TE Vwgh Erkenntnis 2007/10/29 2007/10/0204

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Veröffentlicht am 29.10.2007
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Index

E000 EU- Recht allgemein;
E3R E03070000;
E3R E15203000;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
82/05 Lebensmittelrecht;

Norm

32002R0178 Lebensmittelsicherheit Art3 Z8;
EURallg;
LMSVG 2006 §3 Z9;
LMSVG 2006 §5 Abs1 Z2;
LMSVG 2006 §90 Abs1 Z2;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Stöberl und Dr. Schick als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Petritz, über die Beschwerde des JS in Dornbirn, vertreten durch Dr. Stefan Hämmerle, Mag. Johannes Häusle und Mag. Gernot Schwendinger, Rechtsanwälte in 6850 Dornbirn, Riedgasse 20/3, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Vorarlberg vom 2. August 2007, Zl. UVS-1-169/E9-2007, betreffend Übertretung des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der vorliegenden Beschwerde und der dieser angeschlossenen Bescheidausfertigung zufolge wurde dem Beschwerdeführer mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Vorarlberg vom 2. August 2007 zur Last gelegt, er sei als gemäß § 9 VStG verantwortliches, zur Vertretung nach außen berufenes Organ (handelsrechtlicher Geschäftsführer) der S Wurst-Fleisch-Gastronomie Großhandels GmbH dafür verantwortlich, dass dieses Unternehmen wie folgt die Bestimmungen des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetzes nicht eingehalten habe: Die Überprüfung einer am 21. Februar 2006 um 10.55 Uhr in D in der Tiefkühlzelle im Keller des erwähnten Betriebes entnommenen Probe "Rindszunge gekocht", welche Teil eines zumindest vier Packungen (zwei Packungen als Herstellergegenprobe) umfassenden Bestandes in der Tiefkühlzelle gewesen sei, und für Verkaufszwecke gelagert und somit in Verkehr gebracht worden sei, habe ergeben, dass das Lebensmittel als wertgemindert zu beurteilen gewesen sei, obwohl der Umstand der Wertminderung nicht deutlich und allgemein verständlich kenntlich gemacht worden sei. Wegen dieser Übertretung des § 90 Abs. 1 Z. 2 iVm § 5 Abs. 1 Z. 2 und Abs. 5 Z. 4 Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetzes wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe in Höhe von EUR 150,-- (12 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, das Ermittlungsverfahren habe ergeben, dass die verfahrensgegenständlichen - unbestrittenermaßen wertgeminderten - zwei Stück "Rindszunge gekocht" in einer Kiste im Tiefkühlraum des erwähnten Betriebes vorgefunden worden seien, in der sich auch ein Zettel im Format DIN A 3 mit der Aufschrift "Ware nicht für den Verkauf!!! (Retourware, Datum abgelaufen, Muster, Proben)" befunden habe. Was mit der Ware geschehen solle, sei nicht erkennbar gewesen. Der Beschwerdeführer habe dazu Folgendes ausgesagt: "Sofern Frischware bei uns abläuft, wird diese dann eingefroren, aber nicht mehr für den Verkauf bestimmt. Die Ware wird dann entweder zurückgeschickt oder weggeworfen oder als wertgemindert weitergegeben. Es kann auch sein, dass diese Ware dann z.B. an 'Tischlein-deck-dich' weitergegeben wird. Sofort wegwerfen tun wir die Ware nicht. In dem Moment, in dem die Ware eingefroren wird, ist sie ja noch nicht kaputt, sondern nur wertgemindert. Wertgemindert heißt für mich, dass die Ware noch zum Verzehr geeignet ist, dass es sich dabei aber nicht um 1a-Ware handelt. Es ist eben Ware 2. Wahl." Die Frage, was mit der gegenständlichen Ware beabsichtigt gewesen sei, habe der Beschwerdeführer wie folgt beantwortet: "Ich war mir auch noch nicht sicher, ob ich diese Rindszunge wegwerfe oder ob ich sie als wertgemindert verkaufe. In der Folge wurde diese Rindszunge auch wirklich weggeworfen." Da der Beschwerdeführer im Zeitpunkt der gegenständlichen Kontrolle nicht habe darlegen können, wofür die Ware bestimmt gewesen sei, sei trotz Vorliegens des Zettels mit der Aufschrift "Ware nicht für den Verkauf" nicht sicher gestellt gewesen, dass diese wertgeminderte Ware nicht in Verkehr gebracht oder in anderer Form weiter gegeben werde. Die spruchgemäß verhängte Strafe sei aus näher dargelegten Gründen schuld-, tat-, vermögens- und einkommensangemessen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Gemäß § 1 Abs. 1 des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetzes (LMSVG) regelt dieses Bundesgesetz die Anforderungen an Lebensmittel, Wasser für den menschlichen Gebrauch, Gebrauchsgegenstände und kosmetische Mittel und die damit verbundene Verantwortung der Unternehmer. Es gilt für alle Produktions-, Verarbeitungs- und Vertriebsstufen.

Gemäß § 5 Abs. 1 Z. 2 LMSVG ist es verboten, Lebensmittel, die verfälscht oder wertgemindert sind, ohne dass dieser Umstand deutlich und allgemein verständlich kenntlich gemacht ist, in Verkehr zu bringen.

Gemäß § 90 Abs. 1 Z. 2 LMSVG begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Vorschriften einer strengeren Strafe unterliegt, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe bis zu EUR 20.000,--, im Wiederholungsfall bis zu EUR 40.000,--, im Fall der Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen, wer Lebensmittel, die wertgemindert oder verfälscht sind, wenn dieser Umstand nicht deutlich und allgemein verständlich kenntlich gemacht ist oder wenn sie auch mit einer solchen Kenntlichmachung nicht in Verkehr gebracht werden dürfen, in Verkehr bringt.

Zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens steht unbestritten fest, dass das in Rede stehende Lebensmittel "Rindszunge gekocht" wertgemindert war und dass dieser Umstand nicht deutlich und allgemein verständlich kenntlich gemacht war. Streit besteht in der Frage, ob die Ware in Verkehr gebracht wurde. Während die belangte Behörde diese Frage wie dargelegt bejaht, erachtet der Beschwerdeführer den erwähnten Zettel, der sich mit der Ware in der Kiste im Tiefkühlraum befunden habe, für ausreichend, "um zu verhindern, dass die Ware im Sinne der Verbotsbestimmung des § 5 Abs. 1 Z. 2 LMSVG in Verkehr gebracht werden könnte". Er ist mit seiner Auffassung nicht im Recht:

Gemäß § 3 Z. 9 LMSVG iVm Art. 3 Z. 8 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 bezeichnet der Ausdruck "Inverkehrbringen" das Bereithalten von Lebensmitteln oder Futtermitteln für Verkaufszwecke einschließlich des Anbietens zum Verkauf oder jeder anderen Form der Weitergabe, gleichgültig, ob entgeltlich oder nicht, sowie den Verkauf, den Vertrieb oder andere Formen der Weitergabe selbst.

Der Beschwerdeführer übersieht nun bei seinem Vorbringen, dass unter Inverkehrbringen in diesem Sinne das Bereithalten von Lebensmitteln für Verkaufszwecke "einschließlich ... jeder anderen Form der Weitergabe, gleichgültig ob entgeltlich oder nicht" umfasst. Auch das Bereithalten für jede andere Form der Weitergabe als den Verkauf im eigentlichen Sinn fällt somit unter den Begriff des "Inverkehrbringens". Der erwähnte, lediglich den Verkauf, nicht aber "jede andere Form der Weitergabe" untersagende Zettel ändert daher schon aus diesem Grunde nichts an der Beurteilung, die Ware sei im Sinne des LMSVG für Verkaufszwecke bereitgehalten worden. Ob dieser Zettel aber überhaupt eine taugliche Maßnahme darstellen könnte, um ein Inverkehrbringen der in Rede stehenden Waren im Sinne des LMSVG auszuschließen, kann bei diesem Ergebnis dahingestellt bleiben.

Der Beschwerdeführer zeigt auch mit seinem weiteren Vorbringen, die Annahme der belangten Behörde, er habe durch sein Verhalten dem Schutzzweck des LMSVG in nicht unerheblichem Ausmaß zuwidergehandelt, sei geradezu "an den Haaren herbeigezogen", keinen Umstand auf, der eine Rechtswidrigkeit in der Strafbemessung erkennen ließe.

Da somit bereits der Inhalt der vorliegenden Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 29. Oktober 2007

Schlagworte

Definition von Begriffen mit allgemeiner Bedeutung VwRallg7 Gemeinschaftsrecht Verordnung Strafverfahren EURallg5/2 Gemeinschaftsrecht Terminologie Definition von Begriffen EURallg8

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2007100204.X00

Im RIS seit

28.11.2007

Zuletzt aktualisiert am

05.11.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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