TE Vwgh Erkenntnis 2007/6/28 2007/16/0109

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Veröffentlicht am 28.06.2007
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
32/06 Verkehrsteuern;

Norm

B-VG Art140 Abs7;
ErbStG §1 Abs1 Z2;
VwGG §42 Abs2 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Köller, Dr. Thoma und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pfau, über die Beschwerde der MW in A, vertreten durch die Poduschka Anwaltsgesellschaft mbH in 4320 Perg, Dr. Schoberstraße 25, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Linz, vom 23. März 2006, Zl. RV/0021-L/06, betreffend Schenkungssteuer, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Notariatsakt vom 25. Juni 2004 übertrugen die Eltern ihrer Tochter, der Beschwerdeführerin, eine Liegenschaft mit einem darauf errichteten Einfamilienhaus mit der Gegenleistung des lebenslänglichen Wohnungsrechtes in diesem Haus.

Das Finanzamt Freistadt Rohrbach Urfahr schrieb der Beschwerdeführerin Grunderwerbsteuer und mit Bescheid vom 3. November 2004 wegen Vorliegens einer gemischten Schenkung ausgehend von einem steuerpflichtigen Erwerb von EUR 2.813,75 (Wert der Grundstücke EUR 31.830,71 abzüglich grunderwerbsteuerpflichtige Gegenleistung EUR 26.816,98 ergibt den steuerlich maßgeblichen Wert der Grundstücke von EUR 5.013,76 abzüglich Freibetrag von EUR 2.200,00) Schenkungssteuer von EUR 156,52 vor.

In der Berufung gegen diesen Bescheid brachte die Beschwerdeführerin zusammengefasst vor, die Grunderwerbsteuer sei für beide Liegenschaftshälften gleich festzusetzen und Schenkungssteuer sei daher nicht vorzuschreiben.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Nach der Begründung sei von einer gemischten Schenkung auszugehen, weshalb Schenkungssteuer zu Recht vorgeschrieben worden sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Die beschwerdeführende Partei erachtet sich in ihrem Recht, nicht der Schenkungssteuer zu unterliegen, verletzt.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstatte eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Mit Beschluss vom 29. März 2007, A 2007/0020, stellte der Verwaltungsgerichtshof im Beschwerdefall gemäß Art. 140 Abs. 1 B-VG an den Verfassungsgerichtshof den Antrag, die Z 2 des § 1 Abs. 1 Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955, BGBl. 141, mit der Wortfolge "2. Schenkungen unter Lebenden," als verfassungswidrig aufzuheben.

Mit Erkenntnis vom 15. Juni 2007, G 23/07-7 u.a., hob der Verfassungsgerichtshof auch aus Anlass des vorliegenden Beschwerdefalles § 1 Abs. 1 Z 2 des Bundesgesetzes vom 30. Juni 1955 betreffend die Erhebung einer Erbschafts- und Schenkungssteuer (Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955), BGBl. 141, als verfassungswidrig auf.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Ist ein Gesetz wegen Verfassungswidrigkeit aufgehoben worden oder hat der Verfassungsgerichtshof gemäß Abs. 4 ausgesprochen, dass ein Gesetz verfassungswidrig war, so sind gemäß Art. 140 Abs. 7 B-VG alle Gerichte und Verwaltungsbehörden an den Spruch des Verfassungsgerichtshofes gebunden. Auf die vor der Aufhebung verwirklichten Tatbestände mit Ausnahme des Anlassfalles ist jedoch das Gesetz weiterhin anzuwenden, sofern der Verfassungsgerichtshof nicht in seinem aufhebenden Erkenntnis anderes ausspricht. Hat der Verfassungsgerichtshof in seinem aufhebenden Erkenntnis eine Frist gemäß Abs. 5 gesetzt, so ist das Gesetz auf alle bis zum Ablauf dieser Frist verwirklichten Tatbestände mit Ausnahme des Anlassfalles anzuwenden.

Der Beschwerdefall bildet einen Anlassfall für den verfassungsgerichtlichen Ausspruch, dass die angewendete und vom Verwaltungsgerichtshof anzuwendende Gesetzesstelle verfassungswidrig war.

Dadurch, dass die belangte Behörde den angefochtenen Abgabenbescheid auf diese die Abgabenvorschreibung tragende Gesetzesstelle gestützt hat, belastete sie diesen mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 28. Juni 2007

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2007160109.X00

Im RIS seit

26.07.2007
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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