TE Vwgh Erkenntnis 2007/11/27 2006/06/0293

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Veröffentlicht am 27.11.2007
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Index

L37158 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Vorarlberg;
L80008 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan
Vorarlberg;
L81708 Baulärm Umgebungslärm Vorarlberg;
L82000 Bauordnung;
L82008 Bauordnung Vorarlberg;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §45;
BauG Vlbg 2001 §8;
BauRallg;
RPG Vlbg 1996 §14 Abs4;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Rosenmayr und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Kühnberg, über die Beschwerde des R F in N, vertreten durch Dr. Michael Battlog, Rechtsanwalt in 6780 Schruns, Gerichtsweg 2, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bludenz vom 23. März 2006, Zl. BHBL-I- 4102.17-2006/0001, betreffend Einwendungen gegen eine Baubewilligung (mitbeteiligte Parteien: 1. V in D, vertreten durch Dr. Christoph Schneider, Rechtsanwalt in 6700 Bludenz, Bahnhofstraße 8a, 2. Gemeinde N, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Vorarlberg Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 und der erstmitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem undatierten, am 7. Juni 2005 bei der mitbeteiligten Gemeinde eingelangten Bauantrag kam die erstmitbeteiligte Partei (kurz: Bauwerberin) um Erteilung der baubehördlichen Bewilligung für bauliche Maßnahmen zur Änderung eines bestehenden Gebäudekomplexes für den Betrieb eines Schülerheimes (insgesamt 10 Schüler im Internatsbetrieb) ein; weiters sind öffentlich zugängliche Gebetsräume sowie 21 Abstellplätze für Kraftfahrzeuge vorgesehen. Nach der näheren Erläuterung in der Bauverhandlung vom 13. Oktober 2005 sei eine "Spitze" (Besucherspitze) jeweils wöchentlich beim Freitagsgebet um die Mittagszeit von ca. 20 bis 30 Personen zu erwarten. Vorgesehen ist die Ausspeisung in den jeweiligen Küchen- bzw. Kantinenräumlichkeiten "praktisch als sogenannte Selbstversorgergruppe", was bedeute, dass kein öffentlicher Betrieb mit Verpflegung von Außenstehenden erfolgen solle. Lediglich vereinzelt, beispielsweise einmal im Jahr, sei ein sogenannter Tag der offenen Tür geplant bzw. zur Ramadan-Zeit fallweise eine Einladung für Eltern oder Vereinsmitglieder. Das Abendgebet finde zur Zeit des Sonnenunterganges statt, der im Laufe des Jahres zeitlich variiere. Im Sommer gehe in Nüziders die Sonne spätestens um ca. 21.00 Uhr unter. Demnach sei mit Fahrzeugverkehr durch Besucher der Gebetsräume bis längstens 22.00 Uhr zu rechnen.

Die projektgegenständliche Liegenschaft ist im Flächenwidmungsplan der Gemeinde, der zuletzt 1995 geändert wurde (Beschlussfassung), als Baumischgebiet gewidmet.

Der Beschwerdeführer, der Eigentümer benachbarter Grundstücke ist (sein Wohnhaus befindet sich auf Grundstücken, die von der projektgegenständlichen Liegenschaft durch eine Verkehrsfläche getrennt sind, ein anderes, offensichtlich unbebautes Grundstück grenzt unmittelbar an die projektgegenständliche Liegenschaft an) erhob rechtzeitig vor und in der Bauverhandlung Einwendungen gegen das Bauvorhaben, und zwar, soweit für das Beschwerdeverfahren erheblich, dahin, dass das Vorhaben eine unzumutbare Lärmentwicklung zur Folge haben werde.

Die Baubehörde erster Instanz holte zur Frage der zu erwartenden Lärmimmissionen ein schalltechnisches Gutachten eines Amtssachverständigen (W.) beim Amt der Vorarlberger Landesregierung ein. In diesem Gutachten vom 25. Oktober 2005 werden die Lärmimmissionen beurteilt, die sich durch die Besucher der Gebetsräume und die damit zusammenhängenden Fahrzeugbewegungen ergeben. Das Gutachten geht von der Voraussetzung aus, dass die nördlich des Schülerheimes situierten 17 Parkplätze (diese sind zum Haus des Beschwerdeführers gerichtet) tagsüber innerhalb einer Stunde angefahren und wieder verlassen werden. Für die ungünstigste halbe Stunde nach 22.00 Uhr, so heißt es weiter, sei angenommen worden, dass insgesamt 11 Abfahrten von den Parkplätzen erfolgen würden. Da erfahrungsgemäß Gespräche auf dem Weg zu den abgestellten Fahrzeugen geführt würden, sei eine Personengruppe im Freien modelliert worden. Es sei vorausgesetzt worden, dass diese aus zehn Leuten bestehe, welche sich in Anlehnung an die Vorgaben der ÖNORM S 5012 mit einem Schallleistungspegel von je 74 dB unterhielten, und dass diese Unterhaltung 10 Minuten pro 30 Minuten in Anspruch nehme. Zur Berücksichtigung der Informationshaltigkeit der Gespräche sei ein Zuschlag von 5 dB gemäß ÖNORM S 5004 vergeben worden. In der Wiedergabe der vom Sachverständigen am 21. Oktober 2005 durchgeführten Schallmessungen heißt es, die Schallsituation sei durch praktisch permanent einwirkende Verkehrsgeräusche von der A 14 und der L 190 (Vorarlberger Straße) gekennzeichnet gewesen. Gelegentlich sei Vogelgezwitscher wahrnehmbar gewesen. In einem näher bezeichneten Akt (offensichtlich der Vorarlberger Landesregierung) seien die Ergebnisse von Langzeitmessungen bei Wohnhäusern an der L 190 dokumentiert. Zusammenfassend sei laut Gutachten vom 11. Februar 2002 festzuhalten, dass der Verkehr die ortsübliche Schallsituation dominiere (es folgt ein Zitat, offensichtlich aus diesem Gutachten). Es sei ferner dargelegt worden, dass der energieäquivalente Dauerschallpegel in der Nacht bei 60 bis 61 dB (straßenseitig) liege. Auf Grund der Beobachtungen anlässlich der Messungen (aus Anlass des gegenständlichen Bauverfahrens) am 21. Oktober 2005 sei daraus abzuleiten, dass auch in der Nacht deutlich wahrnehmbare Verkehrsgeräusche bei den Nachbarobjekten des Schulheimes einwirken würden.

Der Sachverständige kam zum Ergebnis, dass der Betrieb des Schulheimes tagsüber zu keiner signifikanten Veränderung der Ortsüblichkeit der Schallimmissionen führen werde. Die Fahrbewegungen nach 22.00 Uhr in dem zuvor beschriebenen Ausmaß fänden ebenfalls ihre Deckung in der ortsüblichen Schallsituation. Die Unterhaltung von Personen im Freien hingegen würde deutlich als Störfaktor in Erscheinung treten. Der Beurteilungspegel für diese Immissionsquelle betrage beim Objekt des Beschwerdeführers rund 40 dB. Es sei der Baubehörde deshalb zu empfehlen, Maßnahmen zur Hintanhaltung von Unterhaltungen größerer Personengruppen nach 22.00 Uhr im Freien zu setzen.

Der Beschwerdeführer äußerte sich in einer Stellungnahme vom 14. November 2005 dahingehend, er könne zum Gutachten vorläufig nicht Stellung nehmen, weil es sich seiner Kenntnis erziehe, welchen Auftrag der Sachverständige erhalten habe, aber auch deshalb nicht, weil dem Gutachten der bezogene Akt nicht beigelegt gewesen sei, ebenso fehle das Gutachten vom 11. Februar 2002. Es mögen ihm daher diese Unterlagen, zumindest das bezogene Gutachten, übermittelt und die Frist für eine abschließende Stellungnahme um weitere 14 Tage nach Erhalt dieser Unterlagen verlängert werden.

Hierauf wurde mit dem erstinstanzlichen Bescheid vom 30. November 2005 (ohne diesem Antrag zu entsprechen) die angestrebte Baubewilligung mit einer Reihe von Vorschreibungen erteilt. Zusammengefasst gelangte die Behörde zum Ergebnis, dass die zu erwartenden Immissionen ortsüblich seien. Der Bauwerberin werde jedoch empfohlen, durch geeignete Anschläge bei den Ausgängen darauf hinzuweisen, dass Gespräche von größeren Personengruppen nach 22.00 Uhr im Freien nicht stattfinden sollten. Da das schalltechnische Gutachten schlüssig und nachvollziehbar sei, wäre es durchaus möglich gewesen, innerhalb der angemessenen Frist eine Stellungnahme abzugeben, womit auch die vom Beschwerdeführer beantragte Fristerstreckung nicht berechtigt sei.

Die Fertigungsklausel dieses Bescheides lautet: "Der Vizebürgermeister I.A. (Unterschrift, es folgt ein Name)".

Der Beschwerdeführer erhob gegen diesen Bescheid Berufung, in der er ua. geltend machte, dass das schalltechnische Gutachten nicht nachvollziehbar sei, zumal ihm auch nicht die bezogenen Unterlagen zur Kenntnis gebracht worden seien. Die von der Behörde erster Instanz getroffenen Schlussfolgerungen aus dem Gutachten seien unzutreffend, auch sei nicht einmal Vorsorge gegen die vom Sachverständigen als Störung qualifizierten Unterhaltungen nach 22.00 Uhr getroffen worden.

Mit Bescheid der Berufungskommission der mitbeteiligten Gemeinde vom 26. Jänner 2006 wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen und der bekämpfte erstinstanzliche Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass, soweit für das Beschwerdeverfahren erheblich, eine zusätzliche Auflage des Inhaltes angefügt wurde, die öffentlich zugänglichen Gebetsräume seien für Besucher spätestens jeweils ab 22.00 Uhr zu schließen (gemeint nach dem Zusammenhang: spätestens um 22.00 Uhr zu schließen bzw. ab 22.00 Uhr geschlossen zu halten).

Begründend heißt es, zunächst sei festzuhalten, dass die Baubewilligung rechtsgültig im Auftrag des Vizebürgermeisters unterfertigt worden sei. Baubehörde erster Instanz sei der Bürgermeister. Wie dem Beschwerdeführer bekannt sei, habe dieser mit Wirkung vom 6. Oktober 2005 seine Funktion aus gesundheitlichen Gründen zurückgelegt. Seit diesem Zeitpunkt seien die dem Bürgermeister obliegenden Aufgaben vom Vizebürgermeister wahrzunehmen. Die Unterfertigung des erstinstanzlichen Bescheides sei daher im Auftrag des Vizebürgermeisters von einem gemäß § 27 Abs. 2 Gemeindegesetz schriftlich zur Unterfertigung ermächtigten Sachbearbeiter erfolgt.

Das Grundstück sei als Baufläche-Mischgebiet gewidmet. Gemäß § 14 Abs. 4 RPG seien Mischgebiete Gebiete, in denen Wohngebäude und sonstige Gebäude und Anlagen zulässig seien, die das Wohnen nicht wesentlich störten. Der Wohnzweck des Schülerheimes bzw. Internates stehe außer Zweifel. Auch die Errichtung der öffentlich zugänglichen Gebetsräume sei widmungskonform. Die Nutzung dieser Gebetsräume selbst sei jedenfalls mit keinen das Wohnen wesentlich störenden Emissionen verbunden. Dies gelte auch für den diesem Verwendungszweck zuzurechnenden Fahrzeugverkehr auf dem Baugrundstück. So entspreche es der ständigen Praxis und Rechtsprechung, dass auf Grundstücken, die als Baufläche-Mischgebiet gewidmet seien, auch Gastgewerbebetriebe wie Restaurants etc. errichtet werden dürften, dies auch unter dem Aspekt, dass die Verkehrsfrequenz solcher Betriebe über dem für Wohngebiete üblichen Verkehrsaufkommen liege und dadurch störende Immissionen bei der Nachbarschaft entstünden. Gerade solche Störungen, die über jenen lägen, die üblicherweise im Zuge reiner Wohnnutzung entstünden, sollten jedoch im Gegensatz zum reinen Wohngebiet in Baumischgebieten zulässig sein, solange sie das Wohnen nicht wesentlich beeinträchtigten. Das durch die Inanspruchnahme der Gebetsräume zu Zeiten des Sonnenunterganges und zur Mittagszeit an Freitagen zu erwartende Verkehrsaufkommen liege frequenzmäßig nicht über jenem, wie es üblicherweise auch sonst bei größeren Wohnobjekten vorkomme und habe wie jenes bei Gastgewerbebetrieben mit vergleichbarer Besucheranzahl keine das Wohnen wesentlich störenden Emissionen zur Folge. Zu Recht sei im bekämpften Bescheid erster Instanz darauf hingewiesen worden, dass ein Projekt im Rahmen des Ortsüblichen liege, wenn es nicht mehr als die nach dem Baugesetz bzw. der Stellplatzverordnung vorgeschriebene Mindestanzahl an Stellplätzen aufweise. In einem solchen Fall bedürfe es auch keiner einzelfallspezifischen Begutachtung über die Ortsüblichkeit der mit dem Verwendungszweck des Gebäudes verbundenen Immissionen. Deshalb sei es im Beschwerdefall auch nicht erforderlich, im Detail auf die Grundlagen, den Befund und die Nachvollziehbarkeit des lärmtechnischen Gutachtens einzugehen. Wie schon ausgeführt, sei keine im Vergleich zu einem in dieser Flächenwidmungskategorie zulässigen Gewerbebetrieb oder sonstigen Wohngebäude abweichende Verkehrsfrequenz zu erwarten. Die daraus resultierende Lärmstörung liege daher im Rahmen des Ortsüblichen. Das im erstinstanzlichen Ermittlungsverfahren eingeholte Gutachten sei daher nur insofern bedeutsam, als dadurch die Plausibilität der typologischen bzw. widmungsbezogenen Lärmbeurteilung überprüft worden sei. Die vom Gutachter erstellte Schallausbreitungsberechnung habe gezeigt, dass der Betrieb des Schulheimes unter Berücksichtigung der Besucherfrequenz bei den öffentlich zugänglichen Gebetsräumen tagsüber zu keinen signifikanten Veränderungen der ortsüblichen Lärmsituation führen werde. Weiters sei der Gutachter zu dem Ergebnis gekommen, dass die nach 22.00 Uhr zu erwartenden Fahrbewegungen ebenfalls in der ortsüblichen Schallsituation Deckung fänden. Als Störfaktor sei die nach 22.00 Uhr im Zuge der Parkplatzbenützung stattfindende Unterhaltung von Personen im Freien bewertet worden. Insgesamt lasse sich jedoch das eingeholte lärmtechnische Gutachten gut mit der widmungstypologischen Beurteilung der Lärmsituation in Einklang bringen. Dass in Anbetracht des erhöhten Ruhebedürfnisses nach 22.00 Uhr Gesprächslärm auf dem Parkplatz als störend wahrgenommen werde, sei nachvollziehbar. Allerdings handle es sich um eine Lärmstörung, welche in der baurechtlichen Beurteilung auf Grund des widmungsbezogenen Maßstabes als ortsüblich in Kauf zu nehmen sei. So könnten auf einem Baugrundstück dieser Widmungskategorie auch Gastgewerbebetriebe mit vergleichbarem Verkehrsaufkommen bzw. mit einer gesetzlichen Sperrstunde um 1.00 Uhr morgens errichtet werden.

Da jedoch der baurechtlichen Beurteilung kein Gastgewerbebetrieb zu Grunde liege, sei in einer entsprechenden Klarstellung des Sachverhaltes (gemeint ist wohl eine Ergänzung der Sachverhaltsdarstellung des erstinstanzlichen Bescheides) durch die Vorschreibung einer Auflage sichergestellt worden, dass die Öffnungszeiten der Gebetsräume entsprechend den von der Bauwerberin angegebenen Zeiten verpflichtend einzuhalten seien. Damit sei gleichzeitig gewährleistet, dass sich der üblicherweise mit dem beantragten Verwendungszweck zu erwartende Parkplatzlärm, soweit er noch dem Bauvorhaben zuzurechnen sei, nicht unnötig auf spätere Nachtstunden erstrecke. Ein allfälliges sonstiges Fehlverhalten von Kunden könne nämlich nicht dem Bauwerber zugerechnet werden. Vielmehr wäre es nach sonstigen lärmschutzrechtlichen oder raumordnungsrechtlichen Vorschriften zu beurteilen. Schließlich sei bei der bestehenden Nutzung als Schülerheim davon auszugehen, dass von der Bauwerberin bzw. Betreiberin selbst ein besonderes Interesse daran bestehe, dass die Nachtruhe der Internatsbewohner gewahrt bzw. nicht gestört werde.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer Vorstellung.

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde die Vorstellung als unbegründet abgewiesen. Sie teilte die Auffassung der Berufungsbehörde, dass der erstinstanzliche Bescheid gehörig gefertigt worden sei. Eine gewerbebehördliche Bewilligung des Vorhabens sei nicht erforderlich gewesen. Das schalltechnische Gutachten sei nachvollziehbar, der vom Sachverständigen angenommene Sachverhalt entspreche auch der Lebenserfahrung.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der nach Durchführung eines Vorverfahrens mit Beschluss vom 25. September 2006, B 872/06-11, die Behandlung der Beschwerde ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

In der über Auftrag des Verwaltungsgerichtshofes ergänzten Beschwerde wird inhaltliche Rechtswidrigkeit, Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und, ebenso wie die mitbeteiligte Bauwerberin, in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. Auch die mitbeteiligte Gemeinde hat eine Gegenschrift erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer vertritt die Auffassung, das Projekt bedürfe auch einer gewerbebehördlichen Genehmigung, woraus er ableitet, dass die Gemeindebehörden zur Durchführung des Bauverfahrens unzuständig gewesen wären, vielmehr wäre dieses von der belangten Behörde durchzuführen gewesen (woraus ebenfalls die Unzuständigkeit der belangten Behörde abgeleitet wird).

Dem ist zu entgegnen (worauf die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift auch zutreffend verwiesen hat), dass im hier beschwerdegegenständlichen Zeitraum auf Gemeindeebene gemäß der Verordnung der Landesregierung über die Übertragung von Angelegenheiten der örtlichen Baupolizei auf die Bezirkshauptmannschaften Bludenz, Bregenz und Feldkirch, LGBl. Nr. 11/2004, eine solche Übertragung nicht enthalten war (einen solchen Fall hat der Beschwerdeführer sichtlich vor Augen). Dies erfolgte erst mit der Verordnung LGBl. Nr. 24/2006 (das Landesgesetzblatt wurde am 1. Juni 2006 herausgegeben und versendet). Auf die Ausführungen des Beschwerdeführers im Zusammenhang mit der angenommenen gewerbebehördlichen Genehmigungspflicht des Vorhabens ist daher nicht weiter einzugehen.

Gemäß § 27 Abs. 2 des (Vorarlberger) Gemeindegesetzes, LGBl. Nr. 40/1985 (das Gesetz in der hier maßgeblichen Fassung LGBl. Nr. 20/2004), kann der Bürgermeister Bediensteten der Gemeinde für einzelne Angelegenheiten oder für bestimmte Gruppen von Angelegenheiten die Befugnis übertragen, in seinem Namen Entscheidungen und Verfügungen zu treffen oder sonstige Amtshandlungen vorzunehmen. Die Übertragung hat schriftlich zu erfolgen.

Eine solche schriftliche Übertragung an denjenigen, der den erstinstanzlichen Bescheid gefertigt hat, ist aktenkundig. Dieser Bescheid wurde daher gehörig gefertigt (und damit rechtswirksam erlassen).

Die projektgegenständliche Liegenschaft ist als Baufläche-Mischgebiet gewidmet, wobei die letzte Änderung des Flächenwidmungsplanes für diesen Bereich im Jahr 1995 beschlossen wurde. Gemäß den Übergangsbestimmungen des § 59 Abs. 8 des Raumplanungsgesetzes, LGBl. Nr. 39/1996 - RPG (das Gesetz in der im Beschwerdefall maßgeblichen Fassung LGBl. Nr. 33/2005) gilt die hier maßgebliche Definition des "Mischgebietes" im § 14 Abs. 4 RPG auch für das projektgegenständliche Areal, weil die Widmung vor dem 1. August 1996 erfolgte.

Gemäß dem hier maßgeblichen § 14 Abs. 4 erster Satz RPG sind Mischgebiete Gebiete, in denen Wohngebäude und sonstige Gebäude und Anlagen zulässig sind, die das Wohnen nicht wesentlich stören.

Nach § 8 des Vorarlberger Baugesetzes, LGBl. Nr. 52/2001 - BauG (das Gesetz in der im Beschwerdefall maßgeblichen Fassung LGBl. Nr. 27/2005) dürfen Bauwerke, ortsfeste Maschinen und sonstige ortsfeste technische Einrichtungen keinen Verwendungszweck haben, der eine das ortsübliche Ausmaß übersteigende Belästigung oder eine Gefährdung der Nachbarn erwarten lässt. Ob eine Belästigung das ortsübliche Ausmaß übersteigt, ist unter Berücksichtigung der Flächenwidmung am Standort des Bauvorhabens zu beurteilen.

Diese Bestimmung ist im Beschwerdefall von Bedeutung (und nicht Bestimmungen der Gewerbeordnung, auf Grund derer der Beschwerdeführer argumentiert).

Der Beschwerdeführer rügt auch in diesem Zusammenhang, wie schon im Verwaltungsverfahren, dass ihm der im schalltechnischen Gutachten vom 25. Oktober 2006 bezogene Akt wie auch das dort bezogene Gutachten nicht zur Kenntnis gebracht worden seien. Diese Rüge ist grundsätzlich berechtigt: verwertet ein späteres Gutachten die Ergebnisse eines früheren Gutachtens bzw. einer früheren Befundaufnahme, so werden diese früheren Ergebnisse auch Teil des späteren Gutachtens, sodass in einem solchen Fall diese früheren Ergebnisse den Parteien des späteren Verfahrens zur Kenntnis zu bringen sind, und zwar in einer Weise, die ihre Nachvollziehbarkeit gestattet. Es lag damit ein Verfahrensmangel vor, wobei der Beschwerdeführer aber die Wesentlichkeit dieses Verfahrensmangels nicht aufzeigt. Der dem nunmehrigen Bauverfahren beigezogene Amtssachverständige hat sein Gutachten vom 25. Oktober 2005 nämlich vor allem nicht bloß auf die Ergebnisse früherer Untersuchungen gestützt, sondern auf selbst durchgeführte Schallmessungen, und diese früheren Ergebnisse zur Stützung der nunmehrigen Ergebnisse herangezogen (sichtlich zur Plausibilität der nunmehrigen Messungen).

Was aber die konkrete Lärmsituation in der Nacht anlangt, ist auf Folgendes zu verweisen:

Dass wichtige Straßen (wie die Autobahn A 14) auch in der Nacht Verkehrslärm erregen (der Sachverständige hat auf derartigen Verkehrslärm verwiesen), entspricht der Lebenserfahrung. Der exakten Beurteilung der gegebenen Lärmbelastung kommt aber nicht die entscheidende Bedeutung zu, die ihr der Beschwerdeführer zumessen will, worauf noch zurückzukommen sein wird.

Der Beschwerdeführer rügt, es sei keine Vorsorge dagegen getroffen worden, dass sich größere Personengruppen nach 22.00 Uhr im Freien unterhielten, obwohl der Sachverständige auf die daraus resultierende Lärmbelästigung verwiesen habe; die Auflage, dass die Gebetsräume ab 22.00 Uhr geschlossen zu halten seien, reiche nicht aus, solche Personenansammlungen im Freien hintanzuhalten.

Dem ist Folgendes zu entgegnen: Der Sachverständige hat in seinem Gutachten die Unterhaltung von Personen im Freien nach 22.00 Uhr im Zuge der Parkplatzbenützung als Störfaktor qualifiziert. Solche Personenansammlungen am Abend aus Anlass des Besuches der Gebetsräume sind nach den Ergebnissen des Verwaltungsverfahrens nach dem Abendgebet zu erwarten, das zeitlich an den Sonnenuntergang geknüpft ist, wobei der späteste Sonnenuntergang, gemäß den Verfahrenergebnissen in der mitbeteiligten Gemeinde gegen 21.00 Uhr, bekanntlich im Zeitraum der Sommersonnenwende stattfindet, das heißt, nur zu einer bestimmten Jahreszeit so spät erfolgt (daher umso früher, je weiter weg in zeitlicher Hinsicht von diesem Zeitpunkt), wobei das thematisierte Problem einer störenden Lärmerregung durch Personen im Zuge der Benützung des Parkplatzes wohl auch nur jene Tage betreffen wird, an denen eine entsprechende Menge an Personen am Abendgebet teilnimmt.

Insgesamt kann der Verwaltungsgerichtshof die Beurteilung der Behörden des Verwaltungsverfahrens nicht als rechtswidrig erkennen, dass von den projektgemäß (nach dem zuvor Gesagten: fallweise) zu erwartenden Personenansammlungen im Freien nach 22.00 Uhr in Bezug auf Grundstücke des Beschwerdeführers keine "das ortsübliche Ausmaß übersteigende Belästigung" (oder gar eine Gefährdung) im Sinne des § 8 des Baugesetzes zu erwarten ist, ohne dass es einer exakteren Erfassung der gegebenen Lärmbelastungen insbesondere in der Nacht (gegen 22.00 Uhr) bedürfte.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 27. November 2007

Schlagworte

Planung Widmung BauRallg3

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2006060293.X00

Im RIS seit

17.01.2008

Zuletzt aktualisiert am

31.03.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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