TE Vwgh Erkenntnis 2007/7/5 2006/06/0255

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Veröffentlicht am 05.07.2007
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Index

27/01 Rechtsanwälte;

Norm

RAO 1868 §10 Abs1;
RAO 1868 §45 Abs4;
RAO 1868 §46 Abs1;
RAO 1868 §46 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fritz, über die Beschwerde des Dr. COin Z, vertreten durch Schreckeneder & Schröder, Rechtsanwälte OEG in 5700 Zell am See, Bahnhofplatz 4/4, gegen den Bescheid des Ausschusses der Salzburger Rechtsanwaltskammer vom 8. November 2005 (ohne Zahl), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Auf Grund der Beschwerde, der dieser angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides und des vom Verfassungsgerichtshof übermittelten Aktes war von folgendem Sachverhalt auszugehen:

Die belangte Behörde bestellte den Beschwerdeführer mit 3 Bescheiden vom 28. September 2005 jeweils zum Verfahrenshelfer in einer Strafsache beim Landesgericht Salzburg und zwei Zivilsachen beim Bezirksgericht Zell am See.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer die Vorstellungen vom 12. Oktober 2005, in denen er seine schlechten wirtschaftlichen Verhältnisse ins Treffen führte. Neben dem Antrag, die drei bekämpften erstinstanzlichen Bescheide entsprechend abzuändern, stellte er auch den Antrag auf angemessene Vergütung und einen Antrag, ihn in Hinkunft (bis zur wesentlichen Besserung seiner wirtschaftlichen Verhältnisse bzw. Leistungsfähigkeit) ganz von der Bestellung (Heranziehung) zur Verfahrenshilfe zu befreien.

Die belangte Behörde gab den Vorstellungen des Beschwerdeführers mit dem angefochtenen Bescheid keine Folge. Sie begründete dies im Wesentlichen damit, dass gemäß § 45 Abs. 4 Rechtsanwaltsordnung (RAO) ein Verfahrenshelfer auf seinen Antrag zu entheben sei, wenn einer der Gründe des § 10 Abs. 1 RAO erster Satz, zweiter Halbsatz oder zweiter Satz oder Befangenheit vorliege. Auf derartige Gründe stütze der Beschwerdeführer seine Vorstellungen nicht. Die behaupteten schlechten wirtschaftlichen Verhältnisse stellten keinen Grund für eine Enthebung dar. Der Beschwerdeführer übersehe, dass der Versorgungseinrichtung der Salzburger Rechtsanwaltskammer gemäß § 47 RAO jährlich eine Pauschalvergütung zukomme, die etwa die Hälfte des erforderlichen Kapitals für die Alters-, Berufsunfähigkeits- und Hinterbliebenenversorgung darstelle. Durch die Tätigkeit der Rechtsanwälte in Verfahrenshilfesachen werde daher der einzelne Anwalt, so auch der Beschwerdeführer, finanziell ganz erheblich entlastet, da sein Beitrag zur Versorgungseinrichtung statt der derzeitigen ca. EUR 3.600,-- mehr als das Doppelte betragen müsste.

Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung der zunächst bei ihm dagegen erhobenen Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 2 B-VG mit Beschluss vom 26. September 2006, B 3662/05, ab und trat die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. Der Verfassungsgerichtshof stellte in diesem Beschluss u.a. Folgendes fest:

"Der Verfassungsgerichtshof hegt insbesondere aus dem Blickwinkel des Art. 18 Abs. 1 B-VG keine Bedenken gegen § 46 Abs. 1 RAO (vgl. VfSlg. 13.785/1994 mwH); auch gegen das in § 17 lit. b der Geschäftsordnung der Salzburger Rechtsanwaltskammer vorgesehene System der Verfahrenshelferbestellung bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken; zur behaupteten Verletzung des Art. 4 EMRK vgl. VfSlg. 11.198/1986, 13.185/1992 sowie EGMR 23.11.1983, Van der Mussele, EuGRZ 1985, 477."

In der nach Aufforderung ergänzten Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 45 Rechtsanwaltsordnung 1945 (RAO), StGBl. Nr. 103/1945 i.d.F. BGBl. I Nr. 128/2004, hat die Partei, wenn das Gericht die Beigebung eines Rechtsanwalts beschlossen hat oder die Bewilligung der Verfahrenshilfe eine solche Beigebung einschließt, Anspruch auf die Bestellung eines Rechtsanwalts durch die Rechtsanwaltskammer.

Gemäß Abs. 4 dieser Bestimmung ist der bestellte Anwalt, wenn er die Vertretung oder Verteidigung aus einem der im § 10 Abs. 1 erster Satz zweiter Halbsatz oder zweiter Satz angeführten Gründe oder wegen Befangenheit nicht übernehmen oder weiterführen kann, auf seinen Antrag, auf Antrag der Partei oder von Amts wegen zu entheben und ein anderer Rechtsanwalt zu bestellen.

Gemäß § 46 Abs. 1 RAO haben die Ausschüsse der Rechtsanwaltskammern bei der Bestellung nach festen Regeln vorzugehen; diese haben eine möglichst gleichmäßige Heranziehung und Belastung der der betreffenden Kammer angehörenden Rechtsanwälte unter besonderer Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse zu gewährleisten. Diese Regeln sind in den Geschäftsordnungen der Ausschüsse festzulegen.

Gemäß Abs. 2 dieser Bestimmung können die Geschäftsordnungen jedoch allgemeine Gesichtspunkte festlegen, nach denen Rechtsanwälte aus wichtigen Gründen von der Heranziehung ganz oder teilweise befreit sind. Als wichtige Gründe sind besonders die Ausübung einer mit erheblichem Zeitaufwand verbundenen Tätigkeit im Dienst der Rechtsanwaltschaft oder persönlicher Umstände anzusehen, die die Heranziehung als besondere Härte erscheinen ließen.

Gemäß § 17 lit. b der Geschäftsordnung der Salzburger Rechtsanwaltskammer (Beschlüsse der Vollversammlung der Salzburger Rechtsanwaltskammer vom 10. Mai 1984, vom 4. Dezember 1989, vom 12. November 1990, vom 11. November 1991 und vom 8. November 1993, vom 6. Oktober 1997 und vom 9. November 2004; kundgemacht auf der Homepage der Salzburger Rechtsanwaltskammer unter der Internetadresse: http://www.srak.at/index.php?") ist bei der Bestellung und Enthebung von Rechtsanwälten §§ 45 und 45a RAO im Sinne des § 46 Abs. 1 RAO nach folgenden Regeln vorzugehen:

"b) Die Bestellung hat, unbeschadet der Möglichkeit der Bestellung eines Rechtsanwaltes nach dem Wunsch der Partei mit dessen Einvernehmen, in alphabetischer Reihenfolge zu erfolgen".

Gemäß § 18 Abs. 2 dieser Geschäftsordnung kann der Ausschuss einzelne Rechtsanwälte über begründetes Ansuchen dauernd oder vorübergehend zur Gänze oder zum Teil von der Bestellung zur Verfahrenshilfe befreien, wenn persönliche Umstände vorliegen, die die Heranziehung als besondere Härte erscheinen lassen, insbesondere aus Gesundheitsgründen oder aus Gründen des fortgeschrittenen Alters.

Der Beschwerdeführer geht davon aus, dass mit dem angefochtenen Bescheid auch über seinen Antrag auf künftige Befreiung von der Bestellung (Heranziehung) zur Verfahrenshilfe entschieden worden sei. Inhaltlich macht er geltend, dass schlechte wirtschaftliche Verhältnisse einen Befreiungsgrund gemäß § 46 Abs. 2 RAO darstellten.

Zunächst ist dazu klarzustellen, dass die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid allein über die Vorstellungen gegen die angeführten erstinstanzlichen Bescheide betreffend die Bestellung zum Verfahrenshelfer entschieden hat. Für diese Entscheidung waren die Kriterien des § 45 Abs. 4 RAO in Verbindung mit § 10 Abs. 1 RAO maßgeblich. Die belangte Behörde hat zutreffend festgestellt, dass schlechte wirtschaftliche Verhältnisse eines Rechtsanwaltes keinen Enthebungsgrund im Sinne dieser Bestimmungen darstellen. Bei der Entscheidung über Vorstellungen gegen erstinstanzlich erfolgte Bestellungen zum Verfahrenshelfer kommt - entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers - § 46 Abs. 2 RAO nicht zur Anwendung. Diese Bestimmung kommt bei der Entscheidung über den Antrag auf künftige Befreiung von der Bestellung zur Verfahrenshilfe zur Anwendung. Der angefochtene Bescheid enthält keine Entscheidung über den Antrag des Beschwerdeführers auf künftige Befreiung von der Verfahrenshilfe.

Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die vom Beschwerdeführer geltend gemachten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen. Wien, am 5. Juli 2007

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2006060255.X00

Im RIS seit

09.08.2007
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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