TE Vwgh Erkenntnis 2007/10/17 2006/13/0069

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Veröffentlicht am 17.10.2007
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;

Norm

BAO §167 Abs2;
BAO §21;
BAO §22;
BAO §23;
EStG 1988 §27 Abs1 Z1;
KStG 1988 §8 Abs2;
VwGG §41 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Fuchs, Dr. Pelant, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Thurin, über die Beschwerde der B Wirtschaftstreuhand GmbH in Wien, vertreten durch Dr. Johannes Patzak und Dr. Johannes Krauss, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Johannesgasse 16, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom 16. Februar 2006, Zlen. RV/1658-W/02 und RV/1657-W/02, betreffend Körperschaftsteuer für die Jahre 1991 bis 1995, Gewerbesteuer für die Jahre 1991 bis 1993 und Haftung für Kapitalertragsteuer für die Jahre 1991 bis 1996, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird insoweit, als er über Körperschaftsteuer 1995 sowie Haftung für Kapitalertragsteuer abspricht, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Im Übrigen (Körperschaftsteuer 1991 bis 1994 und Gewerbesteuer 1991 bis 1993) wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die beschwerdeführende Wirtschaftstreuhandgesellschaft mbH führte jedenfalls seit 1991 für ihren alleinigen Geschäftsführer und zugleich 100 %igen Gesellschafter Mag. B. ein Verrechnungskonto. In einem Bericht gemäß § 150 BAO vom 10. Februar 1998 wurde die Entwicklung dieses Kontos im Zeitraum 1991 bis 1996 (für 1996 zum Stichtag 11. Oktober 1996) wie folgt dargestellt:

Verrechnungskonto Mag. B. (gerundet)

 

1991

1992

1993

1994

1995

1996

EB 1.1.

271.000,00

1,475.000,00

2,465.000,00

5,757.000,00

7,065.000,00

8,299.000,00

+KA/BA

2,183.000,00

1,778.000,00

3,667.000,00

2,177.000,00

1,622.000,00

1,645.000,00

+Verzins.

79.000,00

117.000,00

0,00

0,00

0,00

0,00

- verr.Aufw

-250.000,00

-290.000,00

-335.000,00

-305.000,00

-291.000,00

-218.000,00

GF-Bezug

-120.000,00

-600.000,00

-100.000,00

0,00

0,00

0,00

- RZ

-600.000,00

0,00

0,00

-500.000,00

-122.000,00

0,00

s.Ggverr.

-88.000,00

-15.000,00

-60.000,00

-64.000,00

-25.000,00

-99.000,00

Saldo

1,475.000,00

2,465.000,00

5,757.000,00

7,065.000,00

8,299.000,00

9,627.000,00

Erläuternd führte der Prüfer unter Tz 20 seines Berichts aus, dass die "KA/BA-Entnahmen" durch Mag. B. im Wesentlichen auf Barabhebungen und Bankkartenabrechnungen für private Ausgaben beruhten. Diesbezüglich sei das Bestehen einer Kreditvereinbarung zwischen der Beschwerdeführerin und Mag. B. behauptet worden.

Die besagte Kreditvereinbarung - über Vorhalt des Finanzamtes noch vor Beginn der Betriebsprüfung im Juli 1995 vorgelegt - ist undatiert und von Mag. B. im eigenen Namen sowie namens der Beschwerdeführerin unterfertigt. Sie hat folgenden Wortlaut:

"RAHMENKREDITVEREINBARUNG

abgeschlossen zwischen

1. (Beschwerdeführerin) mit Sitz in ..., vertreten durch den Geschäftsführer, Herrn Stb. Mag. B., und

2. Herrn Stb. Mag. B., Gesellschafter, wohnhaft in ... .

Die Vertragsparteien kommen am heutigen Tag dahingehend überein, dass zwischen der (Beschwerdeführerin) und Herrn Stb. Mag. B., ein Rahmenkreditvertrag abgeschlossen wird.

Gegenstand dieser Vereinbarung ist, dass die (Beschwerdeführerin) Herrn Stb. Mag. B. einen Rahmenkredit bis zu einer Höhe von öS 4,000.000,-- (in Worten: vier Millionen) bis auf weiteres einräumt.

Diese Einräumung gilt aber, sofern sie nicht vorher gekündigt wird, solange Herr Stb. Mag. B. Mehrheitsgesellschafter der (Beschwerdeführerin) ist.

Verringert sich sein Gesellschaftsanteil auf unter 50 % (in Worten: fünfzig Prozent), so hat Herr Stb. Mag. B. den zu diesem Zeitpunkt aushaftenden Rahmen innerhalb eines Zeitraumes von 18 Monaten in dem selben prozentuellen Ausmaß zu reduzieren, als sich sein Anteil an der (Beschwerdeführerin) gesamtprozentuell reduziert hat.

In diesen 18 Monaten, in denen Herr Stb. Mag. B. seine allfälligen Verbindlichkeiten gegenüber der GmbH zu reduzieren hat, wobei es ihm freisteht, diesen Betrag in Einem oder in Teilbeträgen zu entrichten, wird eine kontokorrentmäßige Verzinsung des zu reduzierenden Betrages in der Gestalt vorgenommen, dass ein Zinssatz zur Anwendung kommt, der der Verzinsung von Bundesanleihen in dem Jahr, in dem die Anteile von Herrn Stb. Mag. B. unter 50 % fallen, entspricht. Zu diesem Zinssatz wird ein weiteres Prozent an Zinsen hinzugerechnet, sodass sich der Gesamtprozentsatz für die kontokorrentmäßige Verzinsung des genannten Betrages ergibt.

Gleichzeitig verpflichtet sich Herr Stb. Mag. B. zur Besicherung dieses Rahmens, den ihm die (Beschwerdeführerin) einräumt, ein Blankoakzept zu unterfertigen.

Neben diesem, zur Besicherung des Rahmens ausgestellten und von Herrn Stb. Mag. B. akzeptierten Blankoakzeptes, verpflichtet sich Herr Stb. Mag. B. für die (Beschwerdeführerin) all jene Leistungen in uneingeschränktem Umfang zu erbringen, die zu einer ordnungsgemäßen steuerlichen Vertretung einer Kapitalgesellschaft vor den Abgabenbehörden der Republik Österreich gehören.

Unter uneingeschränkter Tätigkeit verstehen die Vertragsparteien, dass sowohl die Erstellung des Rechnungswesens, die allfällige Erstellung einer Lohnverrechnung, die Erstellung des Jahresabschlusses, sowie der Steuererklärungen, sowie die Vertretung vor Abgabenbehörden jeder Art zu erfolgen habe.

Für diese Tätigkeit hat Herr Stb. Mag. B. solange keinen Anspruch auf Vergütung, als eine offene Verbindlichkeit gegenüber der (Beschwerdeführerin) besteht.

Bei Wegfallen dieser offenen Verbindlichkeit richtet sich die Vergütung von Herrn Stb. Mag. B. hinsichtlich der steuerlichen Vertretung der (Beschwerdeführerin) nach den jeweils gültigen Autonomen Honorarrichtlinien sowie Allgemeinen Auftragsbedingungen der Kammer für Wirtschaftstreuhänder in der jeweils gültigen Fassung.

Sollte Herr Stb. Mag. B., aus welchen Gründen auch immer, seien sie berufsbedingt, oder krankheitsbedingt, nicht in der Lage sein, dieser Verpflichtung nachzukommen, so steht es ihm frei, entweder auf eigene Kosten eine Steuerberatungskanzlei mit der steuerlichen Vertretung der (Beschwerdeführerin) zu beauftragen, oder rückwirkend, ab dem 1. Jänner jenes Jahres, in dem Herr Stb. Mag. B. verhindert ist, für die (Beschwerdeführerin) die steuerliche Vertretung zu erbringen, einen Zinsendienst für die aushaftende Verbindlichkeit gegenüber der (Beschwerdeführerin) zu leisten.

Dieser Zinsendienst hat kontokorrentmäßig, gemäß der jeweiligen Ausnützung des Rahmens zu erfolgen und werden die Zinsen in jener Höhe zuzüglich einem weiteren Prozent verrechnet, die einer Höhe der zuletzt begebenen Bundesanleihe in diesem Jahr, respektive der zuletzt begebenen Bundesanleihe des vorangegangenen Jahres, oder wenn in diesem vorangegangenen Jahr ebenfalls keine Bundesanleihe emittiert wurde, dem Zinssatz der zuletzt emittierten Bundesanleihe zu entsprechen hat.

Herr Stb. Mag. B. nimmt als Gesellschafter der (Beschwerdeführerin) zur Kenntnis, dass allfällige Gewinnansprüche aus seiner Stellung als Gesellschafter vorrangig zur Abdeckung des aushaftenden Rahmens den ihm die Gesellschaft eingeräumt hat, verwendet werden.

Unter vorrangig verstehen die Vertragsparteien, dass allfällige zur Ausschüttung gelangende Gewinne um einen Betrag von 50 % (in Worten: fünfzig Prozent) zu kürzen sind und dieser Kürzungsbetrag auf die allenfalls offenen Verbindlichkeiten angerechnet wird.

Dieser Kürzungsbetrag von 50 % verringert sich jedoch in jenem Ausmaß, als sie die offenen Verbindlichkeiten von Herrn Stb. Mag. B. gegenüber der Gesellschaft übersteigen.

Die genannten Vertragsparteien kommen dahingehend überein, dass Leistung und Gegenleistung der jeweils anderen Partei als angemessen betrachtet werden. Bei allfälligen Streitigkeiten aus dieser Vertragsvereinbarung ist als Gerichtsstand Wien vereinbart."

Der Prüfer merkte zu dieser Vereinbarung an, dass ungeachtet des mit 4 Mio. S festgelegten Kreditrahmens der Saldo des Verrechnungskontos auf ca. 9,6 Mio. S angewachsen sei; die Besicherung beruhe auf einem bisher nicht vorgelegten Blankoakzept und der unentgeltlichen steuerrechtlichen Vertretungsleistung; eine schriftliche Vereinbarung, die die Geschäftsführertätigkeit des Mag. B. in Bezug auf Leistungsumfang und diesbezügliches Entgelt darlege, habe nicht vorgelegt werden können; die Einräumungsdauer, Verzinsung sowie die Rückzahlungsraten, wie sie in der vorgelegten Vereinbarung geregelt seien, seien vom Willen des mit sich selbst kontrahierenden Alleingesellschafters/Geschäftsführers abhängig; ein lebenslanger Zins- und Rückzahlungsverzicht liege im Bereich des Möglichen. Die - so der Prüfer weiter - in der behaupteten Form zwischen Fremden nicht abgeschlossene Vereinbarung lasse keinen eindeutigen, klaren und jeden Zweifel ausschließenden Inhalt erkennen; (schon) der Zeitpunkt der Kreditgewährung sei nicht ersichtlich. Es widerspreche einem Kreditgeschäft zwischen Fremden, eine nicht begründete Rahmenüberziehung zuzulassen. Ein von der Willensentscheidung des Kreditnehmers abhängiger Verzinsungs- und Rückzahlungszeitpunkt sowie die nicht bestimmbare Rückzahlungsrate seien bei einem Kreditgeschäft unter Fremden unüblich, sodass in wirtschaftlicher Betrachtungsweise die ernstliche Rückzahlungsabsicht nicht angenommen werden könne, zumal es überdies ungewöhnlich sei, dass eine Gesellschaft, die selbst Kredite aufnehmen müsse, Kredite gewähre. Dazu verwies der Prüfer auf die Bankverbindlichkeiten der Beschwerdeführerin, die sich sukzessive von 2,845.250,83 S im Jahr 1991 auf 8,343.663,50 S im Jahr 1996 erhöht hätten und die somit überwiegend zur Bedeckung des Verrechnungskontos benötigt worden seien. Im Ergebnis sei davon auszugehen, dass ein Kreditgeschäft nicht vorliege, weshalb die Zuwächse am Verrechnungskonto Entnahmen darstellten, die - unter Auflösung des Verrechnungskontos - als verdeckte Ausschüttung zu behandeln seien. Insoweit die als gewinnmindernd geltend gemachten Bankspesen (insbesondere Zinsen) dem Verrechnungskonto zuzuordnen seien, stellten sie ebenfalls eine verdeckte Ausschüttung dar.

Mit Bescheiden vom 27. Februar 1998 setzte das Finanzamt die Körperschaftsteuer für die Jahre 1991 bis 1994 sowie die Gewerbesteuer für die Jahre 1991 bis 1993 - für 1991 und 1992 jeweils nach Wiederaufnahme der Verfahren - auf Basis der Feststellungen im erwähnten Prüfungsbericht fest; außerdem erließ es, ebenfalls dem Prüfbericht folgend, einen einheitlichen - nicht jahresmäßig untergliederten - Haftungs- und Abgabenbescheid für Kapitalertragsteuer für den Zeitraum 1991 bis 1996. Auch die Körperschaftsteuer 1995 wurde - mit Bescheid vom 13. Mai 1998 und abweichend von der am 17. April 1998 eingelangten Erklärung der Beschwerdeführerin, die u.a. darauf beruhte, dass das Verrechnungskonto des Mag. B. zum 31.12.1995 einen Stand von 5,696.974,91 S (gegenüber 8,299.000 S lt. Betriebsprüfungsbericht) aufweise - gemäß den Prüfungsfeststellungen festgesetzt.

Die Beschwerdeführerin erhob gegen die Bescheide vom 27. Februar 1998 und gegen den Bescheid vom 13. Mai 1998 Berufung. Darin brachte sie u.a. vor, dass seitens der Betriebsprüfung für 1995 und 1996 vorläufige Salden des Verrechnungskontos für Mag. B. zur Ermittlung der verdeckten Ausschüttung herangezogen worden seien. Wie aus den zwischenzeitlich eingereichten Abgabenerklärungen und Jahresabschlüssen 1995 und 1996 ersichtlich sei, betrage der Saldo des Verrechnungskontos für Mag. B. per Stichtag 31. Dezember 1995 5,697.000 S und zum Stichtag 31. Dezember 1996 5,853.000 S.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufungen als unbegründet ab. Sie hielt fest, dass der Rahmenkreditvertrag (zwischen der Beschwerdeführerin und Mag. B.) nicht von vornherein nach außen erkennbar abgeschlossen worden sei. Zwar treffe es zu, dass die Beschwerdeführerin regelmäßig die gegenüber ihrem Alleingesellschafter/Geschäftsführer Mag. B. aushaftenden Forderungen, in Form eines Verrechnungskontostandes zum jeweiligen 31.12. eines Jahres, in ihren Bilanzen ausgewiesen habe. Sie habe aber erst im Juli 1995 durch Vorlage des Rahmenkreditvertrages diesen und die darin angeblich getroffenen Vereinbarungen erstmals für Außenstehende erkennbar gemacht; der Vertrag sei undatiert und beim Finanzamt für Gebühren nicht angezeigt worden. Es bleibe damit völlig unklar, ob er bereits bei Inanspruchnahme der ersten Kreditbeträge errichtet worden sei. In der Schlussbesprechung aus Anlass der Betriebsprüfung sei seitens der Beschwerdeführerin ausgeführt worden, dass durch die Verbuchung auf dem Verrechnungskonto "sozialversicherungsrechtliche Leistungen vermieden bzw. reduziert worden seien", was nur dergestalt interpretiert werden könne, dass eine Kreditvereinbarung nicht ernsthaft beabsichtigt gewesen und nur vorgeschoben worden sei. Überdies entspreche der "Vertrag" in allen für eine Kreditvereinbarung wesentlichen Punkten - Sicherheiten, Verzinsung, Rückzahlung, Vertragsdauer, Kündigung und Rahmenüberschreitung - nicht den im Wirtschaftsleben üblichen Konditionen. Der Rahmenkreditvereinbarung sei somit zusammenfassend die steuerliche Anerkennung zu versagen und es seien die Buchungen auf dem Verrechnungskonto als Entnahmen bzw. verdeckte Ausschüttungen zu qualifizieren. Diese Entnahmen hätten nur über ständig steigende Kredite finanziert werden können, sodass die Zinsenbelastung stark angewachsen sei. Diese Zinsenbelastung sei nicht betrieblich veranlasst, woran auch die Ausführungen der Beschwerdeführerin über getätigte Investitionen und Forderungsausfälle nichts änderten; aus den vorgelegten Jahresabschlüssen sei klar abzuleiten, dass die von der Beschwerdeführerin erzielten Einnahmen hingereicht hätten, die laufenden Aufwendungen und Forderungsausfälle zu bedecken. Zwar könne der Anteil des Zinsen- und Bankspesenaufwandes, der nicht betrieblich veranlasst sei, nur schätzungsweise ermittelt werden, die vorgenommene Schätzung auf Basis der von der Beschwerdeführerin erklärten Daten durch Gegenüberstellung der Jahresendstände des Verrechnungskontos einerseits und der Gesamtjahreszinsenbelastung andererseits (und entsprechender Aliquotierung der Zinsen bzw. Spesen) erscheine jedoch den tatsächlichen Verhältnissen am Nächsten zu kommen. Der betrieblich veranlasste Zinsaufwand sei - so die belangte Behörde resümierend -

daher zu Recht um jene im Schätzungsweg ermittelten Beträge gekürzt worden, die für die Finanzierung der nicht betrieblich veranlassten Entnahmen des Mag. B. notwendig gewesen seien.

Im Zusammenhang mit der Darstellung ihrer Berechnung des nicht betrieblich veranlassten Zinsaufwandes führte die belangte Behörde ergänzend aus, es sei im Sinn des Berufungsvorbringens der Beschwerdeführerin zutreffend, dass die Saldostände des Verrechnungskontos für Mag. B. für 1995 und 1996 lt. nachträglich vorgelegtem berichtigten Verrechnungskonto deutlich geringer seien als jene Werte, die von der Betriebsprüfung den ursprünglich vorgelegten Kontoblättern entnommen worden seien. Allerdings sei auch der tatsächliche Zinsaufwand lt. Bilanzen der Beschwerdeführerin für 1995 und 1996 beträchtlich höher als jener, von dem die Betriebsprüfung ausgegangen sei. Die vom Finanzamt vorgenommene "Auflösung" des Verrechnungskontos für Mag. B. 1995 sei (aber) ohnedies auf Basis der berichtigten Beträge erfolgt. Insoweit könne die Beschwerdeführerin "durch vordem unrichtige Kontostände" nicht beschwert sein. 1996 sei bezüglich Körperschaftsteuer nicht streitanhängig, eine "Auflösung" des Verrechnungskontos sei bis dato nicht vorgenommen worden. Auch insoweit könne die Beschwerdeführerin durch unrichtige Kontostände des Verrechnungskontos nicht beschwert sein.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift seitens der belangten Behörde erwogen:

Im vorliegenden Beschwerdefall geht es zunächst darum, ob die auf dem von der Beschwerdeführerin für Mag. B. geführten Verrechnungskonto verbuchten Entnahmen (bzw. die sich zu Gunsten der Beschwerdeführerin jährlich ergebenden Salden) verdeckte Ausschüttungen sind. Des Weiteren ist strittig, ob Aufwendungen der Beschwerdeführerin für Zinsen und sonstige Bankspesen gewinnmindernd als Betriebsausgaben geltend gemacht oder ob sie als den Entnahmen des Mag. B. zuordenbar in diesem Umfang nicht abgezogen werden können.

Verdeckte (Gewinn)Ausschüttungen sind Vorteile, die eine Gesellschaft ihren Gesellschaftern aus ihrem Vermögen in einer nicht als Gewinnausschüttung erkennbaren Form außer der Dividende oder sonstigen offenen Gewinnverteilung, gleichviel unter welcher Bezeichnung gewährt, die sie anderen Personen, die nicht ihre Gesellschafter sind, nicht oder nicht unter den gleichen günstigen Bedingungen zugestehen würde (vgl. für viele etwa das hg. Erkenntnis vom 3. Juli 1991, 90/14/0221, Slg. Nr. 6617/F).

Dass Gesellschafter einer Gesellschaft mbH aus dem Gesellschaftsvermögen "Entnahmen" tätigen, die auf einen einwandfrei nachgewiesenen zivilrechtlich tragenden Rechtsgrund nicht zurückgeführt werden können, ist eine Fallkonstellation, mit welcher sich der Verwaltungsgerichtshof schon wiederholt zu befassen hatte. Er hat in seiner Judikatur hiezu mehrfach klargestellt, dass an die Anerkennung von Vereinbarungen zwischen der Gesellschaft und ihren Gesellschaftern zumal im Falle eines die Gesellschaft beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführers ebenso strenge Maßstäbe wie an die Anerkennung von Vereinbarungen zwischen nahen Angehörigen anzulegen sind. Solche Abmachungen müssen von vornherein ausreichend klar sein und einem Fremdvergleich standhalten, widrigenfalls die Rückzahlbarkeit der von den Gesellschaftern von der Gesellschaft empfangenen Geldbeträge oder Sachwerte nicht als erwiesen angenommen werden kann, sodass von einer verdeckten Ausschüttung ausgegangen werden muss. Der Gerichtshof hat im gegebenen Zusammenhang auch schon ausgesprochen, dass die bloße Verbuchung von Zuwendungen an den Gesellschafter eine Urkunde über den Rechtsgrund der Zuwendung nicht ersetzen kann, weil ein solcher Buchungsvorgang weder nach außen zum Ausdruck kommt, noch daraus der Rechtsgrund für die tatsächliche Zahlung hervorgeht. Schließlich hat der Gerichtshof ebenso auch schon klargestellt, dass sich die aus der Fremdunüblichkeit einer den Gesellschaftern von der Gesellschaft gewährten Zuwendung ergebenden Bedenken gegen die Ernstlichkeit einer Rückzahlungsabsicht durch die Tatsache einiger Zahlungen des Gesellschafters an die Gesellschaft noch nicht entkräften lassen (vgl. für viele etwa das hg. Erkenntnis vom 31. März 1998, 96/13/0121, 0122, mit den dort angeführten weiteren Nachweisen).

Die Frage, ob eine Rechtsbeziehung auch unter Fremden in gleicher Weise zustande gekommen und abgewickelt worden wäre, ist eine Tatfrage und daher auf Grund entsprechender Erhebungen in freier Beweiswürdigung zu beantworten. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Beweiswürdigung der belangten Behörde, die gemäß § 167 Abs. 2 BAO unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen hat, welche Tatsachen als erwiesen anzunehmen sind, vom Verwaltungsgerichtshof insoweit zu überprüfen, als es sich um die Feststellung handelt, ob der Denkvorgang bei der belangten Behörde zu einem den Denkgesetzen und der Lebenserfahrung entsprechenden Ergebnis geführt hat und ob der Sachverhalt, der im Denkvorgang gewürdigt worden ist, in einem ordnungsgemäßen Verfahren ermittelt worden ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 8. Februar 2007, 2004/15/0149).

Gegenständlich hat die belangte Behörde im Rahmen ihrer Beurteilung, die von der Beschwerdeführerin 1995 vorgelegte Rahmenkreditvereinbarung halte einem Fremdvergleich nicht stand, auf das Fehlen einer zeitlichen Befristung, das Fehlen von Kündigungsbestimmungen und das Fehlen einer allgemeinen Zinsvereinbarung hingewiesen. Richtig hat sie zum letztgenannten Gesichtspunkt dargelegt, dass eine "echte" Verzinsung zunächst nur vorgesehen sei, wenn sich der Geschäftsanteil des Mag. B. - was allein in seiner Disposition liege - auf unter 50 % reduziere, und dass die weiter als "Gegenleistung" für die Kreditgewährung bedungene unentgeltliche Erbringung von Steuerberatungstätigkeiten schon mangels jeglicher Relation zwischen aushaftendem Saldo einerseits und Umfang der zu erbringenden Steuerberatungsleistungen andererseits als ungewöhnlich beurteilt werden müsse. Die belangte Behörde hat weiter ins Treffen geführt, dass der vereinbarte Kreditrahmen - ohne dass dies Konsequenzen nach sich gezogen hätte - ab 1994 massiv überschritten worden sei, dass die Abdeckung des aushaftenden Rahmens allein aus - bloß spekulativen - Gewinnansprüchen erfolgen solle und dass man als Besicherung nur die Begebung eines Blankoakzepts, das freilich trotz wiederholter Aufforderung nicht vorgelegt worden sei, vereinbart habe.

Wenn die belangte Behörde aus all diesen Gesichtspunkten in Verbindung mit dem Umstand, dass die in Rede stehende, in Form eines Insichgeschäftes abgeschlossene Rahmenkreditvereinbarung mangels einer Datierung keinen Rückschluss auf den Zeitpunkt ihres Zustandekommens zulässt, zu dem Ergebnis gelangte, dem Vertrag sei mangels Fremdüblichkeit die steuerliche Anerkennung zu versagen, so kann ihr - ohne dass auf die zivilrechtliche Gültigkeit des Vorgangs eingegangen werden müsste - nicht widersprochen werden. Als verfehlt erweist sich nach dem Vorgesagten jedenfalls das Beschwerdevorbringen, es sei - was ein Indiz für das Vorliegen eines Darlehens darstelle - ohnehin eine Verzinsung vorgesehen und lediglich irrtümlich in einigen Jahren des Prüfungszeitraumes in der Buchhaltung nicht erfasst worden; das Gegenteil ist der Fall, ist doch auf Basis der vorgelegten Rahmenkreditvereinbarung (und angesichts der behaupteten Erbringung der Steuerberatungsleistungen durch Mag. B.) nicht zu sehen, was Grundlage für die 1991 und 1992 vorgenommene Verzinsung sein könnte. Auch dem Standpunkt, das fragliche Darlehen sei "unzweifelhaft in die Bücher der Gesellschaft aufgenommen (worden) und aus der Bilanz - auch für die Abgabenbehörde - erkennbar" gewesen, kann nicht beigepflichtet werden. Die Beschwerdeführerin verwechselt in diesem Zusammenhang offenkundig das behauptete "Darlehen" mit dem für Mag. B. geführten Verrechnungskonto; letzteres war in der Tat ausreichend publik, die Rechtsgrundlage der dort verbuchten Entnahmen des Mag. B. hingegen keineswegs.

Begegnet es keinen Bedenken, der behaupteten Darlehens- bzw. Kreditvereinbarung die Anerkennung zu versagen, so fehlt es an einem ersichtlichen Rechtsgrund für die Entnahmen des Mag. B., sodass deren Bewertung als verdeckte Ausschüttung an ihn nicht zu beanstanden ist. Dass die jährlichen Salden bei der Beschwerdeführerin als Forderung verbucht wurden und eine Abschreibung der Forderung(en) als uneinbringlich nicht erfolgte, ist ohne Belang (vgl. abermals das schon zitierte hg. Erkenntnis vom 31. März 1998; vgl. im Ergebnis auch das gleichfalls schon erwähnte hg. Erkenntnis vom 8. Februar 2007 und das hg. Erkenntnis vom 31. Juli 2002, 98/13/0011, 0040). Auch die behauptete "sukzessive Rückführung" des ausstehenden Betrages "in den letzten Jahren des von den Bescheiden betroffenen Zeitraums" steht der Beurteilung, es liege eine verdeckte Ausschüttung vor, nicht entgegen (vgl. erneut die Erkenntnisse vom 31. März 1998 und vom 8. Februar 2007), zumal diese Rückführung erst nach Vorlage des Prüfungsberichts im Rechenwerk der Beschwerdeführerin ausgewiesen wurde.

Richtig ist, dass ein steuerlich anzuerkennender Vorteilsausgleich die Annahme einer verdeckten Ausschüttung ausschließt. Soweit die Beschwerde in diesem Zusammenhang auf die Steuerberatungs- und Geschäftsführerleistungen des Mag. B. hinweist, ist ihr aber zu entgegnen, dass daraus allenfalls resultierende Ansprüche des Mag. B. (im Hinblick auf seine Qualifikation und den Unternehmensgegenstand der Beschwerdeführerin gehen Steuerberatungsleistungen offenkundig in der Geschäftsführertätigkeit auf) ohnehin auf dem Verrechnungskonto Berücksichtigung gefunden haben (für 1992 etwa mit 600.000 S). Wenn dies nicht für alle Jahre des Streitzeitraumes zutrifft, so kann das in Anbetracht der Umstände, etwa in Anbetracht der "Schwankungsbreite" der ausgewiesenen Bezüge, nicht als Indiz dafür gewertet werden, Mag. B. seien offene - nicht verbuchte - Forderungen zugestanden, die einem Vorteilsausgleich zugänglich sein könnten.

Ist nach dem Gesagten mit der belangten Behörde vom Vorliegen einer verdeckten Ausschüttung auszugehen, so ist damit auch die Beantwortung der zweiten im vorliegenden Fall strittigen Frage (Behandlung der Aufwendungen für Fremdkapital) vorgezeichnet. In dem Ausmaß, in dem diese Aufwendungen den Ausschüttungen an Mag. B. zuzuordnen sind, sind sie nämlich auch unter Zugrundelegung des hg. Erkenntnisses vom 19. Dezember 2006, 2004/15/0122, nicht als betrieblich veranlasst anzusehen. Die Beschwerdeführerin hält dem - abgesehen von der wie gezeigt verfehlten Ansicht, es liege gar keine verdeckte Ausschüttung vor -

nur entgegen, zwischen ihrer Fremdkapitalentwicklung und "den Auslagungen" des Mag. B. bestehe kein Zusammenhang. Dem ist freilich in Anbetracht des schon im Prüfungsbericht aufgezeigten kontinuierlichen Ansteigens der Bankverbindlichkeiten einerseits und der Entwicklung des Verrechnungskontos des Mag. B. andererseits nicht zuzustimmen. Die Beschwerde bestreitet auch nicht konkret die Feststellung des angefochtenen Bescheides, wonach bei Unterbleiben der "Entnahmen" die erzielten Einnahmen der Beschwerdeführerin hingereicht hätten, ihre laufenden Aufwendungen und Forderungsausfälle abzudecken. Dass die belangte Behörde bei der von ihr vorgenommenen schätzungsweisen Ermittlung des der verdeckten Ausschüttung zuzuordnenden Anteils an Zinsen und sonstigen Bankspesen im Detail falsch vorgegangen sei, wird in der Beschwerde - mit der im Folgenden dargestellten Ausnahme - gar nicht behauptet.

Die eben erwähnte Ausnahme ist in dem Vorbringen zu erblicken, der angefochtene Bescheid habe auf vorläufige Werte zurückgegriffen, obwohl die endgültigen Werte bei der Berufungsentscheidung bereits vorgelegen wären. Damit wird ausreichend erkennbar auf die Jahre 1995 und 1996 Bezug genommen, bezüglich derer bei Erstattung des Prüfberichts noch keine Steuererklärungen bzw. Jahresabschlüsse vorlagen. Die belangte Behörde hat dazu ausgeführt, es sei zutreffend, dass die Saldostände des Verrechnungskontos für Mag. B. für 1995 und 1996 lt. nachträglich vorgelegtem berichtigtem Verrechnungskonto deutlich geringer seien als jene Werte, die von der Betriebsprüfung den ursprünglich vorgelegten Kontoblättern entnommen worden seien. Sie merkte in diesem Zusammenhang allerdings weiter an (siehe schon eingangs bei Darstellung des bekämpften Bescheides), die vom Finanzamt vorgenommene "Auflösung" des Verrechnungskontos für Mag. B. im Jahr 1995 sei ohnehin auf Basis der berichtigten Beträge erfolgt, sodass die Beschwerdeführerin "durch vordem unrichtige Kontostände" nicht beschwert sein könne. Dass das Finanzamt bei Erlassung seiner Bescheide für 1995 und 1996 von den berichtigten Beträgen ausgegangen sei, trifft freilich nicht zu. Vielmehr hat es seinem, von der belangten Behörde uneingeschränkt bestätigten Körperschaftsteuerbescheid 1995 abweichend von dem im April 1998 mit der Steuererklärung eingereichten Jahresabschluss der Beschwerdeführerin für 1995 einen Stand des Verrechnungskontos für Mag. B. lt. Betriebsprüfung (knapp 8,3 Mio. S statt knapp 5,7 Mio. S wie lt. Jahresabschluss) zugrunde gelegt, ebenso wie schon zuvor seinem Haftungs- und Abgabenbescheid für Kapitalertragsteuer. Soweit der angefochtene Bescheid das Jahr 1995 betrifft, ist er daher mit Aktenwidrigkeit belastet. Bezüglich des Jahres 1996 hat die belangte Behörde zwar richtig darauf verwiesen, dass Körperschaftsteuer nicht streitverfangen sei, sie hat jedoch übersehen, dass das für die Kapitalertragsteuer nicht zutrifft. Die Beschwerdeführerin ist demnach durch die Heranziehung (allenfalls) unrichtiger vorläufiger Stände des Verrechnungskontos sehr wohl beschwert, weshalb der angefochtene Bescheid im Ergebnis insoweit, als er über Körperschaftsteuer 1995 sowie über Haftung für Kapitalertragsteuer abspricht - wegen Festsetzung eines einheitlichen Betrages für den gesamten Zeitraum 1991 bis 1996 liegt Unteilbarkeit des Spruches vor -, gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben war.

Soweit sich die Beschwerde jedoch im Übrigen gegen die Absprüche betreffend die Jahre 1991 bis 1994 wendet, kann ihr nach den obigen Ausführungen kein Erfolg beschieden sein. Daran vermag auch der abschließend in der Beschwerde erhobene Vorwurf, die belangte Behörde habe trotz Antrags keine mündliche Verhandlung über die Berufung durchgeführt, nichts zu ändern, weil - wie schon die belangte Behörde zutreffend aufgezeigt hat - der Antrag nicht bereits in der Berufung, sondern erst in einer Ergänzung vom 7. Juli 2000 und damit nicht rechtzeitig im Sinne des § 284 Abs. 1 BAO (idF vor Inkrafttreten des AbgRmRefG BGBl. I Nr. 97/2002; vgl. § 323 Abs. 12 letzter Satz BAO) gestellt wurde. Die Beschwerde war daher, soweit sie Körperschaftsteuer 1991 bis 1994 und Gewerbesteuer 1991 bis 1993 betrifft, gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 17. Oktober 2007

Schlagworte

Sachverhalt Beweiswürdigung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2006130069.X00

Im RIS seit

27.11.2007

Zuletzt aktualisiert am

17.05.2013
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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