfertigter Vorschreibungen von Gerichtsgebühren verletzt. Er begehrt die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem nach § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die Beschwerde bringt zusammengefasst vor, dass die belangte Behörde zu Unrecht davon ausgehe, das Berufungsgericht habe das Berufungsinteresse selbständig bewertet, vielmehr habe es den im Berufungsschriftsatz angeführten Berufungsstreitwert bloß wiedergegeben. Die Bewertung stamme also nicht vom Gericht, sondern vom Beschwerdeführer. Nun sei aber bei Beurteilung des Berufungsinteresses eines Rechtsmittelwerbers nicht auf den von diesem im Rubrum der Eingabe angeführten Berufungsstreitwert abzustellen, sondern vielmehr auf das tatsächliche Berufungsinteresse. Bei verständiger Auslegung des § 18 Abs. 2 Z. 3 GGG könne es nun nicht zweifelhaft sein, dass sich das Berufungsinteresse des Beschwerdeführers auf den bei Verzug einer Jahresrate eintretenden Terminsverlust beziehe, woraus folge, dass das Berufungsinteresse nur mit EUR 7.267,83 zu beziffern sei. Dem gemäß regle auch § 15 Abs. 3 GGG, dass dann, wenn nur ein Teil einer Kapitalsforderung begehrt werde, auch nur der eingeklagte Teil der Gebührenermittlung zu Grunde zu legen sei. Sei nun aber nur der eingeklagte Teil für die Gebührenbemessung maßgeblich, könne im vorliegenden Fall das Berufungsinteresse nur mit (gerundet) EUR 7.270,-- bewertet werden. Berücksichtige man weiters, dass gemäß § 14 GGG für die Bemessungsgrundlage der Wert des Streitgegenstandes nach den §§ 54 bis 60 JN maßgeblich sei, müsse überdies die möglicherweise unterschiedliche Bewertung nach dem RATG, dem GGG und der JN beachtet werden. Bewerte ein Kläger ausdrücklich (nur) nach dem RATG oder dem GGG, so liege darin noch keine Bewertung im Sinn des 56 Abs. 2 JN, sodass der Zweifelsstreitwert von EUR 3.630,-- eingreife.

Gemäß § 462 Abs. 1 ZPO überprüft das Berufungsgericht die Entscheidung des Gerichtes erster Instanz innerhalb der Grenzen der Berufungsanträge.

Nach § 467 Z. 3 ZPO muss die Berufungsschrift nebst den allgemeinen Erfordernissen eines vorbereitenden Schriftsatzes die bestimmte Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird, die ebenso bestimmte kurze Bezeichnung der Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe), und die Erklärung, ob die Aufhebung oder eine Abänderung des Urteiles, und welche beantragt werde (Berufungsantrag), enthalten.

Gemäß § 14 GGG ist Bemessungsgrundlage, soweit nicht im Folgenden etwas anderes bestimmt wird, der Wert des Streitgegenstandes nach den Bestimmungen der §§ 54 bis 60 JN.

Gemäß § 18 Abs. 1 GGG bleibt die Bemessungsgrundlage für das ganze Verfahren gleich. Hievon treten nach Abs. 2 Ausnahmen ein:

Betrifft das Rechtsmittelverfahren oder das Verfahren über eine Wiederaufnahms- oder Nichtigkeitsklage nur einen Teil des ursprünglichen Streitgegenstandes, so ist nach Z. 3 leg. cit. in diesem Verfahren für die Berechnung nur der Wert dieses Teiles maßgebend. Bei wechselseitig erhobenen Rechtsmitteln sind die Pauschalgebühren nach Maßgabe der Anträge eines jeden der beiden Streitteile gesondert zu berechnen und vom jeweiligen Rechtsmittelwerber zu entrichten. Ist der von der Anfechtung betroffene Teil nicht nur ein Geldanspruch, so hat ihn der Rechtsmittelwerber in der Rechtsmittelschrift zu bewerten; unterlässt er dies, ist der Bemessung der Pauschalgebühr für das Rechtsmittelverfahren der ganze Wert des ursprünglichen Streitgegenstandes zu Grunde zu legen.

Aus dem systematischen Zusammenhang der Bestimmungen des Gerichtsgebührengesetzes zueinander ist davon auszugehen, dass der Begriff des "Berufungsinteresses" in TP 2 GGG mit jenem des Wertes des (Teiles des ursprünglichen) Streitgegenstandes im Sinn des § 18 Abs. 2 Z. 3 GGG (d.h. mit dem Wert des Streitgegenstandes im Rechtsmittelverfahren) gleichzusetzen ist.

Die der beschwerdegegenständlichen Gebührenvorschreibung zu Grunde liegende Berufung zielte darauf ab, Spruchpunkt 1.) des Ersturteiles dahingehend abzuändern, dass die Bestimmung eines Terminsverlustes (für den Fall der Säumnis mit einer Ratenzahlung) aufgenommen werde. Damit ließ die Berufung einen Teil des ursprünglichen Streitgegenstandes, nämlich die Verpflichtung des Beklagten zur Zahlung des Betrages von EUR 72.672,83 in zehn jährlich aufeinander folgenden gleichen Raten, unberührt, sodass das Rechtsmittelverfahren nur einen Teil des ursprünglichen Streitgegenstandes betraf und gemäß § 18 Abs. 2 Z. 3 GGG in diesem Verfahren für die Berechnung nur der Wert dieses Teiles maßgebend war. Zudem stellte der von der Anfechtung betroffene Teil, nämlich die richterliche Rechtsgestaltung der Zahlung in Raten (zur richterlichen Rechtsgestaltung nach § 904 ABGB vgl. etwa Reischauer in Rummel, Kommentar zum ABGB I3, Rz. 10 zu § 904 mwN) nicht nur einen Geldanspruch dar, sodass für die Bemessung der Pauschalgebühr das vom Beschwerdeführer in seiner Berufung ausdrücklich genannte "Berufungsinteresse" von EUR 7.740,-

- gemäß § 18 Abs. 2 Z. 3 dritter Satz maßgeblich war.

Das in der Beschwerde aufrecht erhaltene Argument, dass das Berufungsinteresse nur mit dem Betrag einer Rate in der Höhe von EUR 7.267,83 zu beziffern sei, vermag der Verwaltungsgerichtshof auch deshalb nicht zu teilen, weil die in der Berufung begehrte Aufnahme eines Terminsverlustes für den Fall des Verzuges einer Rate nicht nur die Fälligkeit bloß einer (weiteren) Rate zur Folge haben sollte, sondern die Fälligkeit der gesamten Restforderung, sodass das Interesse der Berufung in der (vorzeitigen) Fälligkeit von mehr als einer Rate lag.

Der Beschwerdeführer hatte sein "Berufungsinteresse" im Sinn der TP 2 GGG ziffernmäßig und damit in einer für den Kostenbeamten äußerlich und formal leicht erkennbaren Art und Weise und ohne dass dem der Inhalt des Berufungsantrages oder das sonstige Berufungsvorbringen widersprechen würde, klargestellt, sodass zutreffend die Kostenbeamtin die Gerichtsgebühren für die Berufung auf der Grundlage eines Berufungsinteresses von über EUR 7.270,-- vorschrieb und die belangte Behörde dem gegenständlichen Berichtigungsantrag nicht stattgab.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 28. Juni 2007

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2007160031.X00

Im RIS seit

26.07.2007
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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