TE OGH 2007/9/11 1Ob115/07d

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Veröffentlicht am 11.09.2007
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Univ. Doz. Dr. Bydlinski, Dr. Fichtenau, Dr. E. Solé und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. I***** Aktiengesellschaft, und 2. I*****gesellschaft mbH, beide *****, vertreten durch Dr. Hans Oberndorfer, Dr. Ludwig Beurle, Dr. Rudolf Mitterlehner und Dr. Klaus Oberndorfer, Rechtsanwälte in Linz, wider die beklagte Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur, Wien 1, Singerstraße 17-19, wegen 1.812,50 EUR sA und 4.612,98 EUR sA sowie Feststellung (Streitwert 21.000 EUR), infolge außerordentlicher Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 20. März 2007, GZ 14 R 25/07k-32, womit das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 13. November 2006, GZ 31 Cg 18/04a-28, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Rechtssache wird zur Ergänzung des Verfahrens und zur neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Die Erstklägerin gibt seit 1990 Gewinnscheine als Genussrechte gemäß § 174 Abs 3 AktG heraus, um den Kauf von Liegenschaften und deren Verwertung, insbesondere durch Vermietung und Verwaltung von Immobilienanlagen zu finanzieren. Die Zweitklägerin vermittelt diese Gewinnscheine gegen Bezahlung eines Entgelts. Seit 1998 ist eine nachhaltige Abwärtsbewegung der Handelstaxe zu verzeichnen. Ab dem Jahr 1999 häuften sich Beschwerden von Konsumenten, die die von der Erstklägerin ausgegebenen Gewinnscheine gezeichnet hatten. Vor allem beschwerten sich die Verbraucher darüber, dass an die Zweitklägerin erteilte Verkaufsaufträge trotz jahrelanger Wartezeiten nicht zum Kurswert durchgeführt werden konnten. Die Beschwerden hatten den Grundtenor, die für den Konsumentenschutz zuständigen Institutionen sollten geeignete Maßnahmen ergreifen. Als es im Rahmen eines strafgerichtlichen Vorverfahrens gegen verantwortliche Personen der Klägerinnen und andere in diese Unternehmensgruppe eingebundene Unternehmen zu einer gerichtlichen Hausdurchsuchung kam, führte dies zu Medienberichten und zu einer verstärkten Beschwerdetätigkeit. Die zuständigen Sachbearbeiter der Konsumentenschutzsektion des Bundesministeriums für Justiz bereiteten daraufhin eine schriftliche „Verbraucherinformation" vor; weiters erstellten sie einen „Musterbrief" und eine Presseaussendung. Diese wurde der „Neuen Kronen Zeitung" übermittelt, auf deren Grundlage ein Artikel mit der Überschrift „Ministerieller Leitfaden als Hilfe durch den Anlagen-Dschungel" erschien. In diesem Artikel wurde die an Anleger mit noch laufenden Ansparverträgen gerichtete Empfehlung der Konsumentenschutzsektion wiedergegeben, keine weiteren Zahlungen mehr zu leisten. Weiters wurde darauf hingewiesen, dass beim Justizministerium unter einer Hotline ein Musterschreiben angefordert werden könne. Auch eine Reihe weiterer Medienberichte wies auf die Hotline und den Musterbrief hin. In der Information für Verbraucher wurde unter anderem darüber berichtet, dass die Gewinnscheine nach den Gewinnscheinbedingungen frühestens zum 31. 12. 2025 oder zum 31. 12. 2026 gekündigt werden könnten, was den Anlegern beim Verkauf regelmäßig verschwiegen worden sei, da die Wertpapiere sonst naturgemäß unverkäuflich gewesen wären. Vielmehr sei den Anlegern zugesichert worden, es bestünde für die Gewinnscheine ein funktionierender Sekundärmarkt, auf dem die Wertpapiere jederzeit zum Kurswert veräußert werden könnten. Tatsächlich seien die Gewinnscheine aber seit mehreren Jahren unverkäuflich, da sie nicht an der Börse notierten und auch außerbörslich keine Käufer zu finden seien. Dadurch könne nicht einmal der veröffentlichte fiktive Kurswert, der derzeit ohnehin nur mehr einen Bruchteil der früheren Werte ausmache, realisiert werden, sodass die Gewinnscheine für die Anleger praktisch wertlos seien. Das mehrere Seiten umfassende Schreiben endet mit einer Empfehlung der Konsumentenschutzsektion im Bundesministerium für Justiz, Anleger mit noch laufenden Ansparverträgen über bestimmte Gewinnscheine sollten vorläufig keine weiteren Zahlungen mehr leisten. Unter einem stellte die Konsumentenschutzsektion im Anhang eine Vorlage für ein Musterschreiben zur Verfügung, in welchem der Anleger mit einer entsprechenden Begründung mitteilen sollte, dass er vorläufig mit der Bezahlung der laufenden Raten aussetze.Die Erstklägerin gibt seit 1990 Gewinnscheine als Genussrechte gemäß Paragraph 174, Absatz 3, AktG heraus, um den Kauf von Liegenschaften und deren Verwertung, insbesondere durch Vermietung und Verwaltung von Immobilienanlagen zu finanzieren. Die Zweitklägerin vermittelt diese Gewinnscheine gegen Bezahlung eines Entgelts. Seit 1998 ist eine nachhaltige Abwärtsbewegung der Handelstaxe zu verzeichnen. Ab dem Jahr 1999 häuften sich Beschwerden von Konsumenten, die die von der Erstklägerin ausgegebenen Gewinnscheine gezeichnet hatten. Vor allem beschwerten sich die Verbraucher darüber, dass an die Zweitklägerin erteilte Verkaufsaufträge trotz jahrelanger Wartezeiten nicht zum Kurswert durchgeführt werden konnten. Die Beschwerden hatten den Grundtenor, die für den Konsumentenschutz zuständigen Institutionen sollten geeignete Maßnahmen ergreifen. Als es im Rahmen eines strafgerichtlichen Vorverfahrens gegen verantwortliche Personen der Klägerinnen und andere in diese Unternehmensgruppe eingebundene Unternehmen zu einer gerichtlichen Hausdurchsuchung kam, führte dies zu Medienberichten und zu einer verstärkten Beschwerdetätigkeit. Die zuständigen Sachbearbeiter der Konsumentenschutzsektion des Bundesministeriums für Justiz bereiteten daraufhin eine schriftliche „Verbraucherinformation" vor; weiters erstellten sie einen „Musterbrief" und eine Presseaussendung. Diese wurde der „Neuen Kronen Zeitung" übermittelt, auf deren Grundlage ein Artikel mit der Überschrift „Ministerieller Leitfaden als Hilfe durch den Anlagen-Dschungel" erschien. In diesem Artikel wurde die an Anleger mit noch laufenden Ansparverträgen gerichtete Empfehlung der Konsumentenschutzsektion wiedergegeben, keine weiteren Zahlungen mehr zu leisten. Weiters wurde darauf hingewiesen, dass beim Justizministerium unter einer Hotline ein Musterschreiben angefordert werden könne. Auch eine Reihe weiterer Medienberichte wies auf die Hotline und den Musterbrief hin. In der Information für Verbraucher wurde unter anderem darüber berichtet, dass die Gewinnscheine nach den Gewinnscheinbedingungen frühestens zum 31. 12. 2025 oder zum 31. 12. 2026 gekündigt werden könnten, was den Anlegern beim Verkauf regelmäßig verschwiegen worden sei, da die Wertpapiere sonst naturgemäß unverkäuflich gewesen wären. Vielmehr sei den Anlegern zugesichert worden, es bestünde für die Gewinnscheine ein funktionierender Sekundärmarkt, auf dem die Wertpapiere jederzeit zum Kurswert veräußert werden könnten. Tatsächlich seien die Gewinnscheine aber seit mehreren Jahren unverkäuflich, da sie nicht an der Börse notierten und auch außerbörslich keine Käufer zu finden seien. Dadurch könne nicht einmal der veröffentlichte fiktive Kurswert, der derzeit ohnehin nur mehr einen Bruchteil der früheren Werte ausmache, realisiert werden, sodass die Gewinnscheine für die Anleger praktisch wertlos seien. Das mehrere Seiten umfassende Schreiben endet mit einer Empfehlung der Konsumentenschutzsektion im Bundesministerium für Justiz, Anleger mit noch laufenden Ansparverträgen über bestimmte Gewinnscheine sollten vorläufig keine weiteren Zahlungen mehr leisten. Unter einem stellte die Konsumentenschutzsektion im Anhang eine Vorlage für ein Musterschreiben zur Verfügung, in welchem der Anleger mit einer entsprechenden Begründung mitteilen sollte, dass er vorläufig mit der Bezahlung der laufenden Raten aussetze.

Die Klägerinnen begehrten die Zahlung von 1.812,50 EUR sA (an die Erstklägerin) und 4.612,98 EUR sA (an die Zweitklägerin) sowie die Feststellung der Haftung der Beklagten „für sämtliche kausale, zukünftige, derzeit noch nicht bekannte Schäden aus der Veröffentlichung und der Verbreitung und Verwendung der Informationsunterlage." Die in der Verbraucherinformation sowie im angeschlossenen Musterschreiben aufgestellten Behauptungen seien ebenso wie die juristische Argumentation unrichtig. Die unter den Vertragspartnern bzw potentiellen Geschäftspartnern der Klägerinnen verbreiteten Behauptungen seien geeignet, deren Kredit, Erwerb und Fortkommen zu gefährden. Auf Grund der unrichtigen Tatsachenbehauptungen hätten „Vertragsinhaber" die vertraglich vereinbarten Zahlungen bereits rechtswidrigerweise eingestellt. Die Zweitklägerin habe deshalb die vertraglich zustehende Entlohnung von 5 % der Zahlungseingänge nicht mehr vereinnahmen können. Für die Herausgabe der Verbraucherinformation samt Musterbrief durch die Konsumentenschutzsektion sei außerdem keine gesetzliche Grundlage vorhanden. Die Klägerinnen seien auf Grund der unwahren Tatsachenbehauptungen und des Medienechos gezwungen gewesen, ein im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit tätiges Unternehmen zu beschäftigen, durch dessen Beratung der Erst- und der Zweitklägerin ein Aufwand entstanden sei, aus dem die Klagsforderung resultiere. Das Feststellungsinteresse liege darin, dass die durch die unwahren Behauptungen in der Verbraucherinformation hervorgerufenen Schäden noch nicht abschließend beurteilbar seien.

Die Beklagte wendete zusammengefasst ein, die Konsumentenschutzsektion sei zur Herausgabe des Informationsschreibens berechtigt gewesen. Die Angelegenheiten der Konsumentenpolitik umfassten auch die Behandlung von Konsumentenbeschwerden, die Verbraucherinformation und die Förderung der Durchsetzung der Rechte der Verbraucher. In Verfolgung dieses gesetzlichen Auftrags müsse dann, wenn die Interessen vieler Verbraucher betroffen seien, die individuelle Beratung und Hilfestellung durch eine Information der Öffentlichkeit und durch die Zurverfügungstellung standardisierter Informationsunterlagen ergänzt werden. Die Information und die Empfehlungen seien inhaltlich vollständig gerechtfertigt gewesen.

Das Erstgericht gab im ersten Rechtsgang dem Feststellungsbegehren mit Teilurteil statt.

Infolge Berufung der Beklagten hob das Berufungsgericht diese Entscheidung auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück. Dem gegen den Aufhebungsbeschluss gerichteten Rekurs der Beklagten gab der Oberste Gerichtshof keine Folge (1 Ob 54/06g). Er führte aus, dass die Verbraucherinformation einschließlich des Musterbriefs von den Organen der Konsumentenschutzsektion des BMJ in Wahrnehmung des ihnen durch das BMG (in der damals geltenden Fassung) zugewiesenen Wirkungsbereichs erstellt worden sei und ihre Grundlage jedenfalls im Auskunftspflichtgesetz finde. Ebenso wie sich der Auskunftsanspruch der Verbraucher auf eine der Sache nach inhaltlich richtige Information beziehe, bestehe gegenüber dem von der Verbraucherbeschwerde betroffenen Unternehmen das Gebot der objektiven, richtigen und wahrheitsgetreuen Information, könne doch eine solche dem Unternehmen in mehrfacher Hinsicht zum Nachteil gereichen. So könnte - etwa durch eine Verbraucherinformation via Medien - auf indirektem Weg der „good will" des Unternehmens Schaden erleiden, indem Tatsachen in die Öffentlichkeit getragen werden, die potentielle Neukunden vom Vertragsabschluss abhalten könnten. Der Schutz eines von einer Veröffentlichung betroffenen Dritten ergebe sich ferner auch aus der Grundrechtsgebundenheit jedes hoheitlichen Akts der Vollziehung sowie aus § 1 Abs 1 DSG, der jedermann ein verfassungsgesetzliches subjektives Recht auf Geheimhaltung der ihn betreffenden personenbezogenen Daten gewähre, sofern er daran ein schutzwürdiges Interesse habe. Allen Tatbeständen gemeinsam sei, dass eine Abwägung der Interessen eines von dem Auskunftsbegehren betroffenen Dritten auf Geheimhaltung mit denjenigen Interessen vorzunehmen sei, die der Auskunftswerber am Erhalt der Information habe. Zu prüfen sei im fortgesetzten Verfahren einerseits, ob die Tatsachenmitteilung im Kern wahr war, dies ausgehend von der den Organen damals zur Verfügung stehenden Informationslage. Sei der Wahrheitsgehalt erwiesen, werde andererseits bei der dann vorzunehmenden Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Vorgangsweise bzw der vorzunehmenden Interessensabwägung maßgeblich sein, ob nach dem damals vorhandenen Informationsstand eine begründete Verdachtslage bestand, schutzwürdige Belange einer Vielzahl von Verbrauchern könnten nachhaltig gefährdet sein.Infolge Berufung der Beklagten hob das Berufungsgericht diese Entscheidung auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück. Dem gegen den Aufhebungsbeschluss gerichteten Rekurs der Beklagten gab der Oberste Gerichtshof keine Folge (1 Ob 54/06g). Er führte aus, dass die Verbraucherinformation einschließlich des Musterbriefs von den Organen der Konsumentenschutzsektion des BMJ in Wahrnehmung des ihnen durch das BMG (in der damals geltenden Fassung) zugewiesenen Wirkungsbereichs erstellt worden sei und ihre Grundlage jedenfalls im Auskunftspflichtgesetz finde. Ebenso wie sich der Auskunftsanspruch der Verbraucher auf eine der Sache nach inhaltlich richtige Information beziehe, bestehe gegenüber dem von der Verbraucherbeschwerde betroffenen Unternehmen das Gebot der objektiven, richtigen und wahrheitsgetreuen Information, könne doch eine solche dem Unternehmen in mehrfacher Hinsicht zum Nachteil gereichen. So könnte - etwa durch eine Verbraucherinformation via Medien - auf indirektem Weg der „good will" des Unternehmens Schaden erleiden, indem Tatsachen in die Öffentlichkeit getragen werden, die potentielle Neukunden vom Vertragsabschluss abhalten könnten. Der Schutz eines von einer Veröffentlichung betroffenen Dritten ergebe sich ferner auch aus der Grundrechtsgebundenheit jedes hoheitlichen Akts der Vollziehung sowie aus Paragraph eins, Absatz eins, DSG, der jedermann ein verfassungsgesetzliches subjektives Recht auf Geheimhaltung der ihn betreffenden personenbezogenen Daten gewähre, sofern er daran ein schutzwürdiges Interesse habe. Allen Tatbeständen gemeinsam sei, dass eine Abwägung der Interessen eines von dem Auskunftsbegehren betroffenen Dritten auf Geheimhaltung mit denjenigen Interessen vorzunehmen sei, die der Auskunftswerber am Erhalt der Information habe. Zu prüfen sei im fortgesetzten Verfahren einerseits, ob die Tatsachenmitteilung im Kern wahr war, dies ausgehend von der den Organen damals zur Verfügung stehenden Informationslage. Sei der Wahrheitsgehalt erwiesen, werde andererseits bei der dann vorzunehmenden Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Vorgangsweise bzw der vorzunehmenden Interessensabwägung maßgeblich sein, ob nach dem damals vorhandenen Informationsstand eine begründete Verdachtslage bestand, schutzwürdige Belange einer Vielzahl von Verbrauchern könnten nachhaltig gefährdet sein.

Das Erstgericht wies im zweiten Rechtsgang sowohl das Leistungs- als auch das Feststellungsbegehren (mittels Endurteil) ab. Es ging von den schon vorliegenden Beweisergebnissen des ersten Rechtsgangs aus und traf nach wörtlicher Wiedergabe des „Informationsschreibens für Verbraucher" sowie des Musterbriefs folgende ergänzende Feststellung:

„Diese Feststellungen entsprachen den dem Bundesministerium für Justiz damals zur Verfügung gestellten Informationen seitens des Vereins für Konsumentenschutz und der Arbeiterkammern. Sie entsprachen auch objektiv im Wesentlichen den Tatsachen". Da die Klägerinnen im zweiten Rechtsgang keine weiteren Behauptungen und Anträge zu dem Beweisthema gestellt hätten, ob die Tatsachenmitteilungen im Kern wahr waren, sei von den schon vorliegenden Ergebnissen des ersten Rechtsgangs auszugehen gewesen. Auf Grundlage der Feststellungen liege kein rechtswidriges Verhalten der Organe der Beklagten vor.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes 20.000 EUR übersteige; die ordentliche Revision erklärte es für nicht zulässig. Es lägen weder primäre Mängel des Verfahrens erster Instanz noch rechtliche Feststellungsmängel vor. Ausgehend vom festgestellten Sachverhalt könne kein Zweifel daran bestehen, dass die im Informationsschreiben samt Musterbrief enthaltenen Tatsachenmitteilungen im Kern wahr gewesen seien und die Konsumentenschutzsektion des BMJ „verhältnismäßig" vorgegangen sei. Nach dem damals vorhandenen Informationsstand habe eine begründete Verdachtslage bestanden, schutzwürdige Belange einer Vielzahl von Verbrauchern könnten nachhaltig gefährdet sein. Diese Verdachtslage habe nicht bloß eine Einzelinformation, sondern eine breit gestreute Verbraucherinformation über die Medien gerechtfertigt erscheinen lassen. Diese bereits vom Obersten Gerichtshof vertretene Rechtsmeinung stehe mit den erstinstanzlichen Feststellungen „zwanglos im Einklang".

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen gerichtete Revision der Klägerinnen ist zulässig und berechtigt.

Die bisher festgestellten Tatsachen reichen bei richtiger rechtlicher Beurteilung zur verlässlichen Prüfung der zu lösenden Rechtsfragen nicht aus. Im zweiten Rechtsgang hätte es der Feststellung konkreter Tatsachen bedurft, aus denen der Wahrheitsgehalt (oder die Unwahrheit) der einzelnen Tatsachenmitteilungen abgeleitet werden kann. Die zum Wahrheitsgehalt der Tatsachenmitteilungen getroffene einzige Ausführung, diese hätten „auch objektiv im Wesentlichen den Tatsachen entsprochen", beinhaltet vor allem ein Werturteil und keine Aussage über Tatsachen. In Wirklichkeit erschöpft sich diese „Feststellung" in der Wiedergabe der im Beschluss 1 Ob 54/06g des Obersten Gerichtshofs zum Ausdruck gebrachten Rechtsansicht. Sie stellt eine bloße Leerformel dar, die tragfähige (konkrete) Feststellungen nicht zu ersetzen vermag. Dies begründet einen rechtlichen Feststellungsmangel, der durch die unrichtige Abgrenzung von Tat- und Rechtsfragen hervorgerufen wurde. Eine solch unrichtige Grenzziehung wirft eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung auf (Zechner in Fasching/Konecny² IV/1, § 502 ZPO, Rz 97). Im fortzusetzenden Verfahren wird das Erstgericht die erforderlichen ergänzenden Feststellungen zu treffen und zu diesem Zweck die von den Klägerinnen angebotenen Beweise zur Unrichtigkeit der im Informationsschreiben enthaltenen Tatsachenmitteilungen aufzunehmen haben. Zutreffend weisen die Revisionswerberinnen auch darauf hin, dass (selbst unter der Annahme des Wahrheitsgehalts der Tatsachenmitteilungen) Feststellungen fehlen, die die vom Obersten Gerichtshof im ersten Rechtsgang aufgetragene Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Vorgangsweise der Organe des BMJ ermöglichten. Auch diese Verhältnismäßigkeitsprüfung lässt sich ohne konkrete Feststellungen nicht vornehmen. Sollte sich also der Wahrheitsgehalt der Tatsachenmitteilungen herausstellen, werden noch weitere Feststellungen dazu zu treffen sein, ob die für die Klägerinnen nachteiligen Tatsachenmitteilungen zum Zwecke der Beratung bzw Hilfestellung von und für Konsumenten unvermeidlich waren, oder es für die Rechtssphäre der betroffenen Unternehmen weniger schädliche bzw gelindere Alternativen gegeben hätte (siehe S 29 der Entscheidung 1 Ob 54/06g).Die bisher festgestellten Tatsachen reichen bei richtiger rechtlicher Beurteilung zur verlässlichen Prüfung der zu lösenden Rechtsfragen nicht aus. Im zweiten Rechtsgang hätte es der Feststellung konkreter Tatsachen bedurft, aus denen der Wahrheitsgehalt (oder die Unwahrheit) der einzelnen Tatsachenmitteilungen abgeleitet werden kann. Die zum Wahrheitsgehalt der Tatsachenmitteilungen getroffene einzige Ausführung, diese hätten „auch objektiv im Wesentlichen den Tatsachen entsprochen", beinhaltet vor allem ein Werturteil und keine Aussage über Tatsachen. In Wirklichkeit erschöpft sich diese „Feststellung" in der Wiedergabe der im Beschluss 1 Ob 54/06g des Obersten Gerichtshofs zum Ausdruck gebrachten Rechtsansicht. Sie stellt eine bloße Leerformel dar, die tragfähige (konkrete) Feststellungen nicht zu ersetzen vermag. Dies begründet einen rechtlichen Feststellungsmangel, der durch die unrichtige Abgrenzung von Tat- und Rechtsfragen hervorgerufen wurde. Eine solch unrichtige Grenzziehung wirft eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung auf (Zechner in Fasching/Konecny² IV/1, Paragraph 502, ZPO, Rz 97). Im fortzusetzenden Verfahren wird das Erstgericht die erforderlichen ergänzenden Feststellungen zu treffen und zu diesem Zweck die von den Klägerinnen angebotenen Beweise zur Unrichtigkeit der im Informationsschreiben enthaltenen Tatsachenmitteilungen aufzunehmen haben. Zutreffend weisen die Revisionswerberinnen auch darauf hin, dass (selbst unter der Annahme des Wahrheitsgehalts der Tatsachenmitteilungen) Feststellungen fehlen, die die vom Obersten Gerichtshof im ersten Rechtsgang aufgetragene Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Vorgangsweise der Organe des BMJ ermöglichten. Auch diese Verhältnismäßigkeitsprüfung lässt sich ohne konkrete Feststellungen nicht vornehmen. Sollte sich also der Wahrheitsgehalt der Tatsachenmitteilungen herausstellen, werden noch weitere Feststellungen dazu zu treffen sein, ob die für die Klägerinnen nachteiligen Tatsachenmitteilungen zum Zwecke der Beratung bzw Hilfestellung von und für Konsumenten unvermeidlich waren, oder es für die Rechtssphäre der betroffenen Unternehmen weniger schädliche bzw gelindere Alternativen gegeben hätte (siehe S 29 der Entscheidung 1 Ob 54/06g).

Die aufgezeigten rechtlichen Feststellungsmängel machen die Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen unumgänglich.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.Der Kostenvorbehalt beruht auf Paragraph 52, Absatz eins, ZPO.

Anmerkung

E85359 1Ob115.07d

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2007:0010OB00115.07D.0911.000

Dokumentnummer

JJT_20070911_OGH0002_0010OB00115_07D0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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