TE Vwgh Erkenntnis 2007/7/26 2006/15/0241

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Veröffentlicht am 26.07.2007
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Index

32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;

Norm

FinStrG §175 Abs2;
FinStrG §177 Abs1;
FinStrG §179 Abs1;
FinStrG §57 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Zorn, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Kinsky, über die Beschwerde des KT in D, vertreten durch MMag. Josef R Lercher, Rechtsanwalt in 6850 Dornbirn, Marktstraße 4, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Feldkirch, vom 7. April 2006, FSRV/0008- F/06, betreffend Strafaufschub, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 381,90 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer wurde mit Erkenntnis des Spruchsenates beim Finanzamt Feldkirch als Finanzstrafbehörde erster Instanz vom 15. Dezember 2000 mehrerer Finanzordnungswidrigkeiten nach § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG schuldig erkannt, weswegen über ihn eine Geldstrafe in Höhe von 150.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 3 Wochen) verhängt wurde.

Die Geldstrafe erwies sich in der Folge als uneinbringlich. Das Finanzamt erließ sodann als Finanzstrafbehörde erster Instanz am 1. März 2002 die Aufforderung zum Strafantritt gemäß § 175 Abs. 2 FinStrG.

Der Beschwerdeführer leistete dieser Aufforderung keine Folge.

Im August 2002 bezahlte der Beschwerdeführer einen Teil (1.500 EUR) der Geldstrafe. Hinsichtlich des weiteren Teiles der Geldstrafe wurde dem Beschwerdeführer in der Folge auf entsprechende Anträge hin mehrfach Zahlungsaufschub gewährt.

Mit Ausfertigungsdatum 9. Jänner 2006 erließ die Finanzstrafbehörde erster Instanz neuerlich eine Aufforderung zum Strafantritt.

Mit Bescheid vom 13. März 2006 gab das Finanzamt als Finanzstrafbehörde erster Instanz einem Antrag auf Strafaufschub teilweise statt, indem es den Strafvollzug bis 31. März 2006 aufschob. Gleichzeitig erging die Aufforderung zum Strafantritt am 3. April 2006 bei der Justizanstalt Feldkirch. In der Bescheidbegründung wird auf die zahlreichen Stundungen der Geldstrafe verwiesen und ausgeführt, dass die Finanzstrafbehörde "Geduld bewiesen" habe. Diese sei nunmehr erschöpft. Die Finanzstrafbehörde habe auf Anregung des Beschwerdeführers Kontakt mit der Justizanstalt Feldkirch aufgenommen, welche mitgeteilt habe, dass der Beschwerdeführer keinesfalls in den Genuss des Strafvollzugsprojektes "Schwitzen statt Sitzen" kommen könne. Diesbezüglich sei daher ein Strafaufschub nicht erforderlich. Allerdings wolle die Finanzstrafbehörde dem Beschwerdeführer einen Strafvollzugsaufschub zum Zwecke der Ordnung seiner Familienverhältnisse einräumen.

Gegen diesen Bescheid richtete sich die Administrativbeschwerde vom 20. März 2006, in welcher der Beschwerdeführer beantragte, dass der Vollzug der Freiheitsstrafe im Sprengel des Landesgerichtes Innsbruck vorgenommen werde und dass die Freiheitsstrafe in das Projekt "Schwitzen statt Sitzen" integriert werde. Das Projekt "Schwitzen statt Sitzen" sei vom Bundesministeriums für Justiz entwickelt worden. Dabei soll es ermöglicht werden, eine Freiheitsstrafe abzuarbeiten.

Mit Bescheid vom 7. April 2006 sprach die belangte Behörde aus, dass die Beschwerde gegen den Bescheid betreffend teilweise Abweisung eines Antrages auf Strafaufschub gemäß § 177 Abs. 3 FinStrG abgewiesen wird. Gemäß § 177 Abs. 1 FinStrG könne die Finalstrafbehörde erster Instanz auf Antrag des Bestraften bei Vorliegen triftiger Gründe den Strafvollzug aufschieben. Die Bestimmungen für den Vollzug der Ersatzfreiheitsstrafen seien gemäß § 179 Abs. 1 FinStrG auch für den Vollzug von Ersatzfreiheitsstrafen anzuwenden.

Die belangte Behörde halte fest, dass Gründe im Sinne des § 177 Abs. 1 FinStrG vom Beschwerdeführer nicht vorgebracht worden und auch aus dem Akteninhalt nicht erkennbar seien.

Gemäß § 175 Abs. 1 FinStrG seien Freiheitsstrafen (Ersatzfreiheitsstrafen) in den gerichtlichen Gefangenenhäusern und in den Strafvollzugsanstalten zu vollziehen. Hinsichtlich der Zuständigkeit der Gefangenenhäuser (§ 175 Abs. 2 und 3 FinStrG) ergebe sich aus § 9 Abs. 3 StVG, dass das Gefangenenhaus desjenigen Gerichtshofes zuständig sei, in dessen Sprengel der Bestrafte seinen Wohnsitz habe. Dies sei auf Grund des Wohnsitzes des Beschwerdeführers in D die Justizanstalt Feldkirch.

Es werde darauf verwiesen, dass die Finanzstrafbehörde erster Instanz dem Beschwerdeführer jahrelang mit sehr großer Geduld entgegengekommen sei. Sie habe dem Beschwerdeführer über einen Zeitraum von mehreren Jahren hinaus die Möglichkeit gegeben, die Sache in der von ihm begehrten Art zu regeln.

Es erübrige sich ein Eingehen auf das vom Beschwerdeführer angeführte Projekt des Bundesministeriums für Justiz "Schwitzen statt Sitzen" und die Verlagerung des Strafvollzuges in den Sprengel des Landesgerichtes Innsbruck, da der belangten Behörde keine gesetzliche Zuständigkeit hiefür zukomme.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Der Beschwerdeführer erachtet sich im Recht auf Aufschub des Strafvollzuges gemäß § 177 FinStrG sowie im Recht auf Strafvollzugsortsänderung gemäß § 10 StVG verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat erwogen:

§ 175 Abs. 1 und 2 FinStrG lauten:

"(1) Die Freiheitsstrafen sind in den gerichtlichen Gefangenenhäusern und in den Strafvollzugsanstalten zu vollziehen. Der Vollzug in einer Strafvollzugsanstalt ist jedoch nur in unmittelbarem Anschluss an eine gerichtliche Freiheitsstrafe und mit Zustimmung des Bestraften zulässig. Soweit dieses Bundesgesetz nicht besondere Bestimmungen enthält, sind für den Vollzug die Bestimmungen des Strafvollzugsgesetzes über den Vollzug von Freiheitsstrafen, deren Strafzeit achtzehn Monate nicht übersteigt, mit folgender Maßgabe sinngemäß anzuwenden, soweit dies nicht zu Anlass und Dauer der Freiheitsstrafe außer Verhältnis steht: ...

(2) Ist eine Freiheitsstrafe zu vollziehen, so hat die Finanzstrafbehörde erster Instanz den auf freiem Fuß befindlichen rechtskräftig Bestraften schriftlich aufzufordern, die Strafe binnen einem Monat nach der Zustellung der Aufforderung anzutreten. Die Aufforderung hat die Bezeichnung des zuständigen gerichtlichen Gefangenenhauses (§ 9 des Strafvollzugsgesetzes) und die Androhung zu enthalten, dass der Bestrafte im Falle seines Ausbleibens vorgeführt wird. Kommt der Bestrafte dieser Aufforderung nicht nach, so hat ihn die Finanzstrafbehörde durch Anwendung unmittelbaren Zwanges zum Strafantritt vorführen zu lassen; sie ist berechtigt, hiebei die Unterstützung der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes in Anspruch zu nehmen. An Stelle der Aufforderung zum Strafantritt ist die sofortige Vorführung zu veranlassen, wenn Fluchtgefahr (§ 86 Abs. 1 lit. a und Abs. 2) besteht."

§ 177 Abs. 1 FinStrG lautet:

"Auf Antrag des Bestraften kann die Finanzstrafbehörde erster Instanz bei Vorliegen triftiger Gründe den Strafvollzug aufschieben. Triftige Gründe liegen insbesondere dann vor, wenn durch den unverzüglichen Strafantritt der Erwerb des Bestraften oder der Unterhalt seiner schuldlosen Familie gefährdet würde oder wenn der Aufschub zur Ordnung von Familienangelegenheiten dringend geboten ist. Der Aufschub darf das unbedingt notwendige Maß nicht überschreiten; er soll in der Regel nicht mehr als sechs Monate betragen. Die Bewilligung kann an die Leistung einer Sicherheit geknüpft werden; § 88 Abs. 3 bis 5 und Abs. 7 lit. d gilt sinngemäß mit der Maßgabe, dass die Sicherheit auch für verfallen zu erklären ist, wenn der Bestrafte die Strafe aus seinem Verschulden nicht rechtzeitig antritt."

§ 10 StVG in der Fassung vor der mit BGBl. I Nr. 102/2006 vorgenommenen Änderung lautet:

"(1) Das Bundesministerium für Justiz hat allgemein oder im Einzelfall die Zuständigkeit einer anderen als der nach § 9 zuständigen Anstalt anzuordnen,

1. wenn dies unter Bedachtnahme auf die Grundsätze des Strafvollzuges (§ 20) zur besseren Ausnützung der Vollzugseinrichtungen oder aus Gründen der Sicherheit des Strafvollzuges zweckmäßig ist oder

2. wenn dadurch die Wiedereingliederung des Verurteilten in die Gesellschaft gefördert wird und weder das Erfordernis einer zweckmäßigen Ausnützung der Vollzugseinrichtungen noch Gründe der Sicherheit des Strafvollzuges entgegenstehen.

(2) Freiheitsstrafen, deren Strafzeit drei Monate nicht übersteigt, dürfen nur dann in Strafvollzugsanstalten vollzogen werden, wenn der Verurteilte damit einverstanden ist."

Mit Bescheid vom 13. März 2006 hat die Finanzstrafbehörde erster Instanz einem Antrag auf Strafaufschub nach § 177 Abs. 1 FinStrG teilweise Folge geben und ihn aufgefordert, die Strafe am 3. April 2006 anzutreten. Eine Aufforderung zum Antritt einer Freiheitsstrafe oder Ersatzfreiheitsstrafe stellt keinen - normative Wirkungen entfaltenden - Bescheid dar (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. Dezember 1992, 92/14/0171). Die vom Beschwerdeführer gegen den Bescheid vom 13. März 2006 erhobene Administrativbeschwerde konnte sich daher zulässigerweise nur gegen die Entscheidung betreffend Strafaufschub richten.

In der Administrativbeschwerde gegen den Bescheid vom 13. März 2006 hat der Beschwerdeführer eine Ausweitung des Aufschubes des Strafvollzuges nicht beantragt. Mit dem bloßen Hinweis auf ein Strafvollzugsprojekt "Schwitzen statt Sitzen" ist auch kein tauglicher Grund für einen Strafaufschub über den 3. April 2006 hinaus aufgezeigt worden. Die in § 177 Abs. 1 FinStrG angesprochenen Gründe müssen sich auf den Vollzug der Freiheitsstrafe als solchen beziehen; der Wunsch, dass die Freiheitsstrafe in einer anderen Justizanstalt vollzogen werde, stellt daher keinen solchen Grund dar.

Soweit die Beschwerde darauf verweist, der Beschwerdeführer habe in seinem Antrag vom 10. März 2006 vorgebracht, er bekomme derzeit "Boden unter den Füßen", eine umgehende Bezahlung der Geldstrafe bzw der Strafantritt würde seine finanzielle Lage beeinträchtigen, zeigt sie nicht auf, dass darin ein triftiger Grund iSd § 177 Abs. 1 FinStrG für einen Strafaufschub über das tatsächlich gewährte Ausmaß hinaus vorgelegen wäre, zumal die Strafe über viele Jahre hinaus nicht vollzogen worden ist und der Vollzug einer Freiheitsstrafe regelmäßig mit wirtschaftlichen Einschränkungen verbunden ist.

Auch das im Antrag vom 10. März 2006 enthaltene Vorbringen betreffend einen unstabilen Gesundheitszustand ist völlig allgemein gehalten und in keiner Weise geeignet, einen triftigen Grund iSd § 177 Abs. 1 FinStrG aufzuzeigen; abgesehen davon ist nach § 176 Abs. 1 FinStrG unabhängig von einem Verfahren nach § 177 Abs. 1 FinStrG der Strafvollzug ohnedies so lange aufzuschieben, als ein dem Wesen der Freiheitsstrafe entsprechender Strafvollzug wegen einer Krankheit oder Verletzung, wegen Invalidität oder eines sonstigen körperlichen oder geistigen Schwächezustandes des Bestraften nicht durchführbar ist.

Dem Vorbringen, in der Administrativbeschwerde gegen den Bescheid der Finanzstrafbehörde erster Instanz habe der Beschwerdeführer auf seine Eingabe vom 17. Februar 2006 verwiesen, in welcher weitere triftige Gründe iSd § 177 Abs. 1 FinStrG genannt seien. ist entgegenzuhalten, dass sich dieser Verweis ausschließlich auf die "möglich gemachten und getätigten Zahlungen" bezieht.

Soweit der Beschwerdeführer auf die Manuduktionspflicht nach § 57 Abs. 3 FinStrG verweist, verkennt er, dass sich diese auf die zur Vornahme von Verfahrenshandlungen nötigen Anleitungen und die Belehrung über die mit diesen Handlungen oder Unterlassungen unmittelbar verbundenen Rechtsfolgen beschränkt. Die Verpflichtung der Finanzstrafbehörde erstreckt sich aber nicht darauf, der Partei Ratschläge über konkrete triftige Gründe iSd § 177 Abs. 1 FinStrG zu erteilen.

Entgegen dem Beschwerdevorbringen ist es auch nicht Gegenstand eines Verfahrens auf Gewährung von Strafaufschub nach § 177 Abs. 1 iVm § 179 Abs. 1 FinStrG, die Einbringlichkeit der (primären) Geldstrafe zu prüfen.

Solcherart ist der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid nicht im Recht auf Aufschub des Strafvollzuges gemäß § 177 FinStrG verletzt.

Der Beschwerdeführer räumt ein, dass über einen Antrag nach § 10 StVG nicht die belangte Behörde, sondern der Bundesminister für Justiz oder - so das weitere Beschwerdevorbringen - in Finanzstrafsachen der Bundesminister für Finanzen zu entscheiden habe. In der Tat hat die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid über einen Antrag nach § 10 StVG auch nicht abgesprochen, sodass die Beschwerderüge, die belangte Behörde habe als unzuständige Behörde einen solchen Antrag erledigt, unberechtigt ist. Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid auch nicht in seinem Recht auf Strafvollzugsortsändung nach § 10 StVG verletzt.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 2003/333.

Wien, am 26. Juli 2007

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2006150241.X00

Im RIS seit

28.08.2007
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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