TE Vwgh Erkenntnis 2007/7/4 2006/08/0114

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 04.07.2007
beobachten
merken

Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
62 Arbeitsmarktverwaltung;
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze;

Norm

AlVG 1977 §10 Abs1 Z3 idF 2004/I/077;
AlVG 1977 §9 Abs1 idF 2004/I/077;
VwGG §42 Abs2 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer und Dr. Köller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde des R in W, vertreten durch Dr. Rudolf Schneeweiss, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Parkring 12/1. Stiege, 8. Stock, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom 16. Dezember 2005, Zl. LGSW/Abt. 3- AlV/1218/56/2005-8588, betreffend Verlust des Anspruchs auf Arbeitslosengeld, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtenen bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde in Bestätigung des erstinstanzlichen Bescheides ausgesprochen, dass der Beschwerdeführer für die Zeit vom 21. November 2005 bis zum 1. Jänner 2006 den Anspruch auf Arbeitslosengeld verliere und keine Nachsicht gewährt werde.

In der Begründung führte die belangte Behörde aus, mit Bescheid des Arbeitsmarktservice Geiselbergstraße vom 24. November 2005 sei der genannte Verlust ausgesprochen worden, weil der Beschwerdeführer den Erfolg einer Maßnahme zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt vereitelt habe. In seiner Berufung habe der Beschwerdeführer im Wesentlichen ausgeführt, er sei statt um 8.00 Uhr erst um 9.00 Uhr beim Institut ibis acam erschienen, weil er verschlafen habe. In der am 21. November 2005 mit dem Beschwerdeführer aufgenommenen Niederschrift habe dieser die Angabe des Schulungsträgers, er sei nicht in den Kurs aufgenommen worden, weil er zu spät gekommen sei bestätigt. Folgender Sachverhalt werde festgestellt:

"Ihnen wurde am 24.10.2005 auf Grund Ihrer Defizite, nämlich Vermittlungshindernisse und kein Erfolg der Bewerbungsbemühungen in Eigeninitiative auf Grund mangelnder Kenntnisse und Fähigkeiten der Auftrag erteilt, an der Maßnahme "Jobexpress" beim Kursinstitut ibis acam teilzunehmen.

Die Zuweisung dieser Maßnahme erfolgte, weil alle Vermittlungsversuche des Arbeitsmarktservice und Ihre Bewerbungsbemühungen in Eigeninitiative bisher erfolglos geblieben sind und Ihre aktuellen Fähigkeiten und Kenntnisse für eine Integration am Arbeitsmarkt auf Grund der eingetretenen Distanz zum Arbeitsmarkt nicht mehr ausreichend sind.

Zur Beseitigung dieser Defizite war diese Maßnahme geeignet, Ihre Kenntnisse im Bereich Bewerbung zu erweitern, bzw. zu festigen, Ihre Bewerbungsunterlagen auf Ihre individuelle Bewerbungsstrategie anzupassen und hätte Ihr Selbsthilfepotential durch erfahrene Trainer und das Angebot einer Bewerbungsinfrastruktur unterstützt.

Weil oberste Priorität der Maßnahme die rasche Integration in den ersten Arbeitsmarkt, Stabilität am Arbeitsplatz und das Verfolgen einer gezielten beruflichen Karriere unter Berücksichtigung der Stärkung der persönlichen, sozialen und organisatorischen Kompetenzen, sowie Entwicklung von Bewerbungsstrategien, realistische 'Karriereplanung' entsprechend der Qualifikationen und Kenntnisse, sowie der arbeitsmarktpolitischen Gegebenheiten, war nach Ansicht des Arbeitsmarktservice gerade diese Maßnahme, die vorliegenden Vermittlungshindernisse zu beseitigen.

...

Sie sind zu der Maßnahme erst eine Stunde nach Beginn

erschienen."

In rechtlicher Hinsicht ging die belangte Behörde von einer Vereitelung des Erfolgs der Maßnahme durch den Beschwerdeführer aus, weil dieser erst eine Stunde nach Beginn der Maßnahme erschienen sei. Das Verschlafen sei kein berücksichtigungswürdiger Grund, weil dem Beschwerdeführer die notwendige Sorgfalt, seine Termine einzuhalten, zumutbar sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 9 Abs. 1 AlVG in der hier zeitraumbezogen anzuwendenden Fassung der Novelle BGBl. Nr. 77/2004 ist arbeitswillig, wer unter anderem bereit ist, an einer Maßnahme zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt teilzunehmen.

Nach § 10 Abs. 1 Z. 3 AlVG in der hier zeitraumbezogen anzuwendenden Fassung der Novelle BGBl. Nr. 77/2004 (vgl. § 79 Abs. 78 AlVG) verliert ein Arbeitsloser, der ohne wichtigen Grund die Teilnahme an einer Maßnahme zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt verweigert oder den Erfolg der Maßnahme vereitelt, für die Dauer der Weigerung, mindestens jedoch für die Dauer der auf die Pflichtverletzung gemäß Z. 1 bis 4 folgenden sechs Wochen den Anspruch auf Arbeitslosengeld.

Soweit die belangte Behörde eine Vereitelung des Erfolges der Maßnahme durch den Beschwerdeführer deshalb angenommen hat, weil er zu Beginn einer nach der Aktenlage drei Monate dauernden Maßnahme mit einstündiger Verspätung gekommen ist, hat sie es verabsäumt darzulegen, inwieweit diese Verspätung für den Erfolg der Maßnahme von Bedeutung gewesen ist und weshalb die Verspätung des Beschwerdeführers die Verantwortlichen des Kurses berechtigte, ihn von der Teilnahme am Kurs auszuschließen.

Allein die Feststellung, dass der Beschwerdeführer zum Kursbeginn zu spät gekommen ist, trägt die rechtliche Beurteilung der belangten Behörde nicht. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333. Das auf den Ersatz vom Mehrwertsteuer gerichtete Begehren war abzuweisen, weil die Mehrwertsteuer im pauschalierten Aufwandersatz bereits enthalten ist.

Wien, am 4. Juli 2007

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2006080114.X00

Im RIS seit

15.08.2007
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten