TE Vwgh Erkenntnis 2007/7/31 2007/02/0156

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Veröffentlicht am 31.07.2007
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Index

E000 EU- Recht allgemein;
E3L E07204010;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
90/02 Führerscheingesetz;

Norm

31991L0439 Führerschein-RL Anh1;
31991L0439 Führerschein-RL Art7 Abs2;
EURallg;
FSG 1997 §1 Abs4;
FSG 1997 §8 Abs5;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Riedinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Beck und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Lier, über die Beschwerde des JP in N (Italien), vertreten durch Dr. Bernhard Haid, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Universitätsstraße 3, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 2. März 2007, Zl. uvs- 2006/19/2386-4, betreffend Übertretung des Führerscheingesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 51,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 2. März 2007 wurde der Beschwerdeführer für schuldig befunden, er habe am 17. Oktober 2005 um 20.45 Uhr ein den zwei Kennzeichen nach bestimmtes Sattelkraftfahrzeug an einem näher umschriebenen Ort auf der Reschenbundesstraße gelenkt, obwohl er nicht im Besitz einer von der Behörde erteilten gültigen Lenkberechtigung gewesen sei; die Gültigkeit des vorgelegten Führerscheines sei am 11. Oktober 2005 abgelaufen. Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung gemäß § 37 Abs. 1 iVm § 1 Abs. 3 FSG begangen. Es wurde eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Das Beschwerdevorbringen lässt sich dahin zusammenfassen, dass der Beschwerdeführer zum Tatzeitpunkt sehr wohl im Besitz einer entsprechenden - italienischen - Lenkberechtigung gewesen sei: Zwar sei die Gültigkeit seines "Führerscheines" mit 11. Oktober 2005 befristet gewesen. Allerdings habe er ein ärztliches Zeugnis ("certificato medico"), ausgestellt am 6. Oktober 2005, mitgeführt, welches ihn - zusammen mit dem abgelaufenen Führerschein - zum Lenken des gegenständlichen Kraftfahrzeuges berechtigt habe. Nach italienischem Recht sei die Gültigkeit des Führerscheines zeitlich beschränkt. Die Verlängerung sei für die Klassen A und B alle zehn Jahre fällig. Dazu sei die Untersuchung durch einen Amtsarzt erforderlich. Nach dieser Untersuchung werde das diesbezügliche Zeugnis an das Zentralbüro des Verkehrsministeriums in Rom übermittelt. Provisorisch dürfe man mit diesem ärztlichen Zeugnis (gültig sechs Monate) zusammen mit dem Führerschein fahren, bis die Aufklebeetikette per Post eintreffe, die dann auf den Führerschein geklebt werden müsse.

Gemäß § 1 Abs. 4 des (österreichischen) FSG sei - so der Beschwerdeführer weiter - eine von einer zuständigen Behörde eines EWR-Staates ausgestellte Lenkberechtigung einer Lenkberechtigung gemäß Abs. 3 gleichgestellt. Die belangte Behörde habe sich nicht entsprechend mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers auseinander gesetzt, wonach der von ihm (anlässlich der Amtshandlung) vorgelegte Führerschein in Verbindung mit dem "certificato medico" nach italienischem Recht eine Verlängerung der Lenkberechtigung belege und entsprechend der Führerschein-Richtlinie Nr. 91/439/EWG vom 29. Juli 1991 (in der Folge: FS-Richtlinie) diese Verlängerung der Lenkberechtigung auch in Österreich anzuerkennen sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich im Erkenntnis vom 27. Februar 2007, Zl. 2006/02/0291, (wenn auch in anderem Zusammenhang) mit der in § 1 Abs. 4 erster Satz FSG normierten "Gleichstellung" der in einem anderen EWR-Staat ausgestellten Lenkberechtigung mit einer inländischen befasst. Diese "Gleichstellung" führt zum Ergebnis, dass dem Beschwerdevorbringen keine Berechtigung zukommt:

Eine gleichartige Regelung nach Erlöschen einer Lenkberechtigung durch Ablauf der Befristung findet sich in § 8 Abs. 5 FSG, dessen erster und zweiter Satz lauten:

"Eine Person, deren Lenkberechtigung durch den Ablauf einer Befristung erloschen ist und die den Antrag auf Verlängerung der Lenkberechtigung vor Ablauf der Befristung gestellt hat, ist berechtigt, für längstens drei weitere Monate nach Ablauf der Befristung im Bundesgebiet Kraftfahrzeuge der entsprechenden Klasse oder Unterklasse zu lenken, wenn die rechtzeitige Verlängerung der Lenkberechtigung ohne Verschulden der betreffenden Person nicht möglich war. Über die rechtzeitige Einbringung des Antrages ist von der Behörde eine Bestätigung auszustellen, die der Lenker gemäß § 14 Abs. 1 mit sich zu führen hat."

Diese "Lenkberechtigung" gilt somit nach dem klaren Wortlaut des zitierten ersten Satzes nur "im Bundesgebiet", somit nicht im Ausland. Dem steht die FS-Richtlinie nicht entgegen, enthält doch deren Artikel 7 Abs. 2 die Regelung, dass jeder Mitgliedstaat die Gültigkeitsdauer der von ihm ausgestellten Führerscheine weiterhin nach einzelstaatlichen Kriterien festlegen kann. Daraus folgt aber auch, dass die im § 1 Abs. 4 FSG normierte "Gleichstellung" bei einem gleich gelagerten Fall einer von einem EWR-Staat ausgestellten Lenkberechtigung, deren Gültigkeit abgelaufen ist (vgl. dazu auch Anhang 1 der FS-Richtlinie, wonach der Führerschein nach gemeinschaftlichem Muster u.a. die Gültigkeitsdauer der Fahrerlaubnis zu enthalten hat) ebenso - von der Warte des österreichischen Gesetzgebers - nicht zum Lenken eines Fahrzeuges im "Ausland" (hier: mit einer erloschenen italienischen Lenkberechtigung in Österreich als Ausland) berechtigt.

Die belangte Behörde ist daher zu Recht davon ausgegangen, dass der Beschwerdeführer das in Rede stehende Fahrzeug zur Tatzeit gelenkt hat, ohne im Besitz einer gültigen Lenkberechtigung gewesen zu sein, und daher gegen § 1 Abs. 3 FSG verstoßen hat.

Bei diesem Ergebnis können die vom Beschwerdeführer behaupteten - von einer verfehlten Rechtsansicht abgeleiteten - Verfahrensmängel nicht wesentlich sein.

Die vorliegende Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 31. Juli 2007

Schlagworte

Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Bindung an den Wortlaut des Gesetzes VwRallg3/2/1Gemeinschaftsrecht Richtlinie EURallg4

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2007020156.X00

Im RIS seit

22.08.2007

Zuletzt aktualisiert am

31.03.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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