TE Vwgh Erkenntnis 2007/11/13 2004/18/0163

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Veröffentlicht am 13.11.2007
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1997 §8;
FrG 1997 §33 Abs1;
FrG 1997 §37 Abs1;
FrG 1997 §56 Abs2;
FrG 1997 §57 Abs1;
FrG 1997 §57 Abs2;
FrG 1997 §75;
VwGG §41 Abs1;

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn): 2004/18/0162 E 13. November 2007

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Eisner, über die Beschwerde der F A in A, geboren 1981, vertreten durch Dr. Philipp E. Lettowsky, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Getreidegasse 50, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Salzburg vom 21. April 2004, Zl. Fr-70/04, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR  381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Salzburg (der belangten Behörde) vom 21. April 2004 wurde die Beschwerdeführerin, eine serbische Staatsangehörige, gemäß § 33 Abs. 1 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ausgewiesen.

Die Beschwerdeführerin sei am 25. September 2002 gemeinsam mit ihrem Ehegatten und ihren beiden Kindern rechtswidrig mit Hilfe von Schleppern in das österreichische Bundesgebiet eingereist. Ein an diesem Tag gestellter Asylantrag sei mit Wirkung vom 12. Juni 2003 im Instanzenzug rechtskräftig abgewiesen worden. Ihr stehe weder nach dem Asylgesetz 1997 - AsylG noch nach dem FrG eine Aufenthaltsberechtigung in Österreich zu. Ihr Aufenthalt im Bundesgebiet sei daher seit 12. Juni 2003 rechtswidrig.

Der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit sowie der strikten Einhaltung der Bestimmungen des FrG komme ein sehr hoher Stellenwert zu. Auf Grund des unrechtmäßigen Aufenthaltes der Beschwerdeführerin werde die öffentliche Ordnung im Bereich des Fremdenwesens massiv beeinträchtigt.

Durch die Ausweisung werde gemäß § 37 FrG im Hinblick auf das Zusammen- und Eheleben der Beschwerdeführerin mit ihrem Gatten und den beiden minderjährigen Kindern massiv in ihr Privat- und Familienleben eingegriffen. Die öffentlichen Interessen wögen jedoch schwerer als die Auswirkungen auf ihr Privat- und Familienleben. Die Ausweisung sei notwendig, um die in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele, vorwiegend die Einhaltung der Zuwanderungs- und Aufenthaltsbestimmungen für Fremde, zu erreichen.

Diese Entscheidung im Sinn des gemäß § 33 FrG eingeräumten Ermessens werde getroffen, weil aus fremdenpolizeilicher Sicht die genannten öffentlichen Interessen höher bewertet würden als die festgestellten familiären und persönlichen Interessen.

Da dem Vater der Beschwerdeführerin die österreichische Staatsbürgerschaft nicht verliehen worden sei und derzeit auch nicht absehbar sei, ob und wann die Voraussetzungen für die Verleihung der Staatsbürgerschaft an ihren Vater eintreten würden, sei § 49 iVm § 47 Abs. 3 FrG nicht anzuwenden.

Was die Einwendungen der Beschwerdeführerin anlange, dass ihrem Ehegatten in ihrer Heimat Verfolgung drohte, so sei gemäß § 8 AsylG vom Bundesasylamt festgestellt worden, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Serbien-Montenegro zulässig sei und ein Verfahren nach § 75 FrG von den Fremdenpolizeibehörden nicht zu führen sei. Zudem stehe es ihr frei, wo sie sich zukünftig außerhalb von Österreich aufhalten werde.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die Beschwerde wendet sich nicht gegen die Ausführungen der belangten Behörde, dass die Beschwerdeführerin am 25. September 2002 gemeinsam mit ihrem Ehegatten und den beiden minderjährigen Kindern mit Hilfe von Schleppern rechtswidrig in das Bundesgebiet eingereist sei, ihr an diesem Tag gestellter Asylantrag mit Wirkung vom 12. Juni 2003 rechtskräftig abgewiesen worden sei und ihr weder nach dem AsylG noch dem FrG eine Aufenthaltsberechtigung zukomme. Im Hinblick darauf begegnet die - unbekämpfte - Beurteilung der belangten Behörde, dass die Tatbestandsvoraussetzung des § 33 Abs. 1 (zweiter Halbsatz) FrG erfüllt sei, keinem Einwand.

2.1. Die Beschwerde bringt unter dem Blickwinkel des § 37 Abs. 1 FrG und des der Behörde eingeräumten Ermessens im Wesentlichen vor, dass der Beschwerdeführerin im Kosovo, ihrem Herkunftsstaat, auf Grund ihrer albanischen Abstammung und im Hinblick auf die albanische Abstammung und die Kriegsdienstleistung ihres Ehegatten auf Seite der Serben von albanischer Seite eine Gefahr im Sinn des Art. 3 EMRK drohe und sich die belangte Behörde mit den von der Beschwerdeführerin dazu angebotenen Beweismitteln hätte auseinandersetzen sowie die derzeitige Lage im Kosovo hätte ermitteln müssen. Für die Wohnung und den Unterhalt (in Österreich) sei durch den Vater der Beschwerdeführerin und durch ihr eigenes Arbeitseinkommen als Küchenhilfe in einem näher genannten Jugendgästehaus gesorgt. Da sie eine Arbeitserlaubnis bis 2005 habe und eine inländische Arbeitskraft für diese Stelle nicht habe gefunden werden können, greife sie auch nicht nachteilig in den österreichischen Arbeitsmarkt ein. Sie gewährleiste dadurch teilweise den Unterhalt für ihre minderjährigen Kinder und ihren Ehegatten. Ihr eigener Unterhalt und der ihrer Familie werde auch von ihrem Vater, einem österreichischen Staatsbürger, unterstützt. Ferner habe die belangte Behörde nicht über ihre beiden 1999 und 2000 geborenen Kinder entschieden. Weiters habe die Beschwerdeführerin mehrfach betont, dass ihr Vater die österreichische Staatsbürgerschaft erhalten würde, und sei die Verleihung der Staatsbürgerschaft noch während des Verfahrens erfolgt, sodass auf § 47 und § 49 FrG hätte Rücksicht genommen werden müssen.

3.1. Die belangte Behörde hat im Rahmen ihrer Beurteilung gemäß § 37 Abs. 1 FrG die Bindungen der Beschwerdeführerin zu ihrem in Österreich aufhältigen Ehegatten und den beiden minderjährigen Kindern berücksichtigt und zutreffend einen mit der Erlassung der Ausweisung verbundenen relevanten Eingriff im Sinn dieser Gesetzesbestimmung angenommen. Den persönlichen Interessen an einem weiteren Aufenthalt der Beschwerdeführerin im Bundesgebiet steht jedoch das öffentliche Interesse an der Beendigung ihres Aufenthaltes gegenüber. Nach ständiger hg. Judikatur (vgl. etwa das Erkenntnis vom 29. November 2006, Zl. 2004/18/0063, mwN) kommt den die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung ein hoher Stellenwert zu. Dieses öffentliche Interesse hat die Beschwerdeführerin durch ihren inländischen Aufenthalt, der von ihrer Einreise (am 25. September 2002) bis zum 12. Juni 2003 lediglich auf Grund eines unberechtigten Asylantrages erlaubt und sodann bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides zur Gänze unrechtmäßig war, erheblich beeinträchtigt.

Wenn die Beschwerde vorbringt, dass die belangte Behörde keine Ermittlungen hinsichtlich des Verbleibes der beiden minderjährigen Kinder durchgeführt habe und gegenüber diesen kein Ausweisungsbescheid erlassen worden sei, so ist diesem Vorbringen zu erwidern, dass sich weder aus dem angefochtenen Bescheid noch dem Beschwerdevorbringen Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die Beschwerdeführerin und ihr Ehegatte, der ebenso rechtskräftig ausgewiesen wurde (vgl. das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2004/18/0162), nicht von ihren Kindern begleitet werden könnten. Dass die - nach dem Beschwerdevorbringen 1999 und 2000 geborenen und somit im entscheidungswesentlichen Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides noch kleinen - beiden Kinder der Beschwerdeführerin nach einer Ausreise ihrer Eltern allein in Österreich zurückbleiben würden und über einen Aufenthaltstitel für das Bundesgebiet verfügten, wird im Übrigen in der Beschwerde nicht behauptet. Im Hinblick darauf zeigt die Beschwerde, wenn sie nähere Feststellungen über den Verbleib der genannten Kinder vermisst, keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

Dem weiteren Beschwerdevorbringen, dass der Beschwerdeführerin und ihrer Familie im Kosovo Gefahren drohten, ist zu erwidern, dass mit einer Ausweisung nicht ausgesprochen wird, dass der Fremde in ein bestimmtes Land auszureisen habe. Im Übrigen ist das Vorliegen von Gründen im Sinn des § 57 Abs. 1 oder 2 FrG nicht im Verfahren zur Erlassung einer Ausweisung, sondern in einem gesonderten Verfahren - so nach § 75 leg. cit. oder § 56 Abs. 2 leg. cit. bzw., wie dies im obgenannten Asylverfahren der Fall war, von der Asylbehörde gemäß § 8 AsylG - zu prüfen.

Was das Beschwerdevorbringen anlangt, dass dem Vater der Beschwerdeführerin, wie dies von ihr im Verwaltungsverfahren angekündigt worden sei, noch während des Verfahrens die österreichische Staatsbürgerschaft verliehen worden sei, so hat die Beschwerdeführerin in ihrer Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid zwar vorgebracht, dass ihre Eltern schon lange in Österreich lebten und die österreichische Staatsbürgerschaft erlangen würden. Dass mittlerweile die österreichische Staatsbürgerschaft an ihren Vater verliehen worden sei, wurde jedoch von der Beschwerdeführerin vor Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht vorgebracht, wozu kommt, dass sich auch aus der Beschwerde kein Datum der nunmehr behaupteten Verleihung ergibt. Es handelt sich daher bei dieser Beschwerdebehauptung um ein gegen das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltende Neuerungsverbot (vgl. § 41 Abs. 1 VwGG) verstoßendes Vorbringen, auf das nicht weiter Bedacht zu nehmen ist. Im Übrigen führte der von der Beschwerdeführerin in ihrer Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid vorgebrachte Umstand, dass die Eltern der Beschwerdeführerin die österreichische Staatsbürgerschaft erlangen würden, d.h. mit der baldigen Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft zu rechnen sei, zu keiner anderen Beurteilung, weil die Fremdenpolizeibehörde - worauf die belangte Behörde zu Recht hingewiesen hat - nicht verpflichtet ist, von fremdenpolizeilichen Maßnahmen Abstand zu nehmen und damit den unrechtmäßigen Aufenthalt eines Fremden zu dulden, bis der Fremde durch die - vor Abschluss des diesbezüglichen Verfahrens jedenfalls immer noch ungewisse - Verleihung der Staatsbürgerschaft an einen Angehörigen eine begünstigte Stellung (im Sinn des § 47 Abs. 3 FrG) erwirbt (vgl. aus der ständigen hg. Judikatur etwa das Erkenntnis vom 25. September 2007, Zl. 2004/18/0001, mwN).

3.2. Schließlich kann der Verwaltungsgerichtshof auch nicht finden, dass der belangten Behörde bei ihrer Entscheidung ein (materieller) Ermessensfehler unterlaufen sei, macht doch die Beschwerde nichts geltend, was gewichtig gegen die Ausweisung der Beschwerdeführerin spräche, und treten auch aus dem angefochtenen Bescheid oder dem übrigen Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakten keine Aspekte hervor, die eine Ausübung des der belangten Behörde gemäß § 33 Abs. 1 FrG eingeräumten Ermessens zugunsten der Beschwerdeführerin geboten hätten.

4. Die Beschwerde erweist sich sohin als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

5. Gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG konnte von der beantragten Verhandlung Abstand genommen werden.

6. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 13. November 2007

Schlagworte

Beschwerdepunkt Beschwerdebegehren Entscheidungsrahmen und Überprüfungsrahmen des VwGH Allgemein

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2004180163.X00

Im RIS seit

06.12.2007

Zuletzt aktualisiert am

28.10.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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