TE Vwgh Erkenntnis 2007/10/2 2006/10/0144

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Veröffentlicht am 02.10.2007
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Index

L55007 Baumschutz Landschaftsschutz Naturschutz Tirol;

Norm

NatSchG Tir 2005 §3 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Köhler, Dr. Schick und Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Petritz, über die Beschwerde der W GmbH in K, vertreten durch Schmid & Horn Rechtsanwälte GmbH in 8010 Graz, Kalchberggasse 6-8, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 26. Mai 2006, Zl. U-13.949/1, betreffend naturschutzbehördlicher Entfernungsauftrag, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 26. Mai 2006 wurde der beschwerdeführenden Partei gemäß § 15 Abs. 5 Tiroler Naturschutzgesetz 2005 (Tir NatSchG) aufgetragen, sechs näher beschriebene Werbeeinrichtungen binnen gleichzeitig festgesetzter Frist zu entfernen. Begründend wurde nach Darstellung des Verfahrensganges und der angewendeten Rechtsvorschriften im Wesentlichen ausgeführt, die Werbeeinrichtungen seien von der beschwerdeführenden Partei außerhalb der geschlossenen Ortschaft im Sinne des Tir NatSchG ohne die erforderliche Bewilligung errichtet worden. Der von der beschwerdeführenden Partei in Zweifel gezogene Standort der Einrichtungen jeweils außerhalb der geschlossenen Ortschaft ergebe sich zweifelsfrei aus dem naturkundlichen Sachverständigengutachten, den Auszügen aus der digitalen Katastermappe, in denen die Aufstellungsorte eingezeichnet seien sowie aus den vor Ort erstellten Fotos. Sämtliche Werbeeinrichtungen hätten ihren Standort nicht innerhalb einer Fläche, die sich bei einer Verbindung der Außenkanten jener Wohn- oder Betriebsgebäude ergebe, die nicht mehr als 50 m voneinander entfernt seien. Ausnahmen von der Bewilligungspflicht lägen nicht vor, es sei daher gemäß § 15 Abs. 5 Tir NatSchG ein Entfernungsauftrag zu erteilen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 15 Abs. 1 Tiroler Naturschutzgesetz 2005 (Tir NatSchG) bedarf die Errichtung, Aufstellung, Anbringung oder Änderung von Werbeeinrichtungen außerhalb geschlossener Ortschaften einer naturschutzrechtlichen Bewilligung. Die Bewilligung ist zu erteilen, wenn die Interessen des Naturschutzes nach § 1 Abs. 1 weder durch die Materialbeschaffenheit, Größe, Form, Farbe, Lichtwirkung und dgl. der Werbeeinrichtung noch durch deren Errichtung, Aufstellung, Anbringung oder Änderung am vorgesehenen Ort beeinträchtigt werden.

Unter einer "Werbeeinrichtung" ist gemäß § 3 Abs. 3 Tir NatSchG eine im Landschaftsbild in Erscheinung tretende Einrichtung zu verstehen, die der Anpreisung oder der Ankündigung dient oder sonst auf etwas hinweisen oder die Aufmerksamkeit erregen soll.

Eine "geschlossene Ortschaft" ist gemäß § 3 Abs. 2 Tir NatSchG ein Gebiet, das mit mindestens fünf Wohn- oder Betriebsgebäuden zusammenhängend bebaut ist, wobei der Zusammenhang bei einem Abstand von höchstens 50 m zwischen zwei Gebäuden noch nicht als unterbrochen gilt. Zur geschlossenen Ortschaft gehören auch Parkanlagen, Sportanlagen und vergleichbare andere weitgehend unbebaute Grundstücke, die überwiegend von einem solchen Gebiet umgeben sind. Land- und forstwirtschaftliche Gebäude, die nach raumordnungsrechtlichen Vorschriften im Freiland errichtet werden dürfen, gelten nicht als Betriebsgebäude.

Wurde eine bewilligungspflichtige Werbeeinrichtung ohne Bewilligung errichtet, aufgestellt, angebracht oder geändert, so hat die Bezirksverwaltungsbehörde gemäß § 15 Abs. 5 Tir NatSchG demjenigen, der dies veranlasst hat, oder, wenn dieser nur mit unverhältnismäßigem Aufwand festgestellt oder überhaupt nicht herangezogen werden kann, dem Grundeigentümer oder dem sonst über das Grundstück Verfügungsberechtigten mit Bescheid aufzutragen, die Werbeeinrichtung unverzüglich, längstens jedoch innerhalb eines Monats zu entfernen.

Dem angefochtenen Bescheid liegt die Auffassung zu Grunde, die beschwerdeführende Partei habe sechs näher beschriebene Werbeeinrichtungen außerhalb der geschlossenen Ortschaft ohne die dafür erforderliche naturschutzbehördliche Bewilligung errichtet. Die Voraussetzungen für einen Entfernungsauftrag gegenüber der beschwerdeführenden Partei seien daher erfüllt.

Die beschwerdeführende Partei bestreitet zunächst, dass die Tafeln Werbeeinrichtungen seien. Es handle sich um bloße Wegweiser, die der Wegführung zum Unternehmen S. in K. dienten. Ein allfälliger Werbewert der Tafeln trete gegenüber dem Informationswert in den Hintergrund.

Die beschwerdeführende Partei übersieht bei diesem Vorbringen, dass als Werbeeinrichtungen im Sinne des Gesetzes nicht bloß Einrichtungen anzusehen sind, die der Anpreisung dienen. Vielmehr genügt es gemäß § 3 Abs. 3 Tir NatSchG, dass eine Einrichtung der Ankündigung oder dem Hinweis dient. Der Hinweis auf das Unternehmen S. unter Beifügung der Adresse, eines Richtungspfeiles und einer Entfernungsangabe wurde von der belangten Behörde daher zu Recht als Werbereinrichtung im Sinne des Tir NatSchG angesehen, ebenso der Hinweis auf das erwähnte Unternehmen mit dem Zusatz "neu in K.".

Die beschwerdeführende Partei bringt weiters vor, die belangte Behörde sei zu Unrecht von einem Standort der Werbeanlagen "außerhalb der geschlossenen Ortschaft" ausgegangen. In "allernächster Nähe" zu den Aufstellungsorten der Anlagen seien "zahlreiche Gebäude" situiert. Hätte die belangte Behörde dem Beweisantrag der beschwerdeführenden Partei entsprochen, einen Ortsaugenschein unter Beiziehung eines naturkundlichen Sachverständigen vorzunehmen, hätte sie erkannt, dass die Tafeln nicht bewilligungspflichtig seien, weil sie nicht außerhalb einer geschlossenen Ortschaft errichtet worden seien.

Mit diesem Vorbringen zeigt die beschwerdeführende Partei nicht auf, dass die Sachverhaltsannahmen der belangten Behörde, die Standorte der Werbetafeln seien außerhalb eines Gebietes gelegen, das mit mindestens fünf Wohn- oder Betriebsgebäuden insofern zusammenhängend gebaut sei, als der Abstand zwischen diesen Gebäuden jeweils nicht mehr als 50 m betrage, unzutreffend seien. Dass in "allernächster Nähe" zum jeweiligen Aufstellungsort "zahlreiche Gebäude" situiert seien, besagt noch nicht, dass die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 Tir NatSchG erfüllt seien. Soweit die beschwerdeführende Partei jedoch rügt, es sei ein Ortsaugenschein unter Beiziehung eines naturkundlichen Sachverständigen unterblieben, übersieht sie zum einen, dass bereits die Erstbehörde das Gutachten eines naturkundlichen Sachverständigen eingeholt hat, und zeigt sie zum anderen nicht konkret auf, zu welchen im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG wesentlich anderen Ergebnis die belangte Behörde bei Vermeidung des behaupteten Verfahrensmangelns gelangt sei.

Die beschwerdeführende Partei rügt weiters, die belangte Behörde habe sie im Recht auf Parteiengehör verletzt. Es sei ihr weder der Befund noch das Gutachten, "ja nicht einmal der Name des beigezogenen Sachverständigen" zur Kenntnis gebracht worden. Sie habe keine Gelegenheit gehabt, sich zu diesem Gutachten zu äußern.

Dieser Vorwurf ist unzutreffend. Nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten wurde in der Begründung des erstbehördlichen Bescheides das Gutachten des beigezogenen Amtssachverständigen für Naturschutz - unter Angabe seines Namens - wiedergegeben. Die beschwerdeführende Partei hatte daher die Möglichkeit, diesem Gutachten in ihrer Berufung konkret entgegen zu treten. Sie hat von dieser Möglichkeit aber weder im Verwaltungsverfahren, noch selbst in der vorliegenden Beschwerde Gebrauch gemacht.

Die beschwerdeführende Partei bringt schließlich vor, eines der in Rede stehenden Plakate sei, wie sie an Hand von Lichtbildern in einem Verwaltungsstrafverfahren erkannt habe, weder von ihr errichtet noch veranlasst worden. Diese Werbeeinrichtung stehe auch nicht in ihrem Eigentum. Vielmehr handle es sich offenbar um eine Werbung des Unternehmens S. Hätte die belangte Behörde der beschwerdeführenden Partei "diesen Akteninhalt" (gemeint: die im Verwaltungsstrafakt enthaltenen Lichtbilder) zur Kenntnis gebracht, hätte dieses Vorbringen bereits im vorliegenden Verwaltungsverfahren erstattet werden können.

Nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten hat die beschwerdeführende Partei mit Schreiben ihres Rechtsvertreters vom 10. Februar 2006 der Erstbehörde mitgeteilt, sie habe erfahren, dass sich die Behörde wegen nicht genehmigter Werbetafeln an das Unternehmen S. gewendet habe. Diesbezüglich werde festgehalten, dass der Behörde jedenfalls seit 16. Jänner 2006 bekannt sei, dass die Werbetafeln von der beschwerdeführenden Partei errichtet worden seien. In der Folge wurde im erstbehördlichen Bescheid jede einzelne Werbeeinrichtung, die der beschwerdeführenden Partei zur Entfernung vorgeschrieben wurde, detailliert beschrieben. Die beschwerdeführende Partei hat allerdings weder in der Berufung, noch im Berufungsverfahren vorgebracht, dass eine der Tafeln entgegen ihrem ursprünglichen Vorbringen vom 10. Februar 2006 nicht von ihr errichtet worden sei.

Dass der belangten Behörde bei ihrer Annahme, die in Rede stehenden Werbeeinrichtungen seien sämtlich von der beschwerdeführenden Partei errichtet worden, Verfahrensmängel unterlaufen seien, ist - auch auf Grund des Beschwerdevorbringens -

nicht ersichtlich. Da der angefochtene Bescheid nicht auf Beweismittel, die in einem anderen Verwaltungsverfahren (Verwaltungsstrafverfahren) erhoben wurden, gestützt ist, bestand für die belangte Behörde auch keine Veranlassung, die beschwerdeführende Partei damit zu konfrontieren. Es wäre vielmehr Sache der beschwerdeführenden Partei gewesen, spätestens im Berufungsverfahren ihr ursprüngliches Vorbringen, demzufolge die Werbeanlagen von ihr errichtet worden seien, zu korrigieren. Dies kann im Grunde des § 41 Abs. 1 VwGG im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht nachgeholt werden.

Die sich somit als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Wien, am 2. Oktober 2007

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2006100144.X00

Im RIS seit

01.11.2007

Zuletzt aktualisiert am

31.03.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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