TE Vwgh Erkenntnis 2007/6/28 2004/21/0051

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Veröffentlicht am 28.06.2007
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1997 §1 Z3;
AsylG 1997 §21 Abs1;
AsylG 1997 §21 Abs2;
FrG 1997 §107 Abs1 Z1;
FrG 1997 §107 Abs2;
FrG 1997 §107;
FrG 1997 §75 Abs1;
FrG 1997 §75 Abs4;
VwGG §42 Abs2 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Robl und Dr. Sulzbacher als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Plankensteiner, über die Beschwerde des D, vertreten durch Mag. Bernhard Graf, Rechtsanwalt in 6800 Feldkirch, Liechtensteinerstraße 27, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Vorarlberg vom 16. Oktober 2003, Zl. 1-0560/03/E2, betreffend Bestrafung wegen Übertretung des Fremdengesetzes 1997, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch vom 11. September 2003 wurde der Beschwerdeführer für schuldig erkannt, er sei nach Erlassung eines rechtskräftigen Aufenthaltsverbotes im Tatzeitraum 27. Februar bis 7. Juli 2003 nicht rechtzeitig ausgereist, indem er sich weiterhin an der Adresse F aufgehalten habe. Er habe dadurch die Vorschrift des § 107 Abs. 1 Z 1 Fremdengesetz 1997 verletzt und es werde über ihn eine Geldstrafe von EUR 200,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 100 Stunden) verhängt.

Der Berufung des Beschwerdeführers gab die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid (neben der nachfolgend zitierten Einschränkung des Tatzeitraumes) nur insoweit Folge, als die Geldstrafe auf EUR 140 (Ersatzfreiheitsstrafe 70 Stunden) herabgesetzt wurde, und bestätigte im Übrigen das Straferkenntnis mit der Maßgabe, dass die Tatumschreibung folgendermaßen zu lauten habe: "(Der Beschwerdeführer), ein Staatsangehöriger der Republik Bosnien-Herzegowina, ist nach Erlassung eines Aufenthaltsverbotes (Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg vom 8.6.2000) nicht nach Ablauf des 10.4.2003 ausgereist und hat sich ab dem vorerwähnten Zeitpunkt bis zum 7.7.2003 weiterhin im Bundesgebiet aufgehalten."

Die belangte Behörde ging dabei von folgendem Sachverhalt aus: Die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg habe den Beschwerdeführer mit Bescheid vom 8. Juni 2000 mit einem unbefristeten Aufenthaltsverbot belegt. Die dagegen gerichtete Beschwerde habe der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 30. Jänner 2003 als unbegründet abgewiesen. Dieses Erkenntnis sei dem Beschwerdeführer am 27. Februar 2003 zugestellt worden. Entgegen der Aufforderung, das Bundesgebiet zu verlassen, habe sich der Beschwerdeführer weiterhin in Österreich aufgehalten. Nach der Aktenlage stehe fest, dass das Aufenthaltsverbot zu keinem Zeitpunkt aufgehoben worden sei, und es sei dem Beschwerdeführer (jedenfalls) während des Tatzeitraums kein Asyl gewährt worden. Eine Bescheinigung über die vorläufige Aufenthaltsberechtigung sei dem Beschwerdeführer erst am 8. Juli 2003, somit nach Ablauf des Tatzeitraums, ausgestellt worden. Dass ihm ein Durchsetzungsaufschub gewährt worden wäre, sei dem Verwaltungsakt nicht zu entnehmen. Entgegen seinem Vorbringen könne ihm auch keine Notstandssituation zugestanden werden. Es würden sich nämlich aus dem Akt keine Anhaltspunkte ergeben, die auf eine Verfolgung in seinem Heimatstaat vor oder während des Tatzeitraums schließen ließen. Darüber hinaus mangle es diesem Vorbringen an konkreten Angaben. Der Tatzeitraum sei deswegen einzuschränken, weil dem Beschwerdeführer seitens der Behörde eine Frist von drei Wochen eingeräumt worden sei, um die erforderlichen Reisevorbereitungen vorzunehmen. Deswegen werde auch die Geldstrafe herabgesetzt.

Der Verfassungsgerichtshof trat die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde nach Ablehnung ihrer Behandlung mit Beschluss vom 24. Februar 2004, B 1684/03-3, gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die ergänzte Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Gemäß § 107 Abs. 1 Z 1 des (bis 31. Dezember 2005 in Geltung gestandenen) Fremdengesetzes 1997 - FrG begeht eine Verwaltungsübertretung, wer nach Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung nicht rechtzeitig ausreist. Gemäß Abs. 2 liegt eine Verwaltungsübertretung gemäß Abs. 1 Z 1 nicht vor, wenn die Ausreise nur in ein Land möglich wäre, in das eine Abschiebung unzulässig (§§ 57 und 75 Abs. 4 FrG) ist, oder wenn dem Fremden ein Abschiebungsaufschub erteilt worden ist.

Soweit der Beschwerdeführer darauf abstellt, dass das Vorliegen einer Gefahr im Sinn des § 57 Abs. 1 FrG bejaht hätte werden müssen, ist ihm entgegenzuhalten, dass er - worauf die belangte Behörde zutreffend hinweist - die von ihm behauptete Notstandssituation im Verwaltungsverfahren in keiner Weise konkretisiert hat. Der weitere Hinweis, dass er innerhalb des Tatzeitraumes einen Asylantrag eingebracht habe, führt jedoch die Beschwerde zum Erfolg.

Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 18. Mai 2004, Zl. 2001/21/0067 (auf dessen Entscheidungsgründe gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird), festgehalten, dass ein Fremder wegen der Nichtbefolgung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung nicht bestraft werden dürfe, wenn die Vollstreckung der aufenthaltsbeendenden Maßnahme unzulässig sei, und dass dies auch für den (nach dem auch hier anzuwendenden § 21 Abs. 2 Asylgesetz 1997 in der Stammfassung) von der Einbringung des Asylantrags bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens uneingeschränkt und bedingungslos vor einer Zurück- oder Abschiebung geschützten Asylwerber gelten müsse.

In Verkennung dieser Rechtslage hat die belangte Behörde lediglich auf die Ausstellung der Bescheinigung über die vorläufige Aufenthaltsberechtigung abgestellt, hingegen keine Feststellungen über die behauptete Einbringung des Asylantrages während des vorgeworfenen Tatzeitraumes getroffen.

Damit hat sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet, weshalb dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.

Wien, am 28. Juni 2007

Schlagworte

Besondere Rechtsgebiete

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2004210051.X00

Im RIS seit

06.08.2007
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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