TE Vwgh Erkenntnis 2007/11/13 2007/18/0474

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Veröffentlicht am 13.11.2007
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Index

19/05 Menschenrechte;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

MRK Art8;
NAG 2005 §21 Abs1;
NAG 2005 §21 Abs2;
NAG 2005 §72;
NAG 2005 §74;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Eisner, über die Beschwerde der Z A, (geboren 1977), in W, vertreten durch Dr. Lennart Binder, LL.M., Rechtsanwalt in 1030 Wien, Rochusgasse 2, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 18. Mai 2007, Zl. 148.179/2-III/4/06, betreffend Versagung einer Niederlassungsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 51,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres (der belangten Behörde) vom 18. Mai 2007 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin vom 20. Dezember 2005 auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung für den Zweck "Drittsta.-Ö.

§ 49 Abs. 1 FrG" gemäß § 19 Abs. 1 und § 21 Abs. 1 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes - NAG, BGBl. I Nr. 100/2005, abgewiesen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen gerichtete - Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende - Beschwerde erwogen:

1. Auf dem Boden der im angefochtenen Bescheid getroffenen, insoweit unstrittigen Feststellungen, dass die Beschwerdeführerin seit dem rechtskräftigen Abschluss ihres Asylverfahrens ihre vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz verloren hat und über keinen Aufenthaltstitel in Österreich verfügt, begegnet die Auffassung der belangten Behörde, dass es sich beim vorliegenden Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels um einen Erstantrag iSd § 21 Abs. 1 NAG handelt, keinen Bedenken. Nach dieser Gesetzesbestimmung sind Erstanträge vor der Einreise in das Bundesgebiet bei der örtlich zuständigen Berufungsvertretungsbehörde im Ausland einzubringen, ferner ist die Entscheidung darüber im Ausland abzuwarten.

Die Beschwerdeführerin bringt nicht vor, dass in ihrem Fall die Voraussetzungen des § 21 Abs. 2 leg. cit. für eine Inlandsantragstellung vorliegen würden. Auch der Verwaltungsgerichtshof kann keine Anhaltspunkte dafür erkennen, dass diese Voraussetzungen im Beschwerdefall gegeben wären. Das Recht, den Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels im Inland zu stellen und die Entscheidung darüber hier abzuwarten, käme daher fallbezogen nur gemäß § 74 NAG in Betracht. Nach dieser Gesetzesbestimmung kann die Behörde bei Vorliegen humanitärer Gründe die Inlandsantragstellung von Amts wegen zulassen. Ein durchsetzbares - und vor dem Verwaltungsgerichtshof geltend zu machendes - Recht auf Inlandsantragstellung wird dem Fremden damit jedoch nicht eingeräumt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. Juni 2007, Zl. 2007/18/0292, mwH). Da eine amtswegige Zulassung der Inlandsantragstellung unstrittig nicht erfolgte, vermag die Beschwerdeführerin mit ihrem Hinweis auf §§ 72, 74 NAG nichts zu gewinnen. (Der Einleitungsbeschluss des Verfassungsgerichtshofs vom 11. Oktober 2007, B 215/07, B 216/07, bezieht sich ausschließlich auf § 73 Abs. 2 NAG; hinsichtlich der hier iVm § 21 Abs. 2 Z. 1 NAG einschlägigen §§ 72, 74 NAG hat der Verfassungsgerichtshof - dem sich der Verwaltungsgerichtshof diesbezüglich angeschlossen hat - bislang keine verfassungsrechtlichen Bedenken releviert, vgl. aus der hg. Rechtsprechung etwa die Erkenntnisse vom 27. März 2007, Zl. 2007/18/0015, und vom 16. Oktober 2007, Zl. 2007/18/0641.) Vielmehr steht der Erteilung des beantragten Aufenthaltstitels der Grundsatz der Auslandsantragstellung nach § 21 Abs. 1 NAG entgegen; die Beschwerdeführerin hätte ab dem Inkrafttreten des NAG (mit 1. Jänner 2006) die Entscheidung über ihren Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels im Ausland abwarten müssen. Ein Abwägen ihrer persönlichen Interessen an einer Niederlassung im Bundesgebiet mit den gegenläufigen öffentlichen Interessen ist dabei nicht erforderlich (vgl. nochmals das hg. Erkenntnis Zl. 2007/18/0292, mwH).

Vor diesem rechtlichen Hintergrund ist für die Beschwerdeführerin mit ihrem Vorbringen ((unter anderem weist sie darauf hin, dass sie seit bald vier Jahren in Österreich aufhältig sei, einer Arbeit nachgehe und mit einem österreichischen Staatsbürger verheiratet sei und mit diesem ein gemeinsames österreichisches Kind habe)), dass der angefochtene Bescheid dem Art. 8 EMRK zuwider laufen würde, nichts gewonnen.

Ungeachtet dessen ist zu dem von der Beschwerde für ihren Standpunkt ins Treffen geführten Fall Sisojeva u.a. gegen Lettland (Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) vom 16. Juni 2006, Beschwerdenummer 60654/00) für die Beschwerdeführerin schon im Hinblick darauf nichts gewonnen, dass in diesem Fall die privaten und familiären Interessen der betroffenen Fremden ungleich stärker ausgeprägt waren als in ihrem Fall (Aufenthalt der erst- und zweitbeschwerdeführenden Partei in Lettland über einen Zeitraum von etwa 30 Jahren, Aufenthalt der dort geborenen drittbeschwerdeführenden Partei in Lettland über einen Zeitraum von mehr als 20 Jahren, vgl. Rz 12 f dieses Urteils). Der Verweis auf das Urteil des EGMR vom 30. Juni 2005 im Fall Bosphorus, Beschwerde Nr. 45036/98, geht schon deshalb fehl, weil sich diese Entscheidung nicht auf Art. 8 EMRK sondern auf Art. 1 des 1. ZPEMRK stützt. Schließlich unterscheidet sich die dem Urteil des EGMR vom 31. Jänner 2006 im Fall Rodrigues da Silva und Hoogkamer (Beschwerde Nr. 50435/99) zu Grunde liegende Konstellation vom vorliegenden Fall maßgeblich dadurch, dass die dortige Erstbeschwerdeführerin ihr Kind (die dortige Zweitbeschwerdeführerin) ohne Erlaubnis des Vaters nicht in ihr Heimatland mitnehmen durfte, wofür es im gegenständlichen Fall keinen Anhaltspunkt gibt.

2. Auf dem Boden des Gesagten geht die Verfahrensrüge fehl, die belangte Behörde habe den angefochtenen Bescheid nicht ausreichend begründet.

3. Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

4. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 13. November 2007

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2007180474.X00

Im RIS seit

07.02.2008

Zuletzt aktualisiert am

27.10.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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