TE Vwgh Beschluss 2007/7/11 AW 2007/04/0026

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Veröffentlicht am 11.07.2007
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
14/01 Verwaltungsorganisation;
40/01 Verwaltungsverfahren;
58/02 Energierecht;
83 Naturschutz Umweltschutz;

Norm

AVG §1;
AVG §56;
MinroG 1999;
UVPG 2000 §3 Abs6;
UVPG 2000 Anh1 Z25;
UVPG 2000 Anh1 Z26;
VwGG §30 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, Stubenbastei 5, 1010 Wien, der gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 3. April 2007, Zl. RU4-U-298/001-2007, betreffend Umweltverträglichkeitsprüfung (mitbeteiligte Parteien: 1. T GmbH,

2. H Gesellschaft mbH, vertreten durch S, C & Partner, Rechtsanwälte GmbH, und 3. P GmbH, vertreten durch S und H, Rechtsanwälte OEG), erhobenen Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:

Spruch

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag nicht stattgegeben.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 3. April 2007 hat die belangte Behörde festgestellt, dass näher genannte Abbauvorhaben der mitbeteiligten Parteien keinen Tatbestand im Sinn der Z. 25 und Z. 26 des Anhanges 1 zum UVP-G erfüllen und nicht der Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegen.

Mit der gegen diesen Bescheid erhobenen, zur hg. Zl. 2007/04/0112 protokollierten Beschwerde ist der Antrag verbunden, dieser aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Begründend wurde ausgeführt, dass dieser Feststellungsbescheid einer aufschiebenden Wirkung zugänglich sei, weil er für nachfolgende Verwaltungsverfahren Bindungswirkung entfalte. Die Ausführung der betreffenden Vorhaben stelle einen Eingriff in die Umwelt dar, der einer Einzelfallprüfung zur Klärung einer allenfalls notwendigen UVP bedürfe. Jene Behörden, die für die Erteilung von Genehmigungen für dieses Vorhaben zuständig wären, wenn keine UVP durchzuführen wäre, könnten davon ausgehen, dass sie für die Erteilung dieser Genehmigungen zuständig seien. Es sei daher zu erwarten, dass die einzelnen Genehmigungsverfahren abgeführt, Genehmigungen erteilt und Abbauarbeiten begonnen würden. Durch den Gebrauch der solcherart erteilten Bewilligungen würden Eingriffe in Natur und Landschaft getätigt, die nach einer Aufhebung des angefochtenen Bescheides nicht mehr rückgängig gemacht werden könnten. Im Übrigen stelle der angefochtene Bescheid einen behördlichen Willkürakt dar. Der Zuerkennung aufschiebender Wirkung stünden auch keine zwingenden öffentlichen Interessen entgegen, vielmehr bestehe ein zwingendes öffentliches Interesse an der Durchführung einer Einzelfallprüfung zur Klärung einer allenfalls notwendigen UVP.

Die belangte Behörde teilte mit, keine öffentlichen Interessen zu ersehen, die der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung entgegen stünden. Die zweit- und die drittmitbeteiligte Partei sprachen sich gegen die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung aus.

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof auf Antrag des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, insoweit dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegen stehen und nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem Vollzug oder mit der Ausübung der mit Bescheid eingeräumten Berechtigung durch einen Dritten für den Beschwerdeführer ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner bisherigen Rechtsprechung die Vollzugstauglichkeit eines Feststellungsbescheides nach dem UVP-G grundsätzlich bejaht und die - im Fall der Feststellung der UVP-Pflicht - mit der in § 3 Abs. 6 UVP-G geregelten Sperrwirkung und der Nichtigerklärung von entgegen dem UVP-G erteilten Genehmigungen begründet. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde hingegen festgestellt, dass die verfahrensgegenständlichen Abbauvorhaben der Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nicht unterliegen. Eine Änderung des zuvor bestehenden tatsächlichen und rechtlichen Status quo erfolgt durch diesen Bescheid nicht. Die Zuständigkeit zur Erteilung der Genehmigung(en) für die genannten Abbauarbeiten ändert sich nicht, es bleiben weiterhin die Materienbehörden zuständig. Die Sperrwirkung des § 3 Abs. 6 UVP-G greift nicht, die zuständigen Materienbehörden dürfen die anhängigen Verfahren nach dem MinroG fortsetzen, die von ihnen erteilten bzw. zu erteilenden Genehmigungen sind nicht für nichtig zu erklären. Der angefochtene Bescheid bewirkt keine Änderung des bei seiner Erlassung bestehenden Rechtszustandes. Mit Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung würde eine Sperrwirkung erreicht werden, die ohne Erlassung des angefochtenen Bescheides gar nicht bestanden hätte. Es ist daher nicht von einer Vollzugstauglichkeit des angefochtenen Bescheides auszugehen.

Im Übrigen ist auch nicht zu ersehen, dass der angefochtene Bescheid - unter der Annahme einer Vollzugstauglichkeit - durch seine Bescheidwirkung in unverhältnismäßiger Weise nachteilig die Interessen der beschwerdeführende Partei berühren würde. Ein derartiger unverhältnismäßiger, der beschwerdeführenden Partei drohender Nachteil ist im vorliegenden Fall weder auf Grund des Antragsvorbringens (die angeführten öffentlichen Interessen sind von den zuständigen Genehmigungsbehörden in den materiengesetzlichen Verfahren wahrzunehmen) noch auf Grund des Inhaltes des angefochtenen Bescheides, dessen Rechtmäßigkeit in dem die aufschiebende Wirkung betreffenden Verfahren nicht zu prüfen ist, zu ersehen, sodass auch diesfalls die Voraussetzungen für die Bewilligung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 30 Abs. 2 VwGG nicht gegeben sind.

Wien, am 11. Juli 2007

Schlagworte

Vollzugsachliche ZuständigkeitBegriff der aufschiebenden WirkungUnverhältnismäßiger NachteilAnspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung Feststellungsbescheide

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:AW2007040026.A00

Im RIS seit

02.10.2007

Zuletzt aktualisiert am

02.10.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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