TE Vwgh Erkenntnis 2007/10/18 2002/14/0104

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Veröffentlicht am 18.10.2007
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Index

32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;

Norm

BAO §276 Abs1;
BAO §289;
BAO §303 Abs4;
BAO §305 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Robl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pfau, über die Beschwerde des C R in V, vertreten durch Dr. Andreas Haberl, Rechtsanwalt in 4840 Vöcklabruck, Stadtplatz 36, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich (Berufungssenat I) vom 3. Juli 2002, Zl. RV 501/1-6/1999, betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich der einheitlichen und gesonderten Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO des Jahres 1991 und Sachbescheid betreffend einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO hinsichtlich des Jahres 1991, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer war bis 31. Juli 1991 einer von drei Gesellschaftern einer aus ihm, Dr. H und Dr. U gebildeten Rechtsanwaltsgemeinschaft. Zum 31. Juli 1991 schied der Beschwerdeführer aus der Gemeinschaft aus. Im Rahmen der Erklärung der Einkünfte von Personengesellschaften wurden für ihn neben einem laufenden Gewinn von rund S 1,1 Mio ein Übergangsgewinn in Höhe von rund S 3,7 Mio und ein Veräußerungsgewinn in Höhe von rund S 65.000,-- erklärt. Für die zuletzt angeführten Beträge wurde der begünstigte Steuersatz gemäß § 37 EStG 1988 geltend gemacht. Die Veranlagung erfolgte erklärungsgemäß.

Anlässlich einer abgabenbehördlichen Prüfung vertrat die Prüferin die Ansicht, dass ein Veräußerungsgewinn nicht zu ermitteln gewesen sei, weil "der Teilbetrieb" vom ausscheidenden Gesellschafter weitergeführt worden sei.

Das Finanzamt folgte der Ansicht der Prüferin, nahm mit Bescheid vom 14. Juni 1994 das Verfahren betreffend einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften für das Jahr 1991 wieder auf und erließ einen neuen Sachbescheid, in welchem hinsichtlich des Beschwerdeführers lediglich der laufende Gewinn in Höhe von rund S 1,1 Mio angesetzt wurde. Der erklärte Veräußerungs- und der Übergangsgewinn (in Höhe von insgesamt rund S 3,8 Mio) wurden somit nicht mehr erfasst.

In einer dagegen erhobenen Berufung wurde unter anderem vorgebracht, grundsätzlich bestehe beim Ausscheiden eines Gesellschafters aus einer Mitunternehmerschaft und Fortführung der beruflichen Tätigkeit als Einzelunternehmer ein Wahlrecht zwischen Buchwertfortführung und Gewinnverwirklichung. Eine Buchwertfortführung sei aber jedenfalls dann unzulässig, wenn durch die Teilung des Betriebes stille Reserven verschoben würden. Die wesentlichen stillen Reserven lägen im Falle der Kanzleigemeinschaft in immateriellen Wirtschaftsgütern (Kundenstock, Standort) und im Anlagevermögen. Eine Verschiebung stiller Reserven liege dann vor, wenn den einzelnen Mitunternehmern nach der Teilung nicht mehr derselbe Betrag an stillen Reserven zuzurechnen sei, wie anteilig zuvor. Dadurch, dass der Beschwerdeführer keinen Anteil am beträchtlichen Anlagevermögen erhalten habe, habe sich zweifellos eine Verschiebung der stillen Reserven ergeben. Es liege daher keine Fortführung des "Bündelbetriebes", sondern die Neugründung eines anderen Betriebes vor. Es wurde daher beantragt, das Ausscheiden des Beschwerdeführers aus der Kanzleigemeinschaft nicht als steuerneutrale Realteilung, sondern als Aufgabe eines Mitunternehmeranteils mit Gewinnverwirklichung zu behandeln.

Für den Fall, dass einem ein anderes Thema betreffendes Berufungsbegehren (im Zusammenhang mit der Kürzung von Sonderbetriebsausgaben) stattgegeben würde, lägen auch keine Gründe für eine Wiederaufnahme des Verfahrens nach § 303 Abs. 4 BAO vor, da "die Abfindungsvereinbarung" keine neu hervorgekommene Tatsache sei.

Nach Vorlage der Berufung an die belangte Behörde wurde anlässlich einer Besprechung mit dem Beschwerdeführer vorgebracht, der Vertrag über die Errichtung der GesbR sei nicht mehr vorhanden. Für den Fall der Auflösung der GesbR sei keine Vereinbarung getroffen worden. Die Auflösung orientiere sich an den Regelungen des ABGB. Der Beschwerdeführer habe ein Drittel der Akten im Wert von ca. S 3,7 Mio "mitgenommen" (halbfertige Arbeiten). Ebenso habe er drei Dienstnehmer aus der Kanzleigemeinschaft übernommen. Das Anlagevermögen sei hingegen in der GesbR verblieben. Die übernommenen Akten seien hauptsächlich Konkursakten gewesen. Die Tatsache, dass der Beschwerdeführer schon im ersten Jahr der Einzelfirma viele neue Klienten dazubekommen habe, beweise, dass die übernommenen Akten nur einen geringen Wert gehabt hätten, sodass von einem übertragenen Teilbetrieb nicht gesprochen werden könne. Für seine Einzelfirma habe sich der ausgeschiedene Gesellschafter ein neues Lokal, eine neue Büroeinrichtung und neue Fachliteratur anschaffen müssen. Es liege daher keine Betriebsübertragung vor, vielmehr seien nur einzelne Wirtschaftsgüter aus der GesbR übernommen worden.

Über Vorhalt der belangten Behörde teilte Dr. H mit Schreiben vom 27. April 1998 mit, die Vereinbarung mit dem Beschwerdeführer habe dahin gelautet, dass im Fall der normalen Kündigung der jeweilige Partner eine Ablöse für das zum Zeitpunkt des Ausscheidens vorhandene Kanzleivermögen erhalte. Ein Goodwill würde nicht abgelöst. Die Causen seien im Einvernehmen aufzuteilen. Wenn dieses nicht zu erzielen sei, sei auf das Vollmachtsverhältnis zu achten, wobei zu berücksichtigen sei, dass eine Stammklientel dem jeweiligen Partner verbleibe. Im Zweifelsfalle habe der Klient zu entscheiden. Die bis zum Auflösungszeitpunkt erbrachten Leistungen würden gegenseitig abgerechnet. Bei der Ermittlung der Ablöse hätten folgende Bewertungsgrundsätze gegolten: Es sei der Anschaffungswert netto heranzuziehen, von diesem Betrag sei die AfA abzuziehen, vom Guthaben des ausscheidenden Partners seien die anteiligen Kanzleiverbindlichkeiten in Abzug zu bringen bzw. es bestehe ein Anspruch auf ein Drittel eines bestehenden Bankguthabens, das sich nach Abzug der zu ermittelnden Kanzleiverbindlichkeiten ergebe. Bei dieser Verrechnung sei der Auflösungsstichtag maßgeblich. Diese Vereinbarungen seien eingehalten worden. Es sei abweichend davon vereinbart worden, dass eine gegenseitige Abrechnung der bis zum Auflösungszeitpunkt erbrachten Leistungen nicht durchgeführt werde.

Über die Auflösung der Kanzleigemeinschaft sei am 26. Juni 1991 eine schriftliche Vereinbarung getroffen worden, von welcher eine Fotokopie übermittelt wurde. Ebenfalls übermittelt wurde die Kopie einer Abrechnung laut Vereinbarung, in welcher unter anderem eine Ausgleichszahlung für das Anlagevermögen in Höhe von S 235.000,-- aufscheint.

In der Folge beauftragte die belangte Behörde das Finanzamt, der Berufung betreffend die Wiederaufnahme der Verfahren mittels Berufungsvorentscheidung stattzugeben. Hingewiesen wurde darauf, dass damit "die ursprünglichen Feststellungsbescheide" wieder in Rechtsbestand treten. Das Finanzamt folgte diesem Auftrag und begründete die Stattgabe der Berufung damit, dass bezüglich der Abschichtung des Beschwerdeführers im Rahmen der Betriebsprüfung keine neuen Tatsachen hervorgekommen seien. Durch den Wegfall der "Kfz-Kostenzurechnung 1991" entfalle auch der bisherige Wiederaufnahmsgrund für dieses Jahr.

Gleichzeitig erließ das Finanzamt jedoch einen weiteren Bescheid, mit welchem das Verfahren hinsichtlich der Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO für 1991 (abermals) gemäß § 303 Abs. 4 BAO wieder aufgenommen und ein (inhaltlich im Wesentlichen gleicher) neuer Feststellungsbescheid erlassen wurde. Begründet wurden diese Bescheide damit, dass auf Grund der mit Schreiben vom 27. April 1998 durch Dr. H vorgelegten Unterlagen betreffend die Abschichtung des Beschwerdeführers davon auszugehen sei, dass die Kenntnis dieser Vereinbarungen ausgereicht habe, einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeizuführen. Aus den genannten Unterlagen könne der Schluss auf eine Teilbetriebsübernahme gezogen werden. Hinsichtlich der Beendigung der Beteiligung des Beschwerdeführers liege weder eine Veräußerung noch eine Aufgabe des Mitunternehmeranteiles vor, weil bei einer Realteilung kein Tauschvorgang anzunehmen sei und die betriebliche Einheit auch nicht zerschlagen, sondern in Form eines Einzelbetriebes weitergeführt worden sei. Es sei daher weder ein Übergangsgewinn noch ein Veräußerungsgewinn anzusetzen.

In einer dagegen erhobenen Berufung wandte sich der Beschwerdeführer einerseits gegen die abermalige Wiederaufnahme des Verfahrens sowie gegen die Beurteilung, das Ausscheiden des Beschwerdeführers aus der Kanzleigemeinschaft sei als steuerneutrale Teilbetriebsübernahme (Realteilung) zu behandeln. Hinsichtlich der Wiederaufnahme des Verfahrens vertrat der Beschwerdeführer den Standpunkt, die Behauptung in der Bescheidbegründung, es wären Tatsachen neu hervorgekommen, von der die Behörde keine Kenntnis gehabt habe, sei nicht richtig. Die Behörde habe im Zeitpunkt der Berufungsvorentscheidung dieselben Kenntnisse wie im Zeitpunkt der Wiederaufnahme des Verfahrens gehabt, weil zwischenzeitlich keine weiteren Unterlagen vorgelegt bzw. Erhebungen durchgeführt worden seien. Da die Behörde über die entsprechenden Unterlagen nach eigenen Aussagen bereits im Zeitpunkt der Erlassung der Berufungsvorentscheidung verfügt habe, lägen keine Gründe für eine neuerliche Wiederaufnahme des Verfahrens vor.

Hinsichtlich der Feststellung von Einkünften für 1991 verwies der Beschwerdeführer auf seine schon abgegebene Stellungnahme, wonach er mit einzelnen Wirtschaftsgütern (Forderungen aus übernommenen Akten) abgefunden worden sei, weshalb eine Veräußerung des Mitunternehmeranteils und keine steuerneutrale Realteilung vorliege. Gegen die steuerneutrale Realteilung spreche weiters, dass keine Vorsorge getroffen worden sei, die eine Verschiebung der stillen Reserven verhindert hätte.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung abgewiesen. Hinsichtlich der Wiederaufnahme des Verfahrens vertrat die belangte Behörde die Ansicht, dass sich die Wiederaufnahme zu Recht auf die von Dr. H am 27. April 1998 vorgelegten Unterlagen stütze. Erst diesen Unterlagen könne der genaue Modus des Ausscheidens des Beschwerdeführers aus der Kanzlei entnommen werden. Aus den "Ausscheidungsmodalitäten" könne auch erst berechtigterweise der Schluss gezogen werden, dass eine steuerneutrale Realteilung vorliege. Der jeweilige Partner erhalte eine Ablöse für das vorhandene Kanzleivermögen, die Causen seien einvernehmlich aufzuteilen, die Stammklientel verbleibe dem jeweiligen Partner. Die bis zur Auflösung erbrachten Leistungen würden abgerechnet. Diesen Regelungen sei zu entnehmen, dass jeder der Beteiligten seine ihm zustehenden Anteile erhalten sollte (und auch habe), was die Annahme der Übertragung eines Teilbetriebes stütze. Weites könne aus dem Verhältnis Ausgleichszahlung zum Gesamtwert auf das Vorliegen oder Nichtvorliegen einer anteiligen Steuerpflicht geschlossen werden. In Punkt III der Auflösungsvereinbarung sei die Art der Akten aufgezählt, die der Beschwerdeführer erhalten solle. In Punkt VII sei die Ausgleichszahlung für das Anlagevermögen geregelt. Bei den Verbindlichkeiten seien "die aktenbezogenen" demjenigen zuzurechnen, der den Akt erhalten habe. Zahlungen nach dem Auflösungsstichtag, die Akten des Beschwerdeführers beträfen, würden von diesem nachverrechnet. Auch diese Regelungen stützten die Annahme eines Teilbetriebes.

Die Argumente in der Berufung, eine Wiederaufnahme sei im Juni 1999 nicht möglich, weil schon im Jänner (zum Zeitpunkt der Berufungsvorentscheidung vom 22. Jänner 1999) die Wiederaufnahmegründe bekannt gewesen seien, gingen ins Leere. Die Berufungsvorentscheidung vom 22. Jänner 1999 betreffe (neben einem Wiederaufnahmebescheid für 1990) ausschließlich den Wiederaufnahmebescheid für 1991 vom 16. Juni 1994 und die Stattgabe betreffend die Berufung gegen diese Bescheide. Den genannten Berufungen sei stattzugeben gewesen, weil im Zeitpunkt der Erlassung der Bescheide - nach Beendigung der Betriebsprüfung -

ein Wiederaufnahmegrund nicht vorgelegen sei. Erst ab 27. April 1998 sei das Vorliegen eines derartigen Wiederaufnahmegrundes anzunehmen. Voraussetzung für einen neuen Wiederaufnahmebescheid sei logischerweise die vorherige Beseitigung des "unrichtigen" Wiederaufnahmebescheides. Die genannte Berufungsvorentscheidung sei demgemäß kein Hindernis, sondern vielmehr die Voraussetzung für den neuen Wiederaufnahmebescheid. Da im Erstbescheid von der Aufgabe eines Mitunternehmeranteils, im "wiederaufgenommenen Bescheid" aber vom Vorliegen einer steuerneutralen Realteilung ausgegangen worden sei, liege "klarerweise" auch ein im Spruch anders lautender Bescheid vor.

Hinsichtlich des neuen Sachbescheides ging die belangte Behörde mit umfangreicher Begründung davon aus, dass die Annahme einer Gewinnverwirklichung durch den Beschwerdeführer zu Unrecht erfolgt sei und diesbezüglich "der Hälftesteuersatz des § 37 EStG 1988 nicht zusteht".

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde erwogen:

Gemäß § 303 Abs. 4 BAO ist eine Wiederaufnahme des Verfahrens von Amts wegen u.a. in allen Fällen zulässig, in denen Tatsachen oder Beweismittel neu hervorkommen, die im Verfahren nicht geltend gemacht worden sind, und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.

Es ist Aufgabe der Abgabenbehörden, die von ihnen verfügte Wiederaufnahme durch unmissverständliche Hinweise darauf zu begründen, welche Tatsachen und Beweismittel auf welche Weise neu hervorgekommen sind (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 30. September 1987, 87/13/0006). Soll eine amtswegige Wiederaufnahme des Verfahrens im Sinne des § 303 Abs. 4 BAO auf Grund einer abgabenbehördlichen Prüfung zulässig sein, dann muss aktenmäßig erkennbar sein, dass dem Finanzamt nachträglich Tatumstände zugänglich gemacht wurden, von denen es nicht schon zuvor Kenntnis gehabt hat (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 5. April 1989, 88/13/0052).

Welche gesetzlichen Wiederaufnahmegründe durch einen konkreten Sachverhalt als verwirklicht angesehen und daher als solche herangezogen werden, bestimmt bei der Wiederaufnahme von Amts wegen die gemäß § 305 Abs. 1 BAO für die Entscheidung über die Wiederaufnahme zuständige Behörde. Aufgabe der Berufungsbehörde bei der Entscheidung über ein Rechtsmittel gegen eine amtswegige Wiederaufnahme durch das Finanzamt ist es, (nur) zu prüfen, ob dieses das Verfahren aus den von ihm gebrauchten Gründen wieder aufnehmen durfte, nicht jedoch, ob die Wiederaufnahme auch aus anderen Wiederaufnahmegründen zulässig gewesen wäre. Hat das Finanzamt die Wiederaufnahme tatsächlich auf Umstände gestützt, die keinen Wiederaufnahmegrund darstellen, muss die Berufungsbehörde den vor ihr angefochtenen Wiederaufnahmebescheid des Finanzamtes ersatzlos beheben (vgl. z.B. das hg Erkenntnis vom 16. November  2006, 2006/14/0014). Am Finanzamt liegt es dann, ob es etwa von der Berufungsbehörde entdeckte andere Wiederaufnahmsgründe aufgreift und zu einer (auch) neuerlichen Wiederaufnahme heranzieht (siehe hiezu das hg. Erkenntnis vom 30. November 1999, 94/14/0124, und die dort zitierte Judikatur).

Der Umstand, dass der Berufung gegen einen Wiederaufnahmebescheid (mit Berufungsvorentscheidung) durch Aufhebung des Wiederaufnahmebescheides Folge gegeben wird, steht einer neuerlichen Wiederaufnahme, die sich auf einen anderen Wiederaufnahmegrund stützen kann, nicht entgegen.

Im Beschwerdefall ist aber auch zu berücksichtigen, das bereits anlässlich der abgabenbehördlichen Prüfung davon ausgegangen worden war, dass ein Veräußerungsgewinn (und dem entsprechend ein Übergangsgewinn) nicht zu ermitteln wäre, von der Abgabenbehörde aber anlässlich der Stattgabe der Berufung gegen die Wiederaufnahme des Verfahrens mit Berufungsvorentscheidung eingeräumt worden war, dass im Rahmen der Betriebsprüfung keine Tatsachen neu hervorgekommen seien. Wenn sich die belangte Behörde diesbezüglich im angefochtenen Bescheid darauf stützt, dass erst den von Dr. H vorgelegten Unterlagen "der genaue Modus des Ausscheidens" des Beschwerdeführers aus der Kanzlei entnommen werden könne, mag dies zutreffen. Dass der "genaue Modus des Ausscheidens" aber bekannt sein musste, um zu der im wiederaufgenommenen Verfahren erlassenen Entscheidung zu gelangen, und die diesen Modus enthaltenden Unterlagen daher die entscheidungswesentlich neu hervorgekommenen Tatsachen enthielten, wird im Beschwerdefall schon dadurch widerlegt, dass die Abgabenbehörde erster Instanz bereits anlässlich der Erlassung des neuen Sachbescheides nach der ersten Wiederaufnahme - ohne dass laut der genannten Berufungsvorentscheidung gegenüber dem (vor Durchführung der abgabenbehördlichen Prüfung) abgeschlossenen Verfahren neue Tatsachen hervorgekommen wären - zum gleichen Ergebnis gekommen ist, ohne diese "genauen Modalitäten" zu kennen. Zudem wird auch im angefochtenen Bescheid nicht ausgeführt, aus welchen Gründen gerade diese "genauen Modalitäten" erforderlich gewesen sein sollten, um zu dem nunmehrigen, dem bereits nach Durchführung der abgabenbehördlichen Prüfung erlassenen neuen Sachbescheid entsprechenden Bescheid zu gelangen.

Es erweist sich daher der angefochtene Bescheid betreffend die Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich der einheitlichen und gesonderten Feststellung von Einkünften für 1991 und dem entsprechend die Erlassung eines diesbezüglichen neuen Sachbescheides als inhaltlich rechtswidrig. Der angefochtene Bescheid war daher zur Gänze gemäß § 42 Abs. 2 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 18. Oktober 2007

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2002140104.X00

Im RIS seit

06.12.2007

Zuletzt aktualisiert am

22.09.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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