TE Vwgh Erkenntnis 2007/9/25 2007/18/0329

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Veröffentlicht am 25.09.2007
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Index

19/05 Menschenrechte;
41/02 Asylrecht;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

FrPolG 2005 §60 Abs1;
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z7;
FrPolG 2005 §66 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs2;
MRK Art8 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Eisner, über die Beschwerde des JS in W, geboren 1959, vertreten durch DDr. Wolfgang Schulter, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Marxergasse 21, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 13. April 2007, Zl. SD 532/03, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbots, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 13. April 2007 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen indischen Staatsangehörigen, gemäß § 60 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 7 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG, BGBl. I Nr. 100, ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von fünf Jahren erlassen.

Der Beschwerdeführer sei am 1. Februar 2002 (offenbar gemeint: 2001) illegal nach Österreich gelangt und habe am 6. Februar 2001 einen Asylantrag gestellt, welcher im Instanzenzug unter gleichzeitiger Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers nach Indien abgewiesen worden sei, die Behandlung einer dagegen eingebrachten Beschwerde sei mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. November 2002 abgelehnt worden. Der Beschwerdeführer sei trotz rechtskräftiger Abweisung seines Asylantrages im Bundesgebiet verblieben und sei deshalb mit seit 13. Mai 2003 rechtskräftiger Strafverfügung wegen unrechtmäßigen Aufenthalts bestraft worden.

Am 4. August 2004 habe der Beschwerdeführer einen weiteren Asylantrag gestellt, der im Instanzenzug gemäß § 68 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen worden sei. Der Verwaltungsgerichtshof habe im März 2005 die Behandlung einer dagegen gerichteten Beschwerde abgelehnt.

Der Beschwerdeführer habe angegeben, seinen Lebensunterhalt als Zeitungsstandaufsteller zu bestreiten, wobei er ein Monatseinkommen von durchschnittlich EUR 380,-- erziele. Aktenkundig sei diesbezüglich ein mit 19. April 2002 datierter Werkvertrag zwischen dem Beschwerdeführer und einem namentlich genannten Zustellunternehmen. Nach den über Aufforderung der belangten Behörde im Februar 2007 vorgelegten Jahresaufstellungen habe der Beschwerdeführer auf Grund dieses Werkvertrages im Jahr 2005 insgesamt EUR 8.394,84 und im Jahr 2006 insgesamt EUR 9.788,81 erhalten.

Zu dieser Tätigkeit des Beschwerdeführers sei auszuführen, dass für die Ausübung einer selbstständigen Erwerbstätigkeit ein entsprechender Aufenthaltstitel benötigt werde, über den der Beschwerdeführer jedoch nicht verfüge. Bei diesem Einkommen des Beschwerdeführers handle es sich somit nicht um legale Mittel, die geeignet seien, den Unterhalt im Sinn des § 60 Abs. 2 Z. 7 FPG zu sichern. Auch wenn der Werkvertrag des Beschwerdeführers auf Grund der wirtschaftlichen Abhängigkeit als arbeitnehmerähnliches Verhältnis einzustufen sein sollte, wäre für den Beschwerdeführer nichts gewonnen, fehle ihm doch auch eine Aufenthaltsberechtigung, die die Ausübung einer unselbstständigen Erwerbstätigkeit zulasse. Abgesehen davon seien die vom Beschwerdeführer nachgewiesenen Mittel angesichts der Höhe des gesetzlichen Existenzminimums nicht ausreichend, um seinen Unterhalt als gesichert erscheinen zu lassen. Dies vor allem auch deshalb, weil der Beschwerdeführer verpflichtet sei, seine Einnahmen zu versteuern. Einem aktuellen Versicherungsdatenauszug der österreichischen Sozialversicherung zufolge sei der Beschwerdeführer zudem nicht sozialversichert.

Der Tatbestand des § 60 Abs. 2 Z. 7 FPG sei erfüllt. Die Erlassung des Aufenthaltsverbots erweise sich auch im Grund des § 60 Abs. 1 leg. cit. als gerechtfertigt, zumal das aufgezeigte Fehlverhalten des Beschwerdeführers eine krasse Geringschätzung der für ihn relevanten fremdenrechtlichen Vorschriften zum Ausdruck bringe.

Die erstinstanzlichen Feststellungen, wonach der Beschwerdeführer für niemanden sorgepflichtig sei und zu Österreich keine familiären Bindungen aufweise, seien in der Berufung nicht bekämpft worden. Der Beschwerdeführer habe auch aktuell keine Änderung seiner familiären Situation bekannt gegeben. Auf Grund des mehrjährigen, jedoch zuletzt seit über fünf Jahren unrechtmäßigen Aufenthalts im Bundesgebiet sei das Aufenthaltverbot unter Bedachtnahme auf die berufliche Situation des Beschwerdeführers mit einem Eingriff in das Privatleben verbunden. Dieser Eingriff sei jedoch zur Erreichung von im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen (Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens und des Arbeitsmarktes) dringend geboten und daher im Grund des § 66 Abs. 1 FPG zulässig. Der Beschwerdeführer habe durch sein bisheriges Verhalten gezeigt, keine Bedenken zu haben, sich über die fremdenrechtlich bedeutsamen österreichischen Rechtsvorschriften hinweg zu setzen. Überdies berge die Mittellosigkeit die Gefahr, dass er seinen Lebensunterhalt allenfalls durch strafbares Verhalten finanzieren könnte.

Auf Grund des mehrjährigen, zuletzt aber seit fünf Jahren illegalen Aufenthalts im Bundesgebiet und der Ausübung einer nicht erlaubten selbstständigen Erwerbstätigkeit könne von keiner nennenswerten Integration des Beschwerdeführers gesprochen werden. Seinen privaten Interessen am Verbleib im Bundesgebiet komme daher nur ein geringes Gewicht zu. Die Auswirkungen des Aufenthaltsverbots auf seine Lebenssituation wögen daher keinesfalls schwerer als die gegenläufigen öffentlichen Interessen.

Auf Grund der erheblichen Gefährdung der öffentlichen Ordnung durch die Mittellosigkeit des Beschwerdeführers und des Fehlens besonders berücksichtigungswürdiger Umstände habe von der Erlassung des Aufenthaltsverbots auch nicht im Rahmen des der Behörde zustehenden Ermessens Abstand genommen werden können.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1.1. Gemäß § 60 Abs. 1 FPG kann gegen einen Fremden ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen eine der in Z. 1 oder Z. 2 dieser Bestimmung umschriebenen Annahmen gerechtfertigt ist. Gemäß § 60 Abs. 2 Z. 7 leg. cit. hat als bestimmte Tatsache im Sinn des Abs. 1 zu gelten, wenn ein Fremder den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag, es sei denn, er wäre rechtmäßig zur Arbeitsaufnahme eingereist und innerhalb des letzten Jahres im Inland mehr als sechs Monate einer erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen.

1.2. Nach der ständigen hg. Judikatur hat der Fremde initiativ, untermauert durch Vorlage entsprechender Bescheinigungsmittel, nachzuweisen, dass er nicht bloß über Mittel zur kurzfristigen Bestreitung seines Unterhalts verfügt, sondern dass sein Unterhalt für die beabsichtigte Dauer seines Aufenthalts gesichert erscheint. Die Verpflichtung, die Herkunft der für den Unterhalt zur Verfügung stehenden Mittel nachzuweisen, besteht insoweit, als für die Behörde ersichtlich sein muss, dass der Fremde einen Rechtsanspruch darauf hat und die Mittel nicht aus illegalen Quellen stammen. (Vgl. etwa das Erkenntnis vom 13. September 2006, Zl. 2006/18/0215.)

1.3. Nach den Feststellungen der belangten Behörde hat der Beschwerdeführer seinen ersten Asylantrag am 6. Februar 2001 gestellt. Dieser Antrag sei rechtskräftig abgewiesen und die Behandlung der dagegen gerichteten Beschwerde mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. November 2002 abgelehnt worden. Der am 4. August 2004 gestellte weitere Asylantrag sei rechtskräftig wegen entschiedener Sache gemäß § 68 AVG zurückgewiesen, die Behandlung der dagegen gerichteten Beschwerde vom Verwaltungsgerichtshof im März 2005 abgelehnt worden.

Der Beschwerdeführer bringt vor, den ersten Asylantrag bereits einen Tag früher, nämlich am 5. Februar 2001, gestellt zu haben, bestreitet die übrigen Daten jedoch nicht konkret. Er behauptet nicht, trotz rechtskräftiger Zurückweisung seines zweiten Asylantrages wegen entschiedener Sache während des diesbezüglichen Asylverfahrens über eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung verfügt zu haben. Weiters stellt er nicht in Abrede, mit seit 13. Mai 2003 rechtskräftiger Strafverfügung wegen unrechtmäßigen Aufenthalts bestraft worden zu sein. Von daher ist sein in der Sachverhaltsdarstellung der Beschwerde enthaltenes Vorbringen, er habe sich zumindest bis März 2005 infolge offener Asylverfahren rechtmäßig in Österreich aufgehalten, nicht nachvollziehbar.

Nach der sohin unbedenklichen Ansicht der belangten Behörde befindet sich der Beschwerdeführer bereits seit Abschluss des ersten Asylverfahrens unberechtigt im Bundesgebiet. Somit kommt dem Beschwerdeführer jedenfalls seither keine eine Erwerbsausübung in Österreich zulassende Aufenthaltsberechtigung zu. Von daher handelt es sich bei dem aus der im Inland ausgeübten Erwerbstätigkeit als Zeitungsstandaufsteller stammenden Einkommen mangels einer diese Tätigkeit zulassenden aufenthaltsrechtlichen Grundlage nicht um aus einer legalen Quelle stammende Unterhaltsmittel.

Da sich der Beschwerdeführer unstrittig nicht darauf berufen hat, auch noch über andere Unterhaltsmittel zu verfügen, kann die Ansicht der belangten Behörde, dass der Tatbestand des § 60 Abs. 2 Z. 7 FPG erfüllt sei, nicht als rechtswidrig erkannt werden.

2. Aus der Mittellosigkeit des Beschwerdeführers resultiert die Gefahr der Unterhaltsbeschaffung aus illegalen Quellen, die sich beim Beschwerdeführer - wie dargestellt - bereits manifestiert hat. Der seit mehreren Jahren bestehende unrechtmäßige Aufenthalt des Beschwerdeführers stellt eine erhebliche Beeinträchtigung des großen öffentlichen Interesses an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens dar, zumal der Beschwerdeführer diesen unberechtigten Aufenthalt trotz deswegen erfolgter rechtskräftiger Bestrafung aufrecht erhalten hat. Aus diesen Gründen kann die Ansicht der belangten Behörde, die in § 60 Abs. 1 FPG umschriebene Annahme sei gerechtfertigt, nicht als rechtswidrig erkannt werden.

3. Bei der Interessenabwägung gemäß § 66 Abs. 1 und Abs. 2 FPG hat die belangte Behörde zu Gunsten des Beschwerdeführers die Dauer des inländischen Aufenthalts seit Februar 2001 und die Berufstätigkeit berücksichtigt. Zutreffend hat sie den daraus resultierenden privaten Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib im Bundesgebiet nur ein geringes Gewicht zugemessen, kommt dem Beschwerdeführer doch seit rechtskräftigem Abschluss seines ersten Asylverfahrens keine Aufenthaltsberechtigung zu.

Soweit der Beschwerdeführer rügt, die Behörde habe die in der Berufung geltend gemachte "Bindung zu Österreich" nicht berücksichtigt, tut er die Relevanz des damit geltend gemachten Verfahrensmangels nicht dar, bringt er doch nicht vor, welche konkreten Umstände nicht berücksichtigt worden seien.

Auf Grund der dargestellten erheblichen Gefährdung öffentlicher Interessen, die vom weiteren Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet ausgeht, kann die Ansicht der belangten Behörde, dass die Erlassung des Aufenthaltsverbots zur Erreichung von in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen (Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens) dringend geboten sei (§ 66 Abs. 1 FPG) und die Auswirkungen dieser Maßnahme auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers nicht schwerer wögen als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung (§ 66 Abs. 2 leg. cit.), nicht als rechtswidrig erkannt werden.

4. Da sich weder aus dem angefochtenen Bescheid noch aus der Beschwerde besondere Gründe hiefür ergeben, bestand für die belangte Behörde keine Veranlassung, von der Verhängung des Aufenthaltsverbots im Rahmen des ihr gemäß § 60 Abs. 1 FPG eingeräumten Ermessens Abstand zu nehmen.

5. Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 25. September 2007

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2007180329.X00

Im RIS seit

31.10.2007

Zuletzt aktualisiert am

25.01.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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