TE Vfgh Beschluss 2008/6/16 G5/08

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Veröffentlicht am 16.06.2008
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Index

62 Arbeitsmarktverwaltung
62/01 Arbeitsmarktverwaltung

Norm

B-VG Art140 Abs1 / Individualantrag
AuslBG §1, §3

Leitsatz

Zurückweisung von Individualanträgen auf Aufhebung von Bestimmungenüber den Geltungsbereich des Ausländerbeschäftigungsgesetzes mangelsaktueller Betroffenheit des Antragstellers bzw wegen zumutbarenUmwegs

Spruch

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

I. 1. Mit dem vorliegenden auf Art140 B-VG gestützten Antrag

begehrt der Antragsteller, ein chinesischer Staatsangehöriger, §1 Abs2 litl und bzw. oder §1 Abs2 litm des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) jeweils in der Fassung BGBl. I 2005/101, in eventu einzelne darin enthaltene Wortfolgen als verfassungswidrig aufzuheben.

2. Der Antragsteller hält die angefochtenen Bestimmungen wegen Verstoßes gegen ArtI Abs1 BVG zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl. 1973/390, für verfassungswidrig und legt seine Bedenken im Einzelnen dar.

3. Die angefochtenen Bestimmungen lauten:

"Geltungsbereich

§1. (1) Dieses Bundesgesetz regelt die Beschäftigung von Ausländern (§2) im Bundesgebiet.

(2) Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sind nicht anzuwenden auf

...

l) Freizügigkeitsberechtigte EWR-Bürger, deren drittstaatsangehörige Ehegatten und Kinder (einschließlich Adoptiv- und Stiefkinder), die noch nicht 21 Jahre alt sind oder denen der EWR-Bürger oder der Ehegatte Unterhalt gewährt, sowie drittstaatsangehörige Eltern des EWR-Bürgers und seines Ehegatten, denen der EWR-Bürger oder der Ehegatte Unterhalt gewährt, sofern sie zur Niederlassung nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005 berechtigt sind;

m) EWR-Bürger, die ihr Recht auf Freizügigkeit nicht in Anspruch nehmen, deren drittstaatsangehörige Ehegatten und Kinder (einschließlich Adoptiv- und Stiefkinder) sowie die drittstaatsangehörigen Ehegatten und Kinder österreichischer Staatsbürger, sofern der Ehegatte bzw. das Kind zur Niederlassung nach dem NAG berechtigt ist.

..."

4. Zur Antragslegitimation bringt der Antragsteller vor, dass er chinesischer Staatsangehöriger und Sohn eines Österreichers sei. Durch die angefochtenen Bestimmungen werde ihm der (freie) Zugang zum österreichischen Arbeitsmarkt verwehrt. Diese Zugangsbeschränkung greife in seine Rechtssphäre unmittelbar und aktuell ein, ohne dass es dazu einer behördlichen Entscheidung bedürfe. Für den Fall eines Zuwiderhandelns (illegale Beschäftigungsausübung) müsse der Antragsteller mit seiner Ausweisung aus Österreich, mit der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes, mit behördlichen Zwangsmaßnahmen (zB Schubhaft) rechnen; dies sei ihm nicht zumutbar. Ein anderer zumutbarer Weg, um sich gegen die verfassungswidrige Gesetzeslage zu wehren, stehe ihm nicht zur Verfügung.

II. Der Antrag ist unzulässig.

1. Der Verfassungsgerichtshof hat seit dem Beschluss VfSlg. 8009/1977 in ständiger Rechtsprechung den Standpunkt vertreten, die Antragslegitimation nach Art140 Abs1 B-VG setze voraus, dass durch die bekämpfte Bestimmung die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt werden müssen und dass der durch Art140 Abs1 B-VG dem Einzelnen eingeräumte Rechtsbehelf dazu bestimmt ist, Rechtsschutz gegen rechtswidrige generelle Normen nur insoweit zu gewähren, als ein anderer zumutbarer Weg hiefür nicht zur Verfügung steht (zB VfSlg. 11.684/1988, 13.871/1994, 15.343/1998, 16.722/2002, 16.867/2003).

2. Entgegen der Ansicht des Antragstellers steht im vorliegenden Fall ein zumutbarer Weg zur Geltendmachung der Verfassungswidrigkeit von §1 Abs2 litl und litm AuslBG zur Verfügung.

§3 Abs8 AuslBG zufolge ist Familienangehörigen gemäß §1 Abs2 litl und m leg. cit. auf deren Antrag von der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice eine Bestätigung auszustellen, dass sie vom Geltungsbereich dieses Bundesgesetzes ausgenommen sind. Wird die Ausstellung einer solchen Bestätigung verweigert, so hat dies mit Bescheid zu geschehen.

Der Antragsteller hat somit die Möglichkeit, gegen einen über seinen Antrag nach §3 Abs8 AuslBG ergangenen Bescheid nach Erschöpfung des verwaltungsbehördlichen Instanzenzugs Beschwerde bei den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts zu erheben. Im Verfahren vor diesen Gerichtshöfen kann die Verfassungswidrigkeit von §1 Abs2 litl und m AuslBG geltend gemacht sowie die Überprüfung dieser Bestimmungen auf ihre Verfassungsmäßigkeit angeregt werden. Daraus ergibt sich, dass dem Antragsteller aufgrund von §3 Abs8 AuslBG ein zumutbarer Weg zur Verfügung steht, um die Verfassungsmäßigkeit der angefochtenen Bestimmungen überprüfen zu lassen.

Der Antrag war daher mangels Legitimation des Antragstellers zurückzuweisen.

3. Dies konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VfGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

Schlagworte

Ausländerbeschäftigung, VfGH / Individualantrag, Geltungsbereich(persönlicher) eines Gesetzes

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2008:G5.2008

Zuletzt aktualisiert am

18.08.2010
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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