TE Vwgh Erkenntnis 2007/9/27 2004/11/0183

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Veröffentlicht am 27.09.2007
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

AufwandersatzV VwGH 2001 §1 Z2 litb;
KFG 1967 §45 Abs1;
KFG 1967 §45 Abs3 Z1;
KFG 1967 §45 Abs3 Z2;
KFG 1967 §45 Abs3 Z3;
KFG 1967 §45 Abs3 Z4;
KFG 1967 §45 Abs3;
KFG 1967 §46 Abs1;
KFG 1967 §46;
VwGG §48 Abs2 Z2;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Gall, Dr. Schick, Dr. Grünstäudl und Mag. Samm als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde der G Gesellschaft m. b.H. in L, vertreten durch Dr. Gerald Haas, Dr. Anton Frank, Mag. Ursula Schilchegger-Silber, Dr. Andreas Rabl, Rechtsanwälte in 4601 Wels, Ringstraße 14, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes des Landes Oberösterreich vom 19. Juli 2004, Zl. VerkR-394.829/1-2004-Wa/Eis, betreffend Bewilligung zur Durchführung von Probefahrten, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 51,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit im Instanzenzug ergangenem Bescheid wies der Landeshauptmann von Oberösterreich den Antrag der Beschwerdeführerin vom 22. August 2003 auf Erteilung der Bewilligung zur Durchführung von Probefahrten gemäß § 45 Abs. 3 KFG 1967 ab.

Begründend führte die Behörde aus, die über eine "Gewerbeberechtigung als Spediteur einschließlich der Transportagenten" verfügende Beschwerdeführerin, welche beabsichtige, verschiedene Fahrzeuge von diversen Orten in Oberösterreich auf eigener Achse zum eigenen Speditionslagerplatz zu überführen und diese anschließend von dort durch dritte Unternehmen nach Südafrika befördern zu lassen, führe keine gewerbsmäßige Beförderung im Sinne des § 45 Abs. 3 Z. 1.3. KFG 1967 durch, weshalb die Voraussetzungen für die Erteilung der beantragten Bewilligung nicht vorlägen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragt die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

1.1. Die im Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des KFG 1967 lauten (auszugsweise):

"IV. Abschnitt

Zulassung zum Verkehr, Probe- und Überstellungsfahrten und Kennzeichen der Kraftfahrzeuge und Anhänger

...

Probefahrten

§ 45. (1) Probefahrten mit nicht zum Verkehr zugelassenen Kraftfahrzeugen oder Anhängern oder Fahrgestellen solcher Fahrzeuge dürfen auf Straßen mit öffentlichem Verkehr nur mit Bewilligung der Behörde durchgeführt werden, in deren örtlichem Wirkungsbereich der Ort liegt, von dem aus der Antragsteller hauptsächlich über die Verwendung der Probefahrtkennzeichen verfügt. Probefahrten sind Fahrten zur Feststellung der Gebrauchsfähigkeit oder der Leistungsfähigkeit von Fahrzeugen oder ihrer Teile oder Ausrüstungsgegenstände oder Fahrten, um Fahrzeuge vorzuführen. Als Probefahrten gelten auch

1. Fahrten zur Überführung eines Fahrzeuges an einen anderen Ort im Rahmen des Geschäftsbetriebes,

2. Fahrten zur Überführung des Fahrzeuges durch den Käufer bei der Abholung des Fahrzeuges vom Verkäufer,

3. Fahrten zum Ort der Begutachtung oder Überprüfung des Fahrzeuges nach dem III. und V. Abschnitt und

4. das Überlassen des Fahrzeuges mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von nicht mehr als 3 500 kg an einen Kaufinteressenten für die Dauer von bis zu maximal 72 Stunden, wobei auch Fahrtunterbrechungen zulässig sind.

...

(2) Der Besitzer einer im Abs. 1 angeführten Bewilligung darf Probefahrten mit zum Verkehr zugelassenen Fahrzeugen nur durchführen, wenn sie ein Probefahrtkennzeichen führen oder wenn der Zulassungsbesitzer oder dessen Bevollmächtigter an der Fahrt teilnimmt oder einen schriftlichen Auftrag zu dieser Fahrt erteilt hat.

(3) Die im Abs. 1 angeführte Bewilligung ist auf Antrag zu erteilen, wenn

1. der Antragsteller

1.1. sich im Rahmen seines gewerblichen Betriebes, gewerbsmäßig oder zur Versorgung einer größeren Anzahl von Fahrzeugen des eigenen Betriebes, mit der Erzeugung oder Instandsetzung von Kraftfahrzeugen und Anhängern befasst,

1.2. mit solchen Handel treibt,

1.3. solche gewerbsmäßig befördert,

1.4. eine Anstalt oder einen Betrieb besitzt, der sich im öffentlichen Interesse mit der Instandsetzung oder Prüfung von Fahrzeugen befasst oder

1.5. ein Servicestationsunternehmen oder Reinigungsunternehmen betreibt, welches Fahrzeuge von Kunden zur Durchführung der Reinigung oder Pflege abholt und wieder zurückstellt,

2. die Notwendigkeit der Durchführung solcher Fahrten glaubhaft gemacht wird,

3. für jedes beantragte Probefahrtkennzeichen eine Versicherungsbestätigung gemäß § 61 Abs. 1 beigebracht wurde, und

4. der Antragsteller die für die ordnungsgemäße Verwendung der Probefahrtkennzeichen erforderliche Verlässlichkeit besitzt; diese kann angenommen werden, wenn dem Antragsteller nicht innerhalb der letzten sechs Monate eine Probefahrtbewilligung wegen Missbrauchs oder Verstoß gegen Abs. 6 aufgehoben worden ist.

(4) Bei der Erteilung der im Abs. 1 angeführten Bewilligung ist auch auszusprechen, welche Kennzeichen bei den Probefahrten zu führen sind. Diese Kennzeichen sind Probefahrtkennzeichen (§ 48 Abs. 3) und dürfen nur bei Probefahrten geführt werden. Über die Erteilung der im Abs. 1 angeführten Bewilligung ist dem Antragsteller eine Bescheinigung, der Probefahrtschein, auszustellen.

...

Überstellungsfahrten

§ 46. (1) Die Behörde hat Personen, die in ihrem örtlichen Wirkungsbereich ihren Aufenthalt haben, die Bewilligung zu erteilen, nicht zugelassene Kraftfahrzeuge und Anhänger oder zugelassene, deren Kennzeichentafeln in Verlust geraten sind oder für die ein Wechselkennzeichen (§ 48 Abs. 2) zugewiesen wurde, vorübergehend auf Straßen mit öffentlichem Verkehr zu verwenden, wenn glaubhaft gemacht wird, dass dies für Fahrten zur Überstellung des Fahrzeuges an einen anderen Ort, zu Überstellungsfahrten, erforderlich ist, oder wenn der Verlust glaubhaft gemacht wird.

(2) Die Bewilligung (Abs. 1) darf bei nicht zugelassenen Fahrzeugen oder bei Fahrzeugen, für die ein Wechselkennzeichen (§ 48 Abs. 2) zugewiesen wurde, nur erteilt werden, wenn eine Versicherungsbestätigung gemäß § 61 Abs. 1 beigebracht wurde; bei nicht zugelassenen Fahrzeugen gilt § 56 Abs. 1 sinngemäß. Bei der Erteilung der Bewilligung ist auch auszusprechen, welches Kennzeichen das Fahrzeug bei diesen Fahrten zu führen hat. Diese Kennzeichen sind Überstellungskennzeichen (§ 48 Abs. 1) und dürfen nur bei Überstellungsfahrten (Abs. 1) geführt werden. Die Bewilligung ist für die beantragte Dauer, höchstens jedoch für drei Wochen zu erteilen. Die §§ 43 und 44 gelten sinngemäß.

...

(4) Über die Erteilung der Bewilligung (Abs. 1) ist eine Bestätigung, der Überstellungsfahrtschein, auszustellen. Bei der Ausstellung sind die Bestimmungen des § 41 über den Zulassungsschein sinngemäß anzuwenden.

..."

1.2. § 131 GewO 1994 lautet (auszugsweise):

"II. Hauptstück

Bestimmungen für einzelne Gewerbe

...

Spediteure einschließlich der Transportagenten

§ 131. (1) Die Spediteure einschließlich der Transportagenten (§ 94 Z 63) sind auch berechtigt:

1. zur Beförderung von Gütern zu und von der Station eines Eisenbahn-, Schifffahrts- oder Luftverkehrsunternehmens oder zu und von den Lagern und Sammelstellen des Spediteurs, wenn der Spediteur die Güter mit Frachtbrief einem solchen Unternehmen im eigenen Namen zur Beförderung zu übergeben hat oder im Frachtbrief als Empfänger der Güter angegeben ist oder vom im Frachtbrief angegebenen Empfänger mit der Abholung der Güter von der Station eines solchen Unternehmens beauftragt worden ist;

..."

2. Die Beschwerde ist unbegründet:

2.1. Unstrittig ist im Beschwerdefall, dass die Beschwerdeführerin Inhaberin des Gewerbes der Spediteure einschließlich der Transportagenten ist. Nach dem Beschwerdevorbringen beabsichtigt die Beschwerdeführerin, "verschiedene gebrauchte Kraftfahrzeuge ab diversen Orten in Oberösterreich auf eigener Achse" zum eigenen Speditionslagerplatz zu überstellen. Von dort sollen "diese Fahrzeuge mit Frachtbrief an ein in § 131 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994 genanntes Unternehmen im eigenen Namen zur Beförderung übergeben werden". Darüber hinaus würden auch PKWs "in Containern von Eisenbahnunternehmen am Speditionsplatz angeliefert und sollten von dort auf eigener Achse an die jeweiligen Käufer transportiert bzw. von den Käufern selbst abgeholt werden".

2.2. §  45 Abs. 3 Z. 1 KFG  1967 zählt in Z. 1.1. bis  1.5. taxativ auf, unter welchen (alternativen) Voraussetzungen einem Antragsteller die im § 45 Abs.  1 KFG 1967 angeführte Bewilligung zu erteilen ist. Eine Bewilligung darf im Übrigen nur erteilt werden, wenn beim Antragsteller überdies kumulativ die zu § 45 Abs. 3 Z. 2 bis 4 KFG 1967 angeführten weiteren Voraussetzungen vorliegen.

2.3. Die Beschwerdeführerin erachtet die zu § 45 Abs. 3 Z. 1.3. KFG 1967 angeführte Voraussetzung als erfüllt, weil sie die Überstellungen auf eigener Achse zulässiger Weise im Rahmen ihres Gewerbebetriebes durchführen würde. Sie übersieht dabei freilich, dass von der Wendung "solche gewerbsmäßig befördert" Überstellungsfahrten von Fahrzeugen, welche naturgemäß auf eigener Achse durchgeführt werden, nicht erfasst sind. Ein Befördern solcher Fahrzeuge liegt schon nach dem üblichen Sprachgebrauch nur dann vor, wenn das beförderte und das zur Beförderung verwendete Fahrzeug, anders als im Beschwerdefall, nicht identisch sind. Unter "befördern" ist nicht "verwenden", sondern vielmehr "transportieren" zu verstehen. Dafür spricht nicht zuletzt auch die Systematik und die Entstehungsgeschichte des KFG 1967, dessen § 46 Abs. 1 unter Fahrten zur Überstellung nicht zugelassener Kraftfahrzeuge und Anhänger keine Beförderung von Kraftfahrzeugen, sondern ein Verwenden derselben versteht. Nach den Materialien (RV 186 Blg NR 11. GP) zur Stammfassung des § 46 KFG 1967 sollte die Beförderung von Personen oder Gütern bei der Überstellungsfahrt nur zulässig sein, solange ihr Charakter als Überstellungsfahrt noch gewahrt ist. Auch daran zeigt sich, dass der historische Gesetzgeber die Begriffe "Überstellen" und "Befördern" auseinander hielt.

Die von der Beschwerdeführerin beabsichtigten und ihrem Antrag zu Grunde gelegten Fahrten (auf eigener Achse) zum bzw. vom eigenen Speditionslagerplatz sind demnach nicht als "Befördern" von Kraftfahrzeugen im Sinne des § 45 Abs. 3 Z. 1.3. KFG 1967 zu qualifizieren, mag die Tätigkeit auch im Rahmen des Gewerbebetriebs erfolgen.

Die Bewilligung zur Durchführung von Probefahrten nach § 45 Abs. 3 Z. 1.3. KFG 1967 steht nach der Entscheidung des Gesetzgebers nur solchen Gewerbetreibenden offen, die gewerbsmäßig Kraftfahrzeuge transportieren, nicht hingegen solchen, die solche Kraftfahrzeuge gewerbsmäßig auf eigener Achse von einem Ort zum anderen fahren. Für die Erteilung der Bewilligung ist es dabei zwar unerheblich, ob ein konkretes Kraftfahrzeug auf eigener Achse fortbewegt oder auf einem Transportgerät transportiert wird. Entscheidend ist aber, dass es sich beim Bewilligungswerber um einen Gewerbetreibenden handelt, der auch selbst (gewerbsmäßig) Transporte durchführt.

Die von der Beschwerdeführerin in der Beschwerde geschilderte beabsichtigte Vorgangsweise erfüllt die letztgenannte Voraussetzung nicht. Dass die Beschwerdeführerin die Transporte vom bzw. zum Speditionslagerplatz (zumindest auch selbst) durchführt, hat sie nicht behauptet.

Da von der Beschwerdeführerin weder das Vorliegen weiterer in § 45 Abs. 3 Z. 1.1. bis  1.5. KFG 1967 genannter Voraussetzungen substanziiert behauptet wird und es für solche auch nach der Aktenlage keine Anhaltspunkte gibt, kann die Versagung der beantragten Bewilligung im Ergebnis nicht als rechtswidrig qualifiziert werden.

Nach dem Gesagten erübrigt sich ein Eingehen auf die Frage, ob die von der Beschwerdeführerin beabsichtigten Überstellungsfahrten, wie in der Beschwerde vorgebracht, von der Gewerbeberechtigung nach § 131 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994 erfasst sind.

2.4. Die Beschwerde war aus diesen Erwägungen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

3. Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II. Nr. 333/2003. Schriftsatzaufwand für die Erstattung einer Gegenschrift war im Hinblick darauf nicht zuzusprechen, dass sich die belangte Behörde in ihrem Vorlageschriftsatz lediglich auf den bloßen Verweis

auf die Ausführungen im angefochtenen Bescheid beschränkte, ohne auf die in der Beschwerde vorgetragenen Argumente einzugehen (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 29. Mai 2006, Zl. 2006/17/0014, mwN.).

Wien, am 27. September 2007

Schlagworte

Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2004110183.X00

Im RIS seit

25.10.2007

Zuletzt aktualisiert am

31.03.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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