TE Vwgh Erkenntnis 2007/11/14 2007/04/0180

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Veröffentlicht am 14.11.2007
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §38;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Bayjones, Dr. Grünstäudl und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schenk, über die Beschwerde des K J S in W, vertreten durch Eckert & Fries, Rechtsanwälte GmbH in 2500 Baden, Erzherzog Rainer-Ring 23, gegen den Bescheid des Österreichischen Staatsarchivs vom 10. Juli 2007, Zl. ÖSTA- 910.000/0005-GD/2007, betreffend Berichtigung einer Eintragung im Geburts- und Taufbuch (mitbeteiligte Partei: E P in P), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Zum bisherigen Verlauf des Verwaltungsverfahrens wird zunächst auf das - allen Parteien des gegenständlichen Verfahrens zugestellte - hg. Erkenntnis vom 15. Dezember 2006, Zl. 2003/04/0189, verwiesen. Mit diesem Erkenntnis wurde der Bescheid der belangten Behörde vom 22. Oktober 2002 mit dem u.a. die Anmerkung der Adoption vom 8. März 2002 im Geburts- und Taufbuch zur Eintragung der Geburt des H S für ungültig erklärt worden war, mit der wesentlichen Begründung aufgehoben, dass dem dieser Anmerkung zugrundeliegenden Beschluss des Amtsgerichtes vom 13. Dezember 2001 nach wie vor bindende Wirkung zukomme.

Mit Beschluss vom 10. Juli 2007 hat die belangte Behörde gemäß § 15 iVm § 41 Abs. 7 Personenstandsgesetz die Anmerkung vom 8. März 2002 im Geburts- und Taufbuch zur Eintragung der Geburt des am 29. Jänner 2003 geborenen H S wie folgt berichtigt:

"Berichtigung gemäß § 15 Abs. 2 Z. 1 Personenstandsgesetz BGBl. Nr. 60/1983 aufgrund der Abschrift des Beschlusses des Amtsgerichtes B vom 13.12.2001, Geschäftsnummer X 0007/00, mit folgender Rechtsfeststellung:

Es wird festgestellt, dass der notarielle Kindesannahmevertrag vom 29.3.1940, Urkundenrolle No. 89/40 des Notars Dr. T J in B durch einen vor dem 29.4.1940 erlassenen Beschluss des Deutschen Amtsgerichts in B bestätigt wurde."

In der Begründung dieses Bescheides führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, der Spruch des Beschlusses des Amtsgerichtes B vom 13. Dezember 2001 laute so wie die nunmehr berichtigte Anmerkung. Dieser Beschluss sei "derzeit" rechtskräftig, weshalb die belangte Behörde nach dem zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes daran gebunden sei. Da dieser Beschluss in der Anmerkung vom 8. März 2002 im Geburts- und Taufbuch zur Eintragung der Geburt von H S nicht richtig wiedergegeben sei, sei diese Anmerkung zu berichtigen gewesen.

Der Beschwerdeführer habe mit Schreiben vom 15. Mai 2007 den Beschluss des Landgerichtes B vom 11. April 2006 vorgelegt, mit dem der Beschluss des Amtsgerichtes B vom 13. Dezember 2001 aufgehoben und der zugrundeliegende Antrag der Mitbeteiligten abgewiesen worden sei. Er habe vorgebracht, dass dieser Beschluss des Landgerichtes B noch nicht rechtskräftig wäre, und beantragt, das gegenständliche Verfahren bis zur in Kürze zu erwartenden Rechtskraft dieses Beschlusses zu unterbrechen.

Diesem Antrag habe nicht Folge gegeben werden können, weil die belangte Behörde im Sinn des zitierten Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes an den Beschluss des Amtsgerichtes B vom 13. Dezember 2001 gebunden sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Dazu bringt der Beschwerdeführer vor, dass der Beschluss des Landgerichtes B vom 11. April 2006, mit dem der Beschluss des Amtsgerichts B vom 13. Dezember 2001 aufgehoben worden sei, "nun" rechtskräftig sei.

Nach der Mitteilung des den Beschwerdeführer vor deutschen Gerichten vertretenden Rechtsanwalts habe das Verfahren folgenden Verlauf genommen:

Der Beschluss des Landgerichtes B vom 11. April 2006, mit dem der Beschluss des Amtsgerichtes B vom 13. Dezember 2001 aufgehoben und der zugrundeliegende Antrag der Mitbeteiligten abgewiesen worden sei, sei von der Mitbeteiligten in dreifacher Weiser angefochten worden. Mit Schriftsatz vom 11. Mai 2006 seien eine Rechtsbeschwerde an das Landgericht B und eine an dieses Gericht gerichtete Anhörungsrüge erhoben worden. Mit Schriftsatz vom 15. Mai 2006 sei eine Rechtsbeschwerde an den Bundesgerichtshof in Karlsruhe erhoben worden. Die an das Landgericht B gerichtete Rechtsbeschwerde sei vom Oberlandesgericht München mit nicht mehr anfechtbarem Beschluss vom 28. Juli 2006 verworfen worden. Der Bundesgerichtshof habe die an ihn gerichtete Rechtsbeschwerde mit Beschluss vom 23. Mai 2007 als nicht statthaft verworfen. Dagegen habe die Mitbeteiligte am 25. Juni 2007 eine Anhörungsrüge eingebracht, die vom Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 18. Juli 2007 zurückgewiesen worden sei. Damit sei der Beschluss des Bundesgerichtshofes vom 23. Mai 2007 formell rechtskräftig geworden. Die an das Landgericht B gerichtete Anhörungsrüge sei mit Beschluss dieses Gerichts vom 30. Juli 2007 zurückgewiesen worden. Damit sei der Beschluss des Landgerichts B vom 11. April 2006 rechtskräftig geworden. Eine entsprechende Rechtskraftbestätigung sei bereits beantragt, jedoch noch nicht ausgestellt worden.

Zur Bindungswirkung der Entscheidungen des Amtsgerichtes bzw. Landgerichtes B habe der Verwaltungsgerichtshof im mehrfach zitierten Erkenntnis ausführlich Stellung genommen. Es würde nach Ansicht des Beschwerdeführers bedeuten, "den Formalismus zu Lasten der Rechtssicherheit auf die Spitze zu treiben", wenn nur wegen der auf Grund der Dauer des Aktenlaufes noch ausständigen formalen Rechtskraftbestätigung des Aufhebungsbeschlusses vom 11. April 2004 der bereits rechtskräftig aufgehobene Beschluss des Amtsgerichtes B vom 13. Dezember 2001 als Grundlage für die Bescheiderlassung herangezogen werde. Die belangte Behörde sei entgegen ihrer Ansicht an den zitierten Beschluss des Amtsgerichtes B nicht mehr gebunden gewesen und hätte die Anmerkung im Geburts- und Taufbuch daher nicht zur Angleichung an diesen Beschluss berichtigen dürfen, sondern hätte die somit unrichtige Anmerkung zur Gänze beseitigen müssen. Die belangte Behörde habe den ihr vorgelegten Aufhebungsbeschluss des Landgerichtes B nicht berücksichtigt und sei zu Unrecht von einer Bindung an den nicht mehr dem Rechtsbestand angehörenden Beschluss des Amtsgerichtes B vom 13. Dezember 2001 ausgegangen. Sie wäre verpflichtet gewesen, das Verfahren bis zu der "bereits unmittelbar zu erwartenden" Rechtskraft des Aufhebungsbeschlusses zu unterbrechen. Bei Durchführung eines ordnungsgemäßen Verfahrens hätte der Beschwerdeführer Gelegenheit gehabt, den unmittelbar bevorstehenden Eintritt der Rechtskraft des Aufhebungsbeschlusses darzutun.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Wie der Verwaltungsgerichtshof im zitierten Erkenntnis zur Zl. 2003/04/0189 ausgeführt hat, ist die österreichische Personenstandsbehörde - im vorliegenden Fall die belangte Behörde -

an den mit Rechtskraftvermerk vom 26. Juli 2002 versehenen Beschluss des Amtsgerichtes B vom 13. Dezember 2001 - solange dieser dem Rechtsbestand angehört - gebunden.

Nach dem - durch Vorlage entsprechender Urkunden belegten - Beschwerdevorbringen ist dieser Beschluss mit dem Beschluss des Landgerichtes B vom 11. April 2006 aufgehoben und der zugrundeliegende Antrag der Mitbeteiligten abgewiesen worden. Dieser Beschluss des Landgerichtes B ist jedoch u.a. mit Rechtsbeschwerde beim Bundesgerichtshof angefochten worden. Der Bundesgerichtshof hat diese Rechtsbeschwerde mit Beschluss vom 23. Mai 2007 "verworfen". Dieser Beschluss des Bundesgerichtshofes ist nach dem Beschwerdevorbringen erst durch die Zurückweisung der Anhörungsrüge mit Beschluss vom 18. Juli 2007 rechtskräftig geworden. Dementsprechend hat die hier beschwerdeführende (dort mitbeteiligte) Partei im - bereits mit dem mehrfach zitierten Erkenntnis abgeschlossenen - hg. Verfahren zur Zl. 2003/04/0189 eine mit der Rechtskraftbestätigung vom 4. September 2007 versehene Ausfertigung des Beschlusses des Landgerichtes B vom 11. April 2006 vorgelegt, wonach dieser Beschluss seit 18. Juli 2007 rechtskräftig ist.

Der angefochtene Bescheid wurde spätestens am 11. Juli 2007 (Zustellung an den Beschwerdeführer) erlassen. Der Verwaltungsgerichtshof hat den angefochtenen Bescheid auf Grundlage der in diesem Zeitpunkt maßgeblichen Sach- und Rechtslage zu prüfen (vgl. etwa Oberndorfer, die Österreichische Verwaltungsgerichtsbarkeit, 142).

In diesem Zeitpunkt war der Beschluss des Amtsgerichtes B vom 13. Dezember 2001 noch nicht rechtskräftig aufgehoben und gehörte somit dem Rechtsbestand an. Wie dargestellt, war die belangte Behörde daran gebunden.

Entgegen der Beschwerdemeinung bestand keine Verpflichtung der belangten Behörde, die Rechtskraft des Beschlusses des Landesgerichtes B vom 11. April 2006 abzuwarten bzw. das Verfahren bis dahin zu unterbrechen. In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass die (künftige) Rechtsgestaltung durch Beseitigung eines Gerichtsbeschlusses aus dem Rechtsbestand keine Vorfrage im Sinn von § 38 AVG darstellt (vgl. die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2, E 29 zu § 38 AVG, zitierte hg. Judikatur), sondern eine Änderung des Sachverhalts, die erst nach Erlassung des angefochtenen Bescheides eingetreten ist.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 14. November 2007

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2007040180.X00

Im RIS seit

06.12.2007

Zuletzt aktualisiert am

13.10.2010
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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