TE Vwgh Erkenntnis 2007/8/24 2006/19/0392

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Veröffentlicht am 24.08.2007
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1997 §7;
AsylG 1997 §8 Abs1;
AsylG 1997 §8 Abs2;
VwGG §42 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß sowie die Hofräte Dr. Nowakowski und Mag. Nedwed als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. S. Giendl, über die Beschwerde des S, vertreten durch Mag. Eva Krichmayr, Rechtsanwältin in 1010 Wien, Ebendorferstraße 3, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 12. Jänner 2005, Zl. 256.254/0-VIII/23/04, betreffend §§ 7 und 8 Abs. 1 und 2 Asylgesetz 1997 (weitere Partei: Bundesminister für Inneres), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird insoweit, als damit Spruchpunkt III des erstinstanzlichen Bescheides (Ausweisung des Beschwerdeführers "aus dem österreichischen Bundesgebiet") bestätigt wurde, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der Ukraine, reiste im August 2003 in das Bundesgebiet ein und beantragte Asyl. Bei Einvernahmen vor dem Bundesasylamt am 12. Jänner 2004 und am 16. September 2004 gab er als Fluchtgrund an, seine (seit 2002 in Österreich aufhältige) Schwester werde in der Ukraine wegen ihrer früheren Zugehörigkeit zu einer verbotenen Sekte ("Weiße Bruderschaft") behördlich gesucht und im August 2003 sei es wegen des gegen den Beschwerdeführer gerichteten unrichtigen Verdachtes, er habe ihr zur Flucht verholfen, zu Maßnahmen gegen ihn gekommen. Es habe eine Hausdurchsuchung stattgefunden, der Auslandsreisepass sei ihm abgenommen worden und er habe unterschreiben müssen, dass er das Land nicht verlassen werde. Bei nunmehriger Rückkehr drohe ihm eine Untersuchung. Würde das Gericht befinden, dass er nicht schuldig sei, so drohe ihm keine weitere Verfolgung, andernfalls hingegen eine Gefängnisstrafe.

Das Bundesasylamt wies mit Bescheid vom 6. Dezember 2004 den Asylantrag gemäß § 7 des Asylgesetzes 1997 (AsylG) ab (Spruchpunkt I), erklärte die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers in die Ukraine gemäß § 8 Abs. 1 AsylG für zulässig (Spruchpunkt II) und wies den Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 2 AsylG "aus dem österreichischen Bundesgebiet" aus (Spruchpunkt III). Es ging von den Angaben des Beschwerdeführers aus, verneinte aber den Verfolgungscharakter der ihm drohenden Maßnahmen und deren Zusammenhang mit einem Konventionsgrund ebenso wie das Vorliegen "stichhaltiger Gründe" für eine ihm drohende dem Art. 3 EMRK widersprechende Behandlung und von Gründen, die - insbesondere unter dem Gesichtspunkt des Art. 8 EMRK - gegen die Ausweisung des Beschwerdeführers sprechen würden.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Bundesasylamtes "gem. §§ 7, 8 AsylG" ab. Sie verwies im Wesentlichen auf die Entscheidung des Bundesasylamtes, der die Berufung nicht mit geeigneten Argumenten entgegen getreten sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Auch die Beschwerde zeigt nicht auf, dass dem Beschwerdeführer im Zusammenhang mit den von ihm beschriebenen Vorgängen eine mit einem Konventionsgrund zusammenhängende Verfolgung oder eine gegen Art. 3 EMRK verstoßende Behandlung drohe. Stattdessen wird den ersten beiden Spruchpunkten der von der belangten Behörde bestätigten Entscheidung im Wesentlichen - abgesehen von der nicht entscheidenden Frage, ob das Bundesasylamt die Identität des Beschwerdeführers als geklärt angesehen habe - nur mit der Behauptung entgegen getreten, der Beschwerdeführer habe in der Berufung einen neuen Fluchtgrund geltend gemacht.

Gemeint ist damit die Stelle in der Berufung, an der es heißt, (nicht näher beschriebene) "gegen meine Person auf Grund meiner Religionszugehörigkeit gerichtete Verfolgungshandlungen" seien "exakt unter den Flüchtlingstatbestand der GFK zu subsumieren". Dieser Satz folgt einem Absatz, in dem geltend gemacht wird, der Beschwerdeführer habe "im Glauben, eine solche stünde mir offen, gedacht, in Lagos Zuflucht zu finden. Diese innerstaatliche Fluchtalternative war jedoch nicht zumutbar ...". Im Vordergrund der Berufungsausführungen steht die Kritik daran, dass das Bundesasylamt die Asylrelevanz der Verfolgung "seitens privater Personen" verneint habe.

Ob die Begründungstechnik der belangten Behörde - und das Unterbleiben der auf der ersten Seite der Berufung ausdrücklich beantragten Berufungsverhandlung - auf Grund des in der Beschwerde gemeinten Satzes über die "Religionszugehörigkeit" des Beschwerdeführers nicht zulässig war, obwohl die Berufungsgründe zumindest in weiten Teilen nicht auf den vorliegenden Fall bezogen werden konnten, bedarf keiner näheren Prüfung. Der Beschwerdeführer hat vor dem Bundesasylamt angegeben, römischkatholisch zu sein, mit der Sektenzugehörigkeit seiner Schwester nichts zu tun gehabt zu haben und auch nichts darüber zu wissen. Er hat auch nicht angegeben, dass seitens der ukrainischen Behörden etwas Anderes vermutet werde. Bei dieser Sachlage müsste die Beschwerde, wenn der Hinweis auf den in ihr gemeinten Satz in der Berufung in Bezug auf den ersten der von der belangten Behörde bestätigten Spruchpunkte (und damit indirekt auch hinsichtlich der übrigen Spruchpunkte) zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führen sollte, zumindest ansatzweise erkennen lassen, welche dem Beschwerdeführer auf Grund seiner eigenen Religionszugehörigkeit drohende Verfolgungsgefahr mit diesem Satz in der Berufung geltend gemacht werden sollte. Ausführungen dazu enthält die Beschwerde aber nicht.

Insoweit sich die Beschwerde gegen die Bestätigung der ersten beiden Spruchpunkte des erstinstanzlichen Bescheides richtet, kann sie daher nicht erfolgreich sein.

Bei der unveränderten - in der Beschwerde aus anderen Gründen bekämpften - Bestätigung des erstinstanzlichen Ausspruches über die Ausweisung des Beschwerdeführers "aus dem österreichischen Bundesgebiet" (Spruchpunkt III des erstinstanzlichen Bescheides) hat die belangte Behörde jedoch verkannt, dass die Asylbehörden in einem Fall wie dem vorliegenden nicht berechtigt sind, die Ausweisung eines Asylwerbers ohne Einschränkung auf den Herkunftsstaat auszusprechen. Hiezu kann gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf das hg. Erkenntnis vom 13. Dezember 2005, Zl. 2005/01/0625, und die dort angeführte Vorjudikatur verwiesen werden.

Es war daher die unveränderte Bestätigung von Spruchpunkt III des erstinstanzlichen Bescheides schon aus diesem Grund gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben und die Beschwerde im Übrigen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Von der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003. Das auf den

zusätzlichen Ersatz von Umsatzsteuer gerichtete Mehrbegehren findet in diesen Vorschriften keine Deckung.

Wien, am 24. August 2007

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2006190392.X00

Im RIS seit

17.10.2007
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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